TE Vwgh Erkenntnis 2004/7/8 2004/07/0095

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Veröffentlicht am 08.07.2004
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs1;
B-VG Art132;
VwGG §36 Abs2 Satz3;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §45 Abs1 Z5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des J in P, vertreten durch Dr. Klaus Hirtler, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Krottendorfer Gasse 5/I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft vom 31. März 2004, Zl. 680.271/02-I6/03, betreffend wasserrechtliches Überprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei: KKW S Kleinkraftwerke GmbH in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangte Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (LH) vom 10. Mai 2000 wurde in einem wasserrechtlichen Überprüfungsverfahren die Übereinstimmung der der mitbeteiligten Partei bewilligten und ausgeführten Wasserkraftanlage mit der aufgrund des Bescheides des LH vom 20. Dezember 1985 in der Fassung des Bescheides der belangten Behörde vom 26. Jänner 1990 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung festgestellt.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2000 wies die belangte Behörde unter anderem die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid des LH ab.

Aufgrund einer vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde behob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21. November 2002, Zl. 2001/07/0032, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2003 erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, weil der Ersatzbescheid nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten erlassen worden war.

In diesem zu hg. Zl. 2003/07/0075 geführten Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde der belangten Behörde mit Verfügung vom 2. Juli 2003 (zugestellt am 23. Juli 2003) aufgetragen, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen. Eine Fristverlängerung wurde nicht begehrt und auch nicht gewährt. Der Verwaltungsgerichtshof ersuchte mit Verfügung vom 14. November 2003 um die Vorlage der Akten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31. März 2004 wies die belangte Behörde (unter anderem) die Berufung des Beschwerdeführers neuerlich als unbegründet ab.

Mit hg. Beschluss vom 22. April 2004, Zl. 2003/07/0075-11, wurde das Säumnisbeschwerdeverfahren eingestellt.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 31. März 2004 richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrenvorschriften geltend gemacht wird.

Die Beschwerdeführerin bringt unter anderem vor, die Nachholung des versäumten Bescheides durch die belangte Behörde sei Monate nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist erfolgt, nämlich erst am 6. April 2004. Die gesetzte Frist sei im Oktober 2003 aber bereits abgelaufen gewesen. Eine Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung der mit Säumnisbeschwerde anhängig gemachten Sache beim Verwaltungsgerichtshof sei nicht mehr gegeben gewesen, weshalb Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde vorliege.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die mitbeteiligten Parteien erstatteten keine Stellungnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Nach dem dritten Satz der zitierten Vorschrift in der Fassung der Novelle BGBl I Nr. 88/1997 ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde einzustellen, wenn der Bescheid erlassen wird oder vor Einleitung des Vorverfahrens erlassen wurde.

Die belangte Behörde bleibt zur Nachholung des versäumten Bescheides bis zum Ablauf der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist zuständig, verliert diese Zuständigkeit aber mit Ablauf der Frist. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid erst nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof im Säumnisbeschwerdeverfahren gesetzten Frist erlassen. Diese Unzuständigkeit ist vom Verwaltungsgerichtshof im Bescheidbeschwerdeverfahren (nur) aufzugreifen, wenn sie in der Beschwerde ausdrücklich geltend gemacht wird. Dies ist hier der Fall; der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben (vgl. hiezu z.B. das Erkenntnis vom 5. Mai 2003, 2002/10/0216, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Für das fortzusetzende Verfahren wird bemerkt, dass nach der seit dem (zu § 36 Abs. 2 VwGG idF BGBl. I 1997/88 ergangenen) Beschluss vom 23. September 1998, Slg. Nr. 14.979/A, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach Aufhebung des nachgeholten Bescheides wegen Unzuständigkeit die belangte Behörde zur Entscheidung in der Verwaltungssache wieder zuständig ist und ihr zur Erlassung eines (Ersatz-)Bescheides neuerlich eine Frist von sechs Monaten zur Verfügung steht. Die Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 5 VwGG kommt im Hinblick auf die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 36 Abs. 2 dritter Satz VwGG nicht in Betracht (vgl. neben dem bereits erwähnten Beschluss vom 23. September 1998 weiters die Erkenntnisse vom 11. November 1998, Zl. 98/12/0406, vom 6. Juli 1999, Zl. 98/01/0442, vom 31. März 2000, Zl. 2000/02/0008, und vom 24. April 2002, Zl. 2001/12/0257).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 8. Juli 2004

Schlagworte

Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004070095.X00

Im RIS seit

03.08.2004

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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