TE OGH 1953/1/28 2Ob739/52

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Veröffentlicht am 28.01.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §43
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §859
Handelsgesetzbuch §22
Handelsgesetzbuch §37

Kopf

SZ 26/23

Spruch

Unzulässigkeit eines Nachfolgezusatzes bei Eintritt eines weiteren Gesellschafters und Änderung des bisherigen Firmenwortlautes. Gestattung der Beibehaltung des Namens und Vornamens in der Firma.

Entscheidung vom 28. Jänner 1953, 2 Ob 739/52.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Am 28. März 1936 haben der Kläger Anton K. sowie Josef und Thekla M. beim Landes- als Handelsgericht Graz zu Protokoll beantragt: Die Registrierung der Verpachtung der Eisenwarenhandlung der Firma "Anton K." an Thekla und Josef M. unter Änderung des Firmenwortlautes in "Anton K., Pächter Thekla M. & Sohn", offene Handelsgesellschaft seit 1. Jänner 1936. Nachdem der Kläger am 3. April 1936 noch zu Protokoll erklärt hatte, ausdrücklich die Zustimmung zu geben, daß sein Name in dem Firmenwortlaut beibehalten werden könne, wurde die beantragte Registrierung bewilligt und Anton K. als Firmeninhaber gelöscht. Am 11. September 1947 wurde die Registrierung des Eintrittes des Theodor M. als weiteren persönlich haftenden Gesellschafters und die Änderung der Firma in "Eisen- und Eisenwarenhandlung Thekla M. & Söhne", d. i. die Firma der beklagten Partei, bewilligt. Einem Rekurs des Klägers gegen diesen Bewilligungsbeschluß wurde nicht Folge gegeben. In den Branchenverzeichnissen der amtlichen Telefonbücher für 1948, 1949 und 1950 hat die Beklagte ihr Unternehmen mit den Worten "Thekla M. & Söhne, vormals A. K." einschalten lassen, während sie sich sonst bei ihren Ankündigungen, insbesondere auch bei der Einschaltung in das Branchenverzeichnis des am 10. September 1951, 14 Tage vor dem Schluß der Verhandlung in erster Instanz, erschienenen amtlichen Telefonbuches für 1951, nur ihres Firmenwortlautes bedient hat. Der Kläger verlangt die Verurteilung der beklagten Firma, im Geschäftsverkehr die Verwendung des Beisatzes "vormals A. K." oder eines gleichbedeutenden Beisatzes zu ihrer Firma zu unterlassen.

Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat das erstgerichtliche Urteil bestätigt. Der Oberste Gerichtshof hat beide Urteile aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Frage, ob der unbefugte Gebrauch des Zusatzes "vormals A. K." in denEinschaltungen in den Branchenverzeichnissen der amtlichen Telefonbücher 1948-1950 eine Unterlassungsklage rechtfertigen könne, ist zu bejahen. Der erwähnte Zusatz ist kein rein mitteilender Zusatz, denn er erweckt den Eindruck eines Firmenbestandteiles, d.

h. er erweckt den Eindruck, ein Bestandteil des Namens zu sein, unter dem die beklagte Partei im Handel ihre Geschäfte betreibt und ihre Unterschrift abgibt (vgl. Baumbach, Kurzkommentar zum HGB. 1950 zu § 37 unter 2 A und die dort angeführte Entscheidung RG. 19, 23). Es liegt sohin unbefugter Gebrauch einer Firma im Sinne des § 37 Abs. 2 HGB. vor, d. h.Gebrauch einer nicht zustehenden Firma (vgl. Baumbach, a. a. O., unter 4 A). Aber selbst wenn unbefugter Firmengebrauch verneint werden würde, würde dies am Ergebnis nichts ändern, weil dann unbefugter Namensgebrauch nach § 43 ABGB. vorläge und in beiden Fällen der durch den unbefugten Gebrauch in seinen Rechten Verletzte, der durch den unbefugten Gebrauch Beeinträchtigte, die Unterlassungsklage hat.

Daß aber ein unbefugter Gebrauch des erwähnten, seinen Namen (die Firma des früher ihm gehörigen Unternehmens) enthaltenden Zusatzes die Rechte des Klägers verletzt, den Kläger beeinträchtigt, geht aus § 22 HGB. hervor. Wenn nach dieser Gesetzesstelle ein solcher Zusatz die Rechte des (nicht zustimmenden) bisherigen Geschäftsinhabers verletzt, diesen beeinträchtigt, so muß dasselbe analog vom Gebrauch eines solchen Zusatzes im sonstigen Geschäftsverkehr gelten (wenn darin nicht überhaupt wie oben angeführt, ein Firmengebrauch zu erblicken ist). Überhaupt erscheint jeder Namensträger beeinträchtigt, in seinen Rechtenverletzt, wenn ohne seine Gestattung sein Name, insbesondere im geschäftlichen Verkehr, wenn auch zum wahrheitsgemäßen Ausdruck eines Zusammenhanges mit ihm, verwendet wird (Klang - Adler, Kommentar, 2. Aufl., zu § 43 ABGB., S. 293).

Wenn im gegenständlichen Fall die Beeinträchtigung des Klägers durch dieEinschaltungen in dem Branchenverzeichnissen der amtlichen Telefonbücher 1948-1950 geschehen ist, welche Einschaltungen einem unbestimmbar großen Personenkreis auf unbestimmbar lange Zeit zugänglich sein können, daher als eine dauernde schwere Beeinträchtigung des Klägers anzusehen sind, kann im Hinblick auf die durch drei Jahre hintereinander erfolgte Einschaltung (mag sie auch nur fahrlässig, ja ohne jedes Verschulden geschehen sein) keine Rede davon sein, daß kein Rechtsschutzinteresse des Klägers bestehe, weil ein neuerlicher Angriff auf seine Rechte ausgeschlossen oder doch sehr unwahrscheinlich sei auch wenn die beklagte Partei sonst den verfahrensgegenständlichen Zusatz zu ihrer Firma nicht gebraucht hat und insbesondere auch nicht in dem erst lange nach Klagseinbringung knapp vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz erschienenen Branchenverzeichnis des amtlichen Telefonbuches für 1951. Umsoweniger kann von einem fehlenden Rechtsschutzinteresse des Klägers gesprochen werden, als die beklagte Partei ja den (immer "theoretischen" und "akademischen") Rechtsstandpunkt einnimmt, zu dem beanstandeten Gebrauchberechtigt zu sein. Nur wenn die Beklagte beweisen könnte, daß die Fortsetzung oder Wiederholung des unbefugten Gebrauches ausgeschlossen (oder doch sehr unwahrscheinlich) sei, wäre die gegenständliche Unterlassungsklage mangels eines Rechtsschutzinteresses des Klägers abzuweisen. Die Dartuung von Tatsachen durch den Kläger, welche die Wiederholung des Angriffes auf seine Rechte wahrscheinlich machen, die Dartuung einer Wiederholungsgefahr, ist in jenen Fällen, in denen das Gesetz Unterlassungsklagen normiert, bei einmal erfolgter Verletzung nicht erforderlich (vgl. Klang - Adler, a. a. O., S. 295, undKlang - Gschnitzer, Kommentar, 2. Aufl., zu § 859 ABGB., S. 24, und die dort angeführten Entscheidungen).

Dem Berufungsgericht kann nicht in seiner Rechtsansicht gefolgt werden, daß durch die Erklärung des Klägers vor dem Registergerichte vom 3. April 1936, daß sein Name in dem Firmenwortlaut beibehalten werden könne, die Beklagte auch zur Führung einer Firma "Thekla M. & Sohn, vormals A. K." und umsomehr zur Verwendung des Zusatzes "vormals A. K." im Geschäftsverkehr berechtigt wurde. Denn bei Abgabe dieser an das Registergericht gerichteten Erklärung, die als Erklärung im Registrierungsverfahren nicht der Begründung von Privatrechten diente und Privatrecht zwischen dem Veräußerer (Verpächter) des Unternehmens und seinen Erwerbern (Pächtern) nicht begrunden konnte, bestand für den Kläger keine Nötigung, privatrechtliche Beschränkungen, unter denen er der Beklagten die Einwilligung zur Firmenfortführung erteilt hatte, dem Gerichte gegenüber aufzudecken, da solche vereinbarte Beschränkungen unter den Parteien auch ohne Bekanntgabe an das Registergericht wirken und im Register weder von Amts wegen noch auf Antrag ersichtlich gemacht werden können. Beschränkungen, unter denen der Veräußerer (Verpächter) eines Unternehmens die Einwilligung zur Firmenfortführung erteilt, wirken nur unter den Parteien, bzw. ihren Rechtsnachfolgern, allerdings auch ihren Einzelrechtsnachfolgern (Singularsukzessoren) gegenüber, die sich nicht etwa auf ihren guten Glauben berufen können (vgl. Entscheidungen in Rsp. 1922/23, S. 26). Wenn die Fortführung einer Firma unter einer Bedingung erlaubt wird, ist weder die Erlaubnis noch die Bedingung (die im Register nicht ersichtlich gemacht werden kann) wirkungslos. Ist die auflösende Bedingung eingetreten, ist das Firmenrecht des Erwerbers (Pächters) zwar nicht erloschen, aber ein weiterer Gebrauch der Firma gegenüber dem Veräußerer (Verpächter) unbefugt (§ 37 Abs. 2 HGB., vgl. Staub - Pisko - Demelius, Kommentar, zu Art. 22 AHGB., S. 195). Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes kann das Bestehen des Privatrechtes der Beklagten zum Gebrauch des Namens (der Firma) des Klägers in dem verfahrensgegenständlichen Zusatz daher nicht nach der an das Registergericht gerichteten Erklärung des Klägers vom 3. April 1936, sondern nur nach dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis beurteilt werden.

Aber auch nur vom registerrechtlichen (öffentlich-rechtlichen) Standpunkt aus betrachtet, kann die an das Registergericht gerichtete Erklärung des Klägers vom 3. April 1936, der Beibehaltung seines Namens im Firmenwortlaut zuzustimmen, nicht im Sinne des Berufungsgerichtes dahin verstanden werden, daß diese Erklärung die Erwerber (Pächter) des Unternehmens und ihre allfälligen Rechtsnachfolger zu Änderungen der fortgeführten Firma ohne jede Beschränkung berechtigt. Die Frage nach Wirkung und Sinn der vor dem Registergerichte abgegebenen, verfahrensrechtlichen (also öffentlichem Recht unterliegenden) Erklärung des Klägers ist eine nach dem Verfahrensrecht zu beurteilende Rechtsfrage und nicht eine Tatfrage. Wenn berücksichtigt wird, daß der Kläger diese seine Erklärung vom 3. April 1936 ganz offenbar im Zusammenhang mit dem von ihm mitgeteilten Protokollarantrag auf Registrierung der Verpachtung des Unternehmens unter Änderung des Firmenwortlautes in "Anton K., Pächter Thekla M. & Sohn" zwecks Bewilligung dieses Antrages abgegeben hat, muß eine Zustimmung zur Beibehaltung der Firma eher auf die mitbeantragte Firmenänderung beschränkt werden, zumal durch diese Firmenänderung die Verpachtung des Unternehmens durch den Kläger in der Firma zum Ausdruck gebracht wird. Bei der Frage, in welchen Grenzen sich die Änderung einer fortgeführten Firma halten muß, sind die Interessen des früheren Geschäftsinhabers zu beachten. Die Änderung der Firma des nur auf Zeit übernommenen Handelsgeschäftes (Pachtgeschäftes) wird schlechthin ohne Zustimmung des Vollberechtigten (Verpächters) ihm gegenüber unbefugt sein (Staub - Pisko - Demelius, a. a. O., S. 200 f.), mag nun die Pacht weiterhin bestehen oder nicht. Was die Fortführung der Firma betrifft, besteht sonst allerdings zwischen der Verpachtung eines Unternehmens und einem Übergang ins Vollrecht kein Unterschied (§ 22 Abs. 2 HGB.).

In diesem Sinne ist der Revision beizupflichten, daß das Berufungsverfahren im Sinne des § 503 Z. 2 ZPO. mangelhaft ist, weil der bei richtiger rechtlicher Beurteilung maßgebende Sachverhalt, nämlich die vertragliche Verpflichtung des Klägers, Änderungen an der fortgeführten Firma zu gestatten, ohne Verschulden des Revisionswerbers nicht festgestellt erscheint. Daher war der Revision Folge zu geben, wobei es sich erübrigt, auf die übrigen geltend gemachten Revisionsgrunde einzugehen, das angefochtene Urteil und im Hinblick auf die gleiche Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz auch das Urteil erster Instanz aufzuheben und die Sache behufs Behebung des Mangels an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Ein Recht der Beklagten zur Führung des verfahrensgegenständlichen Zusatzes ohne Zustimmung des Klägers besteht, wie bereits oben erwähnt, nicht. Auch der Umstand, daß der Zusammenhang zwischen Namensträger und Unternehmung wirklich besteht, gibt nicht die Befugnis, den Namen zum Ausdruck dieses Zusammenhanges zu gebrauchen. Das geht aus § 22 HGB., § 46 GewO. hervor. Es muß dem Namensträger freistehen, selbst zu bestimmen, ob und unter welchen Bedingungen er die Verwendung seines Namens, insbesondere im geschäftlichen Verkehr gestatten will (Klang - Adler, a. a. O., S. 293). Widerrechtlichkeit des Gebrauches und Beeinträchtigung des Namensträgers im Sinne des § 43 ABGB. fallen hier zusammen. Die Gegenüberstellung der Beeinträchtigung in dieser Gesetzesstelle (Rechtsverletzung in § 37 Abs. 2 HGB., Interessenverletzung in § 12 DBGB.) gegenüber dem unbefugten Gebrauch, also der Widerrechtlichkeit, bringt nur zum Ausdruck, daß der Gebrauch gerade dem Kläger gegenüber unbefugt, widerrechtlich sein muß, also die Popularklage ausgeschlossen ist (vgl. hiezu Baumbach, a. a. O., zu § 37 HGB. unter 4 A, über die Klagslegitimation).

Anmerkung

Z26023

Schlagworte

Beisatz, auf Verpächter hindeutender - in Firma, Firma, Hinweis auf Verpächter, Kaufmann, Firma, Namensschutz, Firma, Pacht, Firma, Unternehmen, Firmenwortlaut, Verpächter, Hinweis in Firma, Verwendung der Firma als Verpächter, Wortlaut der Firma

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0020OB00739.52.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19530128_OGH0002_0020OB00739_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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