TE OGH 1962/11/27 3Ob166/62

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Veröffentlicht am 27.11.1962
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Norm

EO §4
EO §78
Vollstreckungsvertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland (BGBl) Nr. 105/1960, Art7
ZPO §84

Kopf

SZ 35/119

Spruch

Das Fehlen eines urkundlichen Nachweises i. S. des Art. 7 (2) Vollstreckungsvertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, BGBl. Nr. 105/1960, rechtfertigt nicht die Abweisung des Gesuches; es ist ein Formgebrechen, das durch einen Auftrag zur Verbesserung gemäß §§ 84, 85 ZPO., § 78 EO. behoben werden kann.

Entscheidung vom 27. November 1962, 3 Ob 166/62.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Das Erstgericht bewilligte der betreibenden Gläubigerin auf Grund der obgenannten Versäumnisurteile des Amtsgerichtes St. und auf Grund des Versäumungsurteiles des Bezirksgerichtes H. vom 1. Juni 1962 zur Hereinbringung der Unterhaltsforderung von 3076.60 DM der Kosten von 210 S und der mit 60 S bestimmten Kosten des Exekutionsantrages die Exekution

I. a) durch Pfändung des dem Verpflichteten Josef K. gemeinsam mit Hilde K. zustehenden Anwartschaftsrechtes auf Übergabe des Eigentums an dem vom Verpflichteten gekauften PKW, Marke Opel-Kapitän Standard; b) für den Fall, als die W. Ankaufsfinanzierungen Gesellschaft m. b. H. von ihrem Eigentumsvorbehalt Gebrauch machen sollte, durch Pfändung des dem Verpflichteten als Käufer des unter

a) genannten Wagens zustehenden Rechtes auf Rückerstattung geleisteter Anzahlung;

II. durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der in der Gewahrsame des Verpflichteten in dessen Wohnung und Geschäftslokal befindlichen Fahrnisse und der im § 296 EO. genannten Wertpapiere.

Das Rekursgericht hob aus Anlaß des Rechtsmittels die Exekutionsbewilligung, soweit sie auf das Urteil des Bezirksgerichtes H. gestützt ist, das ist hinsichtlich eines Teilbetrages von 210 DM samt 210 S Prozeßkosten, als nichtig auf und überwies diesbezüglich den Exekutionsantrag dem Bezirksgericht H., da das Landesgericht I. nur zur Bewilligung der Exekution auf Grund der ausländischen, nicht aber auf Grund des österreichischen Titels zuständig gewesen sei. Im übrigen gab es dem Rekurs des Verpflichteten nicht Folge.

Der Oberste Gerichtshof hob die Beschlüsse des Untergerichtes, soweit die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes von 2866.60 DM s. A. auf Grund der Urteile des Amtsgerichtes St. vom 20. Oktober 1955 und vom 24. Juli 1958 aufrechterhalten wird, auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Revisionsrekurs ist begrundet.

Der Oberste Gerichtshof hatte die Beschlüsse der Untergerichte auch nach der Richtung hin zu überprüfen, ob und inwieweit überhaupt die Voraussetzungen für die Bewilligung der Exekution auf Grund ausländischer Titel gegeben sind. Es sind hiebei die Bestimmungen des Vollstreckungsvertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, BGBl. Nr. 105/1960, anzuwenden.

Gemäß Art. 7 (2) dieses Vertrages muß der betreibende Gläubiger, wenn sich die unterlegene Partei in den Rechtsstreit nicht eingelassen hat, einen urkundlichen Nachweis erbringen, daß die Zustellung der Ladung oder einer sonstigen Verfügung ordnungsgemäß erfolgt ist. Hiebei sind die näheren Bestimmungen dieser Vorschrift zu beachten. Bei Urteilen, die wie hier zufolge einer Säumnis erlassen worden sind, besteht Grund zur Annahme, daß sich der Unterlegene nicht in das Verfahren eingelassen habe. Die betreibende Gläubigerin hätte daher eine Bestätigung des Amtsgerichtes St., daß sich der Verpflichtete in die Prozesse eingelassen habe, oder Urkunden über die Zustellung der Ladungen vorlegen müssen. Sie hat dies, wie sich aus der Außenschrift des Exekutionsantrages, dessen Original sich im Exekutionsakt des Bezirksgerichtes H. befindet, ergibt, nicht getan. Ohne einen solchen Nachweis hätten daher die Untergerichte dem Exekutionsantrag nicht stattgeben dürfen.

Es handelt sich hier allerdings um keinen Mangel, der die Abweisung des Gesuches gerechtfertigt hätte, sondern um ein Formgebrechen, das durch einen Auftrag zur Verbesserung gemäß §§ 84, 85 ZPO., § 78 EO. behoben werden kann (Entsch., JBl. 1958, S. 629).

Es ergibt sich daraus, daß das Verfahren schon in erster Instanz mangelhaft war. Das Erstgericht wird daher die betreibende Gläubigerin auffordern müssen, den Nachweis im Sinne obiger Ausführungen zu erbringen.

Sollte die betreibende Gläubigerin diesem Auftrag nachkommen, so werden bei der neuerlichen Entscheidung folgende Umstände zu beachten sein:

Ab 24. Mai 1962 wurde auf Grund des Urteiles des Bezirksgerichtes H. Exekution beantragt. Nach den Behauptungen der betreibenden Gläubigerin beträgt der Rückstand bis dahin 2866.60 DM gemäß Art. 19

(1) des Vollstreckungsvertrages kann im allgemeinen die Exekution nur auf Grund von Titeln bewilligt werden, die nach dem 31. Dezember 1959 entstanden sind. Hinsichtlich der Forderungen auf Leistung des gesetzlichen Unterhaltes wird diese Bestimmung in Abs. 2 insoweit eingeschränkt, als auch Titel aus der Zeit vom 1. Mai 1945 bis 31. Dezember 1959 exekutionsfähig sind, soweit es sich um Beträge handelt, die nach dem letztgenannten Tag fällig geworden sind. Es dürfte daher die Exekution nur hinsichtlich der Rückstände von 50 DM monatlich aus der Zeit vom 1. Jänner 1960 bis 23. Mai 1962 auf Grund des Urteiles des Amtsgerichtes St. vom 24. Juli 1958 bewilligt werden können. Hingegen dürfte der Exekutionsantrag zur Hereinbringung des bis dahin aufgelaufenen Rückstandes abzuweisen sein.

Zu den Ausführungen des Rekurses ist zu bemerken:

Die Fassung der erstrichterlichen Exekutionsbewilligung ist insofern unklar, als man bei wörtlicher Auslegung annehmen müßte, daß auch der Anspruch der Hilde K. auf Einräumung des Eigentumsrechtes am PKW von der Pfändung umfaßt sei. In einer neuerlichen Exekutionsbewilligung wäre daher deutlich zum Ausdruck zu bringen, daß hievon bloß der Anspruch des Verpflichteten auf Verschaffung des auf ihn entfallenden Eigentumsanteiles betroffen wird. Ob etwa Rechte der Hilde K. einer besonderen Exekutionsführung entgegenstehen, ist bei Bewilligung der Zwangsvollstreckung nicht zu untersuchen.

Unbegrundet sind die Rechtsausführungen des Verpflichteten zur Fahrnisexekution, daß die in seinem Geschäftslokal befindlichen Gegenstände unpfändbar seien. Jede solche Exekutionsbewilligung erfolgt vorbehaltlich der Verpflichtung des Vollstreckers zu prüfen, ob die einzelnen Sachen der Exekutionsführung entzogen sind. Es ist allerdings überflüssig, die Fahrnisse in der Exekutionsbewilligung näher zu bezeichnen.

Schließlich sei bemerkt, daß der Verkauf nur hinsichtlich der Fahrnisse, nicht aber wie nach dem erstrichterlichen Beschluß auch hinsichtlich der im § 296 EO. angeführten Papiere und Einlagebücher bewilligt werden darf.

Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben, der angefochtene Beschluß und der des Erstgerichtes waren aufzuheben.

Da sich derzeit noch nicht feststellen läßt, in welchem Umfang der Exekutionsantrag begrundet ist, war gemäß §§ 52, 50 ZPO., § 78 EO. die Entscheidung über die Kostenersatzpflicht vorzubehalten. Das Erstgericht wird hierüber anläßlich der neuerlichen Erledigung des Exekutionsantrages Beschluß zu fassen haben.

Anmerkung

Z35119

Schlagworte

Ausländischer Exekutionstitel, Exekutionstitel, ausländischer, Formgebrechen des Exekutionsantrages, Vollstreckungsvertrag zwischen der Republik Österreich und der, Bundesrepublik Deutschland

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1962:0030OB00166.62.1127.000

Dokumentnummer

JJT_19621127_OGH0002_0030OB00166_6200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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