TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/25 2001/01/0427

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Veröffentlicht am 25.03.2003
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, über die Beschwerde des Y in R, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 4. Juli 2001, Zl. Ia 370- 250/1999, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Vorarlberger Landesregierung (die belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10, 11a, 12, 13 und 14 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) ab.

Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer, 1966 in der Türkei geboren und türkischer Staatsangehöriger, habe seit 26. August 1991 ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz in Österreich. Er habe sich bereits in der Zeit von April 1978 bis Mai 1991 in Österreich aufgehalten und habe hier zwei Jahre die Volkschule und vier Jahre die Hauptschule sowie den Polytechnischen Lehrgang besucht. Beruf habe er keinen erlernt. Seit März 2000 sei er bei der Firma Sch. als Fahrer beschäftigt. Seit 2. Jänner 1991 sei er geschieden.

Von der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch habe er wie folgt bestraft werden müssen:

"mit Bescheid vom 18.08.1992, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 102 Abs. 1 und 7 Abs. 1 KFG in Verbindung mit § 4 Abs. 4 KDV mit einer Geldstrafe von S 1.400,--;

mit Bescheid vom 13.04.1992, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 4 Abs. 1 lit.a und 99 Abs. 2 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 2.000,--;

mit Bescheid vom 13.04.1992, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 4 Abs. 5 und 99 Abs. 3 lit. b StVO mit einer Geldstrafe von S 2.000,--;

mit Bescheid vom 18.08.1992, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 102 Abs. 1 und 14 Abs. 1 KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 450,--;

mit Bescheid vom 18.08.1992, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 102 Abs. 1 und 19 Abs. 1 KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 300,--;

mit Bescheid vom 18.08.1992, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 102 Abs. 5 lit. a KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 200,--;

mit Bescheid vom 18.08.1992, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 200,--;

mit Bescheid vom 18.08.1992, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 102 Abs. 10 KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 200,--;

mit Bescheid vom 03.11.1992, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 7 Abs. 5 und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 700,--;

mit Bescheid vom 23.11.1992, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 2 Abs. 1 Z 2 Meldegesetz mit einer Geldstrafe von S 500,--;

mit Bescheid vom 13.10.1993, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 102 Abs. 1 und 7 Abs. 1 KFG in Verbindung mit 4 Abs. 4 KDV mit einer Geldstrafe von S 2.000,--

mit Bescheid vom 10.06.1994, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 7 Abs. 5 und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 700,--;

mit Bescheid vom 20.09.1994, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 106 Abs. 1b KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 750,--;

mit Bescheid vom 16.01.1995, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 24 Abs. 1 lit. a und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 400,--;

mit Bescheid vom 15.04.1995, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 52 lit. a Z 2 und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 500,--;

mit Bescheid vom 25.04.1995, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 24 Abs. 1 lit. a und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 400,--;

mit Bescheid vom 28.05.1995, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 20 Abs. 2 und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 1.500,--;

mit Bescheid vom 23.08.1995, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 102 Abs. 1 KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 2.000,--;

mit Bescheid vom 25.08.1995, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 61 Abs. 3 in Verbindung mit 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 2.000,--;

mit Bescheid vom 25.08.1995, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 92 Abs. 1 und 99 Abs. 4 lit. g StVO mit einer Geldstrafe von S 1.000,--;

mit Bescheid vom 18.09.1995, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 102 Abs. 1 KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 1.000,--;

mit Bescheid vom 18.09.1995, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 134 Abs. 1 KFG in Verbindung mit Art. 15 Abs. 2 d VO(EG) Nr. 3821/85 mit einer Geldstrafe von S 1.000,--;

mit Bescheid vom 18.09.1995, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 102 Abs. 1 KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 1.000,--;

mit Bescheid vom 18.09.1995, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 102 Abs. 1 und 14 Abs. 4 KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 500,--;

mit Bescheid vom 18.09.1995, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 102 Abs. 1 und 27 Abs. 3 KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 700,--;

mit Bescheid vom 17.10.1995, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 102 Abs. 1 und 27 Abs. 3 KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 1.000,--;

mit Bescheid vom 23.11.1995, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 24 Abs. 1 lit. a und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 400,--;

mit Bescheid vom 04.03.1996, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 52 lit. c Z 24 und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 700,--;

mit Bescheid vom 04.03.1996, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 42 Abs. 1 KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 450,--;

mit Bescheid vom 04.03.1996, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 300,--;

