TE OGH 1954/2/18 2Ob127/54

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Veröffentlicht am 18.02.1954
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Norm

ABGB §143
ABGB §154

Kopf

SZ 27/44

Spruch

Auf Unterhaltsansprüche nach § 154 ABGB. ist § 143 ABGB. sinngemäß anzuwenden.

Entscheidung vom 18. Feber 1954, 2 Ob 127/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Wolkersdorf; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.

Text

Das Erstgericht hat neben einer teilweisen Zurückweisung der Klage das Begehren auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des Betrages von 375 S samt 4% Zinsen vom 30. September 1953 und 60S monatlich ab 1. Oktober 1953 auf die Dauer der Unterstützung der Großmutter des Beklagten, Frau Charlotte Z., durch die klagende Partei abgewiesen.

Infolge Berufung der klagenden Partei hat das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, die Fortsetzung des Verfahrens erster Instanz jedoch von der Rechtskraft seines Beschlusses abhängig gemacht.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Oberste Gerichtshof tritt der Auffassung des angefochtenen Beschlusses bei, daß aus dem Fehlen einer dem § 143 ABGB. entsprechenden Bestimmung im § 154 ABGB. noch nicht auf die Ansicht des Erstgerichtes geschlossen werden könne, Enkel dürften zum Unterhalt der Großeltern nur im Falle des Todes der Kinder der Großeltern im engeren Sinne herangezogen werden. Wenn die Eltern in Dürftigkeit verfallen, d. h. wenn sie sich den anständigen Unterhalt nicht selbst verschaffen können, sind die Kinder verpflichtet, sie anständig zu erhalten. Die Eltern haben den Anspruch auch dann, wenn sie keinen Erziehungsaufwand für die Kinder bestritten haben, wie auch der Grund der Dürftigkeit gleichgültig ist. Selbst wenn sie ihre Notlage selbst verschuldet haben, gebührt ihnen der Unterhalt. Wie die Eltern, sind auch die Großeltern (§ 42 ABGB.) unterhaltsberechtigt (Ehrenzweig, Familien- und Erbrecht, 1924, S. 222; Swoboda, Kommentar zum ABGB. 1. Teil, S. 101). Hat der Unterhaltsbedürftige Kinder und Eltern, so sind in erster Linie die Kinder verpflichtet, vor ihnen aber der Ehegatte (SZ. IX/295). Die Verpflichtung trifft mehrere Kinder im Verhältnis ihrer Leistungsfähigkeit (GlUNF. 7607 = Jud. 236). Die ausschließlich im Familienrechte begrundete Verbindlichkeit erlischt mit dem Tode des verpflichteten Kindes und geht gleichzeitig, allerdings nicht im Wege des Erbrechts, sondern wieder nur infolge der Familienverhältnisse auf die weiteren Deszendenten über (§§ 154 und 42 ABGB.). Daß Enkel Großeltern gegenüber verpflichtet sind, nach § 154 ABGB. Unterhalt zu leisten, steht auch mit der Rechtsprechung im Einklang (E. d. OGH. vom 14. August 1907, GIUNF. 3880; E. d. OG. Brünn vom 18. Jänner 1924, JM. 1952). Der Unterhaltsanspruch nach § 154 ABGB. ist für alle Verwandten der aufsteigenden Linie begrundet, doch haben nach Analogie des § 143 im Falle gleicher Mittellosigkeit die näheren vor den entfernteren Aszendenten und die Verwandten von der väterlichen Seite vor jenen der mütterlichen Seite den Vorzug. Ebenso sind aus dem gleichen Gründe die entfernteren Abkömmlinge nur subsidiär zur Leistung des Unterhalts verpflichtet, wenn nämlich die näheren Deszendenten nicht mehr vorhanden oder selbst mittellos sind, weil das Gesetz den Kindern überhaupt die in Frage stehende Unterhaltspflicht auferlegt (Stubenrauch 1. Band, S. 231, Anm. 4; ebenso Anders, Familienrecht, S. 77 ff.).

Da der Erstrichter, von seinem Standpunkt ausgehend, die weiteren Voraussetzungen der Unterhaltspflicht des Beklagten nicht geprüft hat, ist sein Urteil vom Berufungsgerichte mit Recht aufgehoben und die Rechtssache zur Behebung der Mängel an das Erstgericht zurückverwiesen worden.

Dem Rekurs ist demnach ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

Z27044

Schlagworte

Alimentation der Eltern, Eltern, Unterhaltsansprüche, Enkel, Unterhaltsleistung durch -, Großeltern, Unterhaltsansprüche, Unterhalt für Vorfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0020OB00127.54.0218.000

Dokumentnummer

JJT_19540218_OGH0002_0020OB00127_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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