TE OGH 1954/9/10 3Ob549/54

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Veröffentlicht am 10.09.1954
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Norm

ABGB §1053
ABGB §1166

Kopf

SZ 27/223

Spruch

Lieferung einer serienmäßigen, nach den Plänen des Unternehmers hergestellten, lediglich kleine Abänderungen aufweisenden Registrierkasse ist Kauf, nicht Werkvertrag, auch wenn der Unternehmer aus arbeitstechnischen Gründen nicht eine schon erzeugte Kasse abändert, sondern eine neue herstellt.

Entscheidung vom 10. September 1954, 3 Ob 549/54.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Der Kläger begehrt die Zahlung von 8999 S Zug um Zug gegen Übergabe der K. Registrierkasse, Modell AKSCH. 562 in Sonderausführung. Der Beklagte wendete unter anderem ein, daß der Vertrag einverständlich aufgelöst worden sei.

Das Erstgericht sprach der Klägerin 99 S zu, wies aber das weitere Begehren ab. Es stellte fest, daß der Beklagte der Klägerin am 18. August 1953 den Auftrag zur Lieferung einer K. Registrierkasse Modell AKSCH. 562 in Sonderausführung zum Preis von 8999 S erteilt habe. Vertragsinhalt sei die Herstellung einer nach den speziellen Wünschen des Beklagten individualisierten Registrierkasse gewesen, nämlich einer solchen, die besondere Gravuren auf Segmenten und Tastknöpfen aufzuweisen habe. Die Kasse habe daher außerhalb der Serie hergestellt und speziell justiert werden müssen. Schon bei der Unterschrift des Bestellscheines habe der Beklagte erklärt, noch nicht zu wissen, wie groß das Pult sei, auf welchem die Kasse aufgestellt werden sollte und welche Maße dann für die Kasse bekanntgegeben werden können. Es möge daher mit der Anfertigung noch nicht begonnen werden, bevor die Firma vom Beklagten bestimmten Bescheid erhalte. Der Auftrag sei der Klägerin in G. am 19. August 1953 als dringlich zugegangen und sofort in Arbeit genommen worden. In der Folge sei mit der Wiener Firma der Klägerin wiederholt telephoniert worden und ihr erklärt worden, daß eine Änderung der Kasse notwendig sein werde. Am 24. August 1953 sei dem Beklagten eine Leihkasse bis zur Lieferung der neuen Kasse zur Verfügung gestellt worden. Nach diesem Zeitpunkt, spätestens jedoch am 28. August 1953, habe die Gattin des Beklagten, als sich herausgestellt hatte, daß die Registrierkasse auf dem Verkaufspult keinen Platz habe, den Auftrag dem Handelsvertreter der Klägerin A. gegenüber storniert, worauf dieser die Leihkasse genommen und sich entfernt habe. Am 29. August 1953 habe der Beklagte das Storno seiner Frau fernmündlich wiederholt und die Ausführung der Kasse der Klägerin verboten. Die Registrierkasse sei am 9. September 1953 bis auf das rechnerische Überprüfen und die Verpackung fertig gewesen und am 11. September 1953 an die Wiener Filiale zur Ausfolgung an den Beklagten übersendet worden. Auf Grund dieses Sachverhaltes schließt das Erstgericht, daß da es sich um einen Werkvertrag gehandelt habe, der Beklagte jederzeit berechtigt gewesen sei, das Werk abzubestellen. A. als ständiger Handelsvertreter der Klägerin sei ihr Erfüllungsgehilfe als auch ihr Handlungsbevollmächtigter gewesen, daher auch zur Entgegennahme des Stornos berechtigt gewesen. Habe er das Storno nicht weitergeleitet, habe dies die Klägerin zu vertreten. Die Klägerin könne daher nicht Erfüllung begehren. Es stunde ihr aber ein Schadenersatzanspruch in der Höhe der Kosten der Gravuren, also von 99 S zu.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil in seinem abweisenden Teil mit Rechtskraftvorbehalt auf. Es handle sich um einen Werkvertrag. Es sei aber bereits in der Klage geltend gemacht worden, daß es sich um eine fixe Bestellung handle und der Auftragsschein als Beweisstück vorgelegt worden. In diesem sei ausdrücklich die Klausel enthalten "Annullierung der Bestellung wird nicht anerkannt". Dies ergebe sich aus der Urkunde, welche das Berufungsgericht selbst würdigen könne. Es könne daher die Behauptung in der Klage, daß es sich um eine fixe Bestellung handle, nur dahin ausgelegt werden, daß eine unwiderrufliche Bestellung behauptet worden sei. Wenn sich daher die Berufung auf diesen Vertragspunkt berufe, handle es sich nicht um eine unzulässige Neuerung. Die Klausel ist keineswegs unauffällig angebracht und könne keinen Verstoß gegen die Regeln des redlichen Verkehrs oder gegen die guten Sitten darstellen. Damit sei es aber notwendig, Feststellungen darüber zu treffen, ob eine ausdrückliche oder stillschweigende Stornierung des ursprünglichen Auftrages erfolgt sei und ob der Filialleiter oder A. hiezu eine ausreichende Bevollmächtigung gehabt hätten.

Der Rekurs des Beklagten blieb ohne Erfolg.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung des Obersten Gerichtshofes:

Der Oberste Gerichtshof vermag sich der rechtlichen Qualifikation des Vertrages durch die Untergerichte als Werkvertrag nicht anzuschließen. Ein Werkvertrag liegt nur dann vor, wenn die Herstellung des Werkes den eigentlichen Vertragsinhalt bildet, wenn es sich eben um die Herstellung von Sachen handelt, die nach den besonderen Bedürfnissen oder Wünschen des Bestellers individualisiert sind. Dies ist aber nicht der Fall. Gegenstand des Vertrages bildet die Lieferung einer K. Registrierkasse AKSCH. 562, also eines serienmäßig nach den Plänen des Unternehmers hergestellten Stückes, das lediglich eine zweite Bezeichnungsreihe mit besonderen Gravuren auf Segmenten und Tastknöpfen aufzuweisen hatte. Dabei war es gleichgültig, ob die Registrierkasse für den Abnehmer neu hergestellt oder eine serienmäßig hergestellte Kasse im Sinne des Abnehmers abgeändert wird. Daraus folgt, daß nicht die Herstellung des Werkes Gegenstand des Vertrages war. Daran ändert nichts, daß der Kläger aus arbeitstechnischen Gründen nicht eine schon erzeugte Kasse abänderte, sondern eine neue herstellte. Der Fall liegt nicht anders, als wenn etwa ein Konfektionär einem Kunden einen Konfektionsanzug verkauft, mit der Verpflichtung, den Konfektionsanzug nach den Maßen des Kunden abzuändern und er aus arbeitstechnischen Gründen den Anzug ganz oder zum Teil neu herstellt. Auch in diesem Fall ist nicht die Herstellung des Werkes Vertragsinhalt, ebensowenig ist von Bedeutung, daß etwa das abgeänderte Erzeugnis infolge der Änderung anderwärts schwer verkäuflich ist. Mag daher diese Kasse auch nach den besonderen Wünschen des Beklagten adjustiert worden sein, so liegt doch ein Kaufvertrag über eine K. Registrierkasse, Modell AKSCH. 562 vor.

Wird aber von einem Kaufvertrag ausgegangen, erweist sich die Klausel im Bestellschein als bedeutungslos, weil ein Kaufvertrag ohnehin nicht einseitig storniert werden kann. Natürlich ist auch ein Kaufvertrag einverständlich - sei es ausdrücklich oder kokludent - lösbar. Entscheidend bleibt daher die Frage, ob ein einverständliches Storno erfolgt ist oder nicht. Da nun das Erstgericht bei seinen Feststellungen von der Möglichkeit eines einseitigen Stornos ausgegangen ist, fehlt es an bezüglichen Feststellungen, sodaß das Verfahren in dem vom Berufungsgericht aufgezeigten Umfang tatsächlich ergänzungsbedürftig ist.

Anmerkung

Z27223

Schlagworte

Kaufvertrag Werkvertrag, Serienerzeugung, Kauf oder Werkvertrag, Werkvertrag Kaufvertrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00549.54.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19540910_OGH0002_0030OB00549_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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