TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/18 2001/13/0093

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Veröffentlicht am 18.12.2002
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der B GmbH in W, vertreten durch die Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. Februar 2000, Zl. RV/046-06/2000, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1996 bis 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um die Rechtsnachfolgerin (Verschmelzungsvertrag vom 12. November 1998) der B. Produktions- und Vertriebs-GmbH. Nach dem Ergebnis einer am 9. Juni 1999 abgeschlossenen Lohnsteuerprüfung wurden der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 21. Juni 1999 für die Jahre 1996 bis 1998 Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag zur Nachzahlung im Gesamtbetrag von 19.559 S vorgeschrieben. Auch der an den wesentlich (zu 75 %) beteiligten Gesellschafter Dr. B. neben dem Geschäftsführerbezug gewährte Kfz-Sachbezug sei nämlich Teil der Abgabenbemessungsgrundlage.

In der Berufungsschrift vom 15. Juli 1999 bestritt die Beschwerdeführerin, dass Dr. B. die strittigen Abgaben auslösende Einkünfte im Sinne des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 bezogen habe. Sie brachte u.a. vor, Dr. B. sei als Handelsmakler im Sinne der Bestimmungen des HGB für die B. Bekleidungswerk GmbH tätig gewesen. Um Probleme hinsichtlich seiner Alterspension oder einer eventuellen Gewerbeberechtigung zu vermeiden, seien dessen Provisionsansprüche mit der B. Produktions- und Vertriebs-GmbH abgerechnet und letztlich als Honorar für die Geschäftsführung in unterschiedlicher Höhe ausbezahlt worden (der entsprechende Provisionsvertrag sei neben einer Provisionsabrechnung der Berufung angeschlossen). Dr. B. habe durch diese Tätigkeit seine Einkünfte entsprechend beeinflussen können und habe keinen Anspruch auf Ersatz der damit verbundenen Aufwendungen gehabt, sodass er das volle Unternehmerrisiko getragen habe. Die Vorschreibung des Dienstgeberbeitrages samt Zuschlag sei daher zu Unrecht erfolgt und seien diese Abgaben vom Unternehmen auf Grund eines Rechtsirrtums auch zu Unrecht entrichtet worden. Richtigerweise hätte deshalb auf Grund der Lohnsteuerprüfung eine entsprechende Gutschrift (für 1996 insgesamt 34.707 S, 1997 18.108 S und 1998 17.102 S) festgestellt werden müssen.

Das der Berufung angeschlossene Schriftstück über die "Geschäftsvermittlung" zwischen Dr. B. und der B. Bekleidungswerk GmbH datiert vom 24. Oktober 1995 und enthält u.a. die Vereinbarung, dass Dr. B eine Vermittlungsvergütung rückwirkend für Lieferungen ab 1. März 1995 zusteht. Auch war in dem Schriftstück festgehalten, sollten hinsichtlich "Ihrer Pension oder einer eventuellen Gewerbeberechtigung Probleme entstehen, so können diese Vermittlungsvereinbarungen auf die" B. Produktions- und Vertriebs-GmbH übertragen werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Es sei strittig, ob auf Grund "des gegebenen Sachverhaltes und trotz eines Gesellschaftsanteiles von 75 % sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG) für den GF vorliegen". Neben der Verwendung einer Vielzahl von Textbausteinen wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides u. a. ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin nicht vorbringe, worin im konkreten Fall das einzelne Werk (im Sinne eines geschuldeten Erfolges) bestehen solle, welches eine kontinuierliche Entlohnung des Geschäftsführers ("ab 1997 begnügte sich der GF aus pensionsrechtlichen Gründen mit Provisionszahlungen") rechtfertige. Der Berufungsschrift seien lediglich eine Kopie des "in Rede stehenden" Provisionsvertrages sowie eine Provisionsabrechnung angeschlossen worden. Vertragspartner des Provisionsvertrages sei jedoch nicht die Beschwerdeführerin, sondern der Geschäftsführer Dr. B. und die B. Bekleidungswerk GmbH. Die Höhe der ausbezahlten Bezüge sei nicht bestritten, sondern "lediglich auf Grund des alleinigen Zuflusses der Provisionen, die naturgemäß von erteilten Aufträgen abhängig waren, das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses behauptet" worden. Wenn von einer Beeinflussung der Einnahmen auf Grund des Provisionsvertrages die Rede sei, sei entgegen zu halten, dass "dies nicht die Sphäre des GF betrifft". Insgesamt sei keine vom Regelfall abweichende Gestaltung "geliefert" worden.

