TE OGH 1975/12/17 8Ob256/75

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Veröffentlicht am 17.12.1975
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Norm

ABGB §970
ZPO §224 Abs1 Z6

Kopf

SZ 48/139

Spruch

Die Ausdehnung der Haftungsbestimmungen für Wirte auf die Unternehmer von Stallungen und Aufbewahrungsräumen durch § 970 Abs. 2 ABGB iF III. TN rechtfertigt nicht, den Begriff der Ferialsache nach § 224 Abs. 1 Z. 6 ZPO auf diesen Personenkreis auszudehnen

OGH 17. Dezember 1975, 8 Ob 256/75 (OLG Wien 8 R 172/75; LGZ Wien 27 Cg 811/74)

Text

Die Klägerin behauptet in ihrer Klage, daß das Fahrzeug ihres Versicherungsnehmers in der Nach des 16. Feber 1974 in der Garage der Beklagten in einer Service-Box eingestellt gewesen sei. Der bei der Beklagten beschäftigte Tankwart Albert S (der ursprünglich Zweitbeklagte) habe es ohne Einwilligung des Versicherungsnehmers der Klägerin in Betrieb genommen und sodann einen Unfall verursacht. Dabei habe das Fahrzeug einen Totalschaden erlitten. Die Klägerin habe an ihren Versicherungsnehmer die Leistung aus der Kaskoversicherung erbracht. Gestützt auf § 67 VersVG begehrte sie von der Beklagten und S die Bezahlung des durch die Leistung des Haftpflichtversicherers der Beklagten nicht gedeckten Teiles ihrer Leistung, nämlich 48.972 S. Das Begehren gegen die Beklagte grundete die Klägerin auf §§ 970 und 1316 ABGB. Gegen Albert S ging ein Versäumungsurteil.

Die Beklagte bestritt u. a. das Vorliegen eines Garagierungsvertrages.

Das Erstgericht erklärte das Verfahren hinsichtlich der Beklagten ab Klagszustellung für nichtig und wies die Klage zurück. Es war der Ansicht, daß für Streitigkeiten aus dem Gründe der §§ 970 und 1316 ABGB die ausschließliche Zuständigkeit des Bezirksgerichtes gemäß § 49 Abs. 2 Z. 7 JN gegeben sei.

Das Rekursgericht wies den Rekurs der Klägerin als verspätet zurück. Der angefochtene Beschluß sei der Klägerin am 28. Juli 1975 zugestellt, der Rekurs am 8. September 1975 zur Post gegeben worden. Da es sich um eine Klage handle, die auf die §§ 970 und 1316 ABGB gestützt sei, wobei es ohne Belang sei, ob § 970 ABGB nur hilfsweise herangezogen worden sei, sei zur Entscheidung über den Rechtsstreit nicht nur das Bezirksgericht gemäß § 49 Abs. 2 Z. 7 JN ausschließlich zuständig, die Rechtssache gelte auch gemäß § 224 Abs. 1 Z. 6 ZG als Ferialsache. Die Vorschrift des § 49 Abs. 2 Z. 7 JN gelte ebenso wie die mit ihr korrespondierende Vorschrift des § 224 Abs. 1 Z. 6 ZPO nicht nur für Vertrags-, sondern auch für Deliktsklagen. Daraus folge, daß der Rekurs verspätet eingebracht worden sei. Nach den Erhebungen des Rekursgerichtes sei am 13. Juni 1975 über das Vermögen der Beklagten der Konkurs zur GZ S 74/75 des Handelsgerichtes Wien eröffnet worden. Der verspätet erhobene Rekurs hindere aber das Rekursgericht, die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses, die wegen der durch die Konkurseröffnung eingetretenen Unterbrechung des Verfahrens gegeben sei, wahrzunehmen.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Rechtssache an das Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen, da die Bestimmung des § 224 Abs. 1 Z. 6 ZPO nicht auf Garagenunternehmer Anwendung zu finden habe und der Rekurs daher nicht verspätet erhoben worden sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten Folge und trug dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Mit Rücksicht auf die durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beklagten am 13. Juni 1975 gemäß § 7 Abs. 1 KO eingetretene Unterbrechung des Verfahrens hat sich die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses darauf zu beschränken, ob dem Rekursgericht infolge verspäteter Einbringung des Rechtsmittels eine Wahrnehmung der Rechtsfolgen der Konkurseröffnung verwehrt war.

Das Rekursgericht war der Ansicht, daß die Bestimmung des § 224 Abs. 1 Z. 6 ZPO auf die Beklagte anzuwenden sei. Nach dieser Vorschrift sind Streitigkeiten zwischen Wirten, Schiffern, Flößern oder Fuhrleuten einerseits und ihren Gästen, Reisenden oder Auftraggebern andererseits über die aus diesen ihren gegenseitigen Verhältnissen entspringenden Verpflichtungen Ferialsachen. Keiner der in dieser Gesetzesstelle genannten Personengruppen kann die Beklagte als Garagenunternehmerin zugeordnet werden. Daran ändert auch die Bestimmung des § 970 Abs. 2 ABGB nichts, welche lediglich die die Wirte treffende Haftung auf die Unternehmer von Stallungen und Aufbewahrungsräumen für die bei ihnen eingestellten Tiere und Fahrzeuge ausdehnte. Seit dieser durch die dritte Teilnovelle zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch eingefügten Bestimmung besteht keine Kongruenz mehr zwischen dem Personenkreis des § 970 ABGB und dem des § 224 Abs. 1 Z. 6 ZPO. Da sich der Gesetzgeber zu einer Anpassung des im § 224 Abs. 1 Z. 6 ZPO umschriebenen Personenkreises an den des § 970 ABGB i. d. F. der III. Teilnovelle durch Novellierung der erstgenannten Bestimmung nicht veranlaßt gesehen hat, bleibt für eine ausdehnende Interpretation des als Ausnahmebestimmung anzusehenden § 224 Abs. 1 Z. 6 ZPO in der Weise, daß Streitigkeiten, welche Unternehmer, die Stallungen und Aufbewahrungsräume halten, betreffen, als Ferialsachen anzusehen seien, kein Raum.

Der Rekurs der Klägerin ist somit nicht verspätet eingebracht, sodaß das Rekursgericht entgegen seiner im angefochtenen Beschluß vertretenen Rechtsansicht nicht gehindert war, aus Anlaß dieses Rechtsmittels die sich aus der Konkurseröffnung über das Vermögen der Beklagten ergebenden Rechtsfolgen zu berücksichtigen.

Dem im Ergebnis berechtigten Rekurs war daher Folge zu geben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Anmerkung

Z48139

Schlagworte

Ferialsache nach § 224 Abs. 1 Z. 6 ZPO, keine Ausdehnung des Begriffes, der - auf die Unternehmer von Stallungen und Aufbewahrungsräumen, Unternehmer von Aufbewahrungsräumen, keine Ausdehnung des Begriffes der, Ferialsache nach § 224 Abs. 1 Z. 6 ZPO auf die -, Unternehmer von Stallungen, keine Ausdehnung des Begriffes der, Ferialsache nach § 224 Abs. 1 Z. 6 ZPO auf die -

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1975:0080OB00256.75.1217.000

Dokumentnummer

JJT_19751217_OGH0002_0080OB00256_7500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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