TE OGH 1966/2/17 2Ob386/65

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Veröffentlicht am 17.02.1966
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Norm

ABGB §1323
Bundesstraßengesetz §13

Kopf

SZ 39/31

Spruch

Nach § 13 BStG. gebührt nicht der Ersatz entgangenen Gewinns. Ertragsminderung wegen eingeschränkter Viehhaltung, weil Weideland enteignet wurde, bedeutet erlittenen Schaden. Auf die Möglichkeit der Erwerbung von Ersatzland oder der zinsbringenden Anlegung des Entschädigungsbetrages ist jedoch Bedacht zu nehmen

Entscheidung vom 17. Februar 1966, 2 Ob 386/65

I. Instanz: Bezirksgericht Judenburg; II. Instanz: Kreisgericht Leoben

Text

Mit Bescheid des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 11. Dezember 1961 sind aus dem Eigentum des Karl M. EZ. 20 KG. L. und EZ. 135 KG. O. insgesamt 7358 m2 zugunsten der Republik Österreich für den Ausbau der O.-Bundesstraße Nr. 78 enteignet worden. Auf Grund des zwischen den Parteien im Enteignungsverfahren getroffenen Übereinkommens vom 29. September 1961 ist dem Enteigneten eine Entschädigung von 41.850.50 S zuerkannt worden (abzüglich 2300 S für an Karl M. vom Fiskus abgetretene 1150 m2). Im genannten Entschädigungsbetrage sind 7752 S für Entwertung des "Restgrundes" von 5168 m2 enthalten. Karl M. hat sich im Übereinkommen vom 29. September 1961 u. a. vorbehalten, Entschädigung für Ertragsminderung seines Hofes infolge der durch die Grundabtretung verursachten Verminderung der Viehhaltung geltend zu machen (dieser Vorbehalt kommt auch im Spruche des bezogenen Bescheides vom 11. Dezember 1961 zum Ausdruck).

Unter Hinweis auf diesen Vorbehalt hat Karl M. am 7. September 1962 beim Erstgerichte die Festsetzung einer weiteren Entschädigung im einmaligen Betrage von 50.000 S "für den Verlust der Futterfläche für zwei Großvieheinheiten" beantragt und diesen Antrag am 28. September 1962 dahin "berichtigt", daß als einmalige Entschädigung für den Verlust der Futterfläche für drei Großvieheinheiten der Betrag von 75.000 S festgesetzt werde. Die Republik Österreich hat diesem Antrage widersprochen.

Das Erstgericht hat die Antragsgegnerin schuldig erkannt, dem Antragsteller den Betrag von 37.500 S (entsprechend einem durch die Grundabtretung verursachten Verlust von Futterflächen für 1 1/2 Großvieheinheiten) zu bezahlen, und das Mehrbegehren puncto 37.500 S abgewiesen.

Diese Abweisung ist nicht angefochten worden, hingegen hat die Antragsgegnerin jedweden Zuspruch im Rekurs bekämpft. Dem Rekurse der Antragsgegnerin hat das Rekursgericht dahin Folge gegeben, daß der Beschluß des Erstgerichtes im verurteilenden Ausspruche aufgehoben und der ersten Instanz insoweit Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung aufgetragen wurde.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs ist nach der nunmehr einhelligen Praxis (vgl. z. B. SZ. XXXI 18, SZ. XXXIII 73) zulässig; er ist im Ergebnis nicht begrundet.

Beide Vorinstanzen haben die Forderung des Enteigneten auf zusätzliche Entschädigung für Ertragsminderung seines Hofes infolge der durch Grundabtretung verursachten Einschränkung der Viehhaltung für gerechtfertigt angesehen, die Rekursinstanz aber nur grundsätzlich, indem sie zur Klärung tatsächlicher Umstände bestimmte - im vorangegangenen Verfahren noch nicht getroffene - Feststellungen für erforderlich erachtete und in dieser Hinsicht Verfahrensergänzungsaufträge an das Erstgericht erteilte. Dagegen ist in dritter Instanz von den Parteien an sich nichts vorgebracht worden. Die Beschwerdeführerin vertritt aber die Auffassung, daß der vom Enteigneten bei Gericht gestellte Entschädigungsantrag schon aus grundsätzlichen rechtlichen Erwägungen abzuweisen sei. Dieser Ansicht kann nicht beigepflichtet werden. Zwar verweist die Beschwerdeführerin theoretisch richtig auf die Regelung des § 13 BStG.; denn dortselbst ist bestimmt, daß dem Enteigneten für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile Schadloshaltung gebühre und der in § 13 BStG. aufgenommene Hinweis auf § 1323 ABGB. ergibt bei der dortselbst vorgenommenen Begriffsbestimmung und Unterscheidung eindeutig, daß in den Fällen der Enteignung nach dem Bundesstraßengesetz Ersatz für entgangenen Gewinn nicht mit Erfolg verlangt werden kann (insoweit besteht im Bundesstraßengesetz eine Sonderregelung). Der Formulierung der Rekursinstanz kann also nicht beigepflichtet werden, daß dem Antragsteller unter dem Gesichtspunkte entgangenen Gewinnes die Ertragsminderung wegen der durch die Enteignung verursachten Einschränkung der Viehhaltung zu ersetzen sei. Im Ergebnis ist aber für die Beschwerdeführerin damit nichts gewonnen. Denn eine derartige Ertragsminderung bedeutet erlittenen Schaden und dafür gebührt dem Enteigneten auch nach § 13 BStG. Ersatz. Diese Ertragsminderung in der Person eines Landwirts ist nicht anders zu beurteilen als der Schaden, welchen z. B. der Inhaber eines Gewerbes durch die mit der Enteignung verbundene Störung seines Betriebes oder durch den mit der Grundabtretung in Zusammenhang stehenden Verlust von Kundschaft erleidet, in welchen Fällen in Lehre und Praxis (vgl. Klang[2] II 195 zu und in Fußnote 65, sowie die dortselbst bezogene Judikatur) die Verpflichtung zur Entschädigung unter dem Gesichtspunkte erlittenen Schadens anerkannt wird. Die vom Antragsteller begehrte zusätzliche Entschädigung kann also nicht schon grundsätzlich wegen der Regelung nach § 13 BStG. abgelehnt werden, wie die Beschwerdeführerin geltend macht. Ob und in welcher Höhe dem Enteigneten zusätzlich zu der im Übereinkommen vom 29. September 1961 vereinbarten Summe Ersatz wegen der von ihm behaupteten Ertragsminderung konkret gebührt, wird von den Ergebnissen der vom Rekursgerichte verfügten Verfahrensergänzung abhängen. Mit Rücksicht auf die Besonderheit dieses Falles, die darin liegt, daß zwar ein Entschädigungsübereinkommen zwischen den Parteien getroffen, in den Vertrag aber der eingangs erwähnte Vorbehalt aufgenommen wurde, ist zur Vermeidung von Weiterungen im künftigen Verfahren noch zu bemerken, daß die im Übereinkommen vom 29. September 1961 vereinbarten Entschädigungsbeträge dahin zu verstehen sind, daß damit die etwaige Ertragsminderung wegen der durch die Enteignung verursachten Einschränkung der Viehhaltung nicht abgegolten wurde; dies kommt ja eindeutig dadurch zum Ausdruck, daß die jetzige Antragsgegnerin der Aufnahme des bezeichneten Vorbehaltens durch den Enteigneten in das Übereinkommen nicht widersprochen hat; Gegenteiliges ist im jetzigen Verfahren auch nicht vorgebracht worden. Im Hinblick auf die Beschwerdeausführungen ist schließlich festzuhalten, daß die Rekursinstanz Erhebungen auch darüber angeordnet hat, ob für den Enteigneten die Möglichkeit bestehe, aus dem ihm zugekommenen Entschädigungskapital Grund und Boden zu erwerben, um dadurch den Verlust an Grünflächen für die Viehhaltung auszugleichen. In diesem Zusammenhange verweist die Beschwerdeführerin zutreffend auf die Möglichkeit des Enteigneten, aus der Entschädigungssumme durch zinsbringende Anlegung einen Ertrag zu ziehen. Wäre also nach der Verfahrensergänzung die vom Antragsteller behauptete Ertragsminderung wegen der enteignungsbedingten Einschränkung des Viehbestandes anzunehmen und ergäbe sich auch nicht die Möglichkeit des Ausgleiches durch Erwerbung von Ersatzgrundstücken, dann müßte der mögliche Ertrag des dem Enteigneten im Übereinkommen vom 29. September 1961 zugestandenen Entschädigungskapitals als Abzugspost hinsichtlich der weiteren Entschädigung behandelt werden.

Anmerkung

Z39031

Schlagworte

Anlegung des Entschädigungsbetrages nach § 13 BStG., Bemessung des Entschädigungsbetrages nach § 13 BStG., Entgangener Gewinn, Ersatz nach § 13 BStG., Entschädigungsbetrag nach § 13 BStG., Bemessung, Ersatzland, Bemessung des Entschädigungsbetrages nach § 13 BStG., Gewinn, entgangener, nach § 13 BStG., Schaden durch Einschränkung der Viehhaltung, Ersatz nach § 13 BStG., Viehhaltung, Schaden durch Einschränkung der -, Entschädigung nach, § 13 BStG.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1966:0020OB00386.65.0217.000

Dokumentnummer

JJT_19660217_OGH0002_0020OB00386_6500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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