TE OGH 1948/10/27 2Ob252/48

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Veröffentlicht am 27.10.1948
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Norm

ZPO §530 Abs1 Z7
ZPO §538
ZPO §541
ZPO §543

Kopf

SZ 21/149

Spruch

Der Beschluß des Rekursgerichtes, durch den der nach durchgeführter mündlicher Verhandlung gefaßte Beschluß des Erstgerichtes auf Abweisung der Wiederaufnahme des Verfahrens aufgehoben und dem Erstgericht Entscheidung mit Urteil aufgetragen wurde, kann nicht mit Revisionsrekurs angefochten werden.

Entscheidung vom 27. Oktober 1948, 2 Ob 252/48.

I. Instanz: Bezirksgericht Hernals; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtsachen Wien.

Text

Das Erstgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß das Begehren der klagenden Partei auf Wiederaufnahme des Räumungsverfahrens 2 C 31/46 des Bezirksgerichtes Hernals nach durchgeführter mündlicher Verhandlung abgewiesen, und zwar deshalb, weil nach Ansicht des Erstgerichtes der geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund, nämlich die rechtskräftige Aufhebung einer dem Beklagten erteilten Benützungsbewilligung, niemals gegenüber dem Beklagten eine günstigere Entscheidung herbeiführen könnte, weil diese Benützungsbewilligung nicht Grundlage der gerichtlichen Entscheidung im Vorprozeß war.

Der gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs bemängelte, daß das Erstgericht die Entscheidung nicht durch Urteil gemäß § 541 ZPO. gefällt habe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und hob den erstrichterlichen Beschluß auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung des Rekursgerichtes:

Wenn der angefochtene Beschluß auch von einer Abweisung des Antrages der klagenden Partei auf Wiederaufnahme des Räumungsverfahrens spricht, so handelt es sich offenbar um einen Beschluß im Sinne des § 543 ZPO. auf Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage, weil diese auf einen gesetzlich unzulässigen Anfechtungsgrund gestützt sei. Diese Zurückweisung der Klage, die nur fälschlich als Abweisung bezeichnet wurde, ist daher mit Rekurs anzufechten.

Die Ansicht des Erstgerichtes, daß ein gesetzlich unzulässiger Anfechtungsgrund vorliege, ist aber nicht richtig. Es kann nicht gesagt werden, daß die Aufhebung der vorläufigen Benützungsbewilligung, die seinerzeit dem Beklagten von der Verwaltung der städtischen Wohnhäuser erteilt wurde, nicht ein neues Beweismittel im Sinne des § 530, Abs. 1, Z. 7 ZPO. sei.

Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben und wird das Erstgericht gemäß § 541, Abs. 1 ZPO. über Grund und Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens durch Urteil zu entscheiden und dabei zu prüfen haben, ob das neue Beweismittel, nämlich die Aufhebung der seinerzeit dem Beklagten erteilten Benützungsbewilligung, wenn sie schon im früheren Verfahren hätte vorgebracht werden können, eine dem Kläger günstigere Entscheidung der Hauptsache herbeigeführt haben würde.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs nicht Folge.

Begründung:

Die Klägerin hatte zu 2 C 31/46 einen Räumungsstreit gegen den Beklagten geführt, mit dem sie nicht durchgedrungen war. Das Berufungsurteil in diesem Räumungsstreite war damit begrundet, daß zwar die vom Beklagten vorgewiesene Einweisung der Verwaltungsbehörde nichtig sei und daher das Gericht nicht binde, daß aber zwischen dem Beklagten und der Gemeinde Wien als Hauseigentümerin im Hinblick auf diese Einweisung eine Mietvereinbarung über die strittige Wohnung getroffen wurde, die dem Räumungsbegehren der Klägerin entgegenstehe.

Nunmehr hat die Klägerin eine Klage auf Wiederaufnahme des Räumungsstreites eingebracht. Sie stützt diese Klage darauf, daß nach rechtskräftiger Beendigung des Hauptprozesses die verwaltungsbehörliche Einweisung des Beklagten in die Wohnung von der Verwaltungsbehörde wieder aufgehoben wurde. Das Erstgericht hat diese Klage als zur Anordnung einer Streitverhandlung geeignet befunden, diese Verhandlung auch durchgeführt und hierauf mit Beschluß "den Antrag auf Wiederaufnahme des Räumungsverfahrens abgewiesen". Diese Anweisung stellt, wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, eine Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage im Sinne des § 543 ZPO. dar.

Über Rekurs der Klägerin hat das Rekursgericht diesen Beschluß des Erstgerichtes aufgehoben und dem Erstgerichte die Entscheidung über das Wiederaufnahmsbegehren durch Urteil aufgetragen. Die Rekursentscheidung stellt sich daher als eine Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses dar, da dem Erstgerichte nicht eine neuerliche beschlußmäßige Entscheidung aufgetragen, sondern eine sachliche Entscheidung in Urteilsform vorgeschrieben wird.

Gleichwohl ist die Rekursentscheidung nicht weiter anfechtbar. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß ein Rechtsmittel nicht zulässig wäre, wenn nach Einbringung einer Wiederaufnahmsklage, aber noch vor Anordnung der Verhandlung, die beklagte Partei den Antrag stellt, die Wiederaufnahmsklage gemäß § 538 ZPO. zurückzuweisen, das Gericht aber diesem Antrag nicht stattgibt und diesen ablehnenden Bescheid den Parteien zustellt. Gleich gelagert ist der Fall, wenn ein Gericht im ordentlichen Verfahren den Antrag des Beklagten abweist, eine Klage vor Anordnung einer Tagsatzung wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen. Das Gesetz gibt der beklagten Partei in allen diesen Fällen nicht ein Recht auf Zurückweisung der Klage ohne Verhandlung, diese gesetzliche Vorschrift enthält vielmehr nur eine Anweisung für das Gericht, in dieser Weise vorzugehen.

Es ist daher nur die Zurückweisung der Klage gemäß § 538 ZPO. mit Rekurs anfechtbar, nicht aber die Unterlassung einer solchen Zurückweisung. Durch die Unterlassung der beschlußmäßigen Zurückweisung einer Wiederaufnahmsklage wird auch den Rechten des Beklagten in keiner Weise vorgegriffen, da die im § 538 ZPO. erwähnten Tatsachen und Einwendungen auch in der Verhandlung oder mit Berufung gegen das Wiederaufnahmsurteil noch geltend gemacht werden können.

Die Rekursentscheidung stellt im vorliegenden Fall nichts anderes dar als die Ablehnung einer Entscheidung in Beschlußform gemäß den übereinstimmenden §§ 538 und 543 ZPO. und die Anweisung an das Erstgericht, über das Wiederaufnahmsbegehren durch Urteil zu entscheiden. Eine Anfechtung dieser Entscheidung ist daher unstatthaft.

Der Rekurs ist daher zurückgewiesen worden, ohne daß auf die in der Rekursentscheidung enthaltenen Gründe oder auf die Anführungen des Revisionsrekurses einzugehen war.

Anmerkung

Z21149

Schlagworte

Rekurs gegen Beschluß des Rekursgerichtes, mit welchem dem Erstgericht, die Fortsetzung des Verfahrens über Wiederaufnahmsklage aufgetragen, wird, ist unzulässig, außerordentlicher gegen Beschluß des Rekursgerichtes, mit welchem dem, Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens über Wiederaufnahmsklage, aufgetragen wird, ist unzulässig, Wiederaufnahmsklage, gegen Beschluß des Rekursgerichtes, mit welchem, dem Erstgericht Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen wird, kein, Revisionsrekurs

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1948:0020OB00252.48.1027.000

Dokumentnummer

JJT_19481027_OGH0002_0020OB00252_4800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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