TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/22 2002/12/0275

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Veröffentlicht am 22.01.2003
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

BDG 1979 §10 Abs2;
BDG 1979 §10 Abs4 Z2;
BDG 1979 §10 Abs4 Z3;
BDG 1979 §10;
DVG 1984 §12 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 1. August 2002, Zl. 322251/9-III 8/02, betreffend Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses nach § 10 Abs. 4 Z. 3 und 4 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt 2. wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis 31. August 2002 als Inspektor der Justizwache in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle war die Justizanstalt Wien-Simmering.

Aus Anlass eines nicht in den Verwaltungsakten erliegenden Berichtes des Leiters der Justizanstalt Wien-Simmering vom 28. Jänner 2002 kündigte der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien mit Bescheid vom 16. Mai 2002 das mit dem Beschwerdeführer bestehende provisorische Dienstverhältnis gemäß § 10 Abs. 4 Z. 3 und 4 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979), zum 31. August 2002 auf. Die erstinstanzliche Behörde sprach aus, dass dem Beschwerdeführer eine Abfertigung in Höhe des Doppelten des Monatsbezuges gebühre.

Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, sie habe dem Beschwerdeführer am 26. März 2002 seine Kündigung in Aussicht gestellt. In einer Stellungnahme vom 22. April 2002 habe er sich dagegen ausgesprochen und vorgebracht, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien teilweise unbegründet, die aufgelisteten Dienstverhinderungen seien nicht auf chronische Beeinträchtigungen zurückzuführen. In Zukunft würden keine weiteren "Krankenstände" auftreten. Weder der Vorhalt vom 26. März 2002 noch die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 22. April 2002 sind in den vorgelegten Verwaltungsakten enthalten.

Die erstinstanzliche Behörde führte weiters aus, durch die zahlreichen im Vorhalt vom 26. März 2002 zur Kenntnis gebrachten, als Dienstverletzungen zu qualifizierenden Handlungen habe der Beschwerdeführer ein pflichtwidriges Verhalten im Sinne des § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 gesetzt, was dieser in seiner Stellungnahme vom 22. April 2002 nicht habe glaubhaft widerlegen können.

Darüber hinaus sei der Arbeitserfolg des Beschwerdeführers unbefriedigend, weil dieser monatelange Absenzen vom Dienst (seit 8. November 1999 342 Tage, seit 18. Februar 2002 durchgehend im Krankenstand) aufweise.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde, welche er mit dem Antrag verband, ihr die aufschiebende Wirkung gemäß § 12 Abs. 2 DVG zuzuerkennen. In der Berufung rügte der Beschwerdeführer, dass es die erstinstanzliche Behörde unterlassen habe, irgendwelche Ermittlungen zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu pflegen. Insbesondere habe der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien seine Stellungnahme lediglich lapidar erwähnt, ohne auf sie näher einzugehen. Weiters rügte der Beschwerdeführer die Annahme der erstinstanzlichen Behörde, auf Grund der festgestellten Krankenstände sei der Kündigungsgrund des § 10 Abs. 4 Z. 3 BDG 1979 verwirklicht.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. August 2002 gab diese der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 16. Mai 2002 gemäß § 10 Abs. 4 Z. 3 und 4 BDG 1979 nicht Folge (Spruchpunkt 1.). Des Weiteren wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Berufung gemäß § 12 Abs. 2 DVG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ab (Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides).

In der Begründung dieses Bescheides stellte die belangte Behörde zunächst folgenden Sachverhalt fest:

"Am 13. Juli 2001 war der Berufungswerber ab 6.00 Uhr zum Dienst eingeteilt und hätte den Klinikposten im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder abzulösen gehabt. Um 6.30 Uhr teilte er telefonisch dem dienstführenden Beamten mit, dass er verschlafen habe und später kommen werde. Tatsächlich erschien er erst um

7.30 Uhr zum Dienst. Er erhielt nun den Dienstauftrag, den Klinikposten verspätet abzulösen. Er weigerte sich, diesem Auftrag nachzukommen und begründete dies damit, er habe zwei Spritzen in die Schulter bekommen und sei daher beeinträchtigt, obwohl er laut Angaben des Dienstführenden mit dem eigenen PKW, einem VW-Bus, zum Dienst erschienen war. Am 31. August 2001 wurde ihm daher der Dienstauftrag erteilt, eine Bestätigung über den Arztbesuch vorzulegen. Einige Wochen später gab der Berufungswerber an, sein Arzt habe die Bestätigung mit der Begründung verweigert, so lange zurückliegende Dinge könne er nicht bestätigen. Der Berufungswerber erhielt daher am 22. Oktober 2001 diesen Dienstauftrag schriftlich. Er legte daraufhin eine ärztliche Bescheinigung vor, dass er am 31. Mai 2001 eine Infiltration verabreicht bekommen habe. Da ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Infiltration am 31. Mai 2001 und dem Vorfall vom 13. Juli 2001 nicht hergestellt werden konnte, wurde dem Berufungswerber am 3. Dezember 2001 nochmals der Dienstauftrag erteilt, eine entsprechende ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Am 14. Dezember 2001 übermittelte er eine Bestätigung, in der lediglich die Einnahme verschiedener Medikamente sowie die Tatsache bestätigt wurde, dass er seit Mai 2001 wegen Schulterschmerzen in Behandlung stehe.

Am 31. Oktober 2001 war der Berufungswerber zur Eskorte mit dem Strafgefangenen B eingeteilt. Diesen sollte er im Einstellhaftraum im Wachzimmerbereich einschließen. Die Psychologin der Justizanstalt Wien-Simmering Mag. D ging auf dem Weg zu diesem Einstellhaftraum neben dem Berufungswerber her und teilte ihm mit, dass sie einem Insassen etwas mitzuteilen habe. Sie betrat hinter dem Berufungswerber den Einstellhaftraum und stand sodann neben ihm. Während Mag. D mit dem Insassen sprach, verließ der Berufungswerber den Haftraum und versperrte ihn. Erst nach einiger Zeit sperrte er den Haftraum wieder auf. Im auf Grund dieses Sachverhalts anhängig gewesenen Strafverfahren gab die Staatsanwaltschaft Wien zu 273 Ur 56/02f des LG für Strafsachen Wien die Erklärung ab, dass zur Verfolgung des Berufungswerbers kein Grund gefunden wurde.

Am 17. Dezember 2001 suchte der Berufungswerber die JA Wien-Simmering auf, obwohl er krankheitsbedingt vom Dienst abwesend war, und gab eine entsprechende ärztliche Bestätigung ab. Beim Verlassen der Dienststelle wurde ihm vom stellvertretenden Leiter der Justizanstalt Major Ti die Weisung erteilt, während eines Krankenstands die Anstalt nicht mehr zu betreten, weil dies im Hinblick auf seine zahlreichen Krankenstände provozierend auf die anderen Mitarbeiter wirken könne.

Am 10. Jänner 2001 erstattete der Präsident des Oberlandesgerichts Wien gegen den Berufungswerber wegen der Vorfälle vom 13. Juli 2001 und 31. Oktober 2001 Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz.

Dem Berufungswerber wurde vom 4. Februar 2002 bis 4. April 2002 Urlaub bewilligt. Am 20. Februar 2002 erschien er trotz der Weisung vom 17. Dezember 2001 an der Dienststelle, um eine ärztliche Bescheinigung über einen Krankenstand vom 18. Februar 2002 bis 8. März 2002 abzugeben. Am 25. Februar 2002 leitete der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien auf Grund dieses Vorfalls eine weitere Disziplinaranzeige gegen den Berufungswerber an die Disziplinarkommission beim BMJ weiter.

Mit Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz vom 12. Juni 2002, GZ 6 Ds 4/2002-7, wurde gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 gegen den Berufungswerber ein Disziplinarverfahren wegen der Vorfälle vom 31. Oktober 2001, 13. Juli 2001 und 20. Februar 2002 eingeleitet.

Zu 8 St 245/02g der Staatsanwaltschaft Wien wurde gegen den Berufungswerber eine weitere Strafanzeige am 11. Mai 2002 wegen §§ 15, 83 Abs. 1; 107 Abs. 1 und 2 StGB; 50 Abs. 1 Ziffer 1 Waffengesetz erstattet. Am 21.6.2002 wurde gegen ihn von der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Liesing, wegen dieses Vorfalles ein vorläufiges Waffenverbot, Zahl III-W- 270/AB/92, erlassen. Danach steht der Berufungswerber im Verdacht, den Gerald O Anfang 2002 bedroht und in der Nacht vom 27. auf den 28. April 2002 geschlagen zu haben. Das Verfahren ist im Stadium der Vorerhebungen."

Sodann gibt die belangte Behörde den Inhalt eines Schreibens des Leiters der Justizanstalt Simmering wörtlich wieder, in dem teils Vorwürfe Dritter gegen den Beschwerdeführer wiedergegeben, teils vom Verfasser dieses Schreibens selbst erhoben werden.

Schließlich stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer seit Übernahme in das öffentlich rechtliche Dienstverhältnis folgende "Krankenstände" aufgewiesen habe:

"08.11.1999 - 11.11.1999

4 Tage

24.11.1999 - 30.11.1999

7 Tage

04.03.2000 - 08.03.2000

5 Tage

28.03.2000 - 14.04.2000

18 Tage

27.04.2000 - 27.04.2000

1 Tag

22.08.2000 - 24.08.2000

3 Tage

13.09.2000 - 14.09.2000

2 Tage

27.10.2000 - 03.11.2000

8 Tage

09.11.2000 - 14.11.2000

6 Tage

18.11.2000 - 20.11.2000

3 Tage

21.12.2000 - 26.01.2001

37 Tage

12.02.2001 - 14.02.2001

3 Tage

19.03.2001 - 19.03.2001

1 Tag

03.04.2001 - 28.05.2001

56 Tage

06.06.2001 - 13.06.2001

8 Tage

19.07.2001 - 31.08.2001

44 Tage

05.09.2001 - 16.09.2001

12 Tage

08.10.2001 - 11.10.2001

4 Tage

13.11.2001 - 21.12.2001

39 Tage

31.12.2001 - 08.01.2002

9 Tage

18.02.2002 - dato"

 

Sodann heißt es, der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien habe mit Schreiben vom 26. März 2002 dem Berufungswerber mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, das provisorische Dienstverhältnis gemäß § 10 Abs. 4 Z. 3 und 4 BDG 1979 zu kündigen, wobei als Begründung die Vorfälle vom 13. Juli 2001, 31. Oktober 2001, 17. Dezember 2001 und 20. Februar 2002 sowie die "Krankenstände" des Beschwerdeführers seit November 1999 angeführt worden seien.

In seiner Stellungnahme vom 22. April 2002 habe der Beschwerdeführer das Vorliegen von Dienstpflichtverletzungen bestritten. In Ansehung der "Krankenstände" habe er Folgendes ausgeführt:

"Die Krankenstände vom 28. März 2000 bis 14. April 2000 seien auf eine Sehnenverletzung infolge einer Schießübung zurückzuführen, desgleichen jener vom 21. Dezember 2000 bis 26. Jänner 2001. Der Krankenstand vom 3. April 2001 bis 28. Mai 2001 resultiere aus einer Operation an der rechten Hand. Die Dienstverhinderung vom 19. April (richtig wohl: Juli) 2001 bis 31. August 2001 sei auf einen eingeklemmten Nerv der linken Schulter zurückzuführen, ebenfalls der Krankenstand vom 13. November 2001 bis 21. Dezember 2001. Abgesehen von diesen Krankenständen liege das übrige Ausmaß krankheitsbedingter Abwesenheiten vom Dienst weit unter dem Durchschnitt. Es könne auch von Abwesenheiten in der Vergangenheit nicht darauf geschlossen werden, dass pro futuro Krankenstände in einem vergleichbaren Ausmaß auftreten würden. Die Vorwürfe, der Berufungswerber wäre provokant und es würde ihm an Sensibilität mangeln würden entschieden zurückgewiesen. Die Dienstbeschreibung des Einschreiters im Zusammenhang mit der Ernennung in die Verwendungsgruppe E2b zeichne ein wesentlich anderes, positives Bild des Einschreiters."

Nach Wiedergabe des Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides sowie der Berufung gab die belangte Behörde den Wortlaut des § 10 Abs. 1 und 2 BDG 1979 wieder.

Daran schließen sich Erwägungen darüber an, dass die erstinstanzliche Behörde berechtigt gewesen sei, die Frage, ob dem Beschwerdeführer eine Verletzung von Dienstpflichten vorzuwerfen sei, auch ohne Abwarten der Ergebnisse eines Disziplinarverfahrens als Vorfrage zu prüfen. Weiters wurde ausgeführt, weshalb die Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde auf einem mängelfreien Verfahren beruhten.

Sodann führte die belangte Behörde noch Folgendes aus:

"Zunächst kann als Kündigungsgrund nur ein während der Dauer des provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses an den Tag gelegtes Verhalten herangezogen werden. Die den Berufungswerber ungünstig beurteilenden Dienstbeschreibungen während seiner Zeit als Vertragsbediensteter des Justizwachdienstes bilden daher keine taugliche Grundlage, um von einem unbefriedigenden Arbeitserfolg auszugehen, sind aber auch von der Dienstbehörde I. Instanz nicht herangezogen worden. Ebenso wenig kann aber die Dienstbeschreibung des Einschreiters, die im Zusammenhang mit seiner Ernennung in die Verwendungsgruppe E2b erstellt wurde und sich ebenfalls auf die Tätigkeit als Vertragsbediensteter bezieht, als Grundlage einer gegenteiligen Annahme herangezogen werden. Eine förmliche Dienstbeschreibung oder Leistungsfeststellung betreffend den Berufungswerber für den Zeitraum ab 1. November 1999 wurde nicht erstellt. Jedoch sind im Schreiben des Leiters der Justizanstalt Wien-Simmering vom 28. Jänner 2002, in dem er die Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses des Berufungswerbers beantragt, zahlreiche Vorfälle angeführt, die zu dem Schluss führen, dass das dienstliche Verhalten des Berufungswerbers sich insgesamt als provokant, von mangelnder Sensibilität und nicht von der für einen Justizwachebeamten erforderlichen sozialen Kompetenz getragen darstellt.

Hinsichtlich des Vorfalles vom 13. Juli 2001 ist die Dienstbehörde I. Instanz im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass ein pflichtwidriges Verhalten des Berufungswerbers vorlag. Er hat nämlich durch sein Zuspätkommen gegen seine Verpflichtung nach § 48 BDG 1979 verstoßen, die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt abwesend ist, im Weiteren hat er durch sein weiteres Verhalten an diesem Tag auch gegen seine Verpflichtung gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen, die Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen. Obwohl das Strafverfahren wegen des Vorfalles am 31. Oktober 2001 eingestellt wurde, liegt aber in dienstrechtlicher Hinsicht ein pflichtwidriges Verhalten vor, weil dazu kein vorsätzliches Handeln wie in der Bestimmung des § 302 Abs. 1 StGB gefordert wird, vielmehr auch fahrlässiges Handeln ausreicht. Der Berufungswerber hat hier gegen § 43 Abs. 1 BDG 1979, wonach er verpflichtet ist, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus Eigenem zu besorgen, verstoßen. Sein Verhalten am 20. Februar 2002 stellt einen Verstoß gegen § 44 Abs. 1 BDG 1979 dar.

Die Einrichtung des provisorischen Dienstverhältnisses verfolgt den Zweck, den Beamten auf seine Eignung für den Dienst - in körperlicher, geistiger wie charakterlicher Beziehung - zu prüfen und letztlich nur Beamte in das definitive Dienstverhältnis zu übernehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im Allgemeinen wie in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen wurde, gestellt werden müssen. Es sind daher alle sich nicht voll bewährenden Amtsträger noch vor Erlangung einer unkündbaren Stellung von der Beamtenlaufbahn, für die sie sich nicht eignen, auszuschließen.

Bei dem der Berufungsbehörde vorliegenden Sachverhalt ist es aber unzweifelhaft, dass die Dienstbehörde I. Instanz im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, dass Gründe, die die Kündigung des Dienstverhältnisses des Berufungswerbers im Sinne des § 10 BDG 1979 rechtfertigen, vorliegen. Es stellt zunächst zwar nicht jede im provisorischen Dienstverhältnis unterlaufene Verletzung auch nur irgendeiner der Dienstpflichten schon einen Kündigungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 4 Ziffer 4 leg.cit. dar, jedoch kommen beim Berufungswerber mehrere Vorfälle die letztlich auch zur Erstattung von Straf- und Disziplinaranzeigen geführt haben, zusammen. Im Zusammenhalt mit den zahlreichen Krankenständen ist der Dienstbehörde I. Instanz zu Recht beizupflichten, dass der Berufungswerber insgesamt für den schwierigen und verantwortungsvollen Beruf des Justizwachebeamten offenkundig nicht geeignet ist. Sie war dabei nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, das gesamte Verhalten des Berufungswerbers während der Dauer des provisorischen Dienstverhältnisses bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

Selbst bei der Annahme, dass eine Subsumierung des dienstlichen Verhaltens des Berufungswerbers unter die Ziffer 3 des Abs. 4 der genannten Bestimmung nicht ausreichend dargetan und daher nicht gerechtfertigt wäre, wäre jedenfalls bei einer Gesamtbetrachtung des dienstlichen Verhaltens des Berufungswerbers davon auszugehen, dass ein den Gründen des § 10 Abs. 4 BDG 1979 gleichwertiger, die Kündigung des Dienstverhältnisses rechtfertigender Grund, vorläge. Im Übrigen reicht aber das Vorliegen auch nur eines Kündigungsgrundes des § 10 leg.cit. für die Rechtmäßigkeit der Kündigung bereits aus.

Gemäß § 66 AVG hat die Berufungsbehörde sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung war im Hinblick auf die inhaltliche Entscheidung abzuweisen. Wegen des Kündigungstermins 31. August 2002 kommt der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hier keine Bedeutung mehr zu. Zudem liegt der Vollzug der Entscheidung im dienstlichen Interesse."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erklärt, den Bescheid in seinem gesamten Inhalt anzufechten. Er erachtet sich in seinem Recht darauf, dass ein provisorisches Dienstverhältnis nicht ohne Vorliegen gesetzlicher Gründe aufgelöst werde, sondern fortdauere, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 10 Abs. 1 und 4 Z. 2, 3 und 4 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, lauten:

"§ 10. (1) Das Dienstverhältnis ist zunächst provisorisch.

(2) Das provisorische Dienstverhältnis kann mit Bescheid gekündigt werden. ...

...

(4) Kündigungsgründe sind insbesondere:

...

     2.        Mangel der körperlichen oder geistigen Eignung,

     3.        unbefriedigender Arbeitserfolg,

     4.        pflichtwidriges Verhalten,

     ..."

Das Beschwerdevorbringen lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, aus den von der belangten Behörde hinreichend konkret getroffenen Feststellungen ließen sich keine Gründe ableiten, welche geeignet wären, eine Kündigung seines provisorischen Dienstverhältnisses zu rechtfertigen. Der angefochtene Bescheid enthalte überdies über weite Strecken die Wiedergabe von Behauptungen und gegen den Beschwerdeführer ins Treffen geführten Anschuldigungen, in Ansehung derer die belangte Behörde aber nicht mit hinreichender Klarheit ausführe, ob sie sie überhaupt als erwiesen erachte bzw. welche konkreten Kündigungsgründe sie hieraus ableite. Dem ist Folgendes zu erwidern:

Wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt hat, verfolgt die Einrichtung des provisorischen Dienstverhältnisses den Zweck, den Beamten auf seine Eignung für den Dienst zu prüfen und nur Beamte in das definitive Dienstverhältnis zu übernehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im Allgemeinen und in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen wurde, gestellt werden müssen. Es sind daher alle sich nicht voll bewährenden Amtsträger noch vor Erlangung einer unkündbaren Stellung von der Beamtenlaufbahn, für die sie sich nicht eignen, auszuschließen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1982, Zl. 81/12/0041, und die dort angeführte Rechtsprechung). Aus diesem Zweck des provisorischen Dienstverhältnisses ist auch abzuleiten, dass die Beurteilung der persönlichen Eignung ähnlich wie die Beurteilung des Arbeitserfolges (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1992, Zlen. 87/12/0076, 0082) sich nicht bloß auf einen eingeschränkten Zeitraum, sondern auf den gesamten Beurteilungszeitraum, das heißt aber auf die Dauer des provisorischen Dienstverhältnisses insgesamt, bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1995, Zl. 95/12/0031).

Vor diesem Hintergrund geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die belangte Behörde jedenfalls folgende Vorwürfe auf Grund ihrer insoweit in der Beschwerde unbestritten gebliebenen Tatsachenfeststellungen zu Recht erhoben hat:

In Ansehung des Vorfalles vom 13. Juli 2001 ist der belangten Behörde zuzugestehen, dass dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang ein Verstoß gegen Dienstpflichten vorzuwerfen ist, zumal er weder seiner aus § 48 Abs. 1 BDG 1979 resultierenden Verpflichtung, die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, nachgekommen ist, noch den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten gemeldet und seine Abwesenheit im Sinne des § 51 Abs. 1 BDG 1979 gerechtfertigt hat. Ein verspätetes Erscheinen zum Dienst (um 7.30 Uhr statt um 6.00 Uhr) ist dem Beschwerdeführer daher vorzuwerfen.

Zutreffend ist weiters der von der belangten Behörde erhobene Vorwurf, der Beschwerdeführer sei unter Verletzung der ihm erteilten Weisung vom 17. Dezember 2001 am 20. Februar 2002 an seiner Dienststelle erschienen, um eine ärztliche Bescheinigung über einen "Krankenstand" vom 18. Februar 2002 bis 8. März 2002 abzugeben. An der Weisungswidrigkeit dieses Verhaltens vermag auch der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand nichts zu ändern, dass die ärztliche Bescheinigung eine Erkrankung während eines Erholungsurlaubes (an die die Rechtsfolgen des § 71 Abs. 1 BDG 1979 geknüpft sind) bescheinigt. Bei verständiger Würdigung der Weisung vom 17. Dezember 2001 bezog sich diese ohne Zweifel auch auf "Krankenstände", welche gemäß § 71 Abs. 1 BDG 1979 auf das Urlaubsausmaß nicht anzurechnen sind.

Was nun die von der belangten Behörde festgestellten "Krankenstände" betrifft, ist zunächst festzuhalten, dass Zeiträume, in denen ein Beamter infolge gesundheitlicher Beeinträchtigungen an der Erbringung einer Dienstleistung überhaupt gehindert ist, für die Beurteilung seines Arbeitserfolges im Sinne des § 10 Abs. 4 Z. 3 BDG 1979 nicht heranzuziehen sind. Die von der erstinstanzlichen Behörde vertretene Rechtsauffassung, durch lang andauernde "Krankenstände" sei der Kündigungsgrund des § 10 Abs. 4 Z. 3 BDG 1979 verwirklicht, erweist sich daher als unzutreffend. Die belangte Behörde hat diese "Krankenstände" ohne nähere rechtliche Qualifikation der Ursache als Begründung für die vorgenommene Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses ins Treffen geführt.

Es ist aber nicht rechtswidrig, insbesondere aus häufigen "Krankenständen" mit steigender Tendenz den Schluss zu ziehen, der Beamte habe sich in Ansehung seiner körperlichen Eignung nicht bewährt, weshalb der Kündigungsgrund des § 10 Abs. 4 Z. 2 BDG 1979 vorliege (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1995, Zl. 95/12/0031). Für die Berechtigung einer solchen Kündigung kommt es nicht darauf an, ob der Beamte im Zeitpunkt ihres Ausspruches (wieder) in der Lage ist, die ihm zugedachten dienstlichen Aufgaben zu erfüllen, entscheidend ist vielmehr, ob während des provisorischen Dienstverhältnisses (körperliche oder geistige) Mängel aufgetreten sind, die den Betreffenden für das definitive Dienstverhältnis als nicht geeignet erscheinen lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 2001/12/0067). Der in Rede stehende Kündigungsgrund liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. Februar 1995 ausführte, dann vor, wenn es dem Beamten zum maßgebenden Zeitpunkt an einer stabilen körperlichen oder geistigen Verfassung gefehlt hat.

Unbestritten ist das Ausmaß der von der belangten Behörde festgestellten "Krankenstände". Die belangte Behörde hat - wie bereits ausgeführt - zutreffend den Zweck des provisorischen Dienstverhältnisses darin gesehen, Beamte auszuschließen, die sich während des Beobachtungszeitraumes (das ist nach ständiger Rechtssprechung zunächst der Zeitraum von der Begründung des provisorischen Dienstverhältnisses bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Kündigungsbescheides) nicht voll bewährt haben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 2001/12/0067). Von einer vollen Bewährung des Beschwerdeführers in Ansehung seiner gesundheitlichen Eignung kann im Hinblick auf das Ausmaß der von der belangten Behörde festgestellten "Krankenstände" (zuletzt durchgehend über drei Monate bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides) keine Rede sein.

Hinzu kommt noch, dass der Beschwerdeführer darüber hinaus nach den unbestrittenen Feststellungen auch im Zeitraum zwischen der Erlassung des erstinstanzlichen Kündigungsbescheides und des Berufungsbescheides (nach den dort getroffenen Feststellungen: "bis dato") weiter im "Krankenstand" verblieben ist.

In diesem Zusammenhang wird nicht verkannt, dass auch im Falle nicht vollständiger Bewährung eines Beamten in gesundheitlicher Hinsicht zu erwägen ist, ob ungeachtet dessen ausnahmsweise dennoch davon auszugehen ist, dass der Beamte auf Grund besonderer Umstände in weiterer Folge die volle gesundheitliche Eignung für das definitive Dienstverhältnis erlangen werde. Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn mittlerweile eine Heilung eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht (vgl. hiezu auch die Ausführungen in dem zur Aufkündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses nach der Dienstordnung für Wien 1994 ergangenen hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2002, Zl. 2001/12/0160). Für das Vorliegen dieses Ausnahmefalles ergeben sich aus den Feststellungen der belangten Behörde keine Anhaltspunkte. Der Beschwerdeführer hat auch weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein Vorbringen erstattet, dass und aus welchen Gründen ungeachtet des in diesem Zusammenhang entscheidend ins Gewicht fallenden durchgehenden "Krankenstandes" seit 18. Februar 2002 solche Umstände in seinem Falle vorgelegen wären (seine Stellungnahme erstreckte sich lediglich auf die Ursachen der vorangegangenen "Krankenstände").

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Auffassung, dass die eben angeführten Gründe jedenfalls in ihrer Gesamtheit die Aufkündigung des provisorischen Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers rechtfertigen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Zu der unter Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides getroffenen Erledigung war die belangte Behörde nicht zuständig, weil die bescheidförmige Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung von jener Behörde auszusprechen ist, die den (erstinstanzlichen) dienstrechtlichen Bescheid erlässt oder erlassen hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1994, Zl. 94/12/0132).

Der angefochtene Bescheid war daher in seinem Spruchpunkt 2. wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, ohne dass auf die Frage einzugehen war, ob der Beschwerdeführer durch diesen Spruchpunkt in seinem als Beschwerdepunkt formulierten Recht verletzt wurde oder nicht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff , insbesondere auf § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 22. Jänner 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002120275.X00

Im RIS seit

28.04.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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