TE OGH 1971/11/25 1Ob318/71

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Veröffentlicht am 25.11.1971
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Norm

ABGB §863
ABGB §983
ABGB §1376
ABGB §1379

Kopf

SZ 44/179

Spruch

Zur Frage, ob die Aufstockung eines Darlehens und die damit verbundene Änderung des Tilgungsplanes Novation und dadurch Erlöschen des früheren Darlehensvertrages bewirken

OGH 25. 11. 1971, 1 Ob 318/71 (OLG Wien 1 R 153/71; HG Wien 12 Cg 3016/71)

Text

Der Beklagte war bis 13. 6. 1967 und insbesondere auch am 6. und 12. 4. 1965 persönlich haftender Gesellschafter der protokollierten Fa E & Co und ist seither Kommanditist dieser Gesellschaft. Die klagende Partei gewährte der prot Fa E & Co auf Grund einer Promesse vom 5. 4. 1965 und des von ihr gefertigten Schuldscheines vom 6./12. 4. 1965 ein bar zugezähltes und hypothekarisch sichergestelltes Darlehen von S 11.000.000.-. Die Fa E & Co verpflichtete sich, ab 1. 10. 1965 vom Darlehenskapital bzw vom jeweils aushaftenden Kapital jährlich an Zinsen 7 1/2% im vorhinein zu entrichten und demnach laut beigeheftetem Tilgungsplan vom 1. 10. 1966 bis 1. 4. 1980 halbjährlich fällige Beträge von je S 604.576.- und am 1. 4. 1981 eine 30. und letzte Rate von S 604.574.- an die klagende Partei zu bezahlen. Laut Tilgungsplan entfielen auf die halbjährlich zu bezahlenden Rückzahlungsraten zunächst S 405.017.- an Zinsen, die sich ständig bis S 22.672.- bei der vorletzten Rate reduzierten und bei der letzten Rate überhaupt entfielen. Der klagenden Partei wurde das Recht eingeräumt, das gesamte noch nicht getilgte Darlehenskapital sA sofort ohne Kündigungsfrist zurückzufordern, falls von den bedungenen Raten an Kapital oder Zinsen auch nur eine Rate ganz oder teilweise termingerecht zu leisten versäumt werde. Da sodann Verzinsung im nachhinein vereinbart wurde, wurde der erste Tilgungsplan noch im Jahre 1965 dahin abgeändert, daß ab 1. 10. 1966 halbjährliche Raten von S 616.964.- zu bezahlen waren, von denen zunächst auf Zinsen S 412.500.- entfielen, die sich dann bis zur letzten Rate auf S 22.300.- reduzierten. Mit Schreiben vom 26. 4. 1965 räumte die klagende Partei der Fa E & Co über deren Ersuchen das Recht der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens ohne Einhaltung der im Schuldschein enthaltenen Kündigungsfrist sowie das Recht der Wiederinanspruchnahme vorzeitig zurückgezahlter Darlehensbeträge im Rahmen des Tilgungsplanes ein.

Bis 8. 11. 1967 hatte die Fa E & Co gemäß dem zweiten Tilgungsplan an Kapitalrückzahlungen S 636.681.- geleistet. An diesem Tage stellte die Fa E & Co - allerdings, wie noch auszuführen sein wird, unberechtigt - unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 26. 4. 1965 der klagenden Partei das Anbot, ihr den zurückgezahlten Betrag von S 636.681.- unter Stornierung der in dieser Höhe vorgenommenen Gutschriften an Kapitalrückzahlungen wieder zur Verfügung zu stellen, wogegen sie sich verpflichtete, diese Zurverfügungstellung des rückbezahlten Betrages im Sinne der schuldscheinmäßigen Bestimmungen und im Rahmen der bezahlten Darlehenshypothek anzuerkennen; die Fälligkeiten würden sich aus dem Tilgungsplan ergeben und ab 1. 4. 1968 beginnen. Die klagende Partei nahm dieses Anbot mit Schreiben vom 14. 11. 1967 an. Gleichzeitig übermittelte sie der Fa E & Co einen neu erstellten Tilgungsplan, in dem die jeweils am 1. 4. und 1. 10. jedes Jahres zu bezahlenden Raten mit S 616.964.- gleich blieben. Bei Aufteilung dieses Betrages auf Zinsen und Kapital ergaben sich jedoch Unterschiede. Nach dem zweiten Tilgungsplan waren so zB von der Rate am 1. 4. 1968 S 228.340.- auf das Kapital und S 388.624.- auf Zinsen entfallen, nach dem neuen (dritten) Tilgungsplan entfielen hingegen am 1. 4. 1968 nur S

204.463.87 auf das Kapital und S 412.500.13 auf Zinsen. Dieser Abstand setzte sich in ungefähr gleicher Weise bis zum Zeitpunkt der vollständigen Rückzahlung des Darlehens nach dem alten Tilgungsplan fort. Nach dem neuen Tilgungsplan folgten dazu noch drei weitere Raten, die letzte fällig am 1. 10. 1982. Der Betrag von S 636.681.- wurde von der klagenden Partei am 29. 11. 1967 an die Fa E & Co ausbezahlt.

Mit der Behauptung, die Fa E & Co sei von der am 1. 10. 1968 fälligen Kapitalquote den Betrag von S 3444.- sowie mit der am 1. 4. 1969 fälligen Kapitalquote von S 220.086.18 und der an diesem Tag fälligen Zinsenquote von S 396.877.82 im Rückstand geblieben, sodaß vereinbarungsgemäß die gesamte Darlehensschuld zur Rückzahlung fällig geworden sei, begehrte die klagende Partei - nach mehreren Berichtigungen und Einschränkungen - im vorliegenden Prozeß vom Beklagten als ausgeschiedenem persönlich haftendem Gesellschafter der Fa E & Co - gegen diese und die Gesellschafterin Erika I, die mitgeklagt worden waren, blieb das Verfahren ruhen - die Bezahlung des Betrages von S 10.348.441.61 sA. Der Beklagte wendete gegen den Anspruch der klagenden Partei ua ein, daß er als ehemaliger Gesellschafter nur für Verbindlichkeiten der Gesellschaft hafte, die vor der Eintragung seines Ausscheidens als persönlich haftender Gesellschafter im Handelsregister entstanden seien; im November 1967 habe die Fa E & Co mit der klagenden Partei einen neuen Darlehensvertrag mit neuem Tilgungsplan und geänderter Laufzeit abgeschlossen; es habe sich hiebei um eine vollkommene Novation des Darlehensverhältnisses gehandelt; mit dem Abschluß des Vertrages vom November 1967 sei er aus seiner Solidarhaftung für das alte Darlehensverhältnis laut Schuldschein vom 6./12. 4. 1965 entlassen worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte im wesentlichen fest: Rechtsanwalt Dr Hans K, der die Fa E & Co vertreten habe und auch Vertrauensmann der klagenden Partei gewesen sei, habe der Firma im April 1965 das Darlehen verschafft. Im Oktober 1967 habe ihm Erika I den Vorschlag gemacht, die klagende Partei möge das seinerzeitige Darlehen von S 11.000.000.- insoweit aufstocken, als sie der Fa E & Co jene Beträge wieder zur Verfügung stelle, die vereinbarungsgemäß zur Abstattung des Darlehens bereits zurückgezahlt waren. Dr Hans K sei es gelungen, die gewünschte Aufstockung zu erwirken. Aus Kostenersparnisgrunden sei kein neuer Schuldschein errichtet worden und keine neue Eintragung im Grundbuch erfolgt. Rechtlich führte das Erstgericht aus, zwischen der klagenden Partei und der Fa E & Co seien im April 1965 und November 1967 zwei verschiedene Darlehensverträge errichtet worden, was sich eindeutig daraus ergebe, daß im November 1967 zwischen der klagenden Partei und der Fa E & Co ein neuer Tilgungsplan über die gesamte Darlehensforderung von S 11.000.000.- vereinbart worden sei, nach dem die Darlehenstilgung und Zinsenzahlung mit 1. 4. 1968 neu zu laufen begonnen habe und mit 1. 10. 1982 enden hätte sollen. Dieser neue Tilgungsplan unterscheide sich vom alten wesentlich, zwar nicht durch die Höhe der halbjährigen Raten, aber durch deren Aufteilung auf Kapital und Zinsen und durch eine um 1 1/2 Jahre längere Laufzeit. Durch den neuen Tilgungsplan sei der alte außer Kraft getreten. Wäre ein neuer Darlehensvertrag nur hinsichtlich des sogenannten Aufstockungsbetrages von S 636.681.- vorgesehen gewesen, wäre kein neuer gesamter Tilgungsplan erforderlich gewesen, sondern nur ein solcher über den Betrag von S 636.681.-. Der Beweggrund, warum kein neuer Schuldschein errichtet worden und keine neue Eintragung im Grundbuch erfolgt sei, sei einleuchtend; es sollten weitere Kosten erspart werden. Es liege daher eine Novation iS des § 1376 ABGB vor. Als Kommanditist hafte der Beklagte nicht mehr für die Forderung aus dem neuen Vertrag.

Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Prozeßgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Titel der klagenden Partei als Entstehungsgrund ihres Anspruches sei, wie auch der Beklagte selbst annehme, auf alle Fälle der ursprüngliche Darlehensvertrag. Durch die Vertragsverhandlungen vom November 1967, die zur Aufstockung geführt hätten, hätte hinsichtlich des offenen Restkapitals von etwa 10.4 Millionen Schilling nichts geändert werden sollen. Man habe zwar nur eine Addition des noch offenen und des neu gewährten Darlehensbetrages und gewisse Abänderungen des Verhältnisses zwischen Kapitalstilgung und Zinsenzahlung vorgenommen. Die Verlängerung der gesamten Laufzeit des Darlehens ergebe sich aus der Natur der Sache. Die Verrechnung verschiedener Forderungen in eine Gesamtforderung stelle zwar eine Verwechslung des Hauptgegenstandes dar, nicht aber eine Verminderung oder Erhöhung der Verbindlichkeit, selbst wenn die Höhe der Kapitalrückzahlungsraten und die Dauer der Tilgung verändert worden seien; es sei auch die erste Änderung des Tilgungsplanes, als der Beklagte noch Komplementär der Fa E & Co gewesen sei, nicht als Novation aufgefaßt worden. Dies spreche auch bei der zweiten Änderung des Tilgungsplanes gegen einen animus novandi, der grundsätzlich laut dem Schlußsatz des § 1379 ABGB nicht vermutet werde. Der "Hauptgegenstand" werde auch nur dann verändert, wenn eine artliche, nicht nur eine maßliche Verschiedenheit festzustellen sei, sodaß eine bloße Vermehrung oder Verminderung, die Beisetzung einer Bedingung oder Befristung, der Änderung der Zinsenhöhe usw keine "Verwechslung" iS des § 1376 ABGB sei. Die Vereinbarung vom November 1967 sei daher nicht als Novation des ursprünglichen Darlehensvertrages anzusehen, sodaß der Beklagte weiter hafte. Selbst wenn man aber eine Novation annehmen wollte, hätte sich an der Haftung des Beklagten nichts geändert, weil nicht erweislich sei, daß die Haftung des Beklagten jemals berührt werden sollte. Da die Rechtsmeinung, es liege Novation und damit Haftungsfreiheit des Beklagten vor (was bei Richtigkeit der Prämisse allerdings bejaht werden müßte), nicht geteilt werde, müsse das Erstgericht nun auf die anderen Einwendungen des Beklagten sowie eventuell auf seine Bestreitung der Anspruchshöhe eingehen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Im derzeitigen Stadium des Rechtsstreites ist lediglich die Frage zu prüfen, ob die zwischen der klagenden Partei und der Fa E & Co im November 1967 getroffene Vereinbarung als Neuerungsvertrag (Novation; §§ 1376 ff ABGB) zum ursprünglichen Darlehensvertrag vom 6./12. 4. 1965 zu werten sei. Ein solcher Neuerungsvertrag kommt zustande, wenn nach dem Willen der vertragschließenden Parteien das ursprüngliche Schuldverhältnis durch Änderung ("Verwechslung") des Rechtsgrundes oder des Hauptgegenstandes durch ein neues ersetzt wird, indem sie mit der Begründung des neuen die Aufhebung des alten verknüpfen (Ehrenzweig[2] II/1, 357). Voraussetzung für das Zustandekommen eines solchen Neuerungsvertrages ist die Absicht der Parteien, durch die Konstituierung einer neuen Verbindlichkeit die alte zu tilgen (animus novandi). Dieser animus novandi wird nicht vermutet, sondern muß nachgewiesen werden (GlUNF 6971; Krasnopolski - Kafka, Österreichisches Obligationenrecht 253). Der Wille der Parteien muß also erweislich dahin gehen, daß auf das alte Schuldverhältnis nicht mehr zurückgegriffen werden soll (Ehrenzweig aaO 359). Eine Änderung des Rechtsgrundes ist unter diesen Voraussetzungen dann anzunehmen, wenn der Obligationsgrund, dh jene rechtserzeugende Tatsache, aus der die Obligation entspringt (Hruza,

Zur Lehre von der Novation im österreichischen und gemeinen Recht 29), und somit der Entstehungsgrund des Anspruches (Wolff in Klang[2] VI 264) geändert wird. Eine Änderung des Hauptgegenstandes tritt hingegen ein, wenn ein wesentlich anderer an seine Stelle tritt; es muß eine artliche Verschiedenheit sein, eine bloß maßliche genügt nicht. Auch wenn vereinbart wird, daß außer dem bisher Geschuldeten noch etwas zu leisten sei, liegt grundsätzlich keine Neuerung vor (Wolff aaO 265), wie überhaupt eine bloße Vermehrung oder Verminderung (3 Ob 35/58), die Beisetzung einer Bedingung oder Befristung, die Änderung der Verzinsungshöhe usw, wie das Berufungsgericht bereits richtig ausgeführt hat, keine Änderung des Hauptgegenstandes darstellen (Gschnitzer, Schuldrecht Allgemeiner Teil 95). Dies gilt auch für eine Veränderung der Verzinsung (Ehrenzweig aaO 359; Wolff aaO 273; Hruza aaO 25) oder der Zahlungsfrist (Wolff aaO 273). Solche Schuldänderungen lassen das ursprüngliche Schuldverhältnis fortbestehen, auch wenn es, eben weil es geändert ist, in manchen Beziehungen doch als neues zu behandeln ist (Ehrenzweig aaO, 357); es gilt die gesetzliche Fiktion (§ 1379 ABGB) der Nichtveränderung der Schuld mit den gleichen Folgen, als wäre die alte Verbindlichkeit nicht untergegangen (Wolff aaO, 263, 273). Bestehen Zweifel, ob durch einen neuen Vertrag der Hauptgegenstand oder nur Nebenbestimmungen geändert wurden, spricht die Vermutung für den Fortbestand des alten Vertrages, der neue Vertrag wird zum Zusatzvertrag (Gschnitzer aaO 95, 96; vgl ZBl 1929/65), solange er mit dem alten noch wohl bestehen kann (§ 1379 Schlußsatz ABGB). Es spielt dabei keine Rolle, wenn der zweite Vertrag, so wie er geschlossen wurde, nur mit Rücksicht auf den ersten Vertrag und der erste Vertrag so, wie er abgeändert wurde, nur mit Rücksicht auf den zweiten Vertrag abgeschlossen wurde; es liegt in solchen Vereinbarungen nämlich nur eine gewillkürte, keine in der Natur der Vereinbarungen selbst begrundete Verbindung der beiden Verträge vor, sodaß der ursprüngliche Vertrag seine rechtliche Selbständigkeit behält (ZBl 1929/65).

