TE OGH 1955/2/16 2Ob63/55

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Veröffentlicht am 16.02.1955
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Norm

JN §29

Kopf

SZ 28/45

Spruch

Der Umstand, daß eine Verordnung eine Gerichtssprengelveränderung vorgenommen hat, muß zu den von § 29 JN. für unmaßgeblich erklärten nachträglichen Zuständigkeitsveränderungen gezählt werden.

Entscheidung vom 16. Februar 1955, 2 Ob 63/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Groß Enzersdorf; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Das mit der Pflegschaftssache bisher rechtmäßig befaßte Bezirksgericht Groß Enzersdorf als Erstgericht hat nach Abschluß seiner Erhebungen am 28. Oktober 1954 einen noch im Jahre 1953 von der Mutter gestellten Antrag, das beim Vater untergebrachte eheliche Kind Heinz in ihre Pflege und Erziehung zu geben, abgewiesen und gleichzeitig das Besuchsrecht der Mutter geregelt.

Vorstellung und Rekurs der Mutter blieben erfolglos; insbesondere wurde auch die Auffassung der Rechtsmittelwerberin abgelehnt, daß der angefochtene Beschluß nichtig sei, weil nach der noch vor Beschlußfassung in Kraft getretenen Verordnung BGBl. Nr. 200/54 die örtliche Zuständigkeit verschoben worden und auf das Bezirksgericht Floridsdorf übergegangen sei.

Der von der Mutter erhobene außerordentliche Revisionsrekurs wurde vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Schwergewicht des Revisionsrekurses liegt im Vorwurf einer Nichtigkeit, die darin erblickt wird, daß dem Bezirksgericht Groß Enzersdorf die örtliche Zuständigkeit kraft Gesetzes - gemeint ist die schon erwähnte Verordnung - entzogen worden und die vom Rekursgericht ins Treffen geführte Bestimmung des § 29 JN. auf Pflegschaftssachen nicht anwendbar sei. Daß diese Auffassung der Rechtsmittelwerberin unhaltbar ist, ergibt sich schon daraus, daß die genannte Gesetzesstelle im ersten, von der Gerichtsbarkeit im allgemeinen, daher auch von der außerstreitigen Gerichtsbarkeit, handelnden Teil der Jurisdiktionsnorm steht (vgl. übrigens auch SZ. XXV 127). Der Umstand aber, daß eine Verordnung eine Gerichtssprengelveränderung vorgenommen hat, muß zu den vom § 29 JN. für unmaßgeblich erklärten nachträglichen Zuständigkeitsveränderungen gezählt werden. Anders wäre nur eine Gebietsabtretung an das Ausland zu behandeln, die zu einem Verlust der inländischen Gerichtsgewalt führte (vgl. Pollak 2. Aufl. S. 357 f.).

Bemerkt sei noch, daß der Sprengelverschiebung durch die Verordnung BGBl. Nr. 200/54 inzwischen bereits Rechnung getragen und die Pflegschaftssache dem Bezirksgericht Floridsdorf überwiesen worden ist. Zur Zeit der angefochtenen Beschlußfassung war dies aber noch nicht der Fall, die örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Groß Enzersdorf damals also noch gegeben.

Anmerkung

Z28045

Schlagworte

Gerichtssprengel, Änderung während des Verfahrens, Zuständigkeit, Änderung der Gerichtssprengel während des Verfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1955:0020OB00063.55.0216.000

Dokumentnummer

JJT_19550216_OGH0002_0020OB00063_5500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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