TE OGH 1953/6/5 2Ob303/53

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Veröffentlicht am 05.06.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §830

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SZ 26/148

Spruch

Keine Unzeit für die Teilung eines Unternehmens.

Entscheidung vom 5. Juni 1953, 2 Ob 303/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Hietzing; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die beiden Kläger und die Beklagte sind Erben nach dem am 8. März 1945 gestorbenen Karl K. Die Kläger begehren die gerichtliche Teilung der Erbschaft bezüglich eines im Eigentum des Erblassers gestandenen optischen Betriebes.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revisionswerberin vermeint, daß das Teilungsbegehren wegen der noch herrschenden unsicheren Verhältnisse, insbesondere der geringen Wertbeständigkeit der Währung zur Unzeit gestellt sei. Im Falle einer Veräußerung des Unternehmens sei ein hoher Veräußerungsgewinn zu versteuern, der nur einen Scheingewinn darstelle. In absehbarer Zeit sei damit zu rechnen, daß Gesetze erlassen würden, die dem Grundsatze der Bilanzwahrheit Rechnung trügen.

In der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurde in wiederholten Entscheidungen ausgesprochen, daß die Unsicherheit der Währung und der wirtschaftlichen Verhältnisse ein Teilungsbegehren als zur Unzeit gestellt erscheinen lassen. Die Rechtsprechung ist offenbar davon ausgegangen, daß eine Rückkehr zu den gesicherten wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen vor dem ersten Weltkriege in absehbarer Zeit zu erwarten sei. Nach dem zweiten Weltkrieg haben mehrere Entscheidungen zum Ausdruck gebracht, daß die nicht geklärten wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Bindung der Preise an Preisregelungsvorschriften einem Teilungsbegehren entgegenständen (SZ. XXIII/41, SZ. XXIII/135 u. a.). Daraus aber, daß das Gesetz dem die Aufhebung begehrenden Teilhaber einen Aufschub wegen ungünstiger Umstände auferlegt, ergibt sich, daß nicht zu beseitigende Nachteile und Mängel der Sache dem Teilungsbegehren nicht entgegengesetzt werden können. Die Teilung wäre sonst nicht aufgeschoben, sondern gänzlich ausgeschlossen (Klang, Kommentar zum ABGB., 2. Aufl., zu § 830, S. 1099). Die tiefgreifenden wirtschaftlichen und politischen Veränderungen im Zuge des zweiten Weltkrieges lassen eine Rückkehr zu den wirtschaftlichen Verhältnissen vor dem Jahre 1914 in absehbarer Zeitnicht erwarten. Der Oberste Gerichtshof hat in wiederholten Entscheidungen (vom 26. September 1951, 2 Ob 625/51, vom 7. November 1951, 2 Ob 718/51, vom 28. Dezember 1951, 2 Ob 840/51, 4. Juli 1952, 2 Ob 197/52; sowie 2 Ob 510/50, JBl. 1952, S. 113) ausgesprochen, daß auch dann nicht mehr unbedingt von Unzeit gesprochen werden kann, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse infolge der dauernden Unsicherheit der politischen Zustände keine gesicherten sind und in absehbarer Zeit wesentliche Änderungen auf wirtschaftlichem Gebiet zu erhoffen oder zu befürchten sind. Im Sinne dieser Rechtsprechung liegen die Voraussetzungen für die Annahme einer Unzeit im Sinne des § 830 ABGB. aus volkswirtschaftlichen Gründen nicht mehr vor, insbesondere deshalb, weil derzeit die Möglichkeit besteht, den Verkaufserlös in wertbeständigen Gütern anzulegen. Diese Erwägungen, die sich auf den Verkauf von Liegenschaften beziehen, treffen auch beim Verkauf eines Unternehmens zu. Der Oberste Gerichtshof findet umsoweniger eine Veranlassung, von der diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Rechtsansicht abzugehen, als es im Jahre 1952 gelungen ist, Preise und Löhne über einen längeren Zeitraum stabil zu erhalten und die Erweiterung des Geldvolumens einzudämmen (vgl. die Monatsberichte des österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung, Heft 2/1953, S. 31 ff.). Der Revisionswerberin ist zuzugeben, daß zufolge des § 16 des Einkommensteuergesetzes die Auflösung stiller Reserven bei der Veräußerung eines Unternehmens einen Veräußerungsgewinn darstellen kann. Die mit der Veräußerung eines Betriebes verbundenen Abgaben rechtfertigen jedoch die Annahme der Unzeit einer Veräußerung nicht. Die Entscheidung über das Teilungsbegehren hat auf Grund der geltenden Gesetze zu erfolgen. Wenn auch wirtschaftliche Kreise seit langem die Durchführung des Grundsatzes der Bilanzwahrheit und eine Änderung der Steuergesetzgebung fordern, so ist nicht abzusehen, ob und wann die geforderten gesetzlichen Maßnahmen getroffen werden. Der Umstand, daß bei der Veräußerung des Unternehmens der sich gemäß § 16 des Einkommensteuergesetzes ergebende Veräußerungsgewinn zu versteuern ist, hindert daher das Teilungsbegehren nicht. Die Revisionswerberin vermeint, daß ihr ein empfindlicher Nachteil aus der Veräußerung deshalb erwachse, weil ihr die Möglichkeit genommen werde, den Betrieb als Tochter des Erblassers nach § 56 GewO. weiterzuführen. Hier genügt es, darauf zu verweisen, daß sie im Zeitpunkt der Fällung des Urteiles erster Instanz in ihrem 24. Lebensjahre gestanden ist, und daß sie gemäß den §§ 2 (2), 56 (4) GewO. nach Erreichung ihres 24. Lebensjahres dieses Recht nicht mehr in Anspruch nehmen kann.

Anmerkung

Z26148

Schlagworte

Aufhebung, des Miteigentums an Unternehmen, keine Unzeit für -, Miteigentum, Aufhebung des - an Unternehmen, keine Unzeit, Teilung eines Unternehmens, keine Unzeit, Unternehmen, keine Unzeit für Teilung, Unzeit, keine - für Teilung eines Unternehmens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0020OB00303.53.0605.000

Dokumentnummer

JJT_19530605_OGH0002_0020OB00303_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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