TE OGH 1955/5/4 3Ob242/55

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Veröffentlicht am 04.05.1955
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Norm

ABGB §843
ABGB §1175
ABGB §1210
Handelsgesetzbuch §335
Handelsgesetzbuch §337

Kopf

SZ 28/120

Spruch

Bei der reinen Innengesellschaft, bei der nach außenhin ein Gesellschaftsvermögen nicht aufscheint, ist im Zweifel anzunehmen, daß der Innengesellschafter im Falle der Auflösung der Gesellschaft mit Geld abzufinden ist.

Die Frage der Tunlichkeit der Naturalteilung ist lediglich danach zu beurteilen, ob die der Eigentumsgemeinschaft unterliegenden Vermögensgegenstände an sich überhaupt eine Teilung zulassen oder eine solche nur unter beträchtlicher Verminderung des Wertes, von dem Verlust gewisser Vorteile abgesehen, möglich wäre.

Entscheidung vom 4. Mai 1955, 3 Ob 242/55.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die beiden Streitteile, Bruder und Schwester, haben am 28. September 1937 in Form eines Gedächtnisprotokolles einen schriftlichen Vertrag geschlossen, wonach sie sich zum Betriebe eines Detailhandels mit Wäsche, Textil- und Wirkwaren in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes vereinigten. Dieser Gesellschafsvertrag wurde zwischen den Streitteilen schriftlich mit 31. Dezember 1953 aufgekundigt.

Die klagende Partei begehrt nun mit der vorliegenden Klage die gerichtliche Teilung des zwischen den Streitteilen bestehenden Gesellschaftsvermögens. Zur Begründung führte die Klägerin aus, daß durch den zwischen den Streitteilen geschlossenen Gesellschaftsvertrag im Punkte 10 wohl die Kündigungsfrist geregelt, jedoch nicht festgelegt worden sei, wer von den beiden Gesellschaftern, die nach dem Vertrag vollkommen gleichberechtigt sind, im Falle einer Aufkündigung oder Auflösung des Vertrages das Unternehmen weiter führen solle bzw. könne. Da somit der Vertrag keine Bestimmungen enthalte, in welcher Art und Weise die Auseinandersetzung zu erfolgen habe, hätten die Bestimmungen das Bürgerlichen Gesetzbuches, die im Falle der Aufhebung einer Gemeinschaft grundsätzlich Naturalteilung vorsehen, zur Anwendung zu kommen.

Der Beklagte wendete dagegen ein, daß es sich bei der zwischen den Streitteilen am 28. September 1937 geschlossenen Gesellschaft, da nach außenhin kein Gesellschaftsvermögen existiere, um eine reine Innengesellschaft handle, in welchem Falle im Zweifel anzunehmen wäre, daß der Innengesellschafter mit Geld abzufinden ist. Zur Begründung führte er aus, daß er nicht nur alleiniger Hauptmieter der beiden Geschäftslokale, sondern auch Miteigentümer zu zwei Drittelanteilen des Hauses wäre und die Klägerin, die bis zum Jahre 1947 überhaupt nur Angestellte gewesen sei, nach außenhin keine wie immer gearteten Rechte und Pflichten hätte, sondern lediglich im Innenverhältnis Gewinn und Verlust zur Hälfte zu teilen wäre. Darüber hinaus sei auch im Punkte 10 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich die geldliche Abfertigung deshalb vereinbart worden, weil die vermögensrechtliche Auseinandersetzung auf Grund einer für das Ende der Kündigungsfrist aufzustellenden Bilanz unter Berücksichtigung der immateriellen Werte des Unternehmens zu erfolgen habe.

Das Erstgericht erkannte auf Teilung des auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom 28. September 1937 zwischen den Streitteilen bestehenden gesellschaftlichen Vermögens. Es ging hiebei von folgenden Feststellungen aus:

Nachdem die Streitteile, die Geschwister sind, vom Jahre 1935 an in einem Geschäftslokal im Hause H.-Platz 8, dessen Hauptmieter der Beklagte war, mit einem Gewerbeschein, lautend ebenfalls auf den Namen des Beklagten, gemeinsam ein Detailhandelsgeschäft mit Wäsche, Textilien und Wirkwaren geführt hatten, haben sie am 28. September 1937 in der Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. Richard L. mündlich einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen, der in Form eines Gedächtnisprotokolles schriftlich festgehalten wurde. Nach diesem Gesellschaftsvertrag haben sich die Streitteile zum Betriebe eines Detailhandels mit Wäsche, Textilien und Wirkwaren sowie Arbeitskleidung in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes mit dem Sitze Wien, H.-Platz 8, vereint. Nach Punkt 2 des Gesellschaftsvertrages wurde mit Rücksicht auf die Tatsache, daß vorläufig nur der Beklagte im Besitze eines Gewerbescheines war, vereinbart, daß das Unternehmen nach außenhin als Einzelunternehmen geführt werde und alle Rechte und Pflichten für die Gesellschaft unter dem Name des Beklagten erworben, bzw. eingegangen würden. Lediglich im Innenverhältnis sollten nach Punkt 3 beide Streitteile in Eigentum, Besitz und Führung des Unternehmens vollkommen gleichberechtigt sein, und zwar derart, daß das Unternehmen, insbesondere aber das Eigentum an den Sachwerten des Unternehmens, an der Geschäftseinrichtung, dem Warenbestand usw. sowie an den Rechten, beiden Teilen je zur Hälfte gehören bzw. zustehen solle. Ausdrücklich wurde im Punkt 3 weiter die Verpflichtung festgehalten, daß der Beklagte alle Sachen, soweit sie körperlich übergeben werden können, jeweils sofort nach Einbringung in das Geschäft bzw. in das Unternehmen zur Hälfte seiner Schwester, der Klägerin, tatsächlich bzw. in einer nach außen erkennbaren Weise übergeben und ihr ebenso alle Rechte in erkennbarer Weise zur Hälfte übertragen sollte. Ebenso wie alle Rechte sollten auch alle Verbindlichkeiten, Schulden und Verpflichtungen beiden Teilen zustehen (Punkt 4) und demgemäß die Klägerin zur Erfüllung der Zahlungen und Leistungsverpflichtungen des Unternehmens jeweils zur Hälfte beitragen. Nach Punkt 10 wurde die Gesellschaft auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, jedoch den Gesellschaftern das Recht eingeräumt, die Gesellschaft unter Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist jeweils zum Ende des Geschäftsjahres mittels eingeschriebenen Briefes aufzukundigen; für diesen Fall, ebenso wie im Falle einer Auflösung der Gesellschaft, sollte die vermögensrechtliche Auseinandersetzung auf Grund einer für das Ende der Kündigungsfrist aufzustellenden Bilanz, in der auch die immateriellen Werte des Unternehmens, wie der Wert des Gewerbescheines, der Mietrechte usw. unter den Aktiven zu berücksichtigen seien, erfolgen. Abschließend wurde unter Punkt 15 festgelegt, daß Nebenverabredungen nicht bestehen, Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages in Hinkunft aber nur dann gültig sein sollten, wenn sie schriftlich oder vor zwei Zeugen vereinbart würden. Die Beantwortung der Frage, in welcher Weise die Auseinandersetzung zwischen den Streitteilen vorgenommen werden müsse, entscheidet der allenfalls im Wege der Auslegung zu ergänzende Gesellschaftsvertrag nicht. Wie unbestritten blieb, wurde der Gesellschaftsvertrag einvernehmlich mit 31. Dezember 1953 aufgekundigt.

Das Erstgericht gelangte auf Grund dieser Feststellungen zu nachstehendem rechtlichem Ergebnis:

Eine reine Innengesellschaft, bei der aber auch nur im Zweifel der Innengesellschafter mit Geld abzufinden sei, liege nach Ansicht des Gerichtes nicht vor. Nur dann müsse sich der Innengesellschafter mit der Auszahlung des für ihn zu errechnenden Abfindungsguthabens begnügen und könne nicht die Versilberung des Vermögens und die Ausfolgung seines Anteiles am Erlös verlangen, wenn eine aus zwei Gesellschaftern bestehende Innengesellschaft aufgelöst werde, bei der das dem Gesellschaftszweck zu widmende Vermögen allein dem einen Gesellschafter gehöre, während der andere daran im Innenverhältnis der Gesellschaft nur dem Werte nach zur Hälfte beteiligt sei, mit anderen Worten, wenn der eine Gesellschafter lediglich schuldrechtlich dahin gebunden sei, daß das bei der Errichtung der Gesellschaft vorhandene und in seinem alleinigen Eigentum dazu erworbene Geschäftsvermögen dem Werte nach im Innenverhältnis zu dem Mitgesellschafter so behandelt werden solle, als ob es Gesellschaftsvermögen sei. Die Streitteile hätten demgegenüber in Punkt 2 des Vertrages ausdrücklich vereinbart, daß die Klägerin im Innenverhältnis nicht nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf verhältnismäßige Beteiligung an dem Werte des Gesellschaftsvermögens habe, sondern ihr vielmehr das Eigentum an allen Sachwerten des Unternehmens, der Geschäftseinrichtung, den Warenbeständen usw. zustehe, sie also Miteigentümerin an allen Sachen und Rechten sei. Die Streitteile hätten zwar im Punkt 10 des Gesellschaftsvertrages vereinbart, daß im Falle einer Aufkündigung des Gesellschaftsvertrages durch einen der Gesellschafter die vermögensrechtliche Auseinandersetzung auf Grund einer für das Ende der Kündigungsfrist aufzustellenden Bilanz zu erfolgen habe. Der Vertrag enthalte aber keine Bestimmung, ob und wer von den Gesellschaftern nach Kündigung oder Auflösung der Gesellschaft berechtigt sei, das Unternehmen weiterzuführen. Auf Grund der Angaben der Streitteile als Parteien habe das Gericht nur feststellen und als erwiesen annehmen können, daß zwischen den Gesellschaftern bei Abschluß des Vertrages eine Vereinbarung darüber, was im Falle einer Auflösung der Gesellschaft zu geschehen hat, nicht zustandegekommen sei, die Streitteile vielmehr die Regelung dieser Bestimmungen dem den Vertrag verfassenden Rechtsanwalt überlassen hätten. Übereinstimmend hätten die Streitteile nur angegeben, daß sie Rechtsanwalt Dr. Richard L. ersucht hätten, einen Vertrag zu verfassen, wonach beide Parteien gleichberechtigt sein sollten. Da somit die Absicht der Parteien nicht feststellbar, der schriftlich von beiden Parteien unterfertigte Gesellschaftsvertrag unklar und mit sich selbst im Widerspruch sei, somit eine Einigung zwischen den Parteien über das weitere Schicksal des Unternehmens und die Vermögensauseinandersetzung zwischen den Gesellschaftern nach Aufkündigung bzw. Auflösung des Gesellschaftsvertrages nicht erfolgt sei, hätten nach Ansicht des Gerichtes die gesetzlichen Bestimmungen zur Anwendung zu kommen. Nach Handelsrecht schließe an die Auflösung der Gesellschaft die Liquidation. Die Gesellschaft dauere, wenn auch eingeschränkt auf die Zwecke der Abwicklung, fort, bis das gesamte Gesellschaftsvermögen versilbert und verteilt ist. Dieses Zwischenstadium fehle bei der Auflösung der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft, wenn es nicht nach dem Vorbild des Handelsrechtes im Vertrag vorgesehen sei. Die Auflösung der Gesellschaft bedeute daher eine Vollbeendigung des Gesellschaftsverhältnisses. Die Gesellschaft erlösche und wandle sich automatisch in eine Gemeinschaft nach dem

16. Hauptstück des zweiten Teiles des ABGB. um, wobei die Gütergemeinschaft fortdauere, bis sie durch Natural- oder Zivilteilung ihr Ende finde. Die am Hauptstamm der Gesellschaft beteiligten Mitglieder würden daher im Verhältnis zu ihrer Beteiligung am Hauptstamm Miteigentümer an den bisher der Gesellschaft gehörigen körperlichen Sachen, Forderungen und anderen Rechten bzw. Mitschuldner im gleichen Verhältnis. Die Teilung der Gemeinschaft an den einzelnen Sachen, die als Nachwirkung der aufgelösten Gesellschaft verbleiben, richte sich nach den Vorschriften der §§ 830, 843 ABGB. Es komme daher in erster Linie zur Naturalteilung. Lediglich im Falle einer reinen Innengesellschaft, bei der nach außenhin kein Gesellschaftsvermögen existiert, sei im Zweifel anzunehmen, daß der Innengesellschafter mit Geld abzufinden ist. Aus diesen Gründen und auch deshalb, weil nach den Feststellungen die Klägerin Miteigentümerin an allen Sachen gemäß dem Gesellschaftsvertrage zur Hälfte sei, sei die zwischen den Streitteilen bestehende Gütergemeinschaft durch Naturalteilung zu beenden.

Der dagegen seitens des Beklagten erhobenen Berufung wurde Folge gegeben und das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der Klagsabweisung abgeändert, wobei das Berufungsgericht die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes übernahm. Es führte hiezu in rechtlicher Hinsicht aus:

Mangels einer erwiesenen Vereinbarung, wonach die Naturalteilung ausgeschlossen wurde, sei vom schriftlichen Gesellschaftsvertrag auszugehen. Dieser schließe an sich eine Teilung gemeinsamen Vermögens in natura nicht aus. Die Mietrechte und die Gewerbeberechtigung gehörten nicht zum gemeinsamen Vermögen, sondern seien im Sinne des § 1182 ABGB. Sondergut des Beklagten. Sie seien allerdings nach Punkt 10 des Gesellschaftsvertrages bei der dort erwähnten, aber nicht näher bestimmten Auseinandersetzung dann in Anschlag zu bringen, wenn das Geschäft fortgeführt werde, also nicht im Falle seiner Auflösung, den die Klägerin im Auge habe. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes sei aber die Naturalteilung zwar nicht infolge einer entgegenstehenden Vereinbarung, aber auf Grund nachgiebigen Rechtes ausgeschlossen. Der Gesellschaftsvertrag begrunde eine sogenannte Innengesellschaft, d. h. die Rechte der Klägerin gingen im Innenverhältnis über die einer stillen Gesellschafterin hinaus. Nach außenhin trete aber kein Gesellschaftsvermögen in Erscheinung. Für diesen Fall sei eine Ausnahme von dem Grundsatz gegeben, daß das Vermögen einer Erwerbsgesellschaft im Zweifel in natura zu teilen ist. Vielmehr sei in diesem Falle ein nach außenhin nicht in Erscheinung tretender Gesellschafter in Geld abzufinden; es komme also auch nicht zu einer Naturalteilung. Eine Ausnahme bestehe nur für den Fall, daß der nach außenhin in Erscheinung tretende Gesellschafter im Innenverhältnis auf die Rolle eines bloßen Strohmannes zurückgedrängt sei. Dieser Fall sei keineswegs gegeben. Die weitere Ausnahme, von der der Erstrichter entsprechend der reichsgerichtlichen Entscheidung vom 20. Februar 1941, Deutsches Recht 1941 I S. 1407, ausgehe, daß nämlich eine Teilung möglich sei, wenn die Bindung im Innenverhältnis nicht bloß eine schuldrechtliche ist, sei abzulehnen, weil bei einer Innengesellschaft eine mehr als schuldrechtliche Bindung eine bloße Fiktion sei, der keine übertriebene Bedeutung beigemessen werden dürfe. Allerdings könnten die Bestimmungen des Art. 7 Nr. 15 der 4. EVzHGB. nicht unmittelbar zur Anwendung gelangen, weil keine offene Handelsgesellschaft bestehe und nicht geradezu gesagt werden könne, daß ein Gesellschafter vereinbarungsgemäß aus dem Unternehmen ausscheide. Obwohl die Streitteile auch keine stille Gesellschaft eingegangen seien, lasse sich aber ein Ähnlichkeitsschluß aus § 340 Abs. 1 HGB. ziehen, weil die umstrittene Innengesellschaft einer stillen Gesellschaft immer noch ähnlicher sei als einer vollen Gesellschaft, sei es auch des bürgerlichen Rechtes. Außerdem sei die Naturalteilung im Sinne des § 843 ABGB. untunlich. Es könne nämlich dem Beklagten, der das Geschäft nach außen allein betrieben habe und dem die Mietrechte sowie die Gewerbeberechtigung zustunden, gegen seinen Willen nicht zugemutet werden, die Sachwerte in Natur zu teilen und das Geschäft, das er, faktisch gesehen, nach der Sachlage weiterführen wird, auch nur vorübergehend der Hälfte seiner sachlichen Grundlage entblößen zu lassen. Überdies könnte die Klägerin, die derzeit über keine Gewerbeberechtigung verfüge und von der es unsicher sei, wann und unter welchen Umständen sie eine solche erreichen könne, wobei sie auch gar nicht behaupte, daß sie über einen Standort verfüge, die Sachgüter auf gesetzmäßigem Wege auch kaum gewinnbringend verwerten, so daß sie, falls es zu der von ihr angestrebten Teilung in natura käme, der Gefahr der Verschleuderung ausgesetzt wäre. Allerdings sei es im Falle einer Geldabfindung zweifellos, daß der Kläger den good will in Rechnung stellen müsse; es sei aber seine Sache, wenn er die Abfindung in Geld vorziehe. Das Berufungsgericht gelange daher zu dem Ergebnis, daß die Klägerin die Teilung des gemeinsamen Vermögens, insbesondere aber die angestrebte Teilung in natura, nicht verlangen könne, weshalb auf Klagsabweisung zu erkennen gewesen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge, hob die Urteile bei der Untergerichte auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Richtig ist, daß bei der reinen Innengesellschaft, bei der nach außenhin ein Gesellschaftsvermögen nicht aufscheint, im Zweifel anzunehmen ist, daß der Innengesellschafter im Falle der Auflösung der Gesellschaft mit Geld abzufinden ist. Es tritt daher diese Rechtsfolge dann nicht ein, wenn die zum Betrieb des gemeinsamen Unternehmens gehörigen Vermögensgegenstände, somit der Hauptstamm der Gesellschaft, nach der ausdrücklichen Bestimmung des Gesellschaftsvertrages den Gesellschaftern, wenn auch nur im Innenverhältnis, nach bestimmten Anteilsquoten gemeinsam sein sollen. Eine derartige Regelung wurde jedoch nach den Feststellungen der Untergerichte im Gesellschaftsvertrag laut Punkt 3 des Gedächtnisprotokolles vom 28. September 1937 ausdrücklich getroffen, und es ist demnach der dahingehende Vertragswille der Streitteile bei Vertragsabschluß klar erkennbar, wenngleich die dort vorgesehene Übertragung der körperlichen Sachen und Rechte des Unternehmens "jeweils nach Einbringung zur Hälfte an die Klägerin in einer nach außen erkennbaren Weise" weder erforderlich noch auch rechtlich möglich ist, weil das Gesellschaftsvermögen, insolange die Gesellschaft besteht, auch im Innenverhältnis nicht den Gesellschaftern, sondern der Gesellschaft gehört. Zufolge ausdrücklicher Vereinbarung der Gemeinsamkeit des Hauptstammes nach bestimmten Beteiligungsquoten wandelt sich daher die Gesellschaft nach ihrer Auflösung, somit Vollbeendigung, in eine einfache communio, eine Gemeinschaft nach dem 16. Hauptstück des zweiten Teiles des ABGB., um, weil durch den contrarius dissensus zwar die Gesellschaft beendet wird, die Gütergemeinschaft aber fortdauert, bis auch diese durch Natural- oder Zivilteilung ihr Ende findet. Es werden daher die am Hauptstamme der Gesellschaft je zur Hälfte beteiligten Streitteile automatisch, ohne daß es eines Übertragungsaktes bedürfte, im Verhältnis ihrer Beteiligung am Hauptstamm Miteigentümer an den bisher der Gesellschaft gehörigen körperlichen Sachen, Forderungen und anderen Rechten. Mit Rücksicht auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrages ist daher das Teilungsbegehren der Klägerin grundsätzlich berechtigt, insoweit dies nicht zur Unzeit geschieht oder mit einem Nachteil des anderen Gesellschafters verbunden wäre (§ 830 ABGB.).

Nun hat die Klägerin in ihrer Klage Naturalteilung begehrt und wurde auch seitens des Erstgerichtes, was zwar nicht ausdrücklich aus dem Urteilsspruch ersichtlich ist, wohl aber aus dem Zusammenhang mit den Urteilsgrunden hervorgeht, auf Naturalteilung erkannt. Wenn das Berufungsgericht nach seiner vom Erstgericht abweichenden Rechtsmeinung die Naturalteilung für untunlich erklärt, weil dem Beklagten nicht zugemutet werden könne, das Geschäft, das er faktisch nach der Sachlage weiterführen werde, auch nur vorübergehend der Hälfte seiner sachlichen Grundlage entblößen zu lassen, die Klägerin überdies die Sachgüter, falls es zu der von ihr angestrebten Naturalteilung komme, kaum gewinnbringend verwerten könnte, so kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden, da die Frage der Tunlichkeit der Naturalteilung lediglich danach zu beurteilen ist, ob die nunmehr der Eigentumsgemeinschaft unterliegenden Vermögensgegenstände an sich überhaupt eine Teilung zulassen oder eine solche nur unter beträchtlicher Verminderung des Wertes, von dem Verlust gewisser Vorteile abgesehen, möglich wäre (§ 843 ABGB.). Es liegt daher ein Feststellungsmangel insoweit vor, als die Untergerichte Feststellungen darüber unterlassen haben, welche Vermögensgegenstände als Sondergut der Gesellschafter zu gelten hatten (§ 1182 ABGB.) und welche der Gesellschaft bis zu deren Auflösung gehört haben und daher nach deren Vollbeendigung der Gütergemeinschaft unterfallen, so daß auch nicht beurteilt werden kann, ob hinsichtlich aller oder einzelner der in der Eigentumsgemeinschaft stehenden Sachgüter Naturalteilung tunlich erscheint oder lediglich Zivilteilung in Frage kommt. Da der Beklagte die Zulässigkeit der Naturalteilung auch grundsätzlich bestritten hat, wird in dieser Richtung auf ein ergänzendes, den geltend gemachten Teilungsanspruch begrundendes Vorbringen und Anbieten geeigneter Beweismittel seitens der beweispflichtigen Klägerin hinzuwirken sein (§ 182 Abs. 1 ZPO.). Im Hinblicke auf den Mangel entscheidungswichtiger Feststellungen mußte sohin mit der Aufhebung des angefochtenen Urteils und, da es offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, auch mit der Aufhebung des Ersturteils vorgegangen werden (§ 510 Abs. 1 ZPO.).

Anmerkung

Z28120

Schlagworte

Abfindung des Gesellschafters bei einer Innengesellschaft, Auflösung einer Innengesellschaft, Geldabfindung, Gesellschaft im Innenverhältnis, Auflösung, Geldabfindung, Innengesellschaft, Auflösung, Abfindung der Gesellschafter, Miteigentum Tunlichkeit der Naturalteilung, Naturalteilung, Tunlichkeit, Teilung in natura, Tunlichkeit, Tunlichkeit der Naturalteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1955:0030OB00242.55.0504.000

Dokumentnummer

JJT_19550504_OGH0002_0030OB00242_5500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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