TE OGH 1965/10/19 8Ob291/65

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Veröffentlicht am 19.10.1965
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Norm

Außerstreitgesetz §14 (2)
Jugendwohlfahrtsgesetz §4 (1)

Kopf

SZ 38/166

Spruch

Abgrenzung des Unterhaltsanspruches vom Anspruch auf Ersatz der im Verwaltungsweg zu bestimmenden Kosten von Maßnahmen der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege

Entscheidung vom 19. Oktober 1965, 8 Ob 291/65

I. Instanz: Bezirksgericht Mödling; II. Instanz: Jugendgerichtshof Wien

Text

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 28. Dezember 1962 wurde der am 28. September 1958 außer der Ehe geborenen mj. Angela L. gemäß § 26

(1) JWG. die gerichtliche Erziehungshilfe gewährt und die beabsichtigte Unterbringung der Minderjährigen in einem niederösterreichischen Landeskinderheim vormundschaftsbehördlich genehmigt. Angela L. befindet sich seit dem 24. Juli 1963 im niederösterreichischen Landeskinderheim Schauboden.

Die Bezirkshauptmannschaft Mödling (Jugendamt) beantragte als Amtsvormund des Kindes am 20. September 1963 beim Erstgericht, den mütterlichen Großvater desselben, Johann L., zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 190 S zuzüglich Kinderbeihilfe zu verpflichten, weil die täglichen Unterbringungskosten des Kindes in dem Heim 40 S betrügen und der ae. Kindesvater Karl P. an Unterhalt monatlich nur 400 S bezahle, so daß die subsidiäre Unterhaltsverpflichtung des Johann L. in Anspruch genommen werden müsse.

Der Rechtspfleger des Erstgerichtes entsprach mit Beschluß vom 8. Juni 1964 diesem Antrag und verpflichtete Johann L. ab 20. September 1963 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 190 S zuzüglich Kinderbeihilfe.

Mit Beschluß vom 21. September 1964 gab der Richter des Erstgerichtes gemäß § 12 Rechtspflegergesetz dem Rekurs des Johann L. gegen den Beschluß des Rechtspflegers Folge. Er änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß der Antrag der Bezirkshauptmannschaft Mödling auf Unterhaltsfestsetzung gegenüber dem mütterlichen Großvater des Kindes zurückgewiesen wurde. Der Beschluß wurde damit begrundet, daß die Heranziehung des mütterlichen Großvaters des Kindes nur angestrebt werde, um einen Teil der Unterbringungskosten des Kindes in dem Kinderheim hereinzubringen. Die Unterbringung des Kindes im Kinderheim Schauboden stelle sich im Hinblick auf die angeordnete Erziehungshilfe als eine Maßnahme der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege dar und es sei über die Tragung der Kosten solcher Maßnahmen gemäß § 4 (1) letzter Satz JWG. im Verwaltungswege zu entscheiden, so daß dem Gericht die Kompetenz zur Entscheidung über den vorliegenden Antrag fehle (ON. 65).

Der Jugendgerichtshof Wien, als Rekursgericht gab dem Rekurs der Bezirkshauptmannschaft Mödling (Jugendamt) gegen diesen Beschluß Folge. Er hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht auf, in der Sache selbst zu entscheiden. Es handle sich im vorliegenden Falle um die Entscheidung über einen vom Amtsvormund gestellten Unterhaltsfestsetzungsantrag, dem die Bestimmung des § 4

(1) JWG. nicht entgegenstehe, weil nach dieser lediglich die zuständige Verwaltungsbehörde ermächtigt und verpflichtet werde, im Verwaltungsverfahren über die Hereinbringung der Kosten der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege zu entscheiden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Johann L. nicht Folge und bestätigte den zweitinstanzlichen Beschluß mit der Maßgabe, daß dem Erstgericht aufgetragen wird, unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund gemäß § 12 Rechtspflegergesetz vorzugehen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, da es sich nicht um eine Frage der Unterhaltsbemessung im Sinne des § 14 (2) AußStrG. handelt; es kommt ihm aber keine sachliche Berechtigung zu.

§ 4 (1) JWG. (§ 9 (1) und (2) nö. JWG.) bestimmt, daß die Kosten von Maßnahmen der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege der Minderjährige, dem diese Maßnahmen zugute kommen, zu tragen hat. Im Falle seines Unvermögens haben für diese Kosten die zu seinem Unterhalt gesetzlich verpflichteten Angehörigen im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht aufzukommen. Über die Tragung der Kosten ist im Verwaltungswege zu entscheiden.

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß nur zur Bestimmung des Kostenersatzes für eine Maßnahme der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege der Verwaltungsweg zuständig ist.

Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, daß die vom Erstrichter angezogene Bestimmung keineswegs besagen will, daß bei Anwendung von Jugendwohlfahrtsmaßnahmen auf ein Amtsmundel das bisher bestandene Recht des Mundels auf Unterhalt erlischt. § 4 (1) JWG. setzt lediglich fest, wem die Behörde die Kosten von Jugendwohlfahrtsmaßnahmen auferlegen kann, er ändert aber nicht das Unterhaltsrecht. Die Ersatzpflichtigen leisten der Behörde nicht den Unterhalt für den Minderjährigen, sondern den Ersatz für jene Kosten, die durch gebotene Jugendwohlfahrtsmaßnahmen aufgelaufen sind. Der Anspruch des Landes auf Kostenersatz ist anderer, rechtlicher Natur als der Anspruch des Minderjährigen auf gesetzlichen Unterhalt und kann mit diesem nicht identifiziert werden (vgl. Dr. Karl Ourednik "Das Wiener Jugendwohlfahrtsrecht", S. 28 - 34; ferner auch Anm. 3 zu § 4 JWG. in "Das österreichische Recht", IX, e, 14 und Anm. 15 auf S. 470, ÖJZ. 1954 zu "Das Jugendwohlfahrtsgesetz" von Othmar Wentzel).

Da vorliegend die Bezirkshauptmannschaft Mödling (Jugendamt) als Amtsvormund der Minderjährigen einen Unterhaltsfestsetzungsantrag gestellt hat - die Pflicht zur Deckung der Kosten der Heimunterbringung des Mundels wurde nur zur Begründung dieses Antrages angeführt - ist die Bestimmung des § 4 (1) JWG. hier nicht anwendbar und die gerichtliche Zuständigkeit zur Entscheidung über diesen Antrag daher gegeben.

Es war dem Rekurs somit der Erfolg zu versagen.

Beim Auftrag an das Erstgericht, in der Sache selbst zu entscheiden, hat das Rekursgericht allerdings übersehen, daß durch die Aufhebung des erstrichterlichen Beschlusses vom 21. September 1964 der in der Sache selbst ergangene Beschluß des Rechtspflegers vom 8. Juni 1964 wieder Wirksamkeit erlangt hat. Gemäß § 12 Rechtspflegergesetz kann der Erstrichter dem Rekurs des Johann L. gegen den Beschluß des Rechtspflegers nunmehr unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund wohl selbst Folge geben, er muß aber, tut er dies nicht, diesen Rekurs dem Rechtsmittelgericht vorlegen und im Vorlagebericht die Gründe hiefür angeben. Sodann hat das Rekursgericht über den Rekurs des Johann L. zu entscheiden.

Der angefochtene Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien war daher mit der Maßgabe zu bestätigen, daß dem Erstgericht das gesetzmäßige Vorgehen aufgetragen wird.

Anmerkung

Z38166

Schlagworte

Jugendwohlfahrtsmaßnahmen, Abgrenzung des Kostenersatzanspruches für -, vom Unterhaltsanspruch, Kostenersatzanspruch für Jugendwohlfahrtsmaßnahmen, Abgrenzung zum, Unterhaltsanspruch, Unterhaltsanspruch, Abgrenzung zum Kostenersatzanspruch für, Jugendwohlfahrtsmaßnahmen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1965:0080OB00291.65.1019.000

Dokumentnummer

JJT_19651019_OGH0002_0080OB00291_6500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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