RS OGH 1988/10/4 15Os88/88, 14Os42/88, 12Os8/89, 15Os33/89, 14Os127/90

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 04.10.1988
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Norm

B-VG Art94
FinStrG §55
MRK Art6 Abs2 III
MRK Art6 Abs3 litb IV2

Rechtssatz

Vom Bestand einer bescheidmäßig rechtskräftig festgestellten Abgabenschuld dem Grund und der Höhe nach ist im gerichtlichen FinStrVerf als Tatsache auszugehen (SSt 48/36 = verstärkter Senat uva); die Trennung der Justiz von der Verwaltung (Art 94 B-VG) spricht nicht gegen, sondern für die solcherart faktische Bindungswirkung rechtskräftiger Abgabenbescheide, weil die Negierung von konstitutiven Akten zuständiger Behörden des einen Bereiches der staatlichen Vollziehung durch Organe des anderen auf eine unzulässige Überprüfung der betreffenden Entscheidungen durch letztere auf ihre materielle Richtigkeit hinausliefe. Auch Art 6 MRK steht einer derartigen Bindung nicht entgegen, zumal damit weder eine Strafbarkeit des Abgabenschuldners vorweggenommen noch jenem ein in der Rechtsordnung vorgesehenes Verteidigungsmittel gegen den Vorwurf strafbaren Verhaltens abgeschnitten wird.

Entscheidungstexte

  • 15 Os 88/88
    Entscheidungstext OGH 04.10.1988 15 Os 88/88
    Veröff: RZ 1989/10 S 46
  • 14 Os 42/88
    Entscheidungstext OGH 30.11.1988 14 Os 42/88
    nur: Auch Art 6 MRK steht einer derartigen Bindung nicht entgegen, zumal damit weder eine Strafbarkeit des Abgabenschuldners vorweggenommen noch jenem ein in der Rechtsordnung vorgesehenes Verteidigungsmittel gegen den Vorwurf strafbaren Verhaltens abgeschnitten wird. (T1) Veröff: SSt 59/90
  • 12 Os 8/89
    Entscheidungstext OGH 23.02.1989 12 Os 8/89
    Vgl auch
  • 15 Os 33/89
    Entscheidungstext OGH 18.04.1989 15 Os 33/89
    Beisatz: Insoweit ist die Frage nach einer (nach Ansicht des VwGH zu verneinenden) Bindung der Abgabenstrafbehörden an derartige Bescheide im verwaltungsbehördlichen FinStrVerf der hier aktuellen Problematik nicht gleichgelagert. (T2)
  • 14 Os 127/90
    Entscheidungstext OGH 21.11.1991 14 Os 127/90
    Ausdrücklich gegenteilig; Verstärkter Senat; Beisatz: Keine Bindungswirkung von Abgabenbescheiden. Die verfassungsmäßige Kompetenzverteilung zwischen Justiz und Verwaltung kann, eben weil die Abgabenfestsetzung den Abgabenbehörden und die strafrechtliche Beurteilung einer Abgabenhinterziehung (unter den Voraussetzungen des § 53 FinStrG) den Gerichten obliegt, auch gegen eine faktische Bindungswirkung von Abgabenbescheiden ins Treffen geführt werden, zumal kein einziger materiellrechtlicher Tatbestand des FinStrG Grund und Höhe der Abgabenverkürzung als Vorfrage derart konzipiert hat, daß sich das Strafgericht diesbezüglich an die Feststellungen der Abgabenbehörde zu halten hätte. (T3) Veröff: JBl 1992,656 (zustimmend Seiler) = EvBl 1992/26 S 93 = RZ 1993/47 S 142

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:RS0053798

Dokumentnummer

JJR_19881004_OGH0002_0150OS00088_8800000_001
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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