RS OGH 2001/7/3 14Os69/01, 13Os74/05i, 13Os107/05t, 15Os89/09s, 14Os86/10v, 12Os73/11v, 12Os109/14t

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 03.07.2001
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Norm

StPO §290 Abs2
StPO §293 Abs3
StPO §359 Abs4

Rechtssatz

Das prozessuale Verschlechterungsverbot geht den materiellrechtlichen Bestimmungen über die Strafbemessung vor. Es betrifft nicht die Gesamtsanktionslast, sondern jede einzelne Unrechtsfolge - bei in Tagessätzen bemessenen Geldstrafen jeden der Bemessungsaspekte (Anzahl und Höhe der Tagessätze) -, den Ausspruch bedingter Nachsicht und die Dauer der Probezeit je für sich. Ohne Verletzung des § 290 Abs 2 StPO darf solcherart keine Freiheitsstrafe, gleich welcher Höhe, an die Stelle einer zuvor verhängten Geldstrafe treten, eine Geldstrafe an Stelle einer Freiheitsstrafe nur mit Maßgabe, dass die nach § 19 Abs 3 StGB festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe die Höhe der vorangegangenen Freiheitsstrafe nicht übersteigen darf. Die - mit Bedacht normierte - Beschränkung auf den Sanktionenbereich hat notwendigerweise zur Folge, dass eine Verschlechterung auch dann nicht eintreten darf, wenn die Strafe angesichts veränderter rechtlicher Unterstellung unterhalb des daraus resultierenden Strafrahmens zu liegen kommt, sodass es des Rückgriffs auf §§ 41 f StGB nur im Fall einer Milderung gegenüber der vorangegangenen Strafe bedarf. Den in Strafdrohung und konkreter Strafe bestehenden Befugnisgrenzen für die Anwendung der §§ 37, 43a StGB aber wird durch § 290 Abs 2 StPO nicht derogiert.

Entscheidungstexte

  • 14 Os 69/01
    Entscheidungstext OGH 03.07.2001 14 Os 69/01
  • 13 Os 74/05i
    Entscheidungstext OGH 31.08.2005 13 Os 74/05i
    Beisatz: Hier zu § 359 Abs 4 StPO. (T1)
  • 13 Os 107/05t
    Entscheidungstext OGH 23.11.2005 13 Os 107/05t
    Auch; Beisatz: § 293 Abs 3 StPO, wonach das Verschlimmerungsverbot des § 290 Abs 2 StPO ebenso für das auf Grund einer neuen Hauptverhandlung ergehende Urteil maßgebend ist, hat auch im Verfahren vor dem Einzelrichter des Gerichtshofes erster Instanz Anwendung zu finden. (T2)
  • 15 Os 89/09s
    Entscheidungstext OGH 19.08.2009 15 Os 89/09s
    Vgl; Beisatz: Das Verschlechterungsverbot betrifft jede einzelne Unrechtsfolge und Aussprüche bedingter (Ratz WK-StPO § 290 Rz 43) sowie gnadenweiser (11 Os 24/08a) Nachsicht. (T3)
  • 14 Os 86/10v
    Entscheidungstext OGH 20.07.2010 14 Os 86/10v
    Vgl; Beis wie T2
  • 12 Os 73/11v
    Entscheidungstext OGH 20.12.2011 12 Os 73/11v
    Vgl auch; Beis wie T3; Beisatz: Hier: Maßnahme der Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB. (T4)
  • 12 Os 109/14t
    Entscheidungstext OGH 15.01.2015 12 Os 109/14t
    Auch; Beies wie T2
  • 12 Os 29/15d
    Entscheidungstext OGH 09.04.2015 12 Os 29/15d
    Auch
  • 13 Os 4/17p
    Entscheidungstext OGH 06.09.2017 13 Os 4/17p
    Vgl
  • 13 Os 88/19v
    Entscheidungstext OGH 11.12.2019 13 Os 88/19v
    Vgl; Beisatz: Die Freiheitsstrafe ist gegenüber der Geldstrafe das schwerer wiegende Übel. (T5)
  • 13 Os 107/20i
    Entscheidungstext OGH 14.04.2021 13 Os 107/20i
    Vgl; Beisatz: Hat das Erstgericht im ersten Rechtsgang (hier entgegen § 20 Abs 1 FinStrG) keine Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt, darf eine solche nach Aufhebung des Strafausspruchs bei bloß zum Vorteil des Angeklagten ergriffenen Rechtsmitteln mit Blick auf § 293 Abs 3 StPO auch im zweiten Rechtsgang nicht ausgesprochen werden. (T6)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:RS0115529

Im RIS seit

02.08.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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