TE OGH 1953/7/13 3Ob469/53

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Veröffentlicht am 13.07.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §974
Exekutionsordnung §37

Kopf

SZ 26/191

Spruch

Die jederzeit widerrufliche Überlassung zur Benützung berechtigt nicht zur Klage nach § 37 EO.

Entscheidung vom 13. Juli 1953, 3 Ob 469/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Salzburg; II. Instanz: Landesgericht Salzburg.

Text

Die beiden Beklagten sind je zur Hälfte Eigentümer der von der Klägerin und den Ehegatten K. (Schwiegersohn und Tochter der Klägerin) benützten Baracke. Die Klägerin wohnte mit ihrer Tochter und Josef K. seit April 1945 in einer den Österr. Bundesbahnen gehörigen Baracke. Als diese Baracke von den Bundesbahnen selbst benötigt wurde, verwendete sich der Dienstgeber des Georg G., der ebenfalls in der Schloßstraße wohnte, um die Zustimmung der Erstbeklagten zur Aufnahme der Klägerin in die den Beklagten gehörige Baracke. Im Juli 1945 bezogen Georg G. und die Klägerin das Behelfsheim. Die Tochter der Klägerin folgte nach ungefähr 5 Tagen nach, während Josef K. eine Woche später einzog. Der Zweitbeklagte, der im März 1946 aus der Kriegsgefangenschaft heimkehrte,stellte sich anfangs April 1946 als Eigentümer der Baracke vor und begehrte von deren Bewohnern einen monatlichen Anerkennungszins von 10 S. In der Folge verkaufte der Zweitbeklagte den Grund, auf dem die Baracke steht. Im September 1951 forderten die Beklagten die Ehegatten K. auf, das Behelfsheim zu räumen.

In einem gerichtlichen Räumungsvergleich vom 25. September 1951 verpflichtete sich das Ehepaar K. unter Verzicht auf jeden Räumungsaufschub zur Räumung der Baracke bis zum 1. Dezember 1951.

Mit der am 26. Juli 1952 eingebrachten Klage stellte die Klägerin das Begehren, auszusprechen, daß ihr das Hauptmietrecht an dem Behelfsheim zustehe sowie daß die von den betreibenden Parteien geführte Räumungsexekution unzulässig sei.

Das Erstgericht hat festgestellt, daß der Klägerin am Behelfsheim ein Recht zustehe, und hat die von der betreibenden Partei wider Josef und Rosa K. geführte Räumungsexekution für unzulässig erklärt.

Auf die Berufung der beklagten Parteien hat das Berufungsgericht beide Klagebegehren abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist insofern einwandfrei, als dieses den Bestand eines Mietvertrages zwischen den Beklagten und der Klägerin verneint. Die Klägerin hat niemals Zins gezahlt und überhaupt mit den Beklagten nach dem Einzug in das Behelfsheim nicht verhandelt. Dem Berufungsgericht kann allerdings nicht beigepflichtet werden, wenn es der Meinung Ausdruck gibt, daß auf Grund der Feststellungen des Erstgerichtes überhaupt keine Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und den Beklagten bestunden. DasErstgericht hat festgestellt, daß die Erstbeklagte der Klägerin gestattet hat, die Baracke zu beziehen, daß diese als erste auch tatsächlich eingezogen ist und daß die Erstbeklagte der Klägerin einen auf Hauptmiete lautenden Meldezettel unterschrieben hat. Diese Umstände rechtfertigen den vom Erstgericht gezogenen Schluß, daß doch irgendwelche rechtliche Beziehungen zwischen der Klägerin und den Beklagten in bezug auf die Baracke bestehen.

Da die Klägerin zu den aus dem Räumungsvergleich Verpflichteten in familienrechtlichen Beziehungen steht, könnte nach § 568 ZPO. der auf Räumung lautende Exekutionstitel auch gegen sie selbst vollzogen werden. Um dem zu begegnen, hat sie eine Widerspruchsklage mit dem Begehren erhoben, die Exekution, die wider die verpflichteten Parteien Josef und Rosa K. geführt wird, für unzulässig zu erklären. Ein solches Begehren geht auf jeden Fall zu weit. Die Klägerin hätte höchstens begehren können, daß die Exekution ihr gegenüber für unzulässig erklärt würde (vgl. SZ. VII/109). Nach § 37 EO. bedarf aber eine Widerspruchsklage der Behauptung eines Rechtes, das die Exekution unzulässig machen würde. In der eben zitierten Entscheidung und in SZ. VII/204 hat der Oberste Gerichtshof die Befugnis eines Mieters, also eines im Sinne des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches bloß obligatorisch Berechtigten zu einer Widerspruchsklage aus der durch die Mietengesetzgebung und durch die Rechtsprechung im Sinne einer "Verdinglichung" des Bestandrechtes wirkenden Erweiterung der Rechtsstellung des Bestandnehmers abgeleitet.

Der Oberste Gerichtshof hält es nicht für angängig, über diese Ausdehnung der Exszindierungsbefugnis hinaus auch jemandem das Recht zur Widerspruchklage einzuräumen, dem bloß die Benützung einer Sache gegen jederzeitigen Widerruf gestattet ist. Denn die Rechtsbeziehungen können in einem solchen Fall eben jederzeit durch Widerruf gelöst werden, von einem Rechte des Benutzers kann daher nicht gesprochen werden. Wollte man jemanden, der gegen jederzeitigen Widerruf eine Sache benutzen darf, eine Widerspruchsklage einräumen, so könnte das im § 37 EO. verlangte Recht in nichts anderem erblickt werden als darin, daß gegen ihn ein besonderer Exekutionstitel zu erwirken sei. Ein solches "Recht" kann aber nicht zur Grundlage einer Widerspruchsklage dienen.

Da die Beklagten wiederholt erklärt haben, gar nicht zu behaupten, daß die Klägerin ihr Benützungsrecht von den Räumungsverpflichteten, dem Ehepaar K., ableitet, daher selbst der Ansicht sind, daß § 568 ZPO. im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommt, müßte übrigens auch ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin verneint werden.

Anmerkung

Z26191

Schlagworte

Benützungsrecht, Exszindierung, Exszindierung, Prekarium, Prekarium, Exszindierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0030OB00469.53.0713.000

Dokumentnummer

JJT_19530713_OGH0002_0030OB00469_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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