TE Vfgh Erkenntnis 1999/6/23 B79/99

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Veröffentlicht am 23.06.1999
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
AsylG 1997 §32

Leitsatz

Aufhebung eines Bescheides infolge Anwendung einer aufgehobenen, nicht mehr anzuwendenden Bestimmung des AsylG 1997

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit 27.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit Bescheid vom 13. November 1998, zugestellt am 27. November 1998, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß §6 Z3 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (im folgenden: AsylG 1997), als offensichtlich unbegründet ab. Die dagegen nach §32 Abs1 AsylG 1997 erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 10. Dezember 1998 unter Bezugnahme auf §66 Abs4 AVG und §38 Abs1 AsylG 1997 abgewiesen.

Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, nach Bewilligung der Verfahrenshilfe aufgrund eines am 18. Jänner 1999 (Postaufgabe 16. Jänner 1999) eingebrachten Antrages erhobene Beschwerde nach Art144 B-VG, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

II. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof beschloß aus Anlaß einer anderen Beschwerde am 17. Oktober 1998, gemäß Art140 Abs1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "als offensichtlich unbegründet abgewiesen oder" in §32 Abs1 erster Satz AsylG 1997 von Amts wegen zu prüfen; sie war auch Gegenstand mehrerer Gesetzesprüfungsanträge des Bundesasylsenates, der die Aufhebung als verfassungswidrig begehrte.

Mit Erkenntnis vom 11. Dezember 1998, G210/98 ua., hob der Gerichtshof die zitierte Gesetzesbestimmung sodann als verfassungswidrig auf und verfügte, daß diese nicht mehr anzuwenden ist; diese Aussprüche wurden am 4. Feber 1999 kundgemacht (BGBl. I Nr. 41/1999).

2. Durch den erwähnten, auf Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG gestützten Ausspruch wurde die Anlaßfallwirkung dahin erweitert, daß die als verfassungswidrig erkannte Gesetzesbestimmung auch auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden ist. Das gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (zB. VfGH 22.2.1999 B1125/98) auch für Beschwerdeverfahren, die beim Gerichtshof erst nach der Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens anhängig wurden. Daraus folgt, daß hier eine Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes vorliegt, weil die Behörde bei ihrer Entscheidung (u.a.) die als verfassungswidrig befundene Gesetzesvorschrift angewendet hat und es nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen - aber vom Verfassungsgerichtshof im Rahmen seiner Zuständigkeit nicht im einzelnen zu prüfen - ist, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

III.           Die Kostenentscheidung

gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 4.500 S enthalten.

IV.                                     Von der Durchführung

einer mündlichen Verhandlung wurde in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.

Schlagworte

VfGH / Aufhebung Wirkung, Asylrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B79.1999

Dokumentnummer

JFT_10009377_99B00079_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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