RS OGH 1996/3/13 5Ob506/96, 15Os181/95, 10Ob2429/96w, 14Os203/96, 8Ob259/98s, 8Ob28/14x

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 13.03.1996
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Norm

ABGB §879 AIIc
ABGB §879 CIIp
ABGB §1174
GSpG 1989 §1 Abs1
UWG §27
StGB §168 Abs1

Rechtssatz

Pyramidenspiel: Die zur Wahrung oder Erhöhung der eigenen Gewinnchance notwendige Anwerbung neuer Mitspieler hängt hier nicht nur von den Fähigkeiten des werbenden Teilnehmers ab, sondern ist durch die Anzahl der vorhandenen Interessenten begrenzt. Daß diese Zahl nicht beliebig vermehrbar ist, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, die auch dadurch nicht widerlegt wird, daß die Möglichkeit einer mehrmaligen Beteiligung an einem von der ständigen Vermehrung der Mitspieler abhängigen Gewinnspiel besteht. Auch dieses Reservoir an Mitspielern erschöpft sich zwangsläufig, weil nicht erwartet werden kann, daß sich alle Spieler oder auch nur einzelne, diese dafür in einer sich unendlich wiederholenden, immer schneller fortschreitenden Reihe, für eine Wiederbeteiligung gewinnen lassen. Die Gewinnchance der Mitspieler insgesamt hängt daher bei jedem nach dem Schneeballsystem funktionierenden Pyramidenspiel letztlich vom Zufall ab, wenn man die Inkaufnahme des unausweichlichen Verlustes der letzten Teilnehmer nicht überhaupt als Betrug wertet. Es kommt hier auf eine Gesamtschau an, die nicht nur die ersten Teilnehmer mit (noch) intakten "Gewinnchancen", sondern auch die Spieler einer späteren Phase berücksichtigt, deren Verlust praktisch vorprogrammiert ist. Eben diese Gesamtschau verbietet es auch, die organisatorische, verwaltende Tätigkeit der beklagten Partei vom eigentlichen "Spielbetrieb" zu trennen. Die Klägerin wurde für die Teilnahme am streitgegenständlichen Pyramidenspiel gewonnen, wofür sie einen Einsatz zu leisten und dazu noch eine Verwaltungsgebühr zu entrichten hatte. Der "(Werk-)Auftrag" an die beklagte Partei war Voraussetzung für die Beteiligung am verbotenen Spiel und damit so eng mit diesem verflochten, daß die Nichtigkeit das gesamte Vertragsverhältnis erfaßt. Zu Recht ist daher von der Nichtigkeit des gesamten zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrages auszugehen.

Entscheidungstexte

  • 5 Ob 506/96
    Entscheidungstext OGH 13.03.1996 5 Ob 506/96
    Veröff: SZ 69/69
  • 15 Os 181/95
    Entscheidungstext OGH 28.11.1996 15 Os 181/95
    nur: Pyramidenspiel: Die zur Wahrung oder Erhöhung der eigenen Gewinnchance notwendige Anwerbung neuer Mitspieler hängt hier nicht nur von den Fähigkeiten des werbenden Teilnehmers ab, sondern ist durch die Anzahl der vorhandenen Interessenten begrenzt. Daß diese Zahl nicht beliebig vermehrbar ist, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, die auch dadurch nicht widerlegt wird, daß die Möglichkeit einer mehrmaligen Beteiligung an einem von der ständigen Vermehrung der Mitspieler abhängigen Gewinnspiel besteht. Auch dieses Reservoir an Mitspielern erschöpft sich zwangsläufig, weil nicht erwartet werden kann, daß sich alle Spieler oder auch nur einzelne, diese dafür in einer sich unendlich wiederholenden, immer schneller fortschreitenden Reihe, für eine Wiederbeteiligung gewinnen lassen. Die Gewinnchance der Mitspieler insgesamt hängt daher bei jedem nach dem Schneeballsystem funktionierenden Pyramidenspiel letztlich vom Zufall ab. (T1)
  • 10 Ob 2429/96w
    Entscheidungstext OGH 15.04.1997 10 Ob 2429/96w
    Auch
  • 14 Os 203/96
    Entscheidungstext OGH 04.03.1997 14 Os 203/96
    Vgl auch; nur T1; Beisatz: "Spielverträge" (T2)
  • 8 Ob 259/98s
    Entscheidungstext OGH 21.01.1999 8 Ob 259/98s
    Vgl auch; Beisatz: Der Oberste Gerichtshof hat den Erwerb von "letters" des EKC als verbotene und daher nichtige Pyramidenspiele qualifiziert (10 Ob 2429/96w; 7 Ob 79/98p), weshalb zwar der Einsatz, nicht jedoch der Gewinn gefordert werden könne. (T2)
  • 8 Ob 28/14x
    Entscheidungstext OGH 30.10.2014 8 Ob 28/14x
    Vgl auch; Beisatz: Kein Pyramidenspiel oder „Schneeballsystem“ im engeren Sinn, wenn der den Genussscheinkäufern in Aussicht gestellte Kursgewinn nach außen hin nicht von der Anwerbung neuer Teilnehmer abhängig gemacht wurde und sie auch selbst keine neuen Interessenten anzuwerben hatten. (T3); Veröff: SZ 2014/102

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1996:RS0102179

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

14.04.2016
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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