TE OGH 1952/4/9 2Ob289/52

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Veröffentlicht am 09.04.1952
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Norm

ABGB §1053
ABGB §1072
ABGB §1078

Kopf

SZ 25/92

Spruch

Veräußerung einer Liegenschaft gegen die Verpflichtung, einen Angehörigen des Veräußerers durch zwei Jahre in seinem Verlage zu beschäftigen und für dessen weitere journalistische Ausbildung Sorge zu tragen, kein Kaufvertrag und daher keine Grundlage für Ausübung eines Vorkaufsrechtes.

Entscheidung vom 9. April 1952, 2 Ob 289/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Kitzbühel; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Auf der Liegenschaft EZ. X der Kat.-Gemeinde Y, die im Eigentum des Hans Heinrich H. gestanden ist, ist zugunsten des Hans M. das Vorkaufsrecht einverleibt. Mit dem Vertrage vom 19. Juni 1950 hat Hans Heinrich H. die Liegenschaft dem Harald L. übergeben und sich als Gegenleistung ausbedungen, daß sein Bruder vom Übernehmer literarisch ausgebildet und dann angestellt werde. Nachdem der Vertrag von der Grundverkehrskommission genehmigt worden war, beantragte Harald L. die Einverleibung seines Eigentumsrechtes ungeachtet des einverleibten Vorkaufsrechtes, da er die Liegenschaft nicht auf Grund eines Kaufvertrages erworben habe.

Das Erstgericht gab dem Antrage statt.

Das Rekursgericht wies auf Grund eines Rekurses des Hans M. den Antrag ab.

Der Oberste Gerichtshof stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Vorbehalt des Vorkaufsrechtes verpflichtet den Eigentümer einer Sache, diese, wenn er sie veräußern will, vorerst dem Vorkaufsberechtigten zur Einlösung anzubieten (§ 1072 ABGB.), weil das an sich nur persönliche Vorkaufsrecht (§§ 1073 und 859 ABGB.) rücksichtlich einer unbeweglichen Sache durch die Eintragung in das öffentliche Buch in ein dingliches Recht verwandelt wird und als solches gegen jeden dritten Besitzer der Sache geltend gemacht werden kann (§§ 1097, 443 ABGB.), sich also unzweifelhaft als eine Beschränkung des Verfügungsrechtes des Eigentümers in der Richtung darstellt, daß dieser die bezügliche unbewegliche Sache nicht beliebig, sondern erst dann, wenn der Vorkaufsberechtigte von dem Einlösungsanbote keinen Gebrauch gemacht hat oder das Vorkaufsrecht durch Verlauf der zur Einlösung gesetzlich bestimmten Frist (§ 1075 ABGB.) erloschen ist, an einen Dritten veräußern kann, daß daher der Grundbuchsrichter von Amts wegen auf das grundbücherlich eingetragene Vorkaufsrecht bei Bewilligung der grundbücherlichen Eigentumsübertragung eines mit dem Verkaufsrechte belasteten Grundstückes oder Grundteiles Bedacht nehmen und die Übertragungsbewilligung, wenn nicht der Nachweis der Zustimmung des Verkaufsberechtigten und des ihm gemachten Einlösungsanbotes vorliegt, verweigern muß (Judikat 68, GIU. 3896; SZ. X/163, GIUNF. 5619).

Wenn hier von Weiterveräußerung der mit dem Vorkaufsrechte belasteten Sache bzw. der Absicht hiezu gesprochen wird, so ist damit in der Regel der Weiterverkauf gemeint, weil sich das Vorkaufsrecht nach § 1078 ABGB. Auf andere Veräußerungsarten ohne besondere Verabredung nicht ausdehnen läßt. Daß eine solche besondere Verabredung getroffen wurde, ist vom Vorkaufsberechtigten in seinem Rekurse gegen den grundbuchsgerichtlichen Bewilligungsbescheid nicht behauptet worden. Gegebenenfalls ist der zwischen dem Antragsteller und dem Vorverkaufspflichtigen zustandegekommene Vertrag nicht als Kaufvertrag zu qualifizieren. Durch einen Kaufvertrag wird eine Sache um eine bestimmte Summe Geldes einem anderen überlassen (§ 1053 ABGB.). Der dem Ansuchen des Antragstellers angeschlossene Vertrag weist in keiner Weise die Merkmale eines Kaufvertrages auf. Als Entgelt für die Überlassung der Liegenschaft wurde die Verpflichtung des Übernehmers festgelegt, den Bruder des Übergebers, Heinz Jürgen H., in seinem Verlage durch zwei Jahre zu beschäftigen und für dessen weitere journalistische Ausbildung Sorge zu tragen. Im übrigen erfolgt die Übergabe bzw. Übernahme ausdrücklich miß allen bestehenden Lasten, wozu vor allem Hypothekarforderungen im Betrage von 30.000 S und das Vorkaufsrecht des Hans M. gehören. Da von einem Kaufpreis nirgends die Rede ist, handelt es sich zwar um eine entgeltliche Veräußerung, aber um eine solche vom Kaufe abweichende Art, wie sie der Bestimmung des § 1078 ABGB. unterfällt. Das verbücherte Vorkaufsrecht wird durch andere Veräußerungsarten als den Kauf nicht vereitelt, sondern besteht fort. Eine solche Veräußerung, wie z. B. auch Tausch, Schenkung, bildet keinen Fall der Ausübung des Vorkaufsrechtes und der Berechtigte kann erst dann die Sache vom Erwerber abfordern, wenn dieser sie weiterzuverkaufen beabsichtigt (6. November 1929, ZBl. 1930 Nr. 85; Entsch. des Obersten Gerichtshofes v. 13. September 1950, 2 Ob 582/50). Da durch die Veräußerung an den Antragsteller kein Weiterverkauf stattgefunden hat, ist das Vorkaufsrecht des Vorkaufsberechtigten nicht ausgelöst worden, weshalb der Bewilligung der Eigentumsübertragung kein Hindernis entgegenstand.

Anmerkung

Z25092

Schlagworte

Kaufvertrag, Voraussetzung für Vorkaufsrecht, Kaufvertrag Wesen der Gegenleistung, Vorkaufsrecht nur bei Kaufvertrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0020OB00289.52.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19520409_OGH0002_0020OB00289_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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