TE OGH 1950/11/22 2Ob529/50

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.11.1950
beobachten
merken

Norm

ABGB §372
ABGB §1107
ABGB §1431
ABGB §1435

Kopf

SZ 23/342

Spruch

Der in einem Rechtsstreit zweier Mieter nach § 372 ABGB. Unterlegene kann vom Bestandgeber Mietzinsbeträge für die Zeit, in welcher er den Bestandgegenstand nicht benützt hat, die er aber in Erwartung, wieder in den Besitz des Bestandrechtes zu gelangen, bezahlt hat, zurückverlangen.

Entscheidung vom 22. November 1950, 2 Ob 529/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die vom Beklagten vor 1938 gemietete Wohnung war im Feber 1941, ohne daß sein Bestandverhältnis aufgelöst worden war, dem A. als Mieter überlassen worden. Seit dem Mai 1945 benützt wieder der Beklagte die Wohnung. Eine gegen ihn von A. eingebrachte Räumungsklage wurde abgewiesen. A. hatte in der Zeit zwischen 1. Mai 1945 und 31. Juli 1948 den Mietzins weiter gezahlt, während der Beklagte erst seit dem Mai 1949 Zinszahlungen leistet. Die Hauseigentümer begehrten die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des Mietzinses für die Zeit zwischen 1. Mai 1945 und 30. April 1949.

Das Prozeßgericht gab dem Klagebegehren nur in Ansehung des Mietzinses für die Zeit vom 1. August 1948 bis 30. April 1949 statt.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es den Beklagten auch zur Zahlung des Mietzinses vom 1. Mai 1945 bis 31. Juli 1948 verpflichtete.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte das Urteil des Berufungsgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Untergerichte haben festgestellt, daß die Kläger sowohl mit dem Beklagten, als auch mit Anton A. über dieselbe Wohnung einen Mietvertrag geschlossen haben. Diese Mietverträge bestanden weiter und es ist deshalb dem Revisionswerber zuzustimmen, daß die Ansicht des Berufungsgerichtes nicht richtig ist, der Mietvertrag des A. sei, weil er als der schwächere angesehen worden sei, nicht mehr aufrecht. Denn das Räumungsverfahren 43 C 293/48 hat lediglich im Verhältnis zwischen den Mietrechtsprätendenten klargestellt, daß das Mietrecht des Beklagten das stärkere ist und dieser im Genusse des Bestandgegenstandes zu verbleiben habe. Die mietrechtlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Mietern und der Hausinhabung haben sich hiedurch nicht verändert. Trotzdem ist die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht im Endergebnis zutreffend.

Es ist von den Untergerichten festgestellt worden, daß in der für die Zinszahlung in Betracht kommenden Zeit vom Mai 1945 bis April 1949 nur der Beklagte im Genuß des Bestandstückes war, aber keinen Zins bezahlt hat. Anton A. wiederum, der auf den günstigen Ausgang des Räumungsstreites mit dem Beklagten hoffte, bezahlte seinerseits den Zins, obwohl er den Genuß der Bestandsache nicht hatte. Hiezu war er deshalb nicht verpflichtet, weil er gemäß § 1107 ABGB. von den Hauseigentümern die Anrechnung des vom Beklagten kraft seiner Benützung der Wohnung zu entrichtenden Mietzinses auf seine Verbindlichkeiten verlangen konnte. Wenn A. die Zahlungen in der Hoffnung auf die Entfernung des Beklagten aus der Wohnung dennoch geleistet hat, tat er dies ohne rechtliche Verpflichtung und kann die Beträge jetzt, nachdem das Verbleiben des Beklagten in der Bestandsache gerichtlich festgestellt worden ist, gemäß § 1431 ABGB. von den Klägern zurückverlangen.

Der Beklagte kann sich auf die Mietzinszahlungen des A. deshalb nicht berufen, weil er § 1107 ABGB. für sich nicht in Anspruch nehmen kann und ihm nicht die Befugnis zusteht, Leistungen eines Dritten, mit dem er in keiner Rechtsbeziehung steht, für sich zu verwenden.

Das Berufungsgericht ist zu dem richtigen Schluß gekommen, daß der Beklagte den ganzen eingeklagten Betrag, der den Neuvermietungszuschlag A. nicht umfaßt, den Klägern bezahlen muß. Von Sittenwidrigkeit der klägerischen Forderung kann deshalb nicht die Rede sein, weil der von A. bezahlte Mietzins diesem zurückzuerstatten ist.

Anmerkung

Z23342

Schlagworte

Bestandnehmer Zinszahlung durch verdrängten Mieter, Condictio indebiti, Zinszahlung durch verdrängten Mieter, Kondiktion Zinszahlung durch verdrängten Mieter, Mietzins Bezahlung durch verdrängten Mieter, Zins Bezahlung durch verdrängten Mieter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0020OB00529.5.1122.000

Dokumentnummer

JJT_19501122_OGH0002_0020OB00529_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten