TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/7 2002/01/0317

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Veröffentlicht am 07.10.2003
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §15 idF 1999/I/004;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Thoma und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 4. Juni 2002, Zl. 222.760/0-XII/37/01, betreffend § 15 AsylG (mitbeteiligte Partei: F, geboren 1981), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo, reiste am 12. Mai 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte am selben Tag Asyl. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 16. Mai 2001 gemäß § 7 AsylG ab und stellte im zweiten Spruchpunkt dieses Bescheides gemäß § 8 AsylG fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Mitbeteiligten in die Demokratische Republik Kongo sei nicht zulässig.

Der Mitbeteiligte bekämpfte die Abweisung des Asylantrages mit Berufung an die belangte Behörde und beantragte unter Bezugnahme auf den zweiten Spruchpunkt des erstinstanzlichen Bescheides in einem an das Bundesasylamt gerichteten Schriftsatz die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 AsylG. Da das Bundesasylamt diesen Antrag unerledigt ließ, richtete der Mitbeteiligte einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde. Das Bundesasylamt nahm zu diesem Antrag dahin gehend Stellung, dass tatsächlich innerhalb der Entscheidungsfrist kein Bescheid erlassen worden sei. "Angemerkt" wurde, dass nach Ansicht des Bundesasylamtes "ein Antrag auf Erlassung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung vor rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens zurückzuweisen wäre".

Im Spruch des angefochtenen Bescheides wurde dem Mitbeteiligten von der belangten Behörde "gemäß § 15 AsylG ... eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt, deren Wirkung aber von Gesetzes wegen erst mit der Rechtskraft der zur Beendigung des vorläufigen Aufenthaltsrechtes führenden Entscheidung eintritt". In der Begründung dieser Entscheidung stützte sich die belangte Behörde auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2001, G 138/00 u.a., VfSlg 16.192.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Amtsbeschwerde richtet sich gegen die von der belangten Behörde "übernommene Auslegungsvariante" des Verfassungsgerichtshofes in dem zuvor erwähnten Erkenntnis, wonach in einem Fall wie dem vorliegenden schon das Bundesasylamt eine - freilich erst mit der Rechtskraft der Abweisung des Asylantrages wirksam werdende - befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen habe. Dies, so die Amtsbeschwerde, verlange dem Bundesasylamt "wahrsagerische Fähigkeiten" ab, widerspreche "allen Grundsätzen von Bestimmtheit von Bescheiden und Rechtssicherheit" und sei keine "mit rechtsstaatlichen Voraussetzungen vereinbare Auslegungsvariante". Als solche komme für einen Fall wie den vorliegenden nur die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung durch die belangte Behörde als Berufungsbehörde in Verbindung mit der Erledigung der Berufung gegen die Abweisung des Asylantrages in Frage.

Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 17. September 2003, Zl. 2002/20/0399, verwiesen werden (vgl. vom selben Tag auch die hg. Erkenntnisse zu den Zlen. 2000/20/0209, 2002/20/0333 und 2002/20/0427). Danach ist der belangten Behörde - insoweit dem Verfassungsgerichtshof folgend - darin beizupflichten, dass in einem Fall wie dem vorliegenden das Bundesasylamt zur Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung zuständig ist und damit auch nicht bis zur Rechtskraft der Abweisung des Asylantrages zuzuwarten hat. Hingegen schließt sich der Verwaltungsgerichtshof der -  im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nur zur Widerlegung eines nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes aus anderen Gründen verfehlten Gegenargumentes geäußerten - Meinung des Verfassungsgerichtshofes, die befristete Aufenthaltsberechtigung werde kraft Gesetzes erst mit der Rechtskraft der Abweisung des Asylantrages wirksam, aus den im Erkenntnis vom 17. September 2003, Zl. 2002/20/0399, dargestellten Gründen nicht an.

Davon ausgehend entspricht der angefochtene Bescheid nicht dem Gesetz, weil die belangte Behörde nicht nur in der Begründung ihrer Entscheidung von einer aufschiebend bedingten Wirksamkeit der Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ausgegangen ist (vgl. insoweit die Erkenntnisse vom 17. September 2003, Zlen. 2002/20/0333 und 2002/20/0399), sondern eine entsprechende Einschränkung - wenngleich mit der Beifügung "von Gesetzes wegen" -

ausdrücklich in den Spruch ihrer Entscheidung aufgenommen hat.

Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Wien, am 7. Oktober 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002010317.X00

Im RIS seit

10.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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