Wendet man diese von Lehre und Rechtsprechung entwickelten, der Gesetzeslage entsprechenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, ist der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes beizupflichten, daß in der zwischen der klagenden Partei und der Fa E & Co im November 1967 getroffenen Vereinbarung kein Neuerungsvertrag zu erblicken ist. Auszugehen ist davon, daß die Fa E & Co entgegen dem Inhalt des Schreibens der Firma vom 8. 11. 1967 nach Inhalt des Schreibens der klagenden Partei vom 26. 4. 1965 nur Anspruch auf Wiederinanspruchnahme solcher Beträge hatte, die über die vertraglichen Verbindlichkeiten laut Tilgungsplan hinaus vorzeitig zurückbezahlt worden waren. Wenn die Fa E & Co, mit welcher Formulierung auch immer, also darum ansuchte, ihr die nur dem Tilgungsplan entsprechend zurückbezahlten Kapitalsbeträge von S 636.681.- neu als Darlehen zu gewähren, ersuchte sie um den Abschluß eines neuen zusätzlichen Darlehensvertrages. Wenn sodann die klagende Partei mit Schreiben vom 14. 11. 1967 der Fa E & Co tatsächlich die S 636.681.- wieder zur Verfügung stellte, wurde ihr zusätzlich zu dem bereits im Jahre 1965 gewährten ein weiteres Darlehen in der genannten Höhe bewilligt. Hiedurch trat keine Änderung des alten Darlehensvertrages, für dessen Rückzahlung der Beklagte haftet, ein, er wurde vielmehr zunächst davon überhaupt nicht berührt. Selbstverständlich war es daher auch, was die klagende Partei auch konzediert, daß den Beklagten aus dem weiteren Darlehensvertrag keine wie immer geartete Zahlungsverpflichtung traf. Die alte Darlehensschuld wurde auch nicht dadurch berührt, daß die grundbücherlich einverleibte Hypothek für die erste Schuld nunmehr auch für die zweite haftete; über den durch Zahlung frei gewordenen Teil der Hypothek konnte die Fa E & Co vielmehr, ohne daß dies die Rechte des Beklagten berührte, verfügen. Eine Verbindung mit dem ersten Darlehensvertrag wurde hiemit ebensowenig hergestellt wie mit dem Hinweis des Anbotes, daß die Wieder- (richtig: Neu-) Zur-Verfügung-Stellung des rückbezahlten Darlehensbetrages im Sinne der schuldscheinmäßigen Bestimmungen erfolgen solle; dies kann im Zweifel vielmehr nur als Hinweis, daß die gleichen Vertragsbedingungen gelten sollen, aufgefaßt werden. Ein neuer Schuldschein wurde, aus welchen Motiven immer, ohnehin nicht ausgestellt.

Eine Verbindung mit dem ersten Darlehensvertrag wurde nur damit hergestellt, daß für beide Verbindlichkeiten ein neuer gemeinsamer Tilgungsplan aufgestellt wurde, der dahin lautete, daß bei Gleichbleiben der halbjährigen Raten die Anteile von Zinsen und Kapital so geändert wurden, daß praktisch die ursprünglich mit 1. 10. 1966 begonnenen Zinsen- und Kapitalrückzahlungen wieder neu mit 1. 4. 1968 zu laufen begannen und sich alle im übrigen gleichbleibenden Zahlungen mit den verschiedenen Anteilen an Zinsen und Kapitalrückzahlung jeweils um 1 1/2 Jahre verschoben. Damit wurde aber nicht der erste Darlehensvertrag im Hauptgegenstand, sondern nur in den Rückzahlungsmodalitäten, also in einer Nebenbestimmung, geändert; geändert wurden nämlich nur die Art der Zinsenzahlung und die Zahlungsfrist. Der Beklagte war allerdings nicht verpflichtet, im Rahmen des Tilgungsplanes nun auch für Beträge mitzuhaften, die das neue zusätzliche Darlehen betrafen, mußte hiefür also weder Kapitalrückzahlungen leisten noch Zinsen bezahlen. Da ihm überhaupt keine neue Last auferlegt werden durfte (§ 1379 Satz 2 ABGB), mußte er auch nicht mehr Zinsen, als ursprünglich vereinbart, entrichten. Wenn also zB nach der ursprünglichen Vereinbarung am 1. 4. 1968 an Zinsen nur S 388.624.- zu bezahlen waren, haftete er auch weiterhin nur für diesen Betrag, auch wenn nach dem neuen, das zweite Darlehen berücksichtigenden Tilgungsplan am 1. 4. 1968 S 412.500.13 an Zinsen zu bezahlen waren. Er hatte dann insofern einen Vorteil, daß die klagende Partei am 1. 4. 1968 an Kapital nur die Rückzahlung von S 204.463.87 (statt wie ursprünglich S 228.340.-) verlangte, sodaß sich seine gesamte Haftungsverpflichtung für die Ratenzahlung am 1. 4. 1968 von ursprünglich S 616.964.- auf S 593.087.87 oder, wenn die klagende Partei nach einer anderen Berechnungsart die Haftung des Beklagten nur für 94.212% der vollen Rate in Anspruch nahm, auf S 581.254.12 verminderte. Auch weiterhin hatte er an Kapital jeweils für etwas weniger zu haften, wofür sich allerdings die Kapitaltilgungsfrist um 1 1/2 Jahre verlängerte, ohne mit den sich daraus ergebenden höheren Zinsen belastet werden zu dürfen. Es besteht nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, daß die klagende Partei und die Fa E & Co mit dieser Änderung des Tilgungsplanes und damit, wie erwähnt, der Rückzahlungsmodalitäten die Absicht hatten, den ersten Darlehensvertrag, aus dem der Beklagte mitverpflichtet ist, so zu verändern, daß von einer Änderung des Rechtsgrundes oder des Hauptgegenstandes im Sinne der obigen Rechtsdarlegungen gesprochen werden könnte. Mit dem Berufungsgericht ist demnach das Zustandekommen eines Neuerungsvertrages hinsichtlich des Darlehensvertrages vom 6./12. 4. 1965 abzulehnen. Daß der Beklagte aber, wenn kein Neuerungsvertrag zustandekam, der klagenden Partei für die Verbindlichkeiten aus dem Vertrag vom 6./12. 4. 1965 gemäß §§ 161 Abs 2, 128, 159 HGB weiterhin haftet, bestreitet er nicht. Daß dann das Berufungsgericht, wie der Rekurs an sich richtig darlegt, bei seiner rechtlichen Beurteilung der Frage der Haftung des Beklagten bei Bejahung des Zustandekommens eines Neuerungsvertrages einander widersprechende Rechtsauffassungen vertrat, spielt keine Rolle.

Zu den Ausführungen im Rekurs sei noch gesagt: Die Meinungen darüber, ob eine Vertragswiederholung eine Änderung des Rechtsgrundes darstellt, gehen auseinander. Wolff aaO 265 scheint dies zu bejahen, Ehrenzweig aaO 359 eher zu verneinen. Die Lösung dieser Frage kann offen gelassen werden, da eine Vertragswiederholung gar nicht vorliegt. Durch den Schriftverkehr der klagenden Partei mit der Fa E & Co vom November 1967 wurde vielmehr der Darlehensvertrag, aus dem der Beklagte haftet, im Hauptgegenstand nicht berührt. Es ist aber auch nicht richtig, daß die beiden Darlehen durch die Vereinbarung vom November 1967 miteinander vollständig verquickt wurden; nur der Tilgungsplan und damit Fragen der Verzinsung und der Zahlungsfrist wurden geändert, der erste Vertrag im Hauptgegenstand blieb jedoch aufrecht. Ein neues Darlehensschuldverhältnis wurde also keineswegs begrundet, ebenso wenig aber lag auch ein Abrechnungsvertrag (Hruza 91) vor. Schon aus diesem Gründe kann der Beklagte zur Stützung seines Standpunktes nicht die Entscheidungen GlU 5700, GlUNF 6385 und EvBl 1961/403 heranziehen, in denen, wie der Rekurs selbst ausführt, die Schuldner nach Verrechnung der Zinsen und infolge eines weiteren Darlehens eine bestimmte Summe einbekannt bzw mehrere Forderungen mittels eines neuen Vertrages zusammengelegt und verschmolzen und im zuletzt zitierten Fall sogar im Einvernehmen mit dem Gläubiger ausdrücklich früher getroffene Vereinbarungen aufgehoben und für null und nichtig erklärt hatten; davon ist im vorliegenden Falle keine Rede gewesen; die Fa E & Co hat vielmehr zur alten Forderung überhaupt keine Erklärung abgegeben. Der Beklagte wurde mit der vorliegenden Klage auch nicht aus einem neuen (gar nicht existierenden) Schuldschein, sondern nach Inhalt der Klage ausdrücklich aus dem Schuldschein vom 6./12. 4. 1965 in Anspruch genommen. Es kann auch nicht gesagt werden, daß die alte Verbindlichkeit mit der neuen nicht "wohl bestehen" könne; selbstverständlich können vielmehr verschiedene Darlehensverbindlichkeiten nebeneinander bestehen, ob nun deren Tilgung zusammengefaßt wird oder nicht. Der neue Tilgungsplan ist auch keineswegs wirtschaftlich undurchführbar, weil nur er und nicht der aus dem Jahre 1965 anzuwenden ist; der Beklagte darf durch ihn, wie ausgeführt, nur nicht zusätzlich belastet werden. Es können sich nur, wie auch die klagende Partei durch häufige Änderung ihrer Standpunkte demonstrierte, Verrechnungsschwierigkeiten ergeben, die allein aber das Nebeneinanderbestehen der Verbindlichkeiten nicht ausschließen. Zu seinen Ausführungen über das Erfordernis des animus novandi ist dem Rekurs durchaus beizupflichten, daß dieser keineswegs ausdrücklich erklärt werden muß, sondern, wie Hruza aaO 23 f lehrt, sich - allerdings bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen Neuerungsvertrag - von selbst versteht. Das heißt aber nur, daß er, ebensowenig wie der natürlich immer notwendige animus contrahendi, nicht ausdrücklich oder gar zusätzlich zu den sonstigen Vereinbarungen erklärt werden muß. Nach wie vor ist aber Stubenrauch[8] II 777 beizupflichten, der unter Berufung auf andere

Rechtslehrer ausführte: "Zur Novation gehört die Absicht der Parteien, durch die Konstituierung einer neuen Verbindlichkeit die alte zu tilgen (der animus novandi), sonst bestehen beide nebeneinander. Doch braucht diese Absicht nicht ausdrücklich erklärt zu werden, sie kann auch, da das Gesetz diesfalls nirgends eine Beschränkung enthält, aus den Umständen hervorleuchten (§ 863 ABGB); keineswegs wird sie aber im Zweifel vermutet, sondern die alte Verbindlichkeit nicht für aufgelöst gehalten, solange sie mit der neuen noch wohl bestehen kann." Es fanden sich nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, daß die klagende Partei und die Fa E & Co nach den Umständen die Absicht gehabt hätten, ihre gesamten Rechtsbeziehungen auf eine ganz neue Grundlage zu stellen oder gar den Beklagten aus seiner Haftung zu entlassen. Mit Recht hat das Berufungsgericht daher angenommen, daß die Vereinbarung vom November 1967 kein Neuerungsvertrag zum Darlehensvertrag vom 6./12. 4. 1965 war. Es ist dann aber notwendig, nunmehr das Verfahren in erster Instanz fortzusetzen, da der Beklagte noch andere Einwendungen gegen den Klagsanspruch erhoben hat.

Anmerkung

Z44179

Schlagworte

animus novandi, Änderung des Tilgungsplanes, animus novandi, Aufstockung eines Darlehens, Aufstockung, Darlehen, Aufstockung, Novation, Darlehen, Aufstockung als Novation, Hauptgegenstand, Änderung durch Darlehensaufstockung, Neuerungsvertrag, Aufstockung eines Darlehens, Novation, Aufstockung eines Darlehens, Tilgungsplan, Änderung als Novation des Darlehensvertrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1971:0010OB00318.71.1125.000

Dokumentnummer

JJT_19711125_OGH0002_0010OB00318_7100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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