TE OGH 1971/10/28 1Ob282/71

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Veröffentlicht am 28.10.1971
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Norm

ABGB §878
ABGB §879
ABGB §1070

Kopf

SZ 44/166

Spruch

Darüber, ob die Nichtigkeit des Teiles von Verträgen das Ganze ergreift oder nicht, entscheidet Natur und Zweck des Verbotes

OGH 28. 10. 1971, 1 Ob 282/71 (OLG Wien 5 R 77/71; LGZ Wien 2 Cg 116/70)

Text

Die klagenden Parteien begehren die Aufhebung des zwischen ihren Rechtsvorgängern und dem Beklagten am 4. April 1941 abgeschlossenen Kaufvertrages über 2/7-Anteile an der Liegenschaft EZ 1570, KG W, weiter die Löschung der auf diesen Liegenschaftsanteilen einverleibten Pfandrechte für die Forderungen des Amand P und Gustav H sowie schließlich die Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechtes an den vorgenannten Liegenschaftsanteilen Zug um Zug gegen Zahlung von RM 9714.28 mit folgender Begründung: Gisela P und Josefine B seien Miteigentümer der eingangs genannten Liegenschaft zu je 1/7-Anteil gewesen. Die klagenden Parteien seien Erben nach diesen früheren Miteigentümern. Am 4. April 1941 hätten die vorgenannten Erblasserinnen diese Grundstückanteile an den Beklagten um RM 9714.28 verkauft. Bei dieser Vereinbarung habe es sich in Wahrheit um ein Treuhandgeschäft gehandelt. Zweck dieser Vereinbarung sei gewesen, die veräußerte Liegenschaft dem Zugriff des damaligen nationalsozialistischen Staates zu entziehen. Diesen Standpunkt habe auch die Rückstellungskommission beim LG für Zivilrechtssachen W eingenommen, die zu AZ 59 Rk 13/59 zwischen der Erstklägerin und dem Beklagten in diesem Sinne entschieden habe. Aus dem Grundbuch ergebe sich, daß der Beklagte entgegen seiner Verpflichtung als Treuhänder die in Rede stehenden Liegenschaftsanteile mit zwei Pfandrechten zugunsten des Amand P und des Gustav H für Forderungen von S 20.000.- bzw S 45.000.- belastet habe. Der Beklagte sei daher zur Rückstellung der klagsgegenständlichen Liegenschaftsanteile und zudem verbunden, Löschung dieser Pfandrechte zu erwirken.

Das Erstgericht gelangte (bereits) im ersten Rechtsgang zu einer Abweisung des Klagebegehrens (ON 18). Infolge Berufung der klagenden Parteien hob das Gericht zweiter Instanz dieses Urteil - ohne Rechtskraftvorbehalt - auf und verwies die Streitsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück (ONr 22).

Auch im zweiten Rechtsgang gelangte das Erstgericht zu einer Abweisung des Klagebegehrens, wobei es von folgenden Feststellungen ausging: Der Beklagte und seine Frau haben im Herbst 1939 eine Wohnung im Hause Wien XVIII, Hgasse 21, bezogen, das zu je einem Siebentel Gisela P und Josefine B gehört habe. Zwischen den Eheleuten Be und dem Ehepaar P habe in der Folge ein gutes Einvernehmen bestanden. Nach etwa einem Jahr habe der Ehegatte der Gisela P den Ehegatten Be die seiner Frau und Josefine B gehörigen Liegenschaftsanteile zum Kauf angeboten, weil sowohl er als die beiden Frauen wegen ihrer jüdischen Abstammung aus dem damaligen Reichsgebiet auswandern wollten. Der Beklagte habe auf Grund seiner Beziehungen sein Geld in hochwertigen Photoapparaten anlegen können und sich deshalb erst auf Drängen der Familie P zum Kauf der angebotenen Liegenschaftsanteile entschlossen. Den Verkaufsverhandlungen zwischen den Eheleuten Be und P, Josefine B und dem Vater des Beklagten, Karl Be sei als "neutraler Zeuge" ein Geschäftsfreund beider Teile, Direktor Gunnar H, von der Firma AB N/Stockholm, beigezogen worden. Die Gespräche hätten bei einem der letzten Besuche des Direktors H in Wien - das sei vom 14. 11. bis 18. 12. 1940 und vom 9. 3. bis 30. 3. 1941 gewesen - in der Wohnung des Beklagten stattgefunden. Bei dieser Zusammenkunft sei vereinbart worden, daß der Beklagte die beiden Miteigentumsanteile (je 1/7- Anteil) der Gisela P und Josefine B um den Kaufpreis von rund RM 10.000.- erwerbe und gleichzeitig, daß er den beiden Verkäuferinnen ihre Hausanteile gegen Bezahlung des wertgesicherten Kaufpreises zurückstelle, falls sich die Verhältnisse ändern und die Verkäufer dies wünschen sollten. Einverständlich sei der Wert der Liegenschaftsanteile mit 20 bis 22 Photoapparaten, Zeiss-Contax, Optik 1 : 2, festgelegt worden. Derartige Apparate hätten damals rund RM 600.- gekostet, doch habe sie der Beklagte zum Großhandelspreis von RM 450.- erwerben können. Die Wertsicherung sei in der Weise bestimmt worden, daß sich der Beklagte um den Wiederkaufspreis ebensoviele Photoapparate derselben oder einer gleichwertigen Marke sollte kaufen können. Der Ehegattin des Beklagten seien über ihr Verlangen am 2. 4. 1941 von der Villacher Filiale der Creditanstalt-Bankverein in zwei Teilbeträgen RM 3257.75 und RM 1666.- (richtig 1660.-) insgesamt also RM 4917.75, überwiesen worden. Dieser Geldbetrag zuzüglich der Differenz auf den vollen Kaufpreis - also weitere rund RM 5000.-, die der Beklagte aus seinem Geschäft besorgt habe - sei in der wärmeren Jahreszeit, vermutlich auch im Frühjahr 1941, in der Veranda der Wohnung des Beklagten an P in Anwesenheit des Ehepaares Be übergeben worden. P habe den Betrag ohne Ausstellung einer Quittung mit der Erklärung, er gehe zu Notar R, in Empfang genommen. Am 4. 4. 1941 sei der schriftliche Kaufvertrag von Dr. Sch, dem Vertrauensanwalt der Verkäufer errichtet und die Unterschriften der Kontrahenten von Notar Dr R beglaubigt worden. Dem eingesetzten Kaufpreis von RM 9714.28 sei das Schätzungsgutachten vom 11. 3. 1941 zugrundegelegen. Wer den Auftrag zur Schätzung erteilt habe und ob sie überhaupt im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Verkauf der Liegenschaftsanteile erfolgt sei, habe nicht geklärt werden können, auch nicht, ob der Kaufpreis vor oder nach Unterzeichnung des Kaufvertrages bezahlt worden sei. Der Kaufpreis sei schließlich nach Abzug der Gründerwerbsteuer, der Rechtsanwalts- und Durchführungskosten auf ein Sperrkonto zugunsten der Verkäuferinnen beim Bankhaus Steinhäusser & Co erlegt worden. Von wem und wann diese Einzahlung erfolgt sei, könne mit Sicherheit nicht mehr festgestellt werden; daß aber der Beklagte als Einzahler nicht in Betracht komme, ergäbe sich daraus, daß dieser den Kaufpreis nur einmal, und zwar an P, berichtigt habe. Gisela P sei im August 1942 nach Theresienstadt gebracht worden, Josefine B sei im Jahre 1964 im Ausland gestorben. Die Erstklägerin als Erbin der Gisela P habe am 4. 1. 1949 einen Rückstellungsantrag bei der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu GZ 59 Rk 13/49 eingebracht. Mit Erkenntnis vom 10. 12. 1949 habe sich die Rückstellungskommission für sachlich unzuständig erklärt und den Antrag zurückgewiesen, weil eine nichtige Vermögensentziehung nicht vorliege und die wahre Absicht der Parteien auf die Begründung eines Treuhandverhältnisses hinausliefe, durch das die gegenständliche Liegenschaft dem Zugriff des nationalsozialistischen Staates entzogen werden sollte. Dieses Erkenntnis sei von der Rückstellungsoberkommission am 21. 12. 1951, GZ Rkb 127/50, bestätigt worden. Josefine B habe sich an dem Rückstellungsverfahren nicht beteiligt. Im Jahre 1962 sei zwar eine ihrer Schwägerinnen, Maria M, mit einer Vollmacht der übrigen Miteigentümer nach Wien gekommen, um mit dem Beklagten über die Möglichkeit eines Verkaufes der gesamten Liegenschaft an einen Dritten zu sprechen, doch sei anläßlich dieses Besuches davon, daß Josefine B ihren Anteil zurückzukaufen wünsche, nicht in Rede gewesen. Maria M sei, nachdem der Beklagte seine Bereitschaft, gegen Erhalt des wertgesicherten Kaufpreises in den Verkauf einzuwilligen, bekundete, wieder abgereist.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß die festgestellte Vereinbarung als Verkauf mit dem Vorbehalt des Wiederkaufes (§ 1068 ABGB) zu werten sei. Dafür spräche der Umstand, daß die Verkäufer in der Person P's den Kaufpreis bar erhalten haben, wobei dessen nachträglichen Erlag auf ein Sperrkonto unbeachtlich sei und weiter, daß zwischen den Verkäufern und dem Beklagten als Käufer der Wiederkaufspreis unter Zugrundelegung eines bestimmten Wertmessers vereinbart worden sei. Es wäre sinnlos gewesen, den Kaufpreis zu erbringen und den Wiederkaufspreis festzulegen, wenn die Vertragschließenden lediglich ein Treuhandverhältnis begrunden wollten. In diesem Falle hätte es genügt, nach außen den Abschluß eines Kaufvertrages zu simulieren. Die Auszahlung eines Kaufpreises und die Festsetzung eines Wiederkaufpreises wäre dann entbehrlich gewesen. Das Recht des Wiederkaufes habe nach der Regelung des § 1070 ABGB nur von den Verkäufern ausgeübt werden können, den klagenden Parteien als deren Rechtsnachfolgern stehe dieses Recht nicht zu.

Die von den klagenden Parteien gegen diese Entscheidung erhobene Berufung blieb erfolglos. Das Berufungsgericht erachtete das erstinstanzliche Verfahren als mängelfrei, es übernahm die Beweiswürdigung und die darauf gegrundeten Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung des erhobenen Sachverhaltsbildes.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerinnen nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Da die klagenden Parteien ihr Begehren auch auf die Behauptung grunden, daß der Beklagte hinsichtlich der streitgegenständlichen Liegenschaftsanteile nur die Stellung eines Treuhänders erlangt habe - erst im weiteren Verlaufe des Verfahrens machten sie Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes (Kaufes) geltend - erscheint es tunlich, das Wesen der Treuhandschaft darzustellen. Die Treuhandschaft ist im österreichischen Recht im einzelnen nicht geregelt, aber zufolge des herrschenden Grundsatzes der Vertragsfreiheit möglich (SZ 26/156); sie wird auch in zahlreichen Gesetzen erwähnt (siehe Stanzl in Klang[2] IV/1, 788, Fußnote 189 zu § 1002 ABGB und Kastner, Die Treuhand im österreichischen Recht, JBl 1948, 306 Fußnoten 21, 22). Der Inhalt einer Treuhandschaft richtet sich im einzelnen nach den Parteienvereinbarungen (ZfRV 1969, 143). Der häufigste Fall ist der einer sogenannten fiduziarischen Treuhand; hier ist der Treuhänder nach außen hin unbeschränkter Eigentümer (Vollberechtigter), jedoch im Innenverhältnis dem Treugeber obligatorisch verpflichtet, das Eigentumsrecht im Interesse des Treugebers oder eines dritten Begünstigten auszuüben (Kastner aaO 306, Stanzl aaO 789 bei Fußnoten 195 und 205). Das Wesen des treuhändigen (fiduziarischen) Rechtsgeschäftes besteht also darin, daß sich bei ihm der wirtschaftliche Zweck der Zuwendung mit der juristischen Form des Rechtsgeschäftes nicht deckt, so daß der Empfänger der Zuwendung der Geschäftsform gemäß nach außen eine andere Rechtsstellung erhält als sie dem wirtschaftlichen inneren Geschäftszweck entspricht und daß er deshalb dem Treugeber gegenüber verpflichtet ist, von seiner äußeren Rechtsstellung nur einen dem inneren Geschäftszweck entsprechenden Gebrauch zu machen. Das zu treuen Handen gewährte Recht scheidet zwar rechtlich, aber nicht wirtschaftlich aus dem Vermögen des Treugebers aus. Das rechtliche Ausscheiden hat aber zur Folge, daß alle dinglichen Beziehungen des Treugebers zu dem übertragenen Recht gelöst werden; der Treugeber hat daher gegenüber einem Dritten keinen dinglichen Anspruch (SZ 25/249). Für das Innenverhältnis sind die Bestimmungen der §§ 1002 ff ABGB von Bedeutung, aber nur in einem gewissen, durch die Besonderheit des Rechtsinstitutes der Treuhand bedingten Umfang (SZ 26/156).

Die Vorinstanzen vermochten bei der rechtlichen Beurteilung des gewonnenen Sachverhaltsbildes der Auffassung, der klagenden Parteien, daß seinerzeit von den Vertragschließenden nur ein Treuhandverhältnis begrundet worden sei, nicht zu folgen. Sie gingen vielmehr davon aus, daß es sich um einen Kauf unter Vorbehalt des Wiederkaufsrechtes gehandelt habe.

Die Rechtsrüge vermag gegen die Richtigkeit dieser Rechtsansicht keine stichhältigen Gründe anzugeben. Vor allem der Umstand, daß es zur Auszahlung des Kaufpreises gekommen ist und dieser - wie den Akten der seinerzeitigen Vermögensverkehrsstelle in Wien zu entnehmen ist - ziffernmäßig dem Schätzwert der Liegenschaftsanteile entsprach, in Verbindung mit der Vereinbarung, daß den Verkäufern vom Käufer das Recht zugestanden wurde, die Anteile um einen Preis zurückzukaufen, der es ihnen erlaube, ebensoviele Photoapparate Marke "Zeiss-Contax" mit einer Optik 1 : 2 (oder gleichwertige Apparate) zu erwerben, als dies mit dem vereinbarten Kaufpreis seinerzeit möglich gewesen war, unterstreicht die Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes. Wenn es den vertragschließenden Parteien lediglich um die Begründung eines Treuhandverhältnisses gegangen wäre, dann hätte es - wie die angefochtene Entscheidung zutreffend hervorhebt - keiner effektiven Zahlung zu Handen der Verkäufer (P) bedurft und dann hätte sich auch die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel erübrigt. Auch die Überlegung, daß die Verkäufer zur Verwirklichung ihrer Auswanderungspläne Bargeld benötigten und bei Abschluß des Geschäftes den Zeitpunkt ihrer Rückkehr nach Wien auch nicht annähernd überschauen konnten, spricht für die Richtigkeit des Ergebnisses der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen.

Den Revisionsausführungen ist allerdings darin beizupflichten, daß die Vereinbarung über den Vorbehalt des Wiederkaufsrechtes nach den damals geltenden Vorschriften nichtig war, weil diese Abmachung zufolge der Bestimmungen des § 8 Abs 1 und 2 der Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens vom 3. 12. 1938, DRGBl 11709, einer - diesfalls nicht erwirkten - Genehmigung bedurft hätte (§ 879 Abs 1 ABGB). Es ist daher nötig, auf das damit angesprochene Problem der Gesamtnichtigkeit und der Rechtsgültigkeit (Teilnichtigkeit) von Verträgen einzugehen. Gesamtnichtigkeit bedeutet, daß ein Vertrag zur Gänze der Nichtigkeit anheimfällt, wenn irgendeiner seiner Teile an Nichtigkeit leidet. Das Prinzip der Restgültigkeit dagegen bedeutet Isolierung der Nichtigkeit auf jene Vertragselemente, die unmittelbar von einer Nichtigkeit betroffen sind (Mayer - Maly in der Gedenkschrift für Gschnitzer, Über die Teilnichtigkeit 266).

Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch enthält keine ausdrückliche Regelung des Problems der Teilnichtigkeit. § 878 ABGB, der bestimmt, daß Unmögliches nicht Gegenstand eines gültigen Vertrages werden kann, enthält nur eine Normierung der Fälle, in denen Mögliches und Unmögliches zugleich bedungen wurde. Darnach soll der Vertrag in seinem möglichen Teil gültig bleiben, wenn nicht aus dem Vertrag hervorgeht, daß kein Punkt von dem anderen abgesondert werden kann. Gschnitzer zeigte auf (Klang[2] IV/1 168 f), daß die dritte Teilnovelle zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch die Grundsätze des § 878 ABGB bewußt auf teilweise Unmöglichkeit beschränkt, sie vom Problem der teilweisen Unerlaubtheit getrennt hat und daß bei der Lösung der Frage der Gesamtnichtigkeit oder der Restgültigkeit eines Vertrages der Natur und dem Zweck des Verbotes eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Nach nunmehr wohl einhelliger Ansicht entscheiden darüber,ob die Nichtigkeit des Teiles das Ganze ergreift oder nicht - anders als nach § 878, zweiter Satz ABGB - nicht Natur und Zweck des Vertrages bzw der Parteiwillen, sondern Natur und Zweck des Verbotes (Gschnitzer aaO, Ehrenzweig[2] Schuldrecht, 162, bei Anm 7e, 7f). Mayer - Maly (aaO S 283) empfiehlt mit überzeugender Argumentation, den von der Gesetzeslage gewährten Spielraum im Sinne einer Entscheidung für grundsätzliche Restgültigkeit zu nutzen. Es sei nicht nur sachgerechter, bei teilweiser Unerlaubtheit Restgültigkeit anzunehmen, es werde damit auch jener Rechtstradition entsprochen, die im anwendbar gebliebenen Teil eines Vertrages einen zu bewahrenden Wert erblicke.

Die aufgezeigten Rechtsgrundsätze erheischen im vorliegenden Fall zunächst den Hinweis, daß die seinerzeit betroffene Vereinbarung - Kauf und Vorbehalt des Wiederkaufsrechtes - klar trennbare Vertragselemente enthält. Die Kaufvereinbarung selbst entsprach den zur Zeit des Vertragsabschlusses geltenden Bestimmungen und fand auch die behördliche Genehmigung. Das Recht des Wiederkaufes (§ 1068 ABGB) stellt eine - nur bei unbeweglichen Sachen in Betracht kommende (§ 1070 ABGB) - Nebenbestimmung eines Kaufvertrages dar. Dies und ihre Trennbarkeit vom Kaufvertrag erhellt nicht zuletzt daraus, daß ein Wiederkaufsrecht auch noch nach Kaufabschluß wirksam vereinbart werden kann (GlU 5691, SZ 40/66).

Die von den Rechtsmittelwerbern zitierte Vorschrift des § 8 der Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens vom 3. 12. 1938, DRGBl I 1709, wollte nicht etwa den Erwerb von Liegenschaften schlechthin unterbinden, sie war vielmehr dazu bestimmt, Angehörige der jüdischen Volksgruppe davon auszuschließen. Die Aufrechterhaltung der gegenständlichen Kaufvereinbarung als solcher widerstreitet weder der Natur noch dem Zweck der zitierten - bereits durch § 1 Abs 1 des Rechtsüberleitungsgesetzes vom 1. 5. 1945, StGBl Nr 6, aufgehobenen - Vorschrift (vgl auch die 1. Kundmachung über die Aufhebung von Rechtsvorschriften des Deutschen Reiches, StGBl Nr 14). Es besteht daher kein Anlaß, den Nichtigkeitsgrund über die Nebenabrede hinaus wirken zu lassen und die Restgültigkeit der Kaufvereinbarung - ohne das vereinbarte Wiederkaufsrecht der Verkäufer - in Frage zu stellen.

Wird aber davon ausgegangen, daß eine sich nur auf die getroffene Nebenabrede beziehende Teilnichtigkeit vorliegt, dann kann unerörtert bleiben, ob das Erwerbungsgeschäft seit der Aufhebung der mehrfach genannten Verordnung vom 3. 12. 1938, DRGBl I 1709, als keinem Gesetz widerstreitend, etwa volle Geltung erlangt hat. Würde dies angenommen (vgl GlU 4768), wäre nämlich für die Rechtsmittelwerber nichts gewonnen, weil sie Rechtsnachfolger der Verkäufer sind, der Vorbehalt des Wiederkaufes aber - wie bereits das Erstgericht zutreffend hervorhob - dem Verkäufer nur für dessen Lebenszeit gebührt und von ihm dieses Recht weder auf die Erben noch auf einen anderen übertragen werden kann (§ 1070 ABGB).

Anmerkung

Z44166

Schlagworte

Nichtigkeit, des Teiles eines Vertrages, gesetzliches Verbot, Teilnichtigkeit eines Vertrages, gesetzliches Verbot, Verbot, gesetzliches, Teilnichtigkeit von Verträgen, Wiederkaufsrecht, Trennbarkeit vom Kaufvertrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1971:0010OB00282.71.1028.000

Dokumentnummer

JJT_19711028_OGH0002_0010OB00282_7100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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