TE OGH 1951/3/28 2Ob747/50

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.03.1951
beobachten
merken

Norm

Devisengesetz §22 Abs2
Grundbuchsgesetz §97
Grundbuchsgesetz §126
Wiederbesiedelungsgesetz BGBl. Nr. 688/1921 §15

Kopf

SZ 24/85

Spruch

Im Verfahren nach § 15 WiederbesiedlungsG. und § 61 der Durchführungsverordnung zur Vollstreckung des Enteignungserkenntnisses ist der Enteignungswerber zum Rekurs legitimiert.

Der Ausspruch nach § 61 Abs. 3 der Durchführungsverordnung, das Enteignungserkenntnis habe seine Wirksamkeit verloren, hat konstitutive Wirkung.

Die grundbücherliche Durchführung des Enteignungserkenntnisses kann nur als Ganzes erfolgen, nicht jedoch in der Weise, daß nur die zugunsten des Enteignungswerbers vorzunehmenden Eintragungen durchgeführt werden.

Entscheidung vom 28. März 1951, 2 Ob 747/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Friesach; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Das Erstgericht hat den Antrag der Agrarbezirksbehörde, auf Grund des Enteignungserkenntnisses Eintragungen im Grundbuch zu bewilligen, aus formellen und materiellen Gründen abgewiesen.

Über Rekurs des Enteignungswerbers hat das Landesgericht Klagenfurt die beantragten grundbücherlichen Eintragungen bewilligt.

Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsrekurs der Gründeigentümerin Folge gegeben und den erstgerichtlichen Beschluß wiederhergestellt.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes zunächst deshalb als ungesetzlich und unrichtig, weil dem Enteignungswerber, der den Rekurs gegen die Entscheidung des Erstgerichtes eingebracht hat, überhaupt keine Parteistellung und damit auch keine Rekursberechtigung zukommt.

Bei Prüfung dieser Einwendung ist davon auszugehen, daß nach § 61 der Verordnung vom 25. November 1921 zur Durchführung des Wiederbesiedlungsgesetzes der Enteignungswerber das Gesuch um grundbücherliche Durchführung des Enteignungserkenntnisses der Agrarbezirksbehörde vorzulegen hat, die nach Bestätigung gewisser Voraussetzungen das Erkenntnis samt den zur Verbücherung etwa sonst erforderlichen Behelfen dem Grundbuchsgericht mit dem Ersuchen um grundbücherliche Durchführung zu übersenden hat. Die Tätigkeit des Grundbuchsgerichtes bei Durchführung des Enteignungserkenntnisses kann daher nur durch ein Ersuchen der Agrarbezirksbehörde ausgelöst werden. Daraus darf jedoch nicht abgeleitet werden, daß der an der grundbücherlichen Durchführung interessierte Enteignungswerber und der Gründeigentümer, gegen den sich die beantragte Eintragung richtet, in diesem Verfahren keine Parteistellung haben und daß sie jede Entscheidung des Grundbuchsgerichtes beschwerdelos hinnehmen müssen. Ist das Verfahren zur grundbücherlichen Durchführung des Enteignungserkenntnisses von seiten der Agrarbezirksbehörde eingeleitet, dann kann nicht nur die Agrarbehörde, der im öffentlichen Interesse eine im allgemeinen Grundbuchsgesetz nicht vorgesehene Parteistellung eingeräumt ist (SZ. XI/110), sondern auch der Enteignungswerber und der von der Enteignung betroffene Gründeigentümer nach den Bestimmungen des allgemeinen Grundbuchsgesetzes seine Interessen wahrnehmen.

Die im Revisionsrekurs angeführten Entscheidungen und das in Bartsch, Grundbuchsgesetz, 7. Aufl., S. 831, ausgeführte Musteransuchen bejahen nur die Rekursberechtigung der Agrarbehörde; die Frage, ob auch den an dem Verfahren sonst noch beteiligten Personen eine Rekursberechtigung zukommt, wird in diesen Entscheidungen nicht behandelt; aus der Rekursberechtigung der Agrarbehörde kann aber nicht abgeleitet werden, daß die Interessenten, die nach den Bestimmungen des Grundbuchsrechtes zum Einbringen des Rekurses berechtigt sind, bei der Durchführung eines nach dem Wiederbesiedlungsgesetz ergangenen Enteignungserkenntnisses vom Rekurs ausgeschlossen sind. Die im Revisionsrekurs vertretene gegenteilige Ansicht müßte dazu führen, daß auch die Beschwerdeführerin, auf deren Eigentum ein bücherliches Recht erworben werden soll, vom Rekurs ausgeschlossen wäre. Die Berechtigung des Enteignungswerbers zur Erhebung des Rekurses gegen den Beschluß des Erstgerichtes ist daher zu bejahen.

Der Oberste Gerichtshof pflichtet ferner in sachlicher Hinsicht der Meinung des Rekursgerichtes bei, daß dem nach § 61 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung des Wiederbesiedlungsgesetzes der Agrarbezirksbehörde vorbehaltenen Ausspruch, das Enteignungserkenntnis habe seine Wirksamkeit verloren, nicht bloß deklarative Bedeutung zukommt, daß das Erkenntnis vielmehr so lange in Wirksamkeit bleibt, als ein solcher Ausspruch nicht ergangen ist. Der angefochtene Beschluß verweist mit Recht darauf, daß die Absicht des Wiederbesiedlungsgesetzes, die wirtschaftliche Not der Landwirtschaft nach Möglichkeit zu beheben, einer anderen Auslegung des § 61 der Durchführungsverordnung widersprechen würde. Ist das Enteignungserkenntnis rechtskräftig geworden und ein Ausspruch, daß das Erkenntnis seine Wirksamkeit verloren hat, nicht erfolgt, dann entspricht seine Durchführung im Grundbuch den durch das Wiederbesiedlungsgesetz und die Durchführungsverordnung gesicherten Rechten des Enteigungswerbers.

Begrundet ist der Revisionsrekurs jedoch insofern, als die Gründeigentümerin sich darüber beschwert, daß nur zu ihren Lasten Verbücherungen durchgeführt werden sollen, während das Erkenntnis auch zu ihren Gunsten Dienstbarkeiten vorsieht, von denen nicht gesprochen wird. § 15 des Wiederbesiedlungsgesetzes sieht die Vollstreckung des Enteignungserkenntnisses durch das Bezirksgericht vor; die Durchführungsbestimmungen hiezu sind in § 61 der Durchführungsverordnung gegeben. Demnach hat der Enteigungswerber das Gesuch um die Durchführung des Erkenntnisses der Agrarbezirksbehörde vorzulegen und diese hat das Erkenntnis nach entsprechender Bestätigung samt allenfalls noch erforderlichen Behelfen dem Grundbuchsgericht mit dem Ersuchen um grundbücherliche Durchführung zu übersenden. Das Wiederbesiedlungsgesetz und die Durchführungsverordnung sehen somit nur die grundbücherliche Durchführung des Erkenntnisses als Ganzes vor; eine Berechtigung der Agrarbezirksbehörde, nur einzelne Verfügungen des Enteignungserkenntnisses zur Eintragung ins Grundbuch anzumelden, während andere gleichfalls eintragungsbedürftige Veränderungen von der Eintragung ausgenommen bleiben sollen, ist in der Durchführungsverordnung nicht vorgesehen; es muß daher eine nur teilweise Verbücherung der Ergebnisse des Erkenntnisses als unzulässig abgelehnt werden.

In Abänderung der angefochtenen Entscheidung wurde daher der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Anmerkung

Z24085

Schlagworte

Einverleibung des Enteignungserkenntnisses, Enteignung nach dem Wiederbesiedelungsgesetz, Enteignungserkenntnis, grundbücherliche Durchführung des -, Enteignungserkenntnis Wirkungslosigkeit des -, Enteignungswerber, Rekurslegitimation nach dem Wiederbesiedelungsgesetz, Grundbuch Rekurslegitimation des Enteignungswerbers nach dem, Wiederbesiedelungsgesetz, Grundbuch teilweise Durchführung des Enteignungserkenntnisses, keine -, Konstitutive Wirkung der Aufhebung des Enteignungserkenntnisses, Legitimation des Enteigungswerbers nach dem Wiederbesiedelungsgesetz, zum Rekurs, Rekurs Enteignung nach dem Wiederbesiedelungsgesetz, Rekurslegitimation des Enteignungswerbers nach dem, Wiederbesiedelungsgesetz, Wiederbesiedelungsgesetz, Enteignung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1951:0020OB00747.5.0328.000

Dokumentnummer

JJT_19510328_OGH0002_0020OB00747_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten