TE OGH 1967/4/27 6Ob115/67

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.04.1967
beobachten
merken

Norm

ABGB §830
ABGB §831

Kopf

SZ 40/61

Spruch

Die Einräumung eines Verwaltungsrechtes allein reicht nicht zur Annahme einer Vereinbarung über die Fortsetzung der Gemeinschaft, die auch nur obligatorische Wirkung hätte, hin.

Entscheidung vom 27. April 1967, 6 Ob 115/67.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Die Klägerin behauptet, sie sei ebenso wie der Beklagte Miteigentümerin der Liegenschaft EZ. 546 KG. VI J., Haus in Graz, K.-Gasse 33, mit Hofraum und Garten, zu einem Hälfteanteil. Gegen ihren wiederholt erklärten Willen vergebe der Beklagte im Hause freiwerdende Wohnungen gegen Ablöse, obwohl ihm bekannt sei, daß sie für sich und ihr Kind eine eigene Wohnung benötige. Er habe eigenmächtig die Hausbesorgerin gewechselt und verweigere ihr auch die Einsicht in die Verwaltungsunterlagen. Die Klägerin beantragt, da eine Naturalteilung mit Rücksicht auf das geringe Ausmaß der Liegenschaft und da es sich um ein Miethaus handle, nicht möglich sei, die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch Zivilteilung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen fest, der 89jährige Beklagte sei mit seiner Gattin Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft je zur Hälfte gewesen. Nach dem Tode seiner Gattin sei er auf Grund des Ehe- und Erbvertrages vom 24. September 1910 als Alleinerbe berufen gewesen. Im Zuge des Abhandlungsverfahrens habe er sich zugunsten des außerehelichen Sohnes seiner Gattin, Josef K., seines Erbrechtes entschlagen und mit diesem am 2. April 1935 ein Übereinkommen getroffen, wonach er diesem außerehelichen Sohn die Liegenschaftshälfte überlassen habe, wogegen ihm auf Lebensdauer die Verwaltung des Hauses eingeräumt und ihm das Erträgnis rechnungsfrei überlassen worden sei. Mit Schenkungsvertrag vom 16. Mai 1963 habe Josef K. seine Liegenschaftshälfte seiner Tochter, der Klägerin, übergeben. Die dem Beklagten erteilte Vollmacht sei durch Weisungen nicht beschränkt. Seit Einräumung der Verwaltung beziehe der Beklagte widerspruchslos die gesamten Mietzinseingänge und die gesamten Erträgnisse des Obst- und Gemüsegartens sowie gegen den Widerspruch der Klägerin auch Ablösebeträge für von ihm vergebene, im Hause freigewordene Wohnungen. Aus diesem Gründe und mit der Begründung, der Beklagte habe notwendige Reparaturen des Hauses unterlassen, habe schon der Vater der Klägerin zu 26 C .../55 des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz die gerichtliche Aufhebung der Verwaltervollmacht begehrt. Diese Klage sei aber abgewiesen worden, da die dem Beklagten erteilte Vollmacht durch Weisungen nicht beschränkt sei und ihre Grenzen auch durch die Veräußerung von Wohnungen nicht überschritten werde.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, das seinerzeitige Erbübereinkommen beinhalte eine vertragliche Beschränkung des Anspruches auf Teilung des gemeinsamen Eigentums, die auch heute noch dem Teilungsbegehren entgegenstehe, da eine Einschränkung oder Entziehung der Vollmacht des Beklagten nicht erfolgt sei. Da auch die Zusicherungen der Klägerin, dem Beklagten für den Fall der Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft die Zinseingänge des Hauses als freiwillige Leistungen bis an sein Lebensende zu gewähren, nicht den gesamten Umfang der ihm eingeräumten Befugnisse umfasse, sei die Klage abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteige. Die Rüge der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen Beweiswürdigung sei nicht berechtigt. Das Berufungsgericht billigte auch die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes. Im übrigen könne eine Aufhebung des seinerzeitigen Erbübereinkommens nur nach den Regeln des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches über entgeltliche Verträge erfolgen. Selbst wenn der Beklagte daher wegen einer Gefahr für die Substanz verhalten werden könne, die Verwaltung abzugeben, so doch nur mit den Wirkungen des § 921 ABGB., allenfalls gegen Abfindung in Analogie zu § 520 ABGB. Daß durch die Veräußerung von Wohnungen die Verwaltervollmacht nicht überschritten werde, sei bereits erkannt worden. Soweit die Klägerin selbst eine Wohnung anstrebe, bedürfe es einer Benützungsregelung im Außerstreitverfahren.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge und hob die Urteile der Untergerichte auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Soweit beide Instanzen von der Zulässigkeit und Verbindlichkeit der Vereinbarung einer Fortsetzung einer Gemeinschaft ausgehen, ist ihnen zu folgen. Dies ergibt sich schon aus § 831 ABGB., nach welcher Gesetzesstelle eine Beschränkung des aus § 830 ABGB. erfließenden unbedingten Anspruches auf Teilung der Gemeinschaft gültig vereinbart werden kann (Ehrenzweig II/1 S. 751, Klang in Klang[2] III 1105 f., EvBl. 1955 Nr. 290, 5 Ob 264/65). Im gegebenen Falle wurde nun die Vereinbarung über die Einräumung der Verwaltung der ganzen Liegenschaft an den Beklagten auf dessen Lebensdauer verbunden mit der Befugnis, das "Erträgnis" der Liegenschaft rechnungsfrei für sich zu verwenden, aus der beide Instanzen auf eine stillschweigende Verpflichtung zur grundsätzlichen Aufrechterhaltung dieser Eigentumsgemeinschaft schlossen, nicht zwischen den Streitteilen getroffen. Der Vertragspartner des Beklagten bei dieser Vereinbarung in dem Erbübereinkommen vom 2. April 1935 war vielmehr Josef K., der Vater der Klägerin, der ihr mit Schenkungsvertrag vom 16. Mai 1963 seine Liegenschaftshälfte übergab. Soweit die Untergerichte aus diesem Vertrag auch eine Verpflichtung für die Klägerin als Singularsukzessorin nach ihrem Vater annahmen, hängt dies davon ab, ob die Vereinbarung eines solchen Teilungsverbotes als ein dinglicher Vertrag anzusehen sei oder nur obligatorische Wirkung habe. Diese Frage wird in der Rechtslehre nicht einheitlich beantwortet. Klang (in Klang[2] III 1089) nimmt sachenrechtliche Wirkung an, weil jeder Anteil eben nur mit dem durch die vereinbarte Ordnung bestimmten Inhalt erworben werden könne. Diesen Standpunkt vertrat schon Randa (Das Eigentumsrecht S. 248), wobei allerdings der Eintritt der dinglichen Wirkung nach dem Eintragungsprinzip durch die Verbücherung des zeitlichen Teilungsverzichts bedingt sei. Ehrenzweig dagegen (System II/1 S. 751), nimmt nur obligatorische Wirkung eines solchen rechtsgeschäftlichen Veräußerungsverbotes an, an das der Einzelnachfolger des Teilhabers nicht gebunden sei. Diese Auffassung vertritt auch die Rechtsprechung, worauf auch Klang (a. a. O.) verweist. Danach stellt die Regelung der Ausübung der Gemeinschaft unter den Miteigentümern einen obligatorischen Vertrag dar, der nur zwischen ihnen wirksam ist (ZBl. 1938 Nr. 57), der neue Eigentümer ist durch die zwischen den früheren Miteigentümern getroffenen Vereinbarungen nicht gebunden (SZ. XII 281), und es ist auch eine allfällige Kenntnis einer solchen Vereinbarung durch den neuen Eigentümer belanglos (GlUNF. 5986). Von dieser Rechtsmeinung abzugehen, besteht um so weniger Anlaß, als aus der positiven Vorschrift des § 831 ABGB., wonach sich eine solche Verbindlichkeit "auf die Erben, wenn diese nicht selbst dazu eingewilligt haben", nicht erstreckt, unmißverständlich die Absicht des Gesetzes zu entnehmen ist, längerdauernde derartige Bindungen, anders wie etwa bei einer Gesellschaft, bei der nach § 1208 ABGB. eine Ausdehnung wenigstens auf die ersten Erben ausdrücklich zugelassen wird (Klang a. a. O. S. 1106), auszuschließen.

Für die Klägerin könnte daher eine von ihrem Rechtsvorgänger dem Beklagten gegenüber übernommene Verpflichtung nur verbindlich sein, wenn sie ihr überbunden worden wäre. Das wird aber gar nicht behauptet. Soweit der Beklagte einen Eintritt der Klägerin von Gesetzes wegen in die Pflichten ihres Rechtsvorgängers geltend macht, ist dies nicht richtig. Es erübrigt sich daher auch eine Prüfung, ob der von den Untergerichten festgestellten Vertrag des Rechtsvorgängers der Klägerin mit dem Beklagten über die Einräumung des lebenslänglichen Verwaltungsrechtes und des Rechtes der rechnungsfreien Verwendung des Erträgnisses überhaupt als eine Vereinbarung über die Fortsetzung der Gemeinschaft aufgefaßt werden kann. Die Einräumung des Verwaltungsrechtes allein würde dazu jedenfalls nicht hinreichen (GlUNF.. 5986). Die Klägerin hat daher als Teilhaberin gemäß § 830 ABGB., wie ausgeführt, einen unbedingten Anspruch auf Teilung der Gemeinschaft, mit dem sie nur dann nicht durchdringen wird, wenn die Teilung zur Unzeit oder zum Nachteil des Beklagten als des übrigen Teilhabers gefordert worden wäre. Es werden daher die in dieser Richtung erhobenen Einwendungen des Beklagten eines derzeitigen vorübergehenden Preisrückgangs auf dem Realitätenmarkt zu prüfen sein.

Anmerkung

Z40061

Schlagworte

Gemeinschaftliches Eigentum, Einräumung des Verwaltungsrechtes an, Miteigentümer keine Vereinbarung der Fortsetzung des -, Miteigentum, keine Vereinbarung der Fortsetzung der Gemeinschaft durch, Einräumung des Verwaltungsrechtes, Verwaltungsrecht des Miteigentümers, Einräumung des - keine, Vereinbarung der Fortsetzung der Gemeinschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1967:0060OB00115.67.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19670427_OGH0002_0060OB00115_6700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten