RS OGH 1992/11/26 7Ob635/92, 1Ob639/92, 4Ob513/93 (4Ob514/93), 1Ob584/93, 5Ob571/93, 7Ob2423/96s, 10

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 26.11.1992
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Norm

UbG §2
UbG §33
HeimAufG §3

Rechtssatz

Eine Beschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit liegt immer dann vor, wenn es einer Person unmöglich gemacht wird, ihren Aufenthalt nach ihrem freien Willen zu verändern. Die ständige Abhängigkeit der freien Aufenthaltsveränderung vom Willen eines anderen stellt bereits die Beschränkung der Bewegungsfreiheit her. Das Fehlen des für eine Beaufsichtigung im offenen Bereich erforderliche Personal darf niemals zu Einschränkungen der Bewegungsfreiheit führen, welche nur unter den Voraussetzungen des UbG zulässig sind.

Entscheidungstexte

  • 7 Ob 635/92
    Entscheidungstext OGH 26.11.1992 7 Ob 635/92
  • 1 Ob 639/92
    Entscheidungstext OGH 15.12.1992 1 Ob 639/92
    nur: Eine Beschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit liegt immer dann vor, wenn es einer Person unmöglich gemacht wird, ihren Aufenthalt nach ihrem freien Willen zu verändern. Die ständige Abhängigkeit der freien Aufenthaltsveränderung vom Willen eines anderen stellt bereits die Beschränkung der Bewegungsfreiheit her. (T1)
  • 4 Ob 513/93
    Entscheidungstext OGH 09.03.1993 4 Ob 513/93
    Auch
  • 1 Ob 584/93
    Entscheidungstext OGH 25.08.1993 1 Ob 584/93
    Auch; Beisatz: Es kommt nur darauf an, ob der Kranke nach den konkreten Verhältnissen den Bereich, in dem er sich aufhält, aufgrund seiner freien Entscheidung verlassen kann oder nicht; ob er sich dessen bewusst ist, ist nicht maßgeblich. (T2)
  • 5 Ob 571/93
    Entscheidungstext OGH 22.02.1994 5 Ob 571/93
    Vgl aber; nur T1; Beisatz: Das (generelle) Absperren der Stationstüre zur Nachtzeit bewirkt keine Unterbringung im Sinne des § 2 UbG. (T3)
  • 7 Ob 2423/96s
    Entscheidungstext OGH 29.01.1997 7 Ob 2423/96s
    Vgl; nur T1; Beisatz: Es kann nicht entscheidend sein, ob diese Beschränkung durch physische Zwangsmaßnahmen wie Einsperren oder Festbinden des Patienten oder durch pharmakologische Beeinflussung erfolgt, die eine massive Beschränkung der Bewegungsfreiheit bezweckte. Auch stark sedierende Mittel haben zur Folge, dass der Patient nicht mehr in der Lage ist, sich nach seinem freien Willen örtlich zu verändern. (T4)
    Veröff: SZ 70/16
  • 10 ObS 183/97b
    Entscheidungstext OGH 08.07.1997 10 ObS 183/97b
    Ähnlich; Beisatz: Durch das Angurten einer Person an einen Sessel oder Rollstuhl wird diese zweifellos in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. (T5)
    Veröff: SZ 70/130
  • 2 Ob 347/97m
    Entscheidungstext OGH 20.11.1997 2 Ob 347/97m
    nur: Eine Beschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit liegt immer dann vor, wenn es einer Person unmöglich gemacht wird, ihren Aufenthalt nach ihrem freien Willen zu verändern. (T6)
    Beis wie T2 nur: Es kommt nur darauf an, ob der Kranke nach den konkreten Verhältnissen den Bereich, in dem er sich aufhält, aufgrund seiner freien Entscheidung verlassen kann oder nicht. (T7)
    Beisatz: Wann eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit vorliegt, ist anhand der konkreten Verhältnisse des betroffenen Patienten zu beurteilen. (T8)
    Beisatz: Durch das Festhalten, Ausziehen und Baden einer Person wird diese erheblich in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. (T9)
  • 6 Ob 198/02i
    Entscheidungstext OGH 12.09.2002 6 Ob 198/02i
    Auch; Beis wie T2
  • 7 Ob 305/05m
    Entscheidungstext OGH 25.01.2006 7 Ob 305/05m
    Vgl auch
  • 8 Ob 121/06m
    Entscheidungstext OGH 18.12.2006 8 Ob 121/06m
    Auch; nur T1; Beisatz: Das Versperrthalten der Eingangstür einer Pflegeeinrichtung während des Tages (6 - 22 Uhr) stellt daher auch dann eine Freiheitsbeschränkung iSd HeimAufG dar, wenn der Bewohner einen Betreuer ersuchen kann, ihm die Tür zu öffnen. Dass eine alternative Möglichkeit besteht, die Einrichtung zu verlassen (hier: über eine „Balkontür" und durch den Garten) ändert daran jedenfalls dann nichts, wenn der Bewohner - wie hier - auf Grund seiner psychischen Erkrankung diese Möglichkeit nicht kennt und ihm jegliches Bewusstsein für diese Möglichkeit fehlt. (T10)
    Beisatz: Im Versperrthalten der Eingangstür in der Nacht (22 - 6 Uhr) kann hingegen keine unzulässige Freiheitsbeschränkung erblickt werden. Selbst in der Nacht muss jedenfalls aber die Möglichkeit gegeben sein, die Einrichtung kontrolliert zu verlassen. (T11)
    Veröff: SZ 2006/186
  • 4 Ob 149/09d
    Entscheidungstext OGH 19.11.2009 4 Ob 149/09d
    Vgl; Beisatz: Dass eine alternative Möglichkeit besteht, die Einrichtung zu verlassen, ändert an einer Freiheitsbeschränkung dann nichts, wenn der Bewohner aufgrund seiner psychischen Erkrankung diese Möglichkeit nicht kennt und ihm jegliches Bewusstsein für diese Möglichkeit fehlt. (T12)
    Beisatz: Die Verringerung des Anreizes, den normalen Aufenthaltsbereich zu verlassen ist anders als die Lenkung dementer Personen mit einem für sie nicht zu überwindenden Labyrinth oder der Anbringung schwerer Türen, die von dem Betroffenen nicht mehr geöffnet werden können, keine Unterbindung der Ortsveränderung. (T13)
  • 7 Ob 57/13b
    Entscheidungstext OGH 17.04.2013 7 Ob 57/13b
    Vgl; Beisatz: Die Entscheidung, ob eine in einer Krankenanstalt hinsichtlich eines Minderjährigen gesetzte Beschränkung der Bewegungsfreiheit wegen Fremdgefährdung als eine Maßnahme im Rahmen der Pflege und Erziehung oder als Unterbringung zu beurteilen ist, hängt naturgemäß von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. (T14)
    Beisatz: Ob eine einheitliche Unterbringung oder Einzelmaßnahmen gesetzt werden, ist ebenfalls von den konkreten Umständen des jeweiligen Falls abhängig. (T15)
  • 7 Ob 173/13m
    Entscheidungstext OGH 02.10.2013 7 Ob 173/13m
    Beisatz: Ist von vornherein die Transferierung von der geschlossenen auf eine offene Abteilung desselben Spitals nur kurzfristig (hier: ausschließlich zur Durchführung einer medizinischen Behandlung unter Aufrechterhaltung der psychiatrischen Betreuung) geplant, kann nicht davon gesprochen werden, dass der Kranke seine Bewegungsfreiheit wiedererlange. (T16)
    Veröff: SZ 2013/90
  • 7 Ob 42/14y
    Entscheidungstext OGH 22.04.2014 7 Ob 42/14y
    Auch; nur T6
  • 7 Ob 209/13f
    Entscheidungstext OGH 07.05.2014 7 Ob 209/13f
    Auch; Beisatz: Das Anlegen einer Zwangsjacke wäre, weil der Bewohner keine Ortsveränderung vornehmen kann, grundsätzlich als freiheitsbeschränkende Maßnahme zu qualifizieren. (T17)
    Beisatz: Das Anlegen eines am Rücken verschließbaren Overalls ist zwar eine merkbare Einschränkung, weil der Bewohner den Overall nicht ausziehen und sich an den betreffenden Körperteilen nicht unmittelbar berühren kann, aber keine Freiheitsbeschränkung im Sinne des § 3 Abs 1 HeimAufG, weil Ortsveränderungen des Bewohners hierdurch nicht unterbunden werden. (T18)
  • 7 Ob 134/14b
    Entscheidungstext OGH 29.10.2014 7 Ob 134/14b
    Auch; Beisatz: Eine Freiheitsbeschränkung liegt dann vor, wenn es einer Person unmöglich gemacht wird, ihren Aufenthalt nach ihrem freien Willen zu verändern. (T19)
    Veröff: SZ 2014/101
  • 7 Ob 135/14z
    Entscheidungstext OGH 29.10.2014 7 Ob 135/14z
    Auch; nur T6; Beis wie T19
  • 7 Ob 21/16p
    Entscheidungstext OGH 06.04.2016 7 Ob 21/16p
    Auch; nur T6; Beisatz: Hier: Medikamente und Fixierung auf Rollstuhl. (T20)
  • 7 Ob 205/16x
    Entscheidungstext OGH 09.11.2016 7 Ob 205/16x
    Auch; nur T6; Beis wie T19; Beisatz: Die bloße ärztliche Anordnung eines eine Freiheitsbeschränkung herbeiführenden Medikaments (vgl § 5 Abs 1 HeimAufG) unter bestimmten Voraussetzungen ohne dessen tatsächliche Verabreichung (Bedarfsmedikation) ist für sich allein noch keine Freiheitsbeschränkung im Sinn des § 3 Abs 1 HeimAufG. (T21)
    Beisatz: Sofern aber mit der Anordnung eines Medikaments beim Bewohner ein bestimmtes freiheitsbeschränkendes Verhalten veranlasst wird oder dieser den Eindruck gewinnen muss, keine andere Möglichkeit zu haben, als ein bestimmtes gewünschtes Verhalten zu setzen, andernfalls das Medikament verabreicht wird, liegt eine Androhung im Sinn des § 3 Abs 1 HeimAufG und damit eine Freiheitsbeschränkung vor. (T22)
  • 7 Ob 233/16i
    Entscheidungstext OGH 29.03.2017 7 Ob 233/16i
    Auch; nur T6
  • 7 Ob 103/17y
    Entscheidungstext OGH 05.07.2017 7 Ob 103/17y
    Vgl; nur T1; Veröff: SZ 2017/78
  • 7 Ob 102/17a
    Entscheidungstext OGH 05.07.2017 7 Ob 102/17a
    Vgl; nur T1
  • 7 Ob 59/20g
    Entscheidungstext OGH 08.07.2020 7 Ob 59/20g
    Vgl; Beisatz: Für das Vorliegen einer medikamentösen Freiheitsbeschränkung durch eine Einmalmedikation muss die intendierte Bewegungseinschränkung auch in einem feststellbaren Ausmaß eintreten. (T23)
  • 7 Ob 122/20x
    Entscheidungstext OGH 16.09.2020 7 Ob 122/20x
    nur T6; Beis wie T19
  • 7 Ob 59/21h
    Entscheidungstext OGH 23.06.2021 7 Ob 59/21h
    nur T6; Beis wie T19
  • 7 Ob 161/21h
    Entscheidungstext OGH 29.09.2021 7 Ob 161/21h
    nur T6; Beis wie T19
  • 7 Ob 200/21v
    Entscheidungstext OGH 26.01.2022 7 Ob 200/21v
    nur T6
  • 7 Ob 209/21t
    Entscheidungstext OGH 26.01.2022 7 Ob 209/21t
    nur T6; Beisatz: Es liegt keine freiheitsbeschränkende Maßnahme im Sinn des § 3 HeimAufG vor, wenn eine Zewi-Pflegedecke auf einer Intensivstation zur Behandlung eines durch die Intensivbehandlung – und nicht durch die psychische Grunderkrankung – ausgelösten Delirs angewendet wird. (T24)
  • 7 Ob 16/22m
    Entscheidungstext OGH 16.02.2022 7 Ob 16/22m
    nur T1; Beis wie T19; Beisatz: Die bloße Aufforderung an eine im Raum anwesende Person, eine Türe zu öffnen, der jederzeit Folge geleistet wird, bedeutet noch keine ständige Abhängigkeit der freien Aufenthaltsveränderung vom Willen eines Anderen. Sie ist vielmehr mit einem dem Bewohner jederzeit zur Verfügung stehenden und von ihm handhabbaren Schlüssels zu vergleichen und ist somit nicht als freiheitsbeschränkende Maßnahme im Sinn des § 3 HeimAufG zu qualifizieren. (T25)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:RS0075871

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

02.05.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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