TE OGH 1947/12/17 1Ob889/47

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Veröffentlicht am 17.12.1947
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Norm

ABGB §103
ABGB §115
ABGB §757
ABGB §796
ABGB §1266
Ehegesetz §115

Kopf

SZ 21/53

Spruch

Das gesetzliche Erbrecht der nach § 115, Abs. 1 EheG. geschiedenen Gattin erlischt durch ihre Wiederverehelichung.

Entscheidung vom 17. Dezember 1947, 1 Ob 889/47.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Ehe zwischen Michael und Leopoldine F. wurde 1937 einverständlich von Tisch und Bett geschieden; ein Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten ist nicht erfolgt. 1938 wurde die Ehe gemäß § 115, Abs. 1 EheG. geschieden. 1941 schloß Leopoldine F. die Ehe mit Sch. Am 7. August 1945 ist Michael F. ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung gestorben.

Die Verwandten des Erblassers haben sich auf Grund des Gesetzes bedingt erbserklärt; außerdem hat sich auch Leopoldine F., wiederverehelichte Sch. auf Grund des Gesetzes zur Hälfte des Nachlasses bedingt erbserklärt. Das Verlassenschaftsgericht hat bei der Verweisung auf den Rechtsweg den erstgenannten Erben die Klägerrolle zugeteilt.

Das Prozeßgericht hat das Begehren auf Feststellung des Nichtbestehens des gesetzlichen Erbrechtes der Beklagten abgewiesen, wobei es die Meinung vertrat, daß die Beklagte nach dem Wortlaute des § 115, Abs. 4 EheG. ihr Erbrecht auch durch ihre Wiederverehelichung nicht verloren hat.

Das Berufungsgericht gab der Klage statt.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen des Berufungsgerichtes:

Die wörtliche Auslegung des § 115, Abs. 4 EheG. wird der Absicht des Gesetzgebers nicht gerecht. Denn die durch diese Gesetzesstelle erfolgte Begünstigung des ohne sein Verschulden von Tisch und Bett geschiedenen Gatten vermeide nur eine Schlechterstellung des nach § 115, Abs. 1 EheG. geschiedenen Gatten, die darin gelegen wäre, daß infolge Auflösung des Ehebandes nunmehr der überlebende Eheteil sein ihm gemäß § 757 ABGB. zustehende Erbrecht verlieren würde. Es würde derjenige Eheteil, der zu einer neuen Ehe schreitet, durch die Beibehaltung des Erbrechts rechtlich in einer günstigeren Lage sein als derjenige, der sich nicht wiederverehelichte, weil er zwei Gatten beerben könnte. Zu einer solchen Bevorzugung bestehe weder ein Anlaß noch sei sie vom Gesetzgeber beabsichtigt. Entscheidend sei die Tatsache, daß der geschiedene Gatte durch die Wiederverehelichung in neue familienrechtliche Beziehungen eintrete, wodurch die früheren restlos gelöst werden, was auch in dem Verluste des Unterhaltsanspruches nach § 796 ABGB. zum Ausdruck komme.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Entscheidungsgründe:

Der Oberste Gerichtshof billigt vollinhaltlich die Ausführungen des Berufungsgerichtes, denen lediglich folgendes beizufügen wäre: Die Lehre beschäftigt sich zu § 115, Abs. 4 EheG. überhaupt nicht mit dem Fall, daß eine vor Inkrafttreten des Ehegesetzes von Tisch und Bett und sodann nach § 115, Abs. 1 EheG. geschiedene Ehegattin das Errecht nach § 757 ABGB. trotz ihrer Wiederverehelichung in Anspruch nimmt. Es ist aber davon auszugehen, daß § 115 EheG. eine Übergangs- und Angleichungsbestimmung ist, die lediglich deshalb erlassen wurde, um erworbene Rechte eines nach §§ 103 ff. ABGB. geschiedenen Ehegatten auch dann zu wahren, wenn nachher das Eheband nach § 115, Abs. 1 EheG. gelöst wurde. Es sollte vermieden werden, daß nunmehr zufolge Wegfall des Ehebandes der Eheteil, der ohne sein Verschulden geschieden wurde, einem Ehegatten gleichgestellt wird, dessen Ehe nach § 115 ABGB. getrennt wurde. Ein solcher Ehegatte hätte nach § 1266 ABGB. sein Erbrecht eingebüßt. Da die Scheidung nach § 115, Abs. 1 EheG. unabhängig vom anderen Eheteil und selbst gegen seinen Willen erreicht werden kann, wäre derjenige Ehegatte, der die Scheidung nach § 115 EheG. nicht angestrebt hat, um sein Erbrecht gebracht worden. Weder das vor dem Ehegesetz geltende österreichische Eherecht noch das Ehegesetz selbst hat einen wiederverehelichten Ehegatten als erbberechtigt anerkannt (so auch der letzte Satz in § 115, Abs. 4 EheG.: "wenn er nicht erbberechtigt ist.")

Es war daher der Revision der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

Z21053

Schlagworte

Erbrecht gesetzliches, des geschiedenen Ehegatten nach § 115, Abs. 4, EheG., Scheidung von Tisch und Bett, gesetzliches Erbrecht nach Umwandlung der, Scheidung gemäß § 115, Abs. 1, EheG., Umwandlung einer Scheidung von Tisch und Bett nach § 115, Abs. 1 EheG.;, gesetzliches Erbrecht, Wiederverehelichung, zieht Verlust des nach § 115, Abs. 4 EheG., zustehenden gesetzlichen Erbrechts nach sich

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1947:0010OB00889.47.1217.000

Dokumentnummer

JJT_19471217_OGH0002_0010OB00889_4700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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