TE Vwgh Erkenntnis 2002/7/4 2002/11/0117

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.07.2002
beobachten
merken

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs3 Z1;
FSG 1997 §7 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs1b;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des C in L, vertreten durch Dr. Peter Eigenthaler, Rechtsanwalt in 3180 Lilienfeld, Babenbergerstraße 30/2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 23. April 2002, Zl. RU6-St-M-0203/0, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 23. April 2002 entzog der Landeshauptmann von Niederösterreich dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klasse B auf die Dauer von 42 Monaten, gerechnet ab dem 15. November 2001, dem Tag der vorläufigen Abnahme des Führerscheins. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Niederösterreich aus, mit dem erstbehördlichen Bescheid sei der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 22. November 2001 keine Folge gegeben worden, die dreijährige Entziehung der Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klasse B, gerechnet ab dem 15. November 2001, dem Tag der vorläufigen Abnahme des Führerscheines, bestätigt und die aufschiebende Wirkung einer dagegen eingebrachten Berufung ausgeschlossen worden. Anlass für diese Entziehungsmaßnahme bilde der Vorfall vom 15. November 2001, bei dem der Beschwerdeführer um 2.10 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten PKW im Gemeindegebiet von E. auf der Bundesstraße 20 bei Straßenkilometer 16,5, aus Richtung W. kommend in Richtung T. gelenkt habe, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Die an diesem Tag um 3.08 Uhr bzw. 3.10 durchgeführte Messung der Atemluft auf Alkoholgehalt hätten einen Wert von 0,85 bzw. 0,88 mg/l ergeben. Im Zuge dieser Fahrt sei der Beschwerdeführer auf die linke Fahrbahnseite geraten und in der Folge gegen einen dort befindlichen Lichtmast gestoßen, worauf sein PKW die Straßenböschung hinunter gestürzt und auf dem Dach zu liegen gekommen sei. Wie sie sich dem Akteninhalt entnehmen lasse, sei wegen des erwähnten Vorfalls mit dem rechtskräftigen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 20. November 2001 gemäß § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1b StVO 1960 über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 18.000,-- verhängt worden. Auf Grund der daraus resultierenden Bindungswirkung könne davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG gesetzt habe, welche gemäß § 7 Abs. 5 leg. cit. zu werten gewesen sei. Dem Beschwerdeführer sei bereits wiederholt die Verkehrszuverlässigkeit aberkannt worden, was mehrmalige Entziehungen der Lenkberechtigung nach sich gezogen habe, und zwar vom 1. bis zum 29. Mai 1994, vom 20. Oktober 1994 bis zum 20. März 1995, vom 10. Februar bis zum 10. November 1997 und vom 24. September 1998 bis zum 24. September 2000, dies jeweils im Zusammenhang mit der Begehung sogenannter Alkoholdelikte. Dieser Umstand sei geeignet, in kraftfahrrechtlicher Hinsicht ein eindeutiges Bild von der Persönlichkeit des Beschwerdeführers abzugeben, dies im besonderen Maße deshalb, weil es bei der Beurteilung des voraussichtlichen Zeitpunktes der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit auch von Bedeutung erscheine, welche Auswirkungen bisherige Entziehungen der Lenkberechtigung jeweils auf das spätere Verhalten hatten. Der Beschwerdeführer habe durch sein bisheriges Verhalten gezeigt, dass er nicht gewillt sei, sich an kraftfahrrechtliche Vorschriften zu halten. Selbst die mehrmalige Entziehung der Lenkberechtigung habe ihn nicht dazu angehalten, seine grundsätzliche Einstellung zur Rechtsordnung zu ändern, sondern er habe sich weiterhin in einem solchen Ausmaß strafbar gemacht, dass nicht erwartet werden könne, er würde aus einer neuerlichen Entziehung der Lenkberechtigung für eine relativ kurze Zeit in Zukunft die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Es müsse vielmehr davon ausgegangen werden, dass er auch in Hinkunft die Verkehrssicherheit, insbesondere durch Trunkenheit, gefährden werde. Angesichts der besonderen Verwerflichkeit der sogenannten Alkoholdelikte im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen und der klar zutage getretenen Wiederholungstendenz komme die Berufungsbehörde zur Auffassung, dass vom Abänderungsrecht zu Ungunsten des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht werden müsse, weil "beim Rückfallstäter" hinsichtlich der Annahme der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit besondere Vorsicht geboten erscheine. Das Verhalten des Beschwerdeführers im Straßenverkehr zeige eine derartige Verantwortungslosigkeit, welche sich nur aus seiner persönlichen charakterlichen Fehlhaltung erklären lasse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die einschlägigen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):

"§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen. ...

...

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. ... .

§ 99 Abs. 1b StVO 1960 lautet (auszugsweise):

"§ 99.

...

(1b) Eine Verwaltungsübertretung begeht ..., wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

..."

Der Beschwerdeführer bestreitet weder die Feststellungen der belangten Behörde über den die nunmehrige Entziehung auslösenden Vorfall vom 15. November 2001 noch diejenigen über die bisherigen Entziehungen seiner Lenkberechtigung. Vor diesem Hintergrund erweist sich der angefochtene Bescheid nicht als rechtswidrig.

Im Hinblick auf die Alkoholisierung des Beschwerdeführers am 15. November 2001 ist die belangte Behörde zutreffend von der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers, und zwar sowohl im Zeitpunkt der Erlassung des erstbehördlichen Bescheides als auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ausgegangen.

Was die Bemessung der Entziehungszeit anlangt, so ist zunächst festzuhalten, dass nach den unbestrittenen Bescheidfeststellungen die Vorentziehungen jeweils auf Grund von Alkoholdelikten erfolgten. Die belangte Behörde durfte diese vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Vorentziehungen in ihre Überlegungen zur Bemessung der Entziehungszeit einbeziehen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zählen, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften. Die besondere Verwerflichkeit der Wiederholung solcher Delikte fällt daher im Rahmen der Bemessung der Entziehungszeit besonders ins Gewicht. Zieht man in Betracht, dass dem Beschwerdeführer seit Mai 1994, somit innerhalb der letzten siebeneinhalb Jahre vor Begehung des letzten Alkoholdelikts, die Lenkberechtigung bereits viermal entzogen worden war, der Beschwerdeführer im Zeitraum der letzten fünf Jahre vor Begehung des letzten Alkoholdeliktes über insgesamt 33 Monate nicht im Besitz der Lenkberechtigung war und etwas mehr als ein Jahr nach dem Ende der letzten Entziehungsdauer neuerlich ein Alkoholdelikt begangen hat, bestehen auf Grund der Häufung der Alkoholdelikte gegen die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer werde seine Verkehrszuverlässigkeit insgesamt erst 42 Monate nach Begehung der strafbaren Handlung wieder erlangen, keine Bedenken (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Mai 1990, Zl. 89/11/0217, vom 30. Mai 2001, Zl. 2001/11/0081, und vom 23. April 2002, Zl. 2000/11/0182, zur Bemessung der Entziehungszeit bei wiederholten Alkoholdelikten und mehreren Vorentziehungen).

Bei diesem Ergebnis ist es schließlich nicht ersichtlich, wie die belangte Behörde bei Vermeidung der vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängel, insbesondere mangelnder Gewährung von Parteiengehör, zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Dass die belangte Behörde von ihrem Abänderungsrecht nach § 66 Abs. 4 AVG zu Lasten des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht hat, begegnet nach den bisherigen Ausführungen keinen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem von ihm geltend gemachten Recht nicht verletzt worden ist, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 4. Juli 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002110117.X00

Im RIS seit

19.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten