TE OGH 1959/10/28 6Ob379/59

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Veröffentlicht am 28.10.1959
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Norm

ABGB §1347
ABGB §1359
JN §51 Abs2 Z8

Kopf

SZ 32/139

Spruch

Der Rechtsstreit, in dem ein Wechselbürge vom Mitbürgen wegen Rückersatzes gemäß § 1359 ABGB. oder § 1347 ABGB. in Anspruch genommen wird, ist keine Streitigkeit aus Wechselgeschäften im Sinne des § 51 Abs. 2 Z. 8 JN.

Entscheidung vom 28. Oktober 1959, 6 Ob 379/59.

I. Instanz: Bezirksgericht Winklern; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

In der Klage wird ausgeführt, daß die L.-Sparkasse am 14. November 1957 dem Jakob U. ein Darlehen von 15.000 S gewährt habe. Die Darlehenserklärung sei vom Kläger und dem am 29. November 1957 verstorbenen Simon T. sen., dem Vater des Beklagten, unterschrieben worden, nachdem sich beide als Bürgen zur ungeteilten Hand zur Zahlung verpflichtet hätten. Weiter hätten der Kläger und Simon T. sen. einen von der L.-Sparkasse ausgestellten und von Jakob U. angenommenen Wechsel in bianco als Bürgen unterschrieben. Dieser Wechsel sollte der Sicherstellung des gewährten Darlehens dienen. Der Kläger sei von der L.-Sparkasse als Bürge in Anspruch genommen worden, weil keinerlei Aussicht bestand, von Jakob U. Zahlung zu erlangen. Eine Regreßmöglichkeit gegenüber Jakob U. habe ebenfalls keine Aussicht. Der Kläger halte sich nun im Regreßweg hinsichtlich des halben Betrages an den Beklagten als Erben und Rechtsnachfolger des verstorbenen Simon T. sen.

Dagegen erhob der Beklagte bei der ersten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung die Einrede der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes mit der Begründung, daß im Hinblick auf die dem Klageanspruch zugrunde liegende Wechselbürgschaft die ausschließliche Zuständigkeit des Handelsgerichtes gegeben sei (§ 51 Abs. 2 Z. 8 JN.).

Das Erstgericht wies in Stattgebung der Einrede die Klage wegen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes zurück. Es vertrat den Standpunkt, daß die Klageforderung eine Rückgriffsforderung aus dem Wechselgeschäft darstelle, zumal in der vom Schuldner und den Bürgen unterschriebenen Erklärung keine bestimmte Summe aufscheine, weshalb ein Blankowechsel ausgestellt worden sei. Eine schriftliche Urkunde, in der eine besondere Bürgschaftserklärung für Jakob U. enthalten sei, liege nicht vor. Die Fertigung eines Wechselblanketts sei aber keine wirksame Bürgschaftserklärung außerhalb des Wechselgeschäftes. Es sei daher die Zuständigkeit des Handelsgerichtes nach § 51 Abs. 2 Z. 8 JN. gegeben.

Dem dagegen von der klagenden Partei erhobenen Rekurs wurde Folge gegeben und der erstgerichtliche Beschluß dahin abgeändert, daß die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit zurückgewiesen wurde. Das Rekursgericht vertrat abweichend vom Erstgericht den Rechtsstandpunkt, daß als Streitigkeiten aus Wechselgeschäften nur Klagen wegen Ansprüchen aus einem wechselrechtlichen Skripturakt, also nur solche Streitigkeiten zu verstehen seien, bei welchen sich der Anspruch unmittelbar auf den Wechsel grunde, ohne daß hiebei das Grundgeschäft aufgedeckt werde. Im vorliegenden Fall werde aber nur aus dem Grundgeschäft - Bürgschaft für ein Darlehen und Solidarhaftung der Bürgen gemäß § 1359 ABGB. - geklagt. Es handle sich daher nicht um einen Rechtsstreit aus einem Wechselgeschäft, weshalb im Hinblick auf den Streitwert unter 8000 S die sachliche Zuständigkeit des Bezirksgerichtes gemäß § 49 Abs. 1 Z. 1 JN. gegeben sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zutreffend ist die Auffassung des Rekursgerichtes, daß unter Streitigkeiten aus Wechselgeschäften gemäß § 51 Abs. 2 Z. 8 JN. nur solche zu verstehen sind, bei welchen der Anspruch unmittelbar aus einem wechselrechtlichen Verpflichtungsakt abgeleitet wird, die materielrechtliche Grundlage des Anspruches also das Wechselgesetz selbst bildet. Es erscheint daher entgegen der Auffassung des Erstgerichtes der Umstand, daß der vom Kläger begehrte Rückersatz auch auf den aus der Wechselmitbürgschaft des Rechtsvorgängers des Beklagten sich ergebenden Ausgleichsanspruch nach den §§ 1359, 896 ABGB. gestützt wird, für die Frage der Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes nicht von rechtlicher Bedeutung. Die Frage, ob die Haftung des Klägers als Gutstehers dem Gläubiger gegenüber lediglich durch die Regeln des Wechselrechtes (Art. 32 Abs. 1 und Art. 47 Abs. 1 WG. 1955) oder auch durch die Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Rechtes (§§ 1346, 1347 ABGB.) bestimmt war, läßt die Natur des geltend gemachten Regreßanspruches als eines solchen, dessen materiellrechtliche Grundlage nicht das Wechselgesetz bildet, unberührt; dies schon aus der Erwägung, daß der Klagsanspruch keineswegs unmittelbar aus einem wechselrechtlichen Verpflichtungsakt abgeleitet wird, wie dies beispielsweise beim Rückgriff des zahlenden Wechselbürgen gegen die in Art. 32 Abs. 3 WG. 1955 genannten Personen der Fall ist. Der vorliegende Rechtsstreit, in welchem der Beklagte als Rechtsnachfolger des wechselrechtlichen Gutstehers auf Grund seiner Ersatzhaftung aus der Mitbürgschaft (§§ 1359, 896 ABGB.), aus dem Rechtsgrund der Ersatzhaftung unter Gesamtschuldnern, aber auch auf Grund des behaupteten interzessionsweisen Schuldbeitrittes seines Rechtsvorgängers (§ 1347 ABGB.) in Anspruch genommen wird, kann daher keinesfalls als eine Streitigkeit aus einem Wechselgeschäft im Sinne des § 51 Abs 2 Z. 8 JN. beurteilt werden, woraus sich die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes gemäß § 49 Abs. 1 Z. 1 JN. ergibt.

Anmerkung

Z32139

Schlagworte

Bürge, Wechselverpflichtung, Rückgriff, Zuständigkeit, Regreß des Wechselbürgen, Zuständigkeit, Rückgriff des Wechselbürgen, Zuständigkeit, Sachliche Zuständigkeit, Rückgriff des Wechselbürgen, Wechselbürge, Rückgriff, Zuständigkeit, Zuständigkeit Rückgriff des Wechselbürgen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1959:0060OB00379.59.1028.000

Dokumentnummer

JJT_19591028_OGH0002_0060OB00379_5900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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