RS OGH 1975/10/2 11Os33/75 (11Os97/75), 13Os9/80, 11Os201/83, 12Os55/88, 1Ob191/99s

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 02.10.1975
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Norm

StPO §210 Abs1
StPO §213 Abs3
StPO §281 Abs1 Z4 A
StPO §281 Abs3
StPO §289
StPO §292
StPO §345 Abs1 Z5

Rechtssatz

1. Die Anordnung und Durchführung der Hauptverhandlung gegen eine noch nicht rechtskräftig in den Anklagestand versetzte Person stellt einen schwerwiegenden Verfahrensmangel dar, der geeignet ist, die Verteidigungsrechte empfindlich zu beeinträchtigen. Wird dieser Umstand ohne Verschulden des Beschuldigten (oder dessen Verteidigers) in der Hauptverhandlung nicht gerügt (und fehlt dem gemäß die formelle Legitimation, diesen Verfahrensmangel mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 (§ 345 Abs1 Z 5) StPO geltend zu machen), erkennt der OGH einer diesen Verfahrensmangel betreffenden Nichtigkeitbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes konkrete Wirkung im Sinne des letzten Satzes § 292 StPO zu, hebt das ergangene Urteil auf und trägt dem Erstgericht auf, dem Gesetz gemäß vorzugehen, vorliegend somit, die Akten zur Entscheidung über den rechtzeitig erhobenen, bislang aber unerledigt gebliebenen Einspruch dem zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz vorzulegen.

2. Ist auch gegen eine andere, rechtskräftig in den Anklagestand versetzte Person ein Schuldspruch ergangen, der mit dem Schuldspruch gegen jene Person, deren rechtzeitiger Einspruch gegen die Anklage noch unerledigt ist, in einem derartigen inneren Zusammenhang steht, daß die Aufrechterhaltung des einen Schuldspruches bei Aufhebung des anderen wenngleich nicht unmöglich, so doch untunlich erscheint, ist - soll nicht dadurch das Erstgericht in seiner Beweisführung beim zweiten Rechtsgang behindert oder in einer der Sache abträglichen Weise beeinflußt werden - gemäß § 289 StPO in Verbindung mit § 292 StPO auch der gegen diesen Mitangeklagten ergangene Schuldspruch aufzuheben, dies auch im Hinblick auf § 213 Abs 3 StPO (amtswegige Wahrnehmung des Vorliegens eines Einspruchsgrundes in Ansehung eines Mitangeklagten, der selbst keinen Einspruch erhoben hat).

Entscheidungstexte

  • 11 Os 33/75
    Entscheidungstext OGH 02.10.1975 11 Os 33/75
    Veröff: EvBl 1976/135 S 246
  • 13 Os 9/80
    Entscheidungstext OGH 07.02.1980 13 Os 9/80
    Vgl auch; Beisatz: Mit der Behauptung mangelnder Zustellung der Anklageschrift, sodaß in der Hauptverhandlung über eine nicht rechtskräftige Anklage verhandelt worden sei, wird Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO geltend gemacht, weil damit behauptet wird, daß die Vorbereitungsfrist nicht zu laufen begonnen habe. (T1)
  • 11 Os 201/83
    Entscheidungstext OGH 11.01.1984 11 Os 201/83
    Vgl auch; nur: Die Anordnung und Durchführung der Hauptverhandlung gegen eine noch nicht rechtskräftig in den Anklagestand versetzte Person stellt einen schwerwiegenden Verfahrensmangel dar, der geeignet ist, die Verteidigungsrechte empfindlich zu beeinträchtigen. Wird dieser Umstand ohne Verschulden des Beschuldigten (oder dessen Verteidigers) in der Hauptverhandlung nicht gerügt (und fehlt dem gemäß die formelle Legitimation, diesen Verfahrensmangel mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 (§ 345 Abs1 Z 5) StPO geltend zu machen), erkennt der OGH einer diesen Verfahrensmangel betreffenden Nichtigkeitbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes konkrete Wirkung im Sinne des letzten Satzes § 292 StPO zu, hebt das ergangene Urteil auf und trägt dem Erstgericht auf, dem Gesetz gemäß vorzugehen, vorliegend somit, die Akten zur Entscheidung über den rechtzeitig erhobenen, bislang aber unerledigt gebliebenen Einspruch dem zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz vorzulegen. (T2) Beisatz: Vernehmung eines Mitangeklagten, gegen welchen die Anklage noch nicht in Rechtskraft erwachsen und gegen den das Verfahren gemäß § 57 StPO ausgeschieden war, als Zeugen daher gesetzmäßig. (T3)
  • 12 Os 55/88
    Entscheidungstext OGH 26.05.1988 12 Os 55/88
    Vgl auch; nur: Ist auch gegen eine andere, rechtskräftig in den Anklagestand versetzte Person ein Schuldspruch ergangen, der mit dem Schuldspruch gegen jene Person, deren rechtzeitiger Einspruch gegen die Anklage noch unerledigt ist, in einem derartigen inneren Zusammenhang steht, daß die Aufrechterhaltung des einen Schuldspruches bei Aufhebung des anderen wenngleich nicht unmöglich, so doch untunlich erscheint, ist - soll nicht dadurch das Erstgericht in seiner Beweisführung beim zweiten Rechtsgang behindert oder in einer der Sache abträglichen Weise beeinflußt werden - gemäß § 289 StPO in Verbindung mit § 292 StPO auch der gegen diesen Mitangeklagten ergangene Schuldspruch aufzuheben, dies auch im Hinblick auf § 213 Abs 3 StPO (amtswegige Wahrnehmung des Vorliegens eines Einspruchsgrundes in Ansehung eines Mitangeklagten, der selbst keinen Einspruch erhoben hat). (T4)
  • 1 Ob 191/99s
    Entscheidungstext OGH 23.11.1999 1 Ob 191/99s
    nur: Die Anordnung und Durchführung der Hauptverhandlung gegen eine noch nicht rechtskräftig in den Anklagestand versetzte Person stellt einen schwerwiegenden Verfahrensmangel dar, der geeignet ist, die Verteidigungsrechte empfindlich zu beeinträchtigen. (T5)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1975:RS0097830

Dokumentnummer

JJR_19751002_OGH0002_0110OS00033_7500000_001
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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