TE OGH 1952/12/3 3Ob743/52

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Veröffentlicht am 03.12.1952
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Norm

ABGB §1346
ABGB §1368

Kopf

SZ 25/321

Spruch

Wenn jemand erklärt, er übernehme für eine fremde Schuld die Haftung "mit seinen Möbeln", ist dies keine Bürgschaftserklärung, sondern eine Pfandbestellung, die aber mangels Übergabe der Pfandsache unwirksam ist.

Entscheidung vom 3. Dezember 1952, 3 Ob 743/52.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger begehrt, die beiden Geklagten schuldig zu erkennen, den Betrag von 11.000 S zur ungeteilten Hand zu bezahlen, die Zweitgeklagte erst dann, wenn die gegen den Erstgeklagten geführte Exekution fruchtlos verlaufen sein sollte.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren gegen den Erstgeklagten statt und wies das Begehren gegen die Zweitgeklagte ab. Zwischen dem Kläger und dem Erstgeklagten sei ein Kaufvertrag über einen Personenkraftwagen zu einem Kaufpreis von 21.000 S zustande gekommen. Der Erstgeklagte habe 10.000 S bezahlt, während der Rest Zug um Zug geleistet werden sollte. Der Erstgeklagte habe sich widerrechtlich in den Besitz des Wagens gesetzt und ihn außer Landes gebracht. Er sei daher schuldig, den Restbetrag, sei es aus dem Titel des Vertrages, sei es aus dem Titel des Schadenersatzes zu bezahlen. Hingegen sei das Begehren gegen die Zweitgeklagte aus mehrfachen Gründen abzuweisen. Vorerst wegen § 406 ZPO., nach welcher Gesetzesstelle eine Verurteilung der Zweitgeklagten erst für den Fall, als die Exekution gegen den Erstgeklagten fruchtlos bleiben sollte, nicht zulässig sei. Die Bürgschaft könne auch nur rücksichtlich des Umfanges der Hauptschuld beschränkt werden, nicht jedoch auf einzelne Vermögensstücke des Bürgen. Der Kläger habe aber selbst vorgebracht, die Zweitgeklagte sei dem Zahlungsversprechen als Bürgin mit ihren Möbeln beigetreten. Die Einschränkung auf eine Haftung mit bestimmten Sachen sei richtig als eine Pfandbestellung aufzufassen, die hier aber mangels Übergabe der Pfandgegenstände ungültig sei.

Das Berufungsgericht wies die Klage gegen die Zweitgeklagte wegen rechtskräftig entschiedener Streitsache zurück, weil über das gleiche Begehren bereits in einem früheren Verfahren erkannt worden sei. Das Urteil gegen den Erstgeklagten wurde bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof hob den Zurückweisungsbeschluß wieder auf und bestätigte das Urteil gegen den Erstgeklagten.

Mit dem jetzt angefochtenen Urteil bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil gegen die Zweitgeklagte. Die Erklärung der Zweitgeklagten, nur mit den Möbeln haften zu wollen, sei dem ganzen Sachverhalte nach keine Floskel, sondern habe dem Willen der Zweitgeklagten entsprochen, eben nur mit diesen Vermögensstücken für die Schuld des Erstgeklagten zu haften. Der Inhalt der Hauptschuld und die Schuld der Zweitgeklagten sei daher verschieden, weshalb von einer gültigen Bürgschaft keine Rede sein könne. Eine rechtswirksame Pfandbestellung sei mangels Übergabe nicht zustande gekommen. Zutreffend sei auch die Ansicht des Erstrichters, daß der Verurteilung § 406 ZPO. entgegenstehe. Das Klagebegehren könne nur verstanden werden, wenn der Kläger auf dem Standpunkt einer Schadlosbürgschaft stehe. Dann dürfe er aber nicht den Hauptschuldner und Bürgen gemeinsam klagen. Aus der Tatsache des unbekannten Aufenthaltes des Erstgeklagten ergebe sich noch nicht die Erfolglosigkeit einer Exekution.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Unter dem Revisionsgrunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird ausgeführt, das Gericht könne einem Vertrag nicht einen anderen Sinn beimessen, als dies von den Parteien beabsichtigt gewesen sei. Eine Pfandbestellung hätten beide Parteien nicht gewollt. Der Vertragswille sei auf eine Bürgschaft gerichtet gewesen. Hätte sich die Zweitgeklagte der Einschränkung bedient, daß sie nur mit ihren Möbeln haften wolle, um das Zustandekommen einer wirksamen Bürgschaft zu verhindern, wäre diese Einschränkung nach § 871 ABGB. nicht zu beachten. Umsomehr müsse dies gelten, wenn die Zweitgeklagte nicht in Benachteiligungsabsicht gehandelt habe. Gemäß § 914 ABGB. müsse der Vertrag nach der Absicht der Parteien ausgelegt werden und diese sei auf eine Bürgschaft gerichtet gewesen. § 1353 ABGB. könne nicht herangezogen werden, weil dieser nur auf Einschränkung der Bürgschaft dem Umfange nach hinziele. Durch § 1353 ABGB. werde die Auslegungsregel des § 915 ABGB. nicht ausgeschlossen, wonach die Wendung "mit meinen Möbeln" als eine ganz unbestimmte Floskel gewertet werden müsse. Auch die Berufung auf § 406 ZPO. sei verfehlt; denn nach § 1356 ABGB. könne der Schadlosbürge auch dann zuerst geklagt werden, wenn der Hauptschuldner unbekannten Aufenthaltes sei. § 1353 ABGB. spreche auch nur davon, daß der Hauptschuldner in der Regel zuerst eingeklagt werden müsse, was aber dann nicht nötig sei, wenn die Exekution von vornherein aussichtslos sei.

Der Revision kommt keine Berechtigung zu. Der Kläger führt in seiner Klage aus, die Zweitgeklagte sei als Bürge dem Vertrage mit dem Erstgeklagten beigetreten und habe dir Haftung "mit ihren Möbeln" übernommen dafür, daß ihm durch die mit dem Erstgeklagten geführten Verkaufsverhandlungen kein Schaden entstunde. Auch in seiner Parteiaussage gab er an der Erstgeklagte habe sich bereit erklärt, daß seine Tante, die Zweitgeklagte, mit ihrer Wohnung die Haftung übernehme. Die Zweitgeklagte habe die Haftung mit ihrer Wohnung und Einrichtung übernommen. Die Untergerichte haben auf Grund dieses Vorbringens mit Recht angenommen, daß es von vornherein die Absicht der Parteien war, daß die Zweitgeklagte ausschließlich mit der Wohnungseinrichtung die Haftung für die Schuld des Erstgeklagten übernehmen sollte, was sie auch tatsächlich getan hat. Daraus folgt, daß von vornherein eine Sachhaftung und zwar mit ganz bestimmten Sachen, nämlich mit den in der Wohnung der Zweitgeklagten befindlichen Einrichtungsgegenständen, vereinbart war und keine Bürgschaft, bei welcher der Bürge mit seinem ganzen Vermögen für die Schuld des Hauptschuldners die Haftung übernimmt. Die rechtliche Würdigung des Vertrages durch die Untergerichte ist somit zutreffend.

Wenn sich der Kläger in der Revision auf Irreführung beruft, ist dies eine im Revisionsverfahren unzulässige Neuerung. Schon aus diesem rechtlichen Gründe war das Klagebegehren abzuweisen, umso mehr als eine wirksame Pfandbestellung mangels Übergabe der Pfandsache, wie ebenfalls von den Untergerichten bereits richtig erkannt wurde, nicht vorliegt.

Aber auch die Berufung der Untergerichte auf § 406 ZPO. ist gerechtfertigt. Wohl ist es richtig, daß auch der Schadlosbürge für den Fall, als der Hauptschuldner unbekannten Aufenthaltes ist, gemäß § 1356 ABGB. sogleich in Anspruch genommen werden kann. Allein darum handelt es sich hier nicht. Nach dem Klagebegehren soll die Zweitgeklagte erst dann schuldig sein zu zahlen, wenn die Forderung im exekutiven Wege beim Hauptschuldner nicht hereingebracht werden kann und nur in diesem Umfange.

Nach dem Klagebegehren ist die Forderung derzeit noch nicht fällig. Gemäß § 406 ZPO. können aber nicht fällige Forderungen nur in den dort aufgezählten Fällen zugesprochen werden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Anmerkung

Z25321

Schlagworte

Bürgschaft "mit den Möbeln" ist Pfandbestellung, Pfandbestellung, Unterschied von Bürgschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0030OB00743.52.1203.000

Dokumentnummer

JJT_19521203_OGH0002_0030OB00743_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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