RS OGH 2002/11/13 13Os102/02

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 13.11.2002
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Norm

StGB §3 B4
StGB §90

Rechtssatz

Die Einwilligung rechtfertigt - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - den Täter, wenn der Träger des geschützten Rechtsgutes entweder in den Verletzungserfolg eingewilligt, also die Rechtsgutbeeinträchtigung als solche zugelassen hat, oder wenn er in die gefährliche Handlung eingewilligt und damit ein bestimmtes Risikoniveau der für seine Güter riskanten Handlung zugelassen hat. In beiden Fällen unterliegt jedoch die Einwilligung dem Sittenwidrigkeitskorrektiv, soweit das Gesetz ein solches vorsieht (also bei Eingriffen über Leib und Leben, §90StGB, § 8 SMG). Bei der erfolgsbezogenen Einwilligung bezüglich schwerer Verletzungen ist es erforderlich, den Einzelnen gegen den unbedachten und voreiligen Gebrauch der Freiheit vor sich selbst zu schützen; solche Verletzungen sind demnach trotz Einwilligung grundsätzlich sittenwidrig und verboten (sofern sie nicht zu einem ethisch wertvollen Zweck erfolgen).

Bei der handlungsbezogenen Einwilligung (der Zulassung eines bestimmten Risikos) hängt die Sittenwidrigkeit und damit die Rechtfertigung einerseits von der Schwere und Wahrscheinlichkeit der drohenden Verletzung und andererseits vom Beweggrund ab, woraus sich ergibt, dass im Falle der Möglichkeit oder sogar Wahrscheinlichkeit (ex ante) einer schweren Verletzung oder gar des Todes die gefährliche Handlung nur dann gerechtfertigt ist, wenn die Handlung, in die eingewilligt wird, einem allgemein anerkannten, ethisch wertvollen Zweck dient.

Entscheidungstexte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:RS0117222

Dokumentnummer

JJR_20021113_OGH0002_0130OS00102_0200000_002
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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