TE OGH 1963/5/7 8Ob122/63

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Veröffentlicht am 07.05.1963
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Norm

ZPO §411 (1)

Kopf

SZ 36/73

Spruch

Wird die Klage des Bucheigentümers wegen rechtmäßigen außerbücherlichen Erwerbes rechtskräftig abgewiesen, kann die Frage der Rechtmäßigkeit des Erwerbes im folgenden Rechtsstreit des Erwerbers gegen den Bucheigentümer auf Einwilligung in die Eintragung des bücherlichen Eigentumes nicht neuerlich geprüft werden.

Entscheidung vom 7. Mai 1963, 8 Ob 122/63.

I. Instanz: Kreisgericht Krems; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Erstrichter erkannte die Beklagte schuldig, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes an den Grundstücken 425/1 der EZ. 32 KG. Klein E. und 765 der EZ. 588 KG. W. für die Klägerin einzuwilligen. Er ging im wesentlichen von nachstehendem Sachverhalt aus: Im Jahre 1943 habe die Klägerin mehrere Grundstücke von den damaligen Miteigentümern gekauft. Durch ein Versehen des Notars, der den verbücherungsfähigen Kaufvertrag verfaßt habe, seien an Stelle der Parzellen 425/1 und 765 die Parzellen 403/1, 403/2, 404 und 405 aus dem Gutsbestand der EZ. 10 KG. Klein E. in die Vertragsurkunde hineingekommen. Die beiden Grundstücke 425/1 und 765 seien von der Klägerin auf Grund des Kaufvertrages übernommen und seither bewirtschaftet worden. Mit rechtskräftigem Urteil sei die Klägerin über Klage der nunmehrigen Beklagten, die Rechtsnachfolgerin der seinerzeitigen Miteigentümer der Grundstücke sei, verurteilt worden, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes an den Grundstücken 403/1, 403/2, 404 und 405 für die nunmehrige Beklagte einzuwilligen. Dagegen sei das weitere, auf Herausgabe der beiden Grundstücke 425/1 und 765 gerichtete Begehren, abgewiesen worden.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Gewiß wird von der Rechtskraft nur die Entscheidung über den mit der Klage geltend gemachten Rechtsschutzanspruch erfaßt, nicht aber etwa der festgestellte Sachverhalt oder die rechtliche Beurteilung. Das Berufungsgericht hat aber der im Vorprozeß ergangenen Entscheidung ohnehin keine weitergehende Rechtskraftwirkung beigemessen. Der Rechtsschutzanspruch der nunmehrigen Beklagten war in diesem Vorprozeß auf Herausgabe der in ihrem bücherlichen Eigentum stehenden beiden klagsgegenständlichen Grundstücke gerichtet, die sich im außerbücherlichen Besitz der nunmehrigen Klägerin befinden. Dieser Rechtsschutzanspruch wurde wegen Verkaufes der beiden Grundstücke durch die damaligen Miteigentümer an die nunmehrige Klägerin rechtskräftig abgewiesen. Die abweisliche Entscheidung bekommt erst durch diesen Abweisungsgrund ihren Inhalt. Sie hat zur Folge, daß die Beklagte die beiden Grundstücke nicht ein zweites Mal von der Klägerin mit der Behauptung zurückverlangen kann, die Grundstücke seien der Klägerin nicht verkauft worden. Über den dergestalt konkretisierten, auf das bücherliche Eigentum gestützten Herausgabeanspruch ist bereits rechtskräftig dahin abgesprochen, daß der nunmehrigen Beklagten im Hinblick auf den seinerzeitigen Verkauf ein solcher Anspruch gegen die Klägerin nicht zusteht. Von der Rechtskraftwirkung der im Vorprozeß ergangenen Entscheidung ist daher mitumfaßt, daß die Klägerin die im bücherlichen Eigentum der Beklagten stehenden beiden Grundstücke gekauft und daher den Anspruch auf bücherliche Eigentumsübertragung erworben hat (vgl. ÖRZ. 1933, S. 262). Die Frage, ob die Grundstücke der Klägerin verkauft wurden, kann - von einer Wiederaufnahme des Vorprozesses abgesehen - zwischen den Parteien nicht neuerlich aufgerollt werden. Das Berufungsgericht ist daher mit Recht auf die Ausführungen in der Berufung, die sich gegen die Annahme eines Verkaufes der beiden Grundstücke an die Klägerin wendeten, nicht eingegangen. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes kann im Gegenstandsfall von der der Rechtskraft nicht fähigen Entscheidung einer Vorfrage nicht gesprochen werden. Dies ergibt sich daraus, daß bei rechtmäßigem Erwerb und physischer Übergabe einer Liegenschaft im Verhältnis zwischen den Vertragsteilen die bücherliche Eintragung des Eigentums des Erwerbers keine rechtlich erhebliche Rolle spielt. Die Frage ist daher so zu beurteilen wie die in wiederholten oberstgerichtlichen Entscheidungen dahin gelöste Frage, daß bei rechtskräftiger Abweisung der Negatorienklage wegen Bestehens einer Dienstbarkeit der actio confessoria ohne Überprüfung des Bestehens der Dienstbarkeit Folge gegeben werden muß (vgl. z. B. SZ. XXIV 63), ohne daß wegen der Verschiedenheit des Anspruches von prozeßhindernder Rechtskraft gesprochen werden könnte. Die gegenteilige Ansicht würde bei Abweisung der gegenständlichen Klage etwa wegen einer vom Vorprozeß abweichenden Beweiswürdigung das Auseinanderfallen von bücherlichem und außerbücherlichem Eigentum perpetuieren.

Anmerkung

Z36073

Schlagworte

Liegenschaftserwerb, außerbücherlicher, Rechtskraftwirkung der, Abweisung der Klage des Bucheigentümers, Rechtskraftwirkung, Abweisung der Klage des Bucheigentümers wegen, rechtmäßigen außerbücherlichen Erwerbes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1963:0080OB00122.63.0507.000

Dokumentnummer

JJT_19630507_OGH0002_0080OB00122_6300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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