TE OGH 1962/12/21 8Ob365/62

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Veröffentlicht am 21.12.1962
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Norm

JN §87 (1)

Kopf

SZ 35/138

Spruch

Eine Betriebsstätte im Sinne des § 87 (1) JN. liegt vor, wenn der Beklagte ein Unternehmen zur Gewinnung von Sand und Schotter betreibt, in der vom Kläger ihm überlassenen Schottergrube Schotter gewinnt, von den Bestellern abholen läßt oder mit eigenen Lastkraftwagen wegbringt und in einer vom Beklagten in der Schottergrube errichteten Bretterhütte Aufschreibungen über die entnommenen Schottermengen geführt und Lieferscheine ausgestellt werden.

Entscheidung vom 21. Dezember 1962, 8 Ob 365/62.

I. Instanz: Bezirksgericht Hopfgarten; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Mit Vertrag vom 10. Juni 1961 überließ der Kläger eine zu seinem bäuerlichen Anwesen gehörige Schottergrube auf 5 Jahre dem Beklagten.

Der Kläger behauptet in seiner Klage, daß nach dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrag der Beklagte den Kläger an dem Befahren der Grubenzufahrtsstraße sowie an der Durchfahrt durch die Grube nicht behindern dürfe. Der Beklagte habe jedoch ungeachtet dieser Vertragspflicht den Durchfahrtsweg zur Gänze abgebaggert und so die Durchfahrt des Klägers unterbrochen. Der Kläger begehrt daher, den Beklagten schuldig zu erkennen, die unterbrochene Wegverbindung wiederherzustellen bzw. die Durchfahrt derart zu errichten und zu erhalten, daß sie mittels Traktors benützt werden könne, und den Kläger in Hinkunft an dieser Durchfahrt in keiner Weise zu behindern. Der Kläger brachte die Klage nicht beim Gericht des Wohnsitzes des Beklagten, sondern bei dem Gerichte ein, in dessen Sprengel sich die Schottergrube befindet. Er stützte die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes auf die Bestimmungen der §§ 83 und 87 JN.

Das Erstgericht erklärte sich über Einrede des Beklagten für unzuständig.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß es ihn aufhob und dem Erstgericht auftrug, sich der Verhandlung und Urteilsfällung zu unterziehen. Es teilte den Standpunkt des Erstgerichtes, daß der Gerichtsstand des § 83 JN. nicht gegeben sei, weil es sich nicht um einen Bestandvertrag handle, aus dem der geltend gemachte Anspruch abgeleitet werde, sondern um einen nicht den Bestandverträgen zuzurechnenden Abbauvertrag (SZ. XXVIII 227). Es war aber entgegen dem Erstgericht der Meinung, daß der Beklagte in der Schottergrube eine Betriebsstätte errichtet habe und daher der Gerichtsstand des § 87 JN. gegeben sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Beklagte betreibt ein Unternehmen zur Gewinnung von Sand und Schotter. Der kaufmännische Mittelpunkt seines Unternehmens befindet sich nicht im Gerichtssprengel des angerufenen Gerichtes, doch wird in der vom Kläger dem beklagten überlassenen Schottergrube Schotter gewonnen und von den Bestellern abgeholt oder mit Lastkraftwagen des Klägers weggebracht. In einer vom Beklagten in der Schottergrube errichteten Bretterhütte werden Aufschreibungen über die der Schottergrube entnommenen Schottermengen geführt und Lieferscheine ausgefertigt. Diese Art der Tätigkeit in der Schottergrube, wie sie das Erstgericht feststellte, rechtfertigt die Annahme einer Betriebsstätte im Sinne der Bestimmung des § 87 (1) JN. Der geltend gemachte Anspruch steht mit dem Geschäftsbetrieb in einem ursächlichen Zusammenhang;, denn es werden mit ihm Handlungen und Unterlassungen des Beklagten begehrt, die den Betrieb in der Schottergrube berühren. Es ist nicht notwendig, daß es sich bei der in der Betriebsstätte ausgeübten Tätigkeit um eine wirtschaftlich selbständige Tätigkeit handle. Es genügt vielmehr, daß ein Teil der Tätigkeit, die der Beklagte in seinem Unternehmen entfaltet, in der Betriebsstätte ausgeführt wird (vgl. hiezu Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, I, S. 437 f.). Das trifft im Gegenstandsfall jedenfalls zu.

Anmerkung

Z35138

Schlagworte

Betriebsstätte im Sinn des § 87 (1) JN., Schottergrube, Gerichtsstand der Niederlassung, Schottergrube, Schottergrube, Betriebsstätte im Sinn des § 87 (1) JN., Verlassenschaftsabhandlung, Rekurslegitimation eines Dritten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1962:0080OB00365.62.1221.000

Dokumentnummer

JJT_19621221_OGH0002_0080OB00365_6200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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