TE OGH 1968/12/6 4Ob341/68

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Veröffentlicht am 06.12.1968
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Norm

Urheberrechtsgesetz §26

Kopf

SZ 41/171

Spruch

Die Begründung eines nur innerhalb örtlicher Grenzen wirksamen Verlagsrechtes ist zulässig.

Entscheidung vom 6. Dezember 1968, 4 Ob 341/68.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger beantragte Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Betrages von 68.081.96 S s. A. an ihn. Die Beklagte schulde ihm diesen Betrag für Verlagstantiemen aus dem zweiten Halbjahr 1966 und dem ersten Halbjahr 1967.

Die Beklagte bestritt den Anspruch des Klägers nur dem Gründe nach und beantragte Klagsabweisung. Die Höhe des geltend gemachten Anspruchs steht außer Streit.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagte gemäß dem eingeschränkten Klagebegehren. Seiner Entscheidung liegt folgender zum Teil unbestrittener Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger sei einer der beiden Söhne des am 26. September 1945 in New York verstorbenen Komponisten Bela B. Der Nachlaß nach diesem sei von der hierfür zuständigen Budapester Behörde abgewickelt worden. Nach den Ergebnissen der Verlassenschaftsabhandlung komme das Urheberrecht des Komponisten Bela B. auf den Gebieten von Österreich, Ungarn, der CSSR, Polen, Jugoslawien, Rumänien und Deutschland (der sogenannten sieben Länder) dem Kläger zu, während für den übrigen Teil der Welt die Urheberrechte seinem Halbbruder Peter B. zugesprochen worden seien, dessen Mutter Edith P.-B. hieran bis zu ihrem Lebensende die Nutzung erhalten habe. Im Hinblick auf die Ergebnisse dieses Abhandlungsverfahrens sei die beklagte Partei mit dem Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 22. April 1963, GZ. 16 Cg .../62-62, schuldig erkannt worden, dem Kläger über die ihm als Rechtsnachfolger nach Bela B., gest. am 26. September 1945, zukommenden Erträgnisse seit dem 1. Jänner 1953 aus der Verwertung der in ihrem Verlage erschienenen und im Spruche dieses Urteils im einzelnen angeführten Kompositionen und deren Bearbeitungen im Gebiete der sogenannten sieben Länder Rechnung zu legen. Die beklagte Partei habe erstmals mit ihrem Brief vom 10. Februar 1967 die Absicht geäußert, die Verlagstantiemen bei Gericht zu hinterlegen, statt sie dem Kläger zu bezahlen. Sie habe damals erklärt, nach der Feststellung des Büros der Budapester Notare gebe es zwei Erben (Bela und Peter B.), deren Ansprüche auf die Tantiemen nach geographischen Gesichtspunkten festzustellen seien. Sie sei bereit, diese geographische Teilung in ihren Abrechnungen zu berücksichtigen, wenn sie wisse, daß diese Teilung einwandfrei sei und von keinem Erben bestritten werde. Für die Verlagstantiemen (Editionen) sei diese Klarheit nicht gegeben. Ob die Tantiemen von allen in Wien gedruckten Exemplaren nur dem Kläger zuständen, sei eine komplizierte Rechtsfrage. Wenn er von ihr Zahlung für die gesamten in Wien gedruckten Exemplare verlange, so müsse sie dies verweigern. Mit Brief vom 25. April 1967 habe das ungarische Urheberbüro im Namen des Klägers ledig, Vervielfältigungsstücke von Werken des Bela B. verlangt, die in die zugleich für seine Erben und Rechtsnachfolger der beklagten Partei sieben Länder um 46.754.94 S verkauft worden seien. Die vorliegende Klage betreffe nur die Verlagstantiemen, die im Vorprozeß Gegenstand der Entscheidung gewesen seien. Die zu 12 Nc .../67 des Bezirksgerichtes Innere Stadt - Wien hinterlegten Beträge von 79.086.97 S und 57.529.71 S beinhalten die beiden Erben zustehenden Verlagstantiemen für die klagsgegenständlichen Halbjahre.

Der vom Komponisten Bela B. mit der beklagten Partei am 4. Juni 1918 abgeschlossene Generalvertrag über Werknutzungen enthalte insbesondere folgende Bestimmungen: Bela B. übertrage zugleich für seine Erben und Rechtsnachfolger der beklagten Partei und ihrem Rechtsnachfolger das unbeschränkte und übertragbare Urheberrecht, einschließlich des Verlags-, Bühnen-, Vertriebs- und Aufführungsrechtes sowie des Rechts für alle Veröffentlichungsarten, einschließlich der Wiedergabe durch mechanisch-musikalische Musikwerke und kinematographische Vervielfältigungen an seinen bisher geschaffenen unveröffentlichten sowie den bis 1. Juli 1926 zu schaffenden musikalischen und musikdramatischen Originalkompositionen und ihrer Bearbeitung mit der Befugnis, der ausschließlichen Vervielfältigung und gewerbsmäßigen Verbreitung jeder Art für alle Auflagen und für alle Länder. Im Falle einer Übertragung an dritte Personen bleibe nach diesem Vertrag die beklagte Partei dem Bela B. für die volle Erfüllung der ihm gegenüber übernommenen Verpflichtungen voll haftbar.

Die Gültigkeit des Rahmenvertrages vom 4. Juni 1918 sei am 27. August 1931 einvernehmlich bis zum 1. Juli 1938 verlängert worden. Die in diesem Rahmenvertrag enthaltenen Klauseln seien Bestandteile aller zwischen Bela B. und der beklagten Partei vom 4. Juni 1918 bis 1. Juli 1938 über die einzelnen Werke des Komponisten abgeschlossenen Werknutzungsverträge gewesen. Derartige Verträge seien zwischen Bela B. und der beklagten Partei in dieser Zeit über sämtliche klagsgegenständliche Kompositionen abgeschlossen worden. In den einzelnen Verträgen sei eine Rechnungslegungspflicht der beklagten Partei gegenüber dem Komponisten Bela B. und ein bestimmter perzentueller Anspruch des Komponisten aus den Einkünften vereinbart worden, die die beklagte Partei aus der Verwertung seiner Werke erzielen werde.

Laut dem Schreiben der beklagten Partei vom 15. Februar 1968 an das ungarische Büro zum Schutze der Autorenrechte sei mitgeteilt worden, daß für Bühnentantiemen, Bühnenmaterial und Orchestermaterial insgesamt der Betrag von 51.049.93 S überwiesen worden sei. Bezüglich des die Verlagstantiemen betreffenden Betrages sei mit diesem Brief die gerichtliche Hinterlegung mitgeteilt worden.

In rechtlicher Beziehung meinte das Erstgericht, der Kläger habe gegenüber der beklagten Partei Anspruch auf getrennte Rechnungslegung u. a. für die Verlagstantiemen betreffend die sogenannten sieben Länder und damit auch dem Gründe nach einen Anspruch auf Zahlung. Der empfangsberechtigte Kläger sei nicht unbekannt oder abwesend oder mit dem Angebotenen unzufrieden gewesen. Es habe auch sonst kein wichtiger Grund vorgelegen, der die Hinterlegung bei Gericht gerechtfertigt hätte, insbesondere sei der Anspruch des Klägers in keiner Weise zweifelhaft gewesen. Dieser sei vielmehr dem Gründe nach schon durch das Urteil im Vorprozeß festgestanden, während er der Höhe nach unbestritten sei. Mangels eines tauglichen Hinterlegungsgrundes nach § 1425 ABGB. sei die gerichtliche Hinterlegung der auf alle Berechtigten gemeinsam entfallenden Verlagstantiemen in Ansehung der dem Kläger zustehenden Betragsteile nicht rechtgemäß gewesen, sodaß die Hinterlegung für die beklagte Partei gegenüber dem Kläger keine schuldbefreiende Wirkung besitze.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, daß die von der beklagten Partei behauptete Unteilbarkeit der auf die Erben nach Bela B. übergegangenen Rechte nicht zutreffe, aber auch ihr Einwand nicht stichhältig sei, die Verlagstantiemen und Orchestermaterialverkäufe unmöglich nach Ländern getrennt ermitteln zu können, weil sie nicht den Apparat besitze, die alljährlich ausgestellten 13.000 Fakturen länderweise zu sortieren und hieraus die 75 Nummern der B.-Kompositionen herauszusuchen. Dies könne, so meinte das Berufungsgericht, weder als rechtliche noch als tatsächliche Unmöglichkeit der Leistung angesehen werden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Beklagte erhebt gegen das Berufungsgericht den Vorwurf, es hätte aus dem Urteil des Vorprozesses 16 Cg .../63 des Handelsgerichtes Wien abgeleitet, daß sich aus der dort der Beklagten auferlegten Verpflichtung zur Rechnungslegung auch schon ihre Zahlungspflicht in diesem Verfahren ergebe und daß über die Frage der Unteilbarkeit der Verträge schon im Vorprozeß rechtskräftig abgesprochen worden sei.

Richtig ist, daß das stattgebende Urteil im Vorprozeß wegen Rechnungslegung keine Rechtskraftwirkung hinsichtlich des diesen Anspruch bedingenden Rechtsverhältnisses (Vorfrage) üben konnte (vgl. Fasching III S. 712). Das Zurechtbestehen des bedingenden Rechtsverhältnisses, das für den Rechnungslegungsanspruch im Vorprozeß wie für das gegenständliche Zahlungsbegehren identisch ist, und dessen Teilbarkeit sind daher im gegenständlichen Verfahren ohne Bindung an das Urteil im Vorprozeß neu zu prüfen. Dies ist, soweit der Grund des Anspruchs von der Beklagten bekämpft wurde, im angefochtenen Urteile nicht unterblieben. Die Beklagte meint nun, auf die Erben nach dem Komponisten Bela B. sei ein unteilbares Schuldverhältnis übergegangen, es sei eine Gesamtschuld entstanden, die einen der mehreren Gläubiger verpflichte, mit der Geltendmachung der Forderung dem Schuldner Sicherheit für den Fall zu leisten, daß dieser auch von den übrigen Gläubigern in Anspruch genommen werde, oder sich mit der gerichtlichen Hinterlegung für alle Gläubiger zu begnügen. Wenn sich die Gläubiger nicht rechtzeitig einigten, werde der Schuldner nur durch gerichtliche Hinterlegung des Schuldgegenstandes frei. Genau das sei im vorliegenden Falle geschehen. Diese Rechtssätze, die auf § 890 Satz 2 ABGB. beruhen, sind auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Es ist zwar richtig, daß nach österreichischem Recht das im Erbwege auf mehrere Erben übergegangene Urheberrecht und damit auch die mit dem Urheberrecht verbundenen Verwertungsrechte gemäß §§ 23 (4) und (11) UrhRG. den mehreren Erben gemeinschaftlich zustehen, wodurch ein Gesamthandverhältnis entsteht (vgl. Klang[2] II 156, Mitteis, Grundriß des österreichischen Urheberrechts, S. 56, Rintelen, Urheberrecht und Urhebervertragsrecht, S. 163). Damit ist aber nicht gesagt, daß nicht die Erben im Wege der Erbteilung einzelne Forderungen aus der Nutzung der Urheberrechte einem von ihnen überlassen können, womit dessen Legitimation zu ihrer gesonderten Geltendmachung gegeben ist. Nach § 26 UrhRG. bestimmt der Vertrag zwischen Urheber und Werknutzungsberechtigtem, auf welche Art, mit welchen Mitteln und innerhalb welcher örtlichen und zeitlichen Grenzen das Werk von einem Werknutzungsberechtigten benutzt werden darf. Daraus geht aber hervor, daß die Begründung eines nur innerhalb örtlicher Grenzen wirksamen Verlagsrechts schon im Gesetz vorgesehen ist. Der durch die Erbteilung zwischen den Erben nach Bela B. geschaffene Rechtszustand, wonach dem Kläger nach geographischen Gesichtspunkten begrenzte Rechte zustehen, kann also nicht als etwas von vornherein mit dem Urheberrecht Unvereinbares angesehen werden (vgl. auch Mitteis, a. a. O., S. 88). Wenn sich die Beklagte auch darüber beschwert, daß sie die vom Kläger gewünschte Verrechnungsart zur Einrichtung eines höchst komplizierten Apparats mit gesonderter Statistik zwingen würde, die praktisch und kaufmännisch nicht zu vertreten sei und auch nicht vereinbart gewesen sei, so ist dem zu erwidern, daß die aus der Erbteilung folgenden Verrechnungsschwierigkeiten mit der Frage der Teilbarkeit der Forderung nichts zu tun haben, die Beklagte aber auch nicht berechtigen, die unmittelbare Zahlung abzulehnen und gemäß § 1425 ABGB. gerichtlich zu hinterlegen. Daß kein Hinterlegungsunfall gemäß § 1425 ABGB. zutrifft, ist von den Untergerichten richtig erkannt worden.

Anmerkung

Z41171

Schlagworte

Urheberrecht, örtlich begrenztes Verlagsrecht, Verlagsrecht, örtlich begrenzt, Werknutzungsberechtigung, örtlich begrenztes Verlagsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0040OB00341.68.1206.000

Dokumentnummer

JJT_19681206_OGH0002_0040OB00341_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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