mit Bescheid vom 04.03.1996, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 102 Abs. 1 und 27 Abs. 3 KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 1.200,--;

mit Bescheid vom 04.03.1996, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 102 Abs. 1 und 7 Abs. 1 KFG in Verbindung mit 4 Abs. 4 KDV;

mit Bescheid vom 16.03.1996, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 24 Abs. 1 lit. a und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 700,--;

mit Bescheid vom 03.05.1996, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 61 Abs. 1 und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 1.500,--;

mit Bescheid vom 16.10.1996, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 24 Abs. 1 lit. e und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 1.000,--;

mit Bescheid vom 16.10.1996, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 97 Abs. 4 und 99 Abs. 3 lit. j StVO mit einer Geldstrafe von S 1.000,--;

mit Bescheid vom 27.11.1996, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 7 Abs. 1 lit. a Parkabgabegesetz mit einer Geldstrafe von S 400,--;

mit Bescheid vom 08.01.1997, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 24 Abs. 1 lit. i Z 1 und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 500,--;

mit Bescheid vom 17.02.1997, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 7 Abs. 1 lit. a Parkabgabengesetz von S 400,--;

mit Bescheid vom 28.02.1997, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 1.000,--, weil er einen Kraftwagenzug lenkte, bei dem des höchstzulässige Gesamtgewicht des Lkws durch die Ladung beträchtlich überschritten wurde;

mit Bescheid vom 28.02.1997, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 2.000,--, weil er einen Kraftwagenzuges lenkte, bei dem das höchstzulässige Gesamtgewicht des Anhängers durch die Ladung beträchtlich überschritten wurde;

mit Bescheid vom 01.03.1997, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 24 Abs. 1 lit. a und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 500,--;

mit Bescheid vom 26.03.1997, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 24 Abs. 1 lit. n und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 500,--;

mit Bescheid vom 05.05.1997, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 7 Abs. 1 lit. a Parkabgabegesetz mit einer Geldstrafe von S 500,--;

mit Bescheid vom 25.11.1997, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 24 Abs. 1 lit. a und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 600,--;

mit Bescheid vom 17.08.1998, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 24 Abs. 1 lit. a und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 700,--;

mit Bescheid vom 12.12.1991, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 134 Abs. 1 KFG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 d. VO(EG) Nr. 3820/85 mit einer Geldstrafe von S 1.000,--, weil er als Lenker eines Kraftwagenzuges die zwischen zwei Ruhezeiten zulässige Tageslenkzeit überschritten hatte;

mit Bescheid vom 12.12.1991, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 134 Abs. 1 KFG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 d. VO(EG) Nr. 3820/85 mit einer Geldstrafe von S 1.000,--, weil er als Lenker eines Kraftwagenzuges die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit nicht eingehalten hatte;

mit Bescheid vom 11.11.1998, Zl. ..., wegen Übertretungen nach den §§ 24 Abs. 1 lit. i Z 1 und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 700,--;

mit Bescheid vom 25.11.1998, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 134 Abs. 1 KFG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 d. VO(EG) Nr. 3820/85 mit einer Geldstrafe von S 1.000,--, weil er als Lenker eines Kraftwagenzuges die zulässige Tageslenkzeit überschritten hatte;

mit Bescheid vom 25.11.1998, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 134 Abs. 1 und 102 Abs. 11d KFG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 d. VO(EG) Nr. 3820/85 mit einer Geldstrafe von S 1.500,--, weil er als Lenker eines Kraftwagenzuges die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit nicht eingehalten hatte;

mit Bescheid vom 25.11.1998, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 134 Abs. 1 KFG in Verbindung mit Art. 15 Abs. 5 d. VO(EG) Nr. 3821/85 mit einer Geldstrafe von S 1.000,--, weil er das Schaublatt unvollständig ausgefüllt hatte;

mit Bescheid vom 24.02.1999, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 43 Abs. 4 lit. b KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 700,-- , weil er als Lenker einer Kraftwagenzuges ein Schaublatt nicht ordnungsgemäß ausgefüllt hatte;

mit Bescheid vom 10.02.2000, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 134 Abs. 1 KFG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 EG-VO 3820/85 mit einer Geldstrafe von S 1.500,--, weil er als Lenker eines Kraftwagenzuges die vorgeschriebene Lenkpause nicht eingehalten hatte;

mit Bescheid vom 10.02.2000, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 134 Abs. 1 KFG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 EG-VO 3820/85 mit einer Geldstrafe von S 1.500,--, weil er als Lenker eines Kraftwagenzuges die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden überschritten hatte;

mit Bescheid vom 10.02.2000, Zl. X-9-2000/3655, wegen einer Übertretung nach § 134 Abs. 1 KFG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 EG-VO 3820/85 mit einer Geldstrafe von S 2.000,--, weil er als Lenker eines Kraftwagenzuges nicht innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden die vorschreibenden Ruhezeiten eingehalten hatte;

mit Bescheid vom 10.02.2000, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 134 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 15 Abs. 2 EG-VO 3821/85 mit einer Geldstrafe von S 1.500,--, weil er als Lenker eines Kraftwagenzuges das Schaublatt länger als einen Tag verwendet hatte;

mit Bescheid vom 10.02.2000, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 98 Abs. 1 KFG in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Z 2 lit. e KDV mit einer Geldstrafe von S 1.000,--, weil er als Lenker eines Kraftwagenzuges die auf Autostraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 20 km/h überschritten hatte."

Von der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn habe er wie folgt bestraft werden müssen:

"mit Bescheid vom 01.11.1999, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 52 lit. a Z 10a StVO mit einer Geldstrafe von S 1.050,--,weil er mit dem von ihm gelenkten Pkw die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 24 km/h überschritten hatte;

mit Bescheid vom 08.01.2000, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 300,--;

mit Bescheid vom 08.01.2000, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 102 Abs. 6 KFG mit einer Geldstrafe von S 200,--;

mit Bescheid vom 07.05.2000, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 102 Abs. 1 KFG mit einer Geldstrafe von S 500,--, weil er es als Lenker eines Kraftwagenzuges unterlassen hatte, die Schaublätter der laufenden Woche bzw. des letzten Tages der vergangenen Woche mitzuführen;

mit Bescheid vom 07.05.2000, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 42 Abs. 2 StVO mit einer Geldstrafe von S 3.000,--, weil er als Lenker eines Kraftwagenzuges zum Zeitpunkt des Wochenendfahrverbotes lenkte;

mit Bescheid vom 03.12.2000, Zl. ..., wegen einer Übertretung nach § 8 Abs. 4 StVO mit einer Geldstrafe von S 500,--."

Der vorstehende Sachverhalt sei unbestritten. Der Beschwerdeführer sei von den Verwaltungsbehörden 64 mal bestraft worden. Dabei habe es sich vor allem um Übertretungen nach dem Kraftfahrgesetz (in Verbindung mit der Lenkzeitverordnung) sowie Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung gehandelt. Die Verstöße richteten sich somit gegen Vorschriften, die zum Schutz von Leib und Leben Dritter erlassen worden seien. Auf Grund der zahlreichen, bis in die jüngste Vergangenheit reichenden verwaltungsbehördlichen Bestrafungen könne sicherlich nicht von einem Wohlverhalten gesprochen werden. Als gravierende Verstöße müssten unter anderem die zahlreichen Übertretungen nach dem Kraftfahrgesetz gewertet werden. Gerade bei einem Berufskraftfahrer müsse auf die Einhaltung der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung und des Kraftfahrgesetzes besonderes Augenmerk gelegt werden. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer immer wieder die Lenkzeit beim Lenken eines Kraftwagenzuges überschritten bzw. die erforderlichen Lenkpausen nicht eingehalten habe, müsse als besonders schwer wiegend gewertet werden, weil dabei nicht ausgeschlossen sei, dass der Lenker übermüdet sei. Durch das Lenken von Schwerfahrzeugen in übermüdetem Zustand sei die Gefahr von folgenschweren Unfällen besonders groß. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer über einen langen Zeitraum immer wieder strafbare Handlungen begangen habe, lasse den Schluss zu, dass er möglicherweise auch in Zukunft wesentliche Vorschriften missachten werde, "die zur Abwehr und Unterdrückung für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit bzw. für die anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen erlassen" worden seien. Die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG müsse für alle im Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 vorgesehenen Verleihungstatbetstände, ausgenommen für den des § 14 StbG, gegeben sein; dieser Tatbestand sei jedoch gleichfalls nicht erfüllt, weil der Beschwerdeführer nicht wie im § 14 StbG gefordert staatenlos sei.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde hat die Versagung der Verleihung der Staatsbürgerschaft ausschließlich mit dem Mangel der Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG begründet.

Die hier maßgebliche Bestimmung des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998, BGBl. I Nr. 124, lautet auszugsweise:

"Verleihung

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn

...

6. er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet;

..."

