Norm
ABGB §1293Kopf
SZ 34/46
Spruch
Kann der Kläger infolge seiner Verletzungen nicht mehr wie bisher mit dem Motorrad zur Arbeitsstätte fahren, so kommen die Anschaffungskosten eines Personenkraftwagens als Ausgleich des Verdienstentganges in Betracht.
Entscheidung vom 17. März 1961, 2 Ob 126, 127/61.
I.Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Der Kläger wurde, als er mit seinem Motorfahrrad auf der K.- Bundesstraße in Richtung N. fuhr, von einem vom Erstbeklagten gelenkten und in der gleichen Richtung fahrenden LKW. bei der Einmundung der P.- Bezirksstraße überholt. Unmittelbar danach fuhr der Erstbeklagte an den rechten Fahrbahnrand, um einen Fußgänger einsteigen zu lassen. Der nachkommende Kläger stieß an die Rückwand des LKWS., wurde schwer verletzt und erlitt Sachschaden. Der Erstbeklagte wurde wegen Übertretung gegen die Sicherheit des Lebens nach § 335 StG. rechtskräftig verurteilt. Der Zweitbeklagte ist der Halter des LKWs.
Mit der Behauptung, den Erstbeklagten treffe das Alleinverschulden an dem Unfall, begehrte der Kläger Schadenersatz von den Beklagten, u. a. auch den Ersatz der Kosten für die Anschaffung eines gebrauchten PKWS.
Das Erstgericht lehnte die Annahme eines Mitverschuldens des Klägers ab und sprach dem Kläger auch die Differenz zwischen dem Erlös für sein Motorfahrrad und dem Preis für die Anschaffung eines gebrauchten PKWs. zu, weil er angesichts seiner Verletzung für die tägliche Fahrt zwischen Wohn- und Beschäftigungsort ein Motorfahrrad, wie bis zum Unfall, nicht mehr benützen könne, so daß auch der Erwerb des PKWs. unfallsbedingt und der Ersatzanspruch in § 1325 ABGB. begrundet sei.
Das nur von den Beklagten angerufene Berufungsgericht bejahte das Alleinverschulden des Erstbeklagten und erkannte gleichfalls mit Teilurteil auf Ersatz der erwähnten Preisdifferenz.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Als rechtsirrig bekämpft die Revision den Zuspruch der Kosten für die Beschaffung eines PKWs. Während das Erstgericht die Berechtigung dieses Anspruches ganz allgemein aus der Bestimmung des § 1325 ABGB. folgerte, ohne auszusprechen, welcher einzelnen der drei in der genannten Gesetzesstelle verankerten Arten von Ersatzansprüchen es ihn unterstellte, erblickte das Berufungsgericht darin den Ersatz von Heilungskosten.
Dieser Auffassung des Berufungsgerichtes, dem Kläger gebühre der in Rede stehende Betrag unter dem Gesichtspunkt von Heilungskosten, vermag das Revisionsgericht allerdings nicht zu folgen. Denn die Benützung eines Kraftfahrzeuges durch den Kläger an sich führt keinesfalls zu einer Verbesserung des durch die Verletzung hervorgerufenen Zustandes des Klägers, auch wenn es richtig sein mag, daß er bei einer Fahrt im Kraftwagen weniger gefährdet ist, als wenn er ein einspuriges Fahrzeug lenkt. Allein für die Beklagten ist damit nichts gewonnen. Nach dem im § 1323 ABGB. verankerten Grundsatz hat der Schädiger den Beschädigten so zu stellen, wie er ohne die Schädigung gestellt gewesen wäre (Wolff in Klang 2. Aufl.VI 119). Der Kläger mußte sein Motorrad benützen, um seinen Arbeitsplatz rechtzeitig zu erreichen. Die Fahrt mit einem Motorrad ist für ihn mit Rücksicht auf seine Verletzungen mit erhöhten Gefahren verbunden und ihm daher nicht zumutbar. Er benützt daher einen Kraftwagen. Damit ist für ihn gegenüber dem vorherigen Zustand ein erhöhter Aufwand verbunden, den er erbringen muß, um das gleiche Arbeitseinkommen wie vor dem Unfall zu erzielen. Dem der Höhe nach nicht bestrittenen Anspruch muß daher unter dem Gesichtspunkt des Verdienstentganges Berechtigung zuerkannt werden.
Anmerkung
Z34046Schlagworte
Anschaffung eines PKWs., Schadenersatz, Personenkraftwagen, Anschaffungskosten als Schadenersatz, Schadenersatz Kosten der, Anschaffung eines PKWsEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1961:0020OB00127.61.0317.000Dokumentnummer
JJT_19610317_OGH0002_0020OB00127_6100000_000