TE OGH 1953/3/25 3Ob806/52

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Veröffentlicht am 25.03.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §880a
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §918
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1296
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1323

Kopf

SZ 26/81

Spruch

Die Haftung für eine Erfolgszusage im Sinne des § 880a ABGB. umfaßt auch den entgangenen Gewinn.

Entscheidung vom 25. März 1953, 3 Ob 806/52.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Mit Kaufvertrag vom 1. Feber 1949 verkaufte der Kläger dem Beklagten das ihm gehörige, unter der Firma Miet- und Feinwäscherei betriebene Unternehmen samt der betriebszugehörigen Liegenschaft um den Betrag von 130.000 S. Auf diesen Kaufpreis ist der fällige Restbetrag von 58.500 S ausständig. Der Klage auf Zahlung dieses Restbetrages setzte der Beklagte aufrechnungsweise eine Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung entgegen. Die Dampfwäscherei Paul Z. sei unmittelbar nach der Besetzung Wiens von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und an eine Frau Katharina W. verpachtet worden, die auf Grund des mit der "P X" abgeschlossenen Vertrages die Reinigung der Wäsche der Besatzungsmacht zu besorgen hatte. Der Kläger habe nun zugesichert, daß der Vertrag mit Katharina W., der am 30. April 1949 ablief, nicht erneuert werden würde und demzufolge der Beklagte seinen Betrieb in den Räumen der Dampfwäscherei am 1. Mai 1949 aufnehmen könne. Dies sei eine wesentliche Vertragsbedingung gewesen. Tatsächlich sei aber der Vertrag mit Katharina W. auf ein Jahr verlängert worden. Wegen Nichterfüllung dieser Vertragserfüllung hafte der Kläger für jeden Schaden, der in den Kosten der Freimachung des Betriebes in der Höhe von 3000 S und in dem monatlichen Verdienstentgang von 10.000 S bestehe. Der Kläger fordert diese Beträge als Schadenersatz nach den §§ 923, 928 ABGB., in eventu als Minderung des Entgeltes nach § 932

ABGB.

Das Erstgericht erkannte, daß die eingeklagte Forderung zu Recht besteht, aber auch die Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung, und daß das Klagebegehren daher abgewiesen wird. Es wurde festgestellt, der Kläger habe bei den Besprechungen, die zum Abschluß des Kaufvertrages führten, und noch am 31. Jänner 1949 anläßlich der Unterfertigung des Briefes mündlich zugesichert, daß der Vertrag mit Katharina W. über den 30. April 1949 hinaus nicht erneuert werde und daß der Eigentümer des Unternehmens - Kläger oder Beklagter - am 1. Mai 1949 die Dampfwäscherei übernehmen könne, wobei der Kläger nur die Frageoffen gelassen und auch keinerlei Gewähr dafür übernommen habe, daß die Amerikaner die auf der Dampfwäscherei lastende sogenannte Ingebrauchnahme (lease) aufheben, er habe aber garantiert, daß die Amerikaner, wenn die lease nicht aufgehoben werde, mit dem Beklagten denselben Vertrag wie mit der Vorgängerin Katharina W. abschließen würden und daß eine dieser beiden Möglichkeiten hundertprozentig eintreten werde. Diese Garantieerklärung des Klägers sei zwar kein Vertrag zu Lasten Dritter, weil der Kläger die Leistung eines Dritten nicht versprochen habe. Er hafte aber für die Erfüllung seiner Zusage. Die Ersatzforderung bestehe daher zu Recht. Der Beklagte habe den Betrieb erst Ende April 1950 übernehmen können. Dem Beklagten sei ein Verdienst von 56.000 S entgangen. Er habe weiters 3000 S an Kosten für die Freimachung aufwenden müssen. Diese Beträge habe der Kläger zu ersetzen. Für die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe die Verlängerung des Vertrages mit Katharina W. durch sein Verhalten verschuldet, sei keinerlei Beweis vorhanden.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als unbedenklich. Nach diesen Feststellungen handle es sich um eine mit dem Kaufvertrag verbundene Zusage, daß die faktische Verfügungsgewalt über das Unternehmen dem Käufer an einem bestimmten Tage eingeräumt sein müsse. Es handle sich daher nicht um einen selbständigen Garantievertrag, noch weniger um eine Bürgschaft, sondern um die Festlegung der Bedingungen der Vertragserfüllung, um die Zusage der Übergabe zu einem bestimmten Termin. Es kämen daher die Regeln über die nicht rechtzeitige Vertragserfüllung nach § 918 f. ABGB., zur Anwendung. Den Beweis, daß ihn an der rechtzeitigen Erfüllung kein Verschulden treffe, habe der Kläger nicht erbracht. Ein Grad des Verschuldens sei nicht festzustellen, weil es sich um ein Handelsgeschäft handle. Die Höhe des Ersatzbetrages sei zu Unrecht bekämpft worden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird ausgeführt, ein Verzögerungsschaden nach § 918 f. ABGB. könne nur bei Verschulden begehrt werden. Ein solches Verschulden des Klägers sei aber nicht erwiesen worden. § 1298 ABGB. komme nicht zur Anwendung, da diese Gesetzesstelle nur bei Nichterfüllung herangezogen werden könne, nicht aber dann, wenn anläßlich der Erfüllung ein Schaden entstanden ist. Es wäre vielmehr § 1296 ABGB. anzuwenden gewesen. Es sei aber auch unrichtig, daß es sich im vorliegenden Falle um ein Handelsgeschäft handle. Der Schaden sei nur dadurch entstanden, daß die Besatzungsmacht den Pachtvertrag um ein Jahr verlängert habe. Es läge daher höhere Gewalt vor. Aber selbst wenn man Verschulden annehme, hätte der Grund des Verschuldens festgestellt werden müssen, weil Verdienstentgang nur bei grober Fahrlässigkeit gefordert werden könne.

Die Revision ist nicht begrundet. Der Meinung des Berufungsgerichtes, es handle sich bei der festgestellten Zusicherung des Klägers um die Zusage der Übergabe zu einem bestimmten Termin, es kämen daher die Regeln über die nicht rechtzeitige Vertragserfüllung nach § 918 f ABGB. zur Anwendung, kann allerdings nicht beigetreten werden. Zugesichert war, daß die Dienststelle der Besatzungsmacht "P X" die lease so rechtzeitig aufheben werde, daß der Beklagte als Eigentümer des Unternehmens den Betrieb ab 1. Mai 1949 selbst führen könne oder aber, daß die Besatzungsmacht bei Aufrechterhaltung der lease mit dem Beklagten einen gleichen Vertrag wie mit Katharina W. ab 1. Mai 1949 abschließen wird. Wird insbesondere die zweite Alternative betrachtet, so ergibt sich, daß nach dieser dem Beklagten am 1. Mai 1949 keineswegs das Eigentum an dem Betriebe übertragen oder ihm die unbeschränkte Verfügungsgewalt eingeräumt werden sollte, sondern daß der Beklagte vielmehr trotz seines Eigentumsrechtes rechtlich nur in die Stellung der Katharina W. gelangen sollte. Daß darin nicht eine Handlung zur Erfüllung des Kaufvertrages gelegen sein kann, bedarf wohl keiner weiteren Begründung. Im Gegenteil, ein solcher Vertragsabschluß mit dem Beklagten setzte nach den getroffenen Feststellungen voraus, daß der Beklagte bereits Eigentümer des Unternehmens ist, daß also der Kaufvertrag seitens des Klägers in diesem Zeitpunkte bereits erfüllt ist. Tatsächlich wurde seitens "P X" dem Beklagten auch schon vor dem 1. Mai 1949 ein Betrag für die Benützung des Betriebes überwiesen, er also schon vor diesem Tage von der Besatzungsmacht als Eigentümer anerkannt. Der 1. Mai 1949 war daher keineswegs der Tag der bedungenen Übergabe, sodaß die Regeln der §§ 918 f. ABGB. nicht zur Anwendung kommen können.

Nach den getroffenen Feststellungen hat der Kläger vielmehr aus Anlaß des Kaufvertrages einen bestimmten Erfolg, nämlich eine Leistung der amerikanischen Besatzungsmacht zugesichert. Diese sollte die lease so rechtzeitig aufheben, daß der Beklagte als Eigentümer des Unternehmens den Betrieb am 1. Mai 1949 aufnehmen könne, oder bei Aufrechterhaltung der lease dem Beklagten die gleiche Stellung einräumen wie Katharina W. Darin liegt eine selbständige Erfolgszusage nach § 880 a ABGB. Die Meinung der Revision, daß eine solche Erfolgszusage deshalb nicht vorliegen könne, weil diese akzessorisch sei, was hier fehle, da kein Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Besatzungsmacht bestanden habe, ist verfehlt. Freilich bestand ein solches Rechtsverhältnis nicht. Der Kläger ist auch keinem Schuldverhältnis zwischen dem Beklagten und der Besatzungsmacht hinzugetreten. Er ist nicht Bürge geworden. Es liegt kein akzessorischer Garantievertrag vor, sondern ein selbständiger. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Kläger auch keine bloße Verwendungszusage abgegeben, sondern den Erfolg, die Leistung des Dritten, garantiert. Die Leistung des Dritten ist ausgeblieben. Der Beklagte konnte den Betrieb erst ein Jahr nach dem zugesicherten Tage übernehmen. Gemäß § 880a ABGB. haftet der Kläger für volle Genugtuung. Diese volle Genugtuung umfaßt gemäß § 1323 ABGB. auch den entgangenen Gewinn. Von dieser Haftung könnte sich der Kläger nur dann befreien, wenn er nachgewiesen hätte, daß der Mißerfolg durch ein Verschulden des Beklagten herbeigeführt worden sei. Einen solchen Beweis hat der Kläger nicht erbracht. Sollte der Kläger das Verschulden darin erblicken, daß der Beklagte die Angestellten der Dampfwäscherei nicht übernehmen wollte, wie der Kläger in einem anderen Zusammenhange ausführt, so hat das Berufungsgericht bereits mit Recht darauf hingewiesen, daß die Nichtübernahme der Angestellten eine Vertragsbedingung des Kaufvertrages gewesen ist. Wenn der Beklagte daherauf Zuhaltung dieser Bedingung bestanden hat und dies tatsächlich der Grund für die Verlängerung des Pachtvertrages gewesen wäre, könnte darin kein Verschulden des Beklagten erblickt werden, weil ja der Kläger seine Zusicherung in Kenntnis dieser Vertragsbedingung abgegeben hat. Der Kläger hat somit dem Beklagten den entgangenen Gewinn bis zum Tage der tatsächlichen Übernahme zu ersetzen, der von den Untergerichten mit 56.000 S festgestellt wurde.

Anmerkung

Z26081

Schlagworte

Erfolgszusage, Haftung, Garantie Umfang der Haftung, Gewinn, Erfolgszusage, Haftung für Erfolgszusage, Verwendungszusage, Haftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0030OB00806.52.0325.000

Dokumentnummer

JJT_19530325_OGH0002_0030OB00806_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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