TE OGH 1969/10/1 3Ob69/69

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.10.1969
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Norm

ABGB §91

Kopf

SZ 42/142

Spruch

Der Ehemann hat seine Unterhaltspflicht gegenüber der Ehegattin auch dann - mittelbar - erfüllt, wenn der Versicherer die Krankenhauskosten der Ehegattin auf Grund eines mit dem Ehemann geschlossenen Versicherungsvertrages bezahlt.

Entscheidung vom 1. Oktober 1969, 3 Ob 69/69.

I. Instanz: Bezirksgericht Eberndorf; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Im Zuge des zwischen den Parteien anhängigen Rechtsstreites wegen Ehescheidung wurde der Kläger rechtskräftig verpflichtet, zum einstweiligen Unterhalt der Beklagten ab 20. Februar 1964 monatlich 600 S zu bezahlen, ferner ihr einen Prozeßkostenbeitrag von 2000 S zu leisten.

Vom 11. April 1967 bis 6. Oktober 1967 befand sich die Beklagte in der geschlossenen Abteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt. Die hiefür aufgelaufenen Kosten in Höhe von insgesamt 11.814 S wurden auf Grund eines vom Kläger abgeschlossenen Versicherungsvertrages zur Gänze und endgültig - also ohne Kostenbeteiligung der Beklagten oder des Klägers - von der gewerblichen Selbständigenkrankenkasse für Kärnten getragen. Anschließend kam die Beklagte zur Frau L. nach Schloß E., wo sie bis 1. April 1968 verblieb. Der Zweck dieses Aufenthaltes war, die Beklagte wieder in ein normales Leben zurückzuführen. Sie verrichtete während dieser Zeit freiwillig Hausarbeiten, doch bestand keine Arbeitsverpflichtung und kein Arbeitsverhältnis, Frau L. gab ihr ohne Absicht, von ihr Ersatz zu verlangen, was sie zum Leben brauchte, einschließlich eines Taschengeldes von durchschnittlich 300 S im Monat.

Gestützt auf diesen Sachverhalt beantragte der Kläger, den Anspruch der Beklagten aus den im Scheidungsverfahren ergangenen Beschlüssen für erloschen zu erklären. Die Beklagte beantragte Klagsabweisung, da während ihres Aufenthaltes in der Heilanstalt nicht alle ihre Bedürfnisse gedeckt worden seien und sie bei Frau L. den Haushalt geführt habe, im übrigen ihr Unterhaltsanspruch gegenüber dem Kläger fortbestehe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren für die Zeit vom 11. April 1967 bis 1. April 1968 statt - die Klagsabweisung für den nachfolgenden Zeitraum blieb unbekämpft -, das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab.

Während das Erstgericht die Auffassung vertrat, daß die Beklagte im genannten Zeitraum den ihr gebührenden und im Scheidungsverfahren zugesprochenen Unterhalt bezogen habe, brachte das Berufungsgericht im wesentlichen zum Ausdruck, daß der Unterhaltsanspruch der Ehefrau bei aufrechter Ehe unabhängig von allfälliger anderweitiger Sicherung bestehe, ferner die Aufrechterhaltung der hier ausgesprochenen Unterhaltsverpflichtung zu keinem unbilligen, der Beistandespflicht der Ehegattin widersprechenden Ergebnis führe, schließlich das Begehren in Ansehung des Prozeßkostenbeitrages von vornherein unberechtigt sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei teilweise, nämlich für die Zeit vom 11. April 1967 bis 6. Oktober 1967 Folge und in Abänderung des angefochtenen Urteils den vom Kläger gemäß § 35 EO. erhobenen Einwendungen dahin statt, daß der Anspruch der Beklagten auf einstweiligen Unterhalt aus den einstweiligen Verfügungen des Landesgerichtes Klagenfurt vom 22. März 1966 und 25. November 1966, sowie aus dem Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 11. Jänner 1967, für die Zeit vom 11. April 1967 bis 6. Oktober 1967 erloschen ist.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Im Hinblick auf den Aufenthalt der Beklagten in einer geschlossenen Anstalt hatte das Revisionsgericht zunächst gewisse Bedenken hinsichtlich ihrer Prozeßfähigkeit, doch wurden diese Bedenken nach Beischaffung des Titelaktes zur Gänze zerstreut, insbesondere durch das im angeführten Akt erstattete Gutachten des Sachverständigen Dr. S. und die Urteilsfeststellung dieses Aktes.

Die Revision ist teilweise gerechtfertigt.

Entgegen den Revisionsausführungen ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß die im Jud. 16 neu hinsichtlich des Unterhaltsanspruches unehelicher Kinder vertretene Auffassung nicht analog für den Unterhaltsanspruch der Ehegattin gilt. Das angeführte Judikat betont nämlich selbst den Gegensatz zwischen dem Anspruch der ehelichen bzw. unehelichen Kinder auf mangelnden Unterhalt und den Anspruch der Ehefrau gemäß § 91 ABGB., welcher grundsätzlich unabhängig vom eigenen Vermögen oder Einkommen der Frau besteht. Diesem Umstand kommt jedoch nur für die Zeit vom 7. Oktober 1967 bis 1. April 1968 Bedeutung zu.

Die zwischen 11. April 1967 und 6. Oktober 1967 zugunsten der Beklagten gemachten Aufwendungen wurden festgestelltermaßen auf Grund eines vom Kläger abgeschlossenen Versicherungsvertrages vom Versicherer des Klägers erbracht. Mit dieser Zahlung wurde die Verbindlichkeit des Klägers - gegenüber dem Landeskrankenhaus Klagenfurt - getilgt, welche der Kläger ohne Bestand der angeführten Versicherung aus eigener Leistung hätte erfüllen müssen. Der Aufwand für die Beklagte in der angeführten Zeit wurde somit nicht etwa von "dritter" Seite, sondern aus der Vermögenssphäre des Klägers bestritten (ähnlich ZBl. 1933 Nr. 34). Der Beklagten wurde damit zumindest dasjenige zugewendet, was sie aus dem ihr laut Exekutionstitel zustehenden Geldbetrag von monatlich 600 S, der kaum die bloße Verpflegung decken kann, hätte bestreiten können. Demzufolge wurde ihr Unterhaltsanspruch laut Exekutionstitel in der Zeit vom 11. April 1967 bis 6. Oktober 1967 vom Kläger - mittelbar durch die von seinem Versicherer für ihn erbrachten Leistungen - erfüllt. Das Klagebegehren war daher für diesen Zeitraum gerechtfertigt.

Anders ist die Rechtslage für den Zeitraum vom 7. Oktober 1967 bis 1. April 1968.

Da der Unterhaltsanspruch der Ehefrau bei aufrechter Ehe grundsätzlich unabhängig vom eigenen Vermögen oder Einkommen besteht, sind auch Veränderungen im Bereich ihrer Vermögenssphäre grundsätzlich unbeachtlich. Ob die Frau eigenes Einkommen hat oder Geschenke bekommt, ob sie, sei es kürzer oder länger, unentgeltlich oder gegen eine nicht gleichwertige Gegenleistung bei dritten Personen zu Gast ist, vermag an ihrem Unterhaltsanspruch und an der korrespondierenden Unterhaltsverpflichtung des Ehemannes grundsätzlich nichts zu ändern. Lediglich Leistungen, mit denen die Erfüllung der von der Vermögenssphäre der Frau grundsätzlich unabhängigen Unterhaltspflicht des Mannes beabsichtigt ist, welche also zu diesem Zweck erbracht werden, könnten auf die Unterhaltsverpflichtung angerechnet werden. Hier wurde weder behauptet noch festgestellt, daß Frau H. L. die Beklagte zu dem Zweck beherbergt hätte, um den Kläger von seiner Unterhaltspflicht zu entlasten bzw. zu befreien; aus dem festgestellten Sachverhalt ist vielmehr ersichtlich, daß sich Frau L. gegenüber der Beklagten wohltätig zeigte. Ihre Aufwendungen betreffen daher die Vermögenssphäre der Beklagten, sie haben, wie vorstehend ausgeführt, auf die Unterhaltspflicht des Klägers grundsätzlich keinen Einfluß. Nur unter der Voraussetzung, daß infolge dieser Aufwendungen die Belassung der bisherigen Unterhaltsverpflichtung zu einem grob unbilligen, der Beistandspflicht der Ehegattin widersprechenden Ergebnis führen würde (vgl. EF-Slg. 6.068 u. a.), käme eine Berücksichtigung dieser Aufwendungen ähnlich der Berücksichtigung eigenen Einkommens oder Vermögens der Gattin, in Betracht. Von einem grob unbilligen Ergebnis im Sinne dieser Ausführungen kann aber hier keine Rede sein.

Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Klagsabweisung war daher mit Ausnahme des Zeitraumes vom 11. April 1967 bis 6. Oktober 1967 gerechtfertigt.

Anmerkung

Z42142

Schlagworte

Ehegatte, Bezahlung von Krankenhauskosten durch den Versicherer als Unterhalt Krankenhauskosten, Bezahlung von - durch den Versicherer als Unterhalt Spitalskosten, Bezahlung von - durch den Versicherer als Unterhalt Unterhalt, Bezahlung von Krankenhauskosten durch den Versicherer Unterhaltspflicht, Bezahlung von Krankenhauskosten durch den Versicherer Versicherer, Bezahlung von Krankenhauskosten als Unterhalt Versicherungsvertrag, Bezahlung von Krankenhauskosten als Unterhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1969:0030OB00069.69.1001.000

Dokumentnummer

JJT_19691001_OGH0002_0030OB00069_6900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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