Die Behandlung der gegen den angefochtenen Bescheid vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluss vom 30. Juni 2000, B 725/00, abgelehnt. Die Beschwerde wurde über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 4. September 2000 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Den vom Verwaltungsgerichtshof auch im Beschwerdefall gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter im gegenständlichen Fall zur Anwendung gekommener gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2001, G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom 7. März 2001, G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, entschieden hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof wird zur Vermeidung von Wiederholungen etwa auf die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, vom 26. Juni 2001, 2001/14/0103, und vom 18. Juli 2001, 2001/13/0072 und 2001/13/0063, verwiesen.

Im ergänzenden Beschwerdeschriftsatz rügt die Beschwerdeführerin eine unkritische Aneinanderreihung von Standardbegründungselementen im angefochtenen Bescheid, der sich mit dem im Beschwerdefall vorgebrachten (besonderen) Sachverhalt nicht hinreichend beschäftige. Sachverhaltsbezogen sei im Speziellen vorgebracht worden, dass Dr. B. als Handelsmakler für eine andere GmbH tätig geworden sei, wobei "zwischen diesen beiden Gesellschaften vereinbart war, dass dessen Provisionsansprüche von uns getragen und als Honorar für die Geschäftsführung - konsequenterweise in unterschiedlicher Höhe - unserem Geschäftsführer ausbezahlt werden" (solcherart stünden mit 1996 690.000 S, 1997 360.000 S und 1998 340.000 S völlig schwankende, provisionsabhängige Bezüge zur Debatte). Mit seiner erfolgsabhängigen Entlohnung nehme der Geschäftsführer nicht auf die Situation der Beschwerdeführerin Rücksicht, "weil es nicht um unseren Erfolg (etwa im Sinne eines Jahresergebnisses) geht, sondern um seinen Erfolg bei der Vermittlung von Geschäften". Es sei aktenkundig, dass "sein Geschäftsführergehalt, sein Geschäftsführerbezug in Höhe von Provisionsansprüchen besteht".

Mit diesem bereits im Rahmen der Berufungsschrift erstatteten Vorbringen macht die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, bei den an Dr. B. bezahlten Geschäftsführerbezügen habe es sich in Wahrheit um Provisionsbezüge gehandelt, die aus dessen Maklertätigkeit für die B. Bekleidungswerk GmbH resultierten und nur (aus pensions- bzw. gewerberechtlichen Gründen) über die B. Produktions- und Vertriebs-GmbH (der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin) als Geschäftsführergehalt ausbezahlt worden seien (in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeschrift ist auch davon die Rede, die Provisionsansprüche seien nur "durchgeleitet" worden). Sollten diese Angaben zutreffen, könnte jedenfalls ein Unternehmerrisiko in Bezug auf die in Rede stehenden Bezüge des Dr. B. nicht ohne weiteres verneint werden bzw. wäre gegebenenfalls überhaupt von einem vorgetäuschten Beschäftigungsverhältnis zur Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin auszugehen. Der Vorwurf der mangelhaften Auseinandersetzung mit dem zum Beschwerdefall im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Sachverhalt besteht somit zu Recht (vgl. in diesem Zusammenhang beispielsweise auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 2001, 2001/13/0055, und vom 28. November 2001, 2001/13/0113), wobei beispielsweise auch nicht nachvollziehbar ist, warum im angefochtenen Bescheid u.a. davon die Rede ist, der Geschäftsführer habe sich erst ab 1997 mit Provisionszahlungen "begnügt", zumal die aktenkundige Provisionsvereinbarung bereits mit 24. Oktober 1995 datiert ist und von einer rückwirkenden Vermittlungsvergütung ab 1. März 1995 spricht.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 18. Dezember 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001130093.X00

Im RIS seit

14.04.2003

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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