TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/25 2003/16/0132

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.03.2004
beobachten
merken

Index

32/06 Verkehrsteuern;
98/01 Wohnbauförderung;

Norm

GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 litb;
WFG 1984 §2 Z7;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/16/0136

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerden 1. des P W und 2. der M W, beide in R und beide vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwälte in 4910 Ried im Innkreis, Rainerstraße 6, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, je vom 25. Juli 2003, Zl. RV/0893-G/02 (zu Zl. 2003/16/0132) und zu Zl. RV/0894-G/02 (zu Zl. 2003/16/0136), betreffend je Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführenden Parteien schlossen mit einer gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft den Anwartschaftsvertrag vom 30. April 1987/26. Mai 1987 über eine Liegenschaft samt Reihenhaus ab. Für diesen Erwerbsvorgang beantragten sie die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Z 1 und 2 lit. b GrEStG 1955.

Vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz ergingen mit Schreiben vom 28. Juni 1991 und 4. Juli 1995 - zur Überprüfung des Weiterbestehens der Voraussetzungen der beantragten Grunderwerbsteuerbefreiung - Aufforderungen, unter anderem allfällige bauliche Veränderungen der Arbeiterwohnstätte offen zu legen. Anlässlich der am 2. Juli 1996 bei den beschwerdeführenden Parteien durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung hielt der Prüfer in einer von den beschwerdeführenden Parteien unterfertigten Niederschrift fest:

"Im gegenständlichen Reihenhaus befindet sich eine Wohneinheit. Das Haus wurde nach Plan gebaut. Die Planmaße ergeben einschließlich Keller 2) samt Vorraum ... 154,22 m2. Dazu wird bemerkt, daß nach Angaben der Erwerber die in diesem Kellerraum vorgesehene Dusche erst Ende Februar dieses Jahres eingebaut wurde. Außerdem wurde auch erst heuer ein Saunablock aufgestellt. Sonst ist dieser Raum nicht wohnlich ausgestattet. ... Da die Nutzfläche nach Planmaßen ohne Keller eindeutig unter 130 m2 beträgt, wurde von der Abnahme der Naturmaße Abstand genommen.

131,02

m2

lt. Plan EG, OG

-2,62

m2

2% Verputz

128,40

m2

 

Abschließend wird bemerkt, daß beim im Plan angegebenen Ausmaß des Keller-Vorraumes auch die Stiegenfläche enthalten ist. Die tatsächliche Fläche des Vorraumes beträgt 6,67 m2."

In den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich ein von der Baubehörde am 27. November 1986 genehmigter Auswechslungsplan in Ablichtung, wie er auch auszugsweise der Beschwerde angeschlossen war. Darin sind in dem als Keller 2) bezeichneten Raum zwei Bereiche mit gelbem Leuchtstift gekennzeichnet, in denen mit Kugelschreiber "Dusche" bzw. ein Fragezeichen mit dem Vermerk "nicht ausgeführt" eingetragen ist. Weiter ist in diesem Raum mit Kugelschreiber ein Rechteck gezeichnet, in welches das Wort Sauna eingetragen wurde.

Mit Bescheid vom 18. Februar 1998 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz auf Grund des Anwartschaftsvertrag vom 26. Mai 1987 und des Kaufvertrages vom 9. April 1990 den beschwerdeführenden Parteien Grunderwerbsteuer in der Höhe von S 66.389,-- vor. In der Bescheidbegründung heißt es, die Festsetzung der Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 sei wegen Überschreitung des zulässigen Nutzflächenausmaßes von 130 m2 erfolgt. Die Absicht, eine Arbeiterwohnstätte zu schaffen, werde bereits mit der Einreichung des Bauplanes manifestiert. Gehe aus dem Bauplan hervor, dass die projektierte Nutzfläche 130 m2 überschreite, sei die Steuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 verwirkt. Nach dem am 27. November 1986 genehmigten Auswechslungsplan sei in der Waschküche eine Dusche vorgesehen. Die Fläche dieses Raumes und der Zugang dazu seien daher zur Nutzfläche zu rechnen und zwar auch dann, wenn in der Folge die Dusche tatsächlich nicht oder erst nach Ablauf der Achtjahresfrist errichtet werde.

In der gegen diese Bescheide gemeinsam erhobenen Berufung brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, dem Kellerraum fehle es an der für Wohnzwecke zu fordernden Mindestausstattung. In diesem Raum hätten sich vor dem Stichtag der Achtjahresfirst lediglich Wasseranschlüsse befunden. Die von der Behörde erster Instanz festgestellte Dusche und der Saunablock seien erst am 3. Februar 1996, sohin nach Ablauf der Achtjahresfirst montiert worden. Bei der Begehung des Hauses durch den Prüfer am 2. Juli 1996 sei die Sauna erst im Aufbau gewesen. Da sich im genannten Kellerraum lediglich Wasseranschlüsse befunden hätten, sei dieser nicht für Wohnzwecke geeignet gewesen. Dies gelte auch für den von der Behörde in die Nutzfläche einbezogenen Windfang, mit dem lediglich ein Energiespareffekt erzielt werde. Auch sei die ebenfalls mitberechnete Fläche der Loggia aus der von der Behöre errechneten Nutzfläche auszuscheiden, weil diese nicht Wohnzwecken diente. Im Erdgeschoss befinde sich ein Kachelofen, dessen ummauerte Fläche etwa 2,4 m2 betrage. Auch diese Fläche zähle nicht zur Nutzfläche. Verringere man die von der Behörde berechnete Fläche um die auf den Kellerraum samt Vorraum, auf den Windfang, auf die Loggia und um die auf den Kachelofen entfallenden Teile, betrage die Nutzfläche des Hauses weniger als 130 m2.

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der mit dem Erwerb vom 26. Mai 1987 übernommene und maßgebende Bauplan sei der Polierplan vom 8. März 1985, vervollständigt am 13. Oktober 1985 und von der Baubehörde im Zuge der Erteilung der Benützungsbewilligung am 27. November 1986 als Auswechslungsplan nachträglich genehmigt worden. Da dieser Plan die Errichtung einer Dusche in der Waschküche vorsehe, sei die Fläche der Waschküche samt Vorraum in die Nutzfläche einzubeziehen und zwar unabhängig davon, ob diese Dusche vor Errichtung des Anwartschaftsvertrages oder zwischen dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes am 26. Mai 1987 und dem Ablauf der Achtjahresfrist mit 26. Mai 1995 tatsächlich errichtet worden sei. Der Kellerraum mit der projektierten Dusche im Ausmaß von 16,52 m2 und der Vorraum (ohne Stiege) im Ausmaß von 6,67 m2 seien zur Nutzfläche hinzuzurechnen. Ebenso seien der Windfang, die Loggia und die Fläche des Kachelofens der Nutzfläche hinzuzurechnen.

In dem gegen die Berufungsvorentscheidung erhobenen Vorlageantrag wurden die in der Berufungsschrift vorgebrachten Einwendungen aufrecht erhalten. Weiter wurde ausgeführt, im Bauplan betreffend die "Kellerräume/Waschküche" seien lediglich Wasseranschlüsse (beispielsweise für eine Waschmaschine) vorgesehen, jedoch keine Dusche.

Mit den angefochtenen - im Wesentlichen gleich lautenden - Bescheiden wurde die Berufung gegen die Grunderwerbsteuerbescheide als unbegründet abgewiesen. In den Begründungen wurde unter anderem ausgeführt, es liege ein genehmigter Auswechslungsplan vor, wonach die Waschküche mit einer Dusche ausgestattet sei. Durch die Einreichung dieses Auswechslungsplanes sei nach außen manifestiert geworden, ein Wohnhaus von mehr als 130 m2 Wohnfläche errichten zu wollen; bereits mit der Einreichung des Planes sei der begünstigte Zweck aufgegeben worden. Weiter vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass der Windfang, die Loggia und die Grundfläche des Kachelofens in die Nutzfläche einzubeziehen seien.

In der gegen diese Bescheide gemeinsam erhobenen Beschwerde erachten sich die beschwerdeführenden Parteien in ihrem Recht auf Grunderwerbsteuerbefreiung verletzt.

Die belangte Behörde erstattete Gegenschriften und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Verfahren wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Bestimmung des § 4 Abs. 1 Z 2 lit. b GrEStG 1955 war der Ersterwerb einer geschaffenen oder vom Veräußerer zu schaffenden Arbeiterwohnstätte durch eine Person, die die Wohnstätte als Eigenheim übernimmt, von der Besteuerung ausgenommen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf bei einer Arbeiterwohnstätte die Nutzfläche 130 m2 nicht übersteigen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 21. November 1985, Zl. 83/16/0062 und vom 26. Juni 1986, Zl. 86/16/0066). Für die Berechnung der Nutzfläche hat der Verwaltungsgerichtshof eine Orientierung an den Wohnbauförderungsgesetzen als zutreffend erkannt. Nach § 2 Z 7 WFG 1984 ist als Nutzfläche die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes abzüglich der Wandstärken und der im Verlaufe der Wände befindlichen Durchbrechungen anzusehen; Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- und Geschäftszwecke geeignet sind, Treppen, offene Balkone, Terrassen sowie für landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke spezifisch ausgestattete Räume innerhalb einer Wohnung sind bei Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen.

Die beschwerdeführenden Parteien bekämpfen unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Feststellung der belangten Behörde, es liege ein Auswechslungsplan vor, nach dem die Waschküche mit einer Dusche ausgestattet sei.

Die beschwerdeführenden Parteien sind mit dieser Verfahrensrüge im Recht, weil weder der im Verwaltungsakt befindliche Plan über das Kellergeschoß noch der von den beschwerdeführenden Parteien mit der Beschwerde vorgelegte Plan einen Hinweis darauf enthält, dass in dem als "WASCHK."

bezeichneten Raum des Kellergeschoßes außer für die Waschmaschine (im Plan als "W" bezeichnet) und den Trockner ("TR.") weitere Sanitäranschlüsse, etwa für eine Dusche, vorgesehen waren. Noch weniger ergeben sich aus dem Plan Anhaltspunkte dafür, dass die Waschküche mit einer Dusche ausgestattet ist. Aus dem der Niederschrift vom 2. Juli 1996 beigefügten Plan des Kellergeschoßes finden sich zwar die Zusätze "Dusche" und "Sauna"; dies allerdings nicht im Bereich der Waschküche, sondern in dem von ihr getrennten, als "Keller 2)" bezeichneten Raum. Abgesehen davon, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Eintragungen erst im Zuge der Ermittlungen des Finanzamtes erfolgt sind und sich diese Eintragungen nicht im eingereichten Auswechslungsplan befunden haben, ist die Feststellung, die Waschküche sei nach dem Auswechslungsplan mit einer Dusche ausgestattet, aktenwidrig.

Keine Grundlage im Sachverhalt hat der aus dieser Feststellung von der belangten Behörde gezogene rechtliche Schluss, es sei durch die Einreichung des Auswechslungsplanes der begünstigte Zweck aufgehoben worden und die Steuerpflicht nach § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 entstanden; die Beschwerdeführer haben nämlich nach Ausweis der Akten die Liegenschaft überhaupt erst nach der von der Baubehörde durchgeführten Verhandlung über die Erteilung der Benützungsbewilligung am 27. November 1986 erworben.

Feststellungen, wonach allenfalls schon allein aus anderen Gründen der begünstigte Zweck aufgegeben worden wäre, enthalten die angefochtenen Bescheide nicht. Zu den anderen von der belangten Behörde zur Wohnnutzfläche addierten Flächen (Loggia, Windfang und Kachelofen) fehlt es für die Hinzurechnung an Feststellungen über ihre nähre Lage und Ausführung, ihre Fläche sowie über den Zeitpunkt ihrer Errichtung. Im Übrigen wird auch auf die Begründung der - in Bezug auf den Sachverhalt vergleichbaren - Erkenntnisse vom 4. Dezember 2003, Zl. 2003/16/0133, etwa zur Frage der Einbeziehung der Grundfläche des Kachelofens, und vom 21. Jänner 2004, Zl. 2003/16/0127, verwiesen.

Da der Sachverhalt von der belangten Behörde aktenwidrig angenommen wurde und einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a, b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung konnte im Hinblick auf die durch die bisherige Rechtsprechung klargestellten Rechtsfragen in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. März 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003160132.X00

Im RIS seit

03.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten