TE OGH 1959/2/18 2Ob56/59

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Veröffentlicht am 18.02.1959
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Norm

ABGB §1037
ABGB §1040
ABGB §1043

Kopf

SZ 32/22

Spruch

Besorgt der Handelnde nicht nur das Geschäft eines anderen, sondern zugleich auch sein eigenes, dann liegt keine Geschäftsführung ohne Auftrag vor. Er kann aber unter den Voraussetzungen des § 1043 ABGB. Ersatz verlangen.

Entscheidung vom 18. Februar 1959, 2 Ob 56/59.

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Beklagten, die Miteigentümer eines Hauses in Wien sind, haben am 24. April 1957 dem Kläger, der Minderheitseigentümer dieses Hauses ist, die Verwaltungsvollmacht entzogen. Als im Frühjahr 1958 die Gemeinde auf Grund der Bauordnung einen Bauauftrag erteilte und wegen Nichtbefolgung die Herstellung der aufgetragenen Arbeiten im Vollstreckungsverfahren vornehmen wollte, erteilte der Kläger einem Baumeister den Auftrag, die Renovierung der Hoffassade vorzunehmen, und leistete ihm aus eigenem eine Anzahlung in der Höhe der vorhandenen Mietzinsreserve von 25.851 S 72 g. Mit der vorliegenden Klage verlangt nun der Kläger den Ersatz des für die Beklagten gemachten Aufwandes.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es war der Ansicht, daß der Kläger zum klaren und überwiegenden Vorteil der Beklagten gehandelt habe und daher die eingeklagten Beträge sowohl nach §§ 837 und 1037 ABGB. als auch nach § 1042 ABGB. zurückfordern könne.

Das Berufungsgericht wies das Begehren ab. Es stand auf dem Standpunkt, daß der Kläger gegen den erklärten Willen der anderen Miteigentümer gehandelt habe und daher aus dem Gründe des § 1040 ABGB. den gemachten Aufwand verliere.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge und stellte das erstgerichtliche Urteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Aus der Klageerzählung ist zu entnehmen, daß der Kläger die Kosten der Instandsetzung der Hoffassade, soweit sie durch die Mietzinsreserve zu decken waren, aus seinem Vermögen gezahlt hat und nun mit der vorliegenden Klage von den Beklagten Ersatz verlangt. Die Untergerichte haben sein Begehren allein unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag beurteilt; sie haben nicht erkannt, daß man nicht von einem fremden Geschäft und auch nicht von einer gemischten Geschäftsführung sprechen kann, wenn der Handelnde nicht nur von den anderen, sondern von sich und den anderen eine Gefahr abwenden will. Eine solche Gefahr lag vor, weil die Gemeinde infolge Nichtbefolgung des Auftrages mit Ersatzvornahme drohte, die regelmäßig nicht nur mit bedeutend höheren Kosten verbunden ist, sondern der Gemeinde auch das Recht gibt, die Kosten der Ersatzvornahme auf der Liegenschaft hypothekarisch sicherstellen zu lassen. Weil der Helfer nicht nur das Geschäft eines anderen besorgt, sondern zugleich auch sein eigenes, soll er nach § 1043 ABGB. auch so weit eine Entschädigung erhalten, als er das Geschäft zugunsten seiner Gefahrgenossen vorgenommen hat (Klang 1. Aufl. II/2 S. 939). Aus diesem Grund wird auch ein Teil der Kosten ihm selbst auferlegt und sein Anspruch gegen die übrigen Gefahrgenossen um diesen Betrag vermindert. Wegen der Gemeinsamkeit der Gefahr sind die Gefahrgenossen nicht berechtigt, die Tätigkeit des Helfers zu verbieten, und es gilt die Bestimmung des § 1040 ABGB., der bei der Geschäftsführung im Notfall Anwendung findet, im vorliegenden Fall nicht. Es ist festgestellt, daß die Arbeiten, deren Notwendigkeit angesichts des Bauauftrages der Gemeinde und der drohenden Ersatzvornahme nicht in Zweifel gezogen werden kann, von dem Baumeister bereits fertiggestellt wurden. Damit ist aber auch klargestellt, daß die anderen Miteigentümer aus der Hingabe des Geldbetrages durch den Kläger einen Vorteil gezogen haben und zur verhältnismäßigen Entschädigung verpflichtet sind. Da die Beträge, die der Kläger von den Beklagten begehrt, die ihren Eigentumsanteilen entsprechende Höhe nicht übersteigen, war seinem Begehren stattzugeben und das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

Anmerkung

Z32022

Schlagworte

Besorgung eigener und fremder Geschäfte, Rückersatz nach § 1043 ABGB., Geschäftsführung ohne Auftrag Besorgung eigener Geschäfte, Rückersatz, nach § 1043 ABGB., Rückersatz nach § 1043 ABGB., Geschäftsführung ohne Auftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1959:0020OB00056.59.0218.000

Dokumentnummer

JJT_19590218_OGH0002_0020OB00056_5900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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