Bei der Klärung der Frage, ob die Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG gegeben ist, ist vom Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers auszugehen. Dieses ist wesentlich durch das sich aus der Art, Schwere und Häufigkeit der von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt. Hiebei stellt der Gesetzgeber nicht auf formelle Gesichtspunkte ab, sondern es ist lediglich maßgebend, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluss rechtfertigen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung - oder andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte Rechtsgüter - erlassene Vorschriften missachten. Aus der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die negative Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung von Gefahren für Leben, Gesundheit und Sicherheit der Allgemeinheit erlassenen Gesetzen in deutlicher Weise zum Ausdruck. Dies gilt auch für Verstöße gegen Schutznormen, die der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs dienen. Übertretungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in erheblichem Ausmaß hat der Verwaltungsgerichtshof als schwer wiegende Verstöße gegen derartige Schutznormen gewertet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2002, Zl. 2000/01/0190, mwN).

Mit Blick auf die Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG beschränkte sich die belangte Behörde darauf, hinsichtlich der von ihr zu Grunde gelegten 64 verwaltungsbehördlichen Bestrafungen zum größten Teil nur die übertretenen Verwaltungsstraftatbestände sowie die hiefür über den Beschwerdeführer verhängten Verwaltungsstrafen zu zitieren, ohne jeweils nähere Feststellungen über das diesen Bestrafungen zu Grunde liegende, einer Beurteilung im Grund des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG zuzuführende Verhalten des Beschwerdeführers zu treffen. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist allein die Zahl der Verwaltungsübertretungen noch nicht hinreichend aussagekräftig. Soweit die belangte Behörde teilweise näher - von der Beschwerde unbestritten - feststellte, der Beschwerdeführer habe etwa einen Kraftwagenzug gelenkt, bei dem dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht durch die Ladung "beträchtlich" überschritten worden sei, er habe als Lenker eines Kraftwagenzuges die zwischen zwei Ruhezeiten zulässige Tageslenkzeit überschritten und die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit oder die vorgeschriebene Lenkpause nicht eingehalten, er habe das Schaublatt unvollständig oder nicht ordnungsgemäß ausgefüllt oder länger als einen Tag verwendet, er habe innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden die vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht eingehalten und er habe schließlich zum Zeitpunkt des Wochenendfahrverbotes einen Kraftwagenzug gelenkt, vermögen allein diese Feststellungen die Prognose der belangten Behörde im Grund des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG nicht zu stützen, weil aus den Feststellungen der konkrete Verstoß gegen die Schutznorm - und damit letztendlich die von der belangten Behörde unterstellte wesentliche Gefährdung öffentlicher Interessen - nicht nachvollzogen werden kann. Auch die weiteren Feststellungen, der Beschwerdeführer habe das eine Mal als Lenker eines Kraftwagenzuges die auf Autostraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 20 km/h überschritten, ein anderes Mal mit dem von ihm gelenkten PKW die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 24 km/h überschritten, vermögen - auch unter Berücksichtigung der eingangs wiedergegebenen ansatzweisen Feststellungen verwaltungsbehördlich strafbaren Verhaltens - eine negative Prognose im Grunde des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG noch nicht zu rechtfertigen. Der angefochtene Bescheid entbehrt daher im Tatsachenbereich, insbesondere auch zu den ansatzweise umschriebenen Übertretungen, notwendiger konkreter Feststellungen, auf Grund derer die die Versagung der Staatsbürgerschaft tragende Schlussfolgerung gerechtfertigt wäre, dass aus der Art, der Schwere und der Häufigkeit bestimmter Verstöße eine negative Einstellung des Beschwerdeführers gegenüber den zur Hintanhaltung von Gefahren für Leben, Gesundheit und Sicherheit der Allgemeinheit erlassenen Gesetzen in deutlicher Weise zum Ausdruck käme (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl. 2001/01/0032).

Der bloße Hinweis auf die Zahl der Verwaltungsübertretungen, ohne näher darzustellen, welche Übertretungen die Entscheidung tragen, vermag der Begründungspflicht nicht zu genügen.

Die im aufgezeigten Umfang fehlenden Feststellungen über das verwaltungsbehördlich strafbare Verhalten des Beschwerdeführers verwehren jedoch dem Verwaltungsgerichtshof die nachprüfende Kontrolle der von der belangten Behörde eingenommenen, vom Beschwerdeführer im Ergebnis bekämpften Ansicht, er erfülle nicht die Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 25. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001010427.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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