TE OGH 1976/3/23 5Ob4/76

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.03.1976
beobachten
merken

Norm

ABGB §1072
ABGB §1073
Grundbuchgesetz §5
Grundbuchgesetz §9

Kopf

SZ 49/46

Spruch

Ist im Grundbuch ein Vorkaufsrecht einverleibt, kann auf Grund eines Übergabsvertrages, der Elemente eines Kaufvertrages enthält, die Einverleibung des Eigentumsrechtes eines Dritten nicht bewilligt werden

Die Einverleibung eines Vorkaufsrechtes in das Hauptbuch ohne Bezugnahme auf die Urkundensammlung verpflichtet Dritte nicht, letztere zu Rate zu ziehen, ob das Vorkaufsrecