TE OGH 1953/10/28 2Ob430/53

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.10.1953
beobachten
merken

Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §923
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §932

Kopf

SZ 26/258

Spruch

Das Recht des Käufers auf Wandelung entfällt, wenn der Käufer die Sache in schuldhafter Weise beschädigt hat.

Entscheidung vom 28. Oktober 1953, 2 Ob 430/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Wels; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Der Kläger kaufte am 18. August 1952 vom Beklagten eine Stute samt einem Fohlen im Betrage von 5500 S. Durch Johann Sp., den Knecht des Beklagten, wurde die Stute samt dem Fohlen am gleichen Tage auf den Hof des Klägers gebracht. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger, den Beklagten schuldig zu. erkennen, ihm gegen Rückgabe des gekauften Pferdes samt dem Fohlen die Anzahlung auf den Kaufpreis im Betrage von 1050 S zurückzustellen und ihm die Futterkosten vom Tage der Übernahme bis zur Urteilsfällung zu ersetzen. Nach Übergabe des Pferdes habe sich herausgestellt, daß das Pferd lahme, im Acker strangscheu und in keiner Weise zugsicher sei. Wegen dieser unbehebbaren Fehler könne er das Pferd im Betriebe seiner Landwirtschaft nicht gebrauchen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es nahm als erwiesen an, daß der Beklagte dem Kläger beim Abschluß des Kaufvertrages erklärt hat, daß das Pferd tadellos ziehe und tadellos am Wagen sei und daß der Kläger darüber die Nachbarn fragen könne. Johann Sp. habe das Pferd sogleich nach dem Abschluß des Kaufvertrages in unbeschlagenem Zustand auf einer steinigen Straße zum Kläger geführt. Nach der Übergabe des Pferdes sei von den Angehörigen des vom Hofe abwesenden Klägers festgestellt worden, daß die Stute am rechten Vorderfuß lahmt. Der Kläger habe einen Tierarzt erst am 6. September 1952 beigezogen, der eine hochgradige Lähmung am rechten Vorderfuß festgestellt habe. Eine Operation habe eine Besserung nicht erbracht. Die Stute habe sich auf dem Marsch zum Kläger infolge eines Nageleintrittes die Verletzung am Vorderfuß zugezogen. Der Kläger habe jedoch die Überbringung des Pferdes durch den Knecht des Beklagten selbst bestimmt, zumindest aber genehmigt. Durch die Übergabe des Pferdes an Johann Sp. sei das Eigentum an der Stute samt dem Fohlen auf den Kläger übergegangen. Die zufällige Beschädigung des Pferdes habe sich bereits im Vermögen des Klägers ereignet.

Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil mit Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht. Die Verfahrensergebnisse seien zwar nicht hinreichend, um festzustellen, ob der Kläger bereits am Hofe des Beklagten Eigentum an der Stute erworben habe. Es fehlte an einer Feststellung, ob sich der Kläger die Übernahme der Stute für den Abend des Kauftages ausbedungen habe, um sie persönlich zu übernehmen und ob er gewußt habe, daß die unbeschlagene Stute auf der Straße, am Wagen angebunden, den Weg habe zurücklegen müssen. Der Kläger könne aber wegen des Lahmens der Stute nicht die Aufhebung des Kaufvertrages begehren, weil der Fehler nach dem Gutachten des Sachverständigen im Zeitpunkte der Übergabe bei rechtzeitiger Behandlung behebbar gewesen sei und später nur deshalb unbehebbar geworden sei, weil der Kläger nicht für die rechtzeitige ärztliche Behandlung der Stute gesorgt habe. Da ihm bekannt gewesen sei, daß die Stute den zweistundigen Weg in unbeschlagenem Zustand zurückgelegt hat, hätte er mit der Möglichkeit rechnen müssen, daß sie sich am Wege eine Verletzung am Vorderfuß zugezogen habe. In der Klage seien aber als weitere Mängel die Unsicherheit im Zug und Strangscheue geltend gemacht. Mit diesen Mängeln habe sich das Erstgericht nicht befaßt. Wenn auch das Pferd infolge des Lahmwerdens nicht mehr in dem Zustand zurückgestellt werden könne, in dem es sich bei der Übergabe am 18. August 1952 befunden habe, so befreie dies nicht den- Beklagten von der Verpflichtung, das Pferd zurückzunehmen, wenn ein Aufhebungsgrund vorliege. Der Beklagte sei in diesem Fall nur berechtigt, Geldausgleich zu verlangen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge, hob den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und wies die Sache an dieses Gericht zur neuerlichen Entscheidung zurück.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

In rechtlicher Beziehung führt der Beklagte aus, daß er nicht verpflichtet werden könne, das Pferd, das aus dem Verschulden des Klägers nur als Schlachttier zu verwenden sei, gegen Rückzahlung des Kaufpreises zurückzustellen. Das Pferd sei nunmehr weniger als die Hälfte des Kaufpreises wert. Dem Gericht sei nicht gestattet, dem Kläger etwas anderes zuzusprechen, als er in der Klage ausdrücklich begehrt habe.

Die Rechtsrüge ist begrundet. Die Frage, ob die Wandelung zu entfallen habe, wenn der Käufer die Sache in schuldhafter Weise beschädigt hat, ist in der Rechtsliteratur bestritten. Sie wird von Ehrenzweig, Obligationenrecht 1928, S. 220 f., bejaht, von Pisko in Klangs Kommentar, 1. Aufl., zu § 932 ABGB., S. 562, verneint. Nach Pisko verliere der Erwerber, der die Unmöglichkeit der Rückstellung verschuldet habe, nicht sein Wandelungsrecht. Er sei jedoch zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung vom 5. März 1929, SZ. XI/56 ausgesprochen, daß der Rücktritt vom Vertrag ausgeschlossen sei, wenn die Unmöglichkeit der Rückgabe des (nach § 877 ABGB.) Zug um Zug Rückzuleistenden oder eines erheblichen Teiles desselben von dem Rücktrittsberechtigten selbst verschuldet sei. In diesem Falle sei der Rücktritt mit seinen notwendigen Rechtsauswirkungen auf den Vermögensbereich des anderen Teiles vom Berechtigten selbst in schuldhafter Weise vereitelt worden. Der Oberste Gerichtshof verweist in diesem Zusammenhang auf § 351 BGB., der die herrschende Lehre nur kodifiziert habe. In der Entscheidung vom 15. Mai 1933 (Rsp. 1933, Nr. 303) hat der Oberste Gerichtshof zwar ausgesprochen, daß nach § 877 ABGB. infolge Nichtigkeit des Vertrages Geldersatz begehrt werden kann, wenn die empfangene Gegenleistung seit dem Vertragsabschluß wesentlich entwertet wurde. Diese Entscheidung ist jedoch darauf abgestellt, daß die Unmöglichkeit der Rückführung in den früheren Stand eine unverschuldete ist. Im vorliegenden Fall hat der Kläger nicht Geldersatz begehrt, sondern ein Wandelungsbegehren gestellt. Der Oberste Gerichtshof schließt sich der von Ehrenzweig vertretenen Auffassung an, daß die Wandelung entfalle, wenn der Käufer die mangelhafte Sache in schuldhafter Weise beschädigt hat. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß es dem Kläger als Verschulden anzurechnen ist, daß der zunächst behebbare Mangel unbehebbar wurde. Der Kläger kann daher ein Wandelungsbegehren nicht stellen. Das Berufungsgericht hätte in der Sache selbst entscheiden können, ohne daß es einer Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung bedurft hätte.

Anmerkung

Z26258

Schlagworte

Gewährleistung Wandelung, Kauf, Wandelung, Sache, beschädigte -, Wandelung, Schadenersatz, Wandelung, Schuldhafte Beschädigung, Wandelung, Wandelung, beschädigte Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0020OB00430.53.1028.000

Dokumentnummer

JJT_19531028_OGH0002_0020OB00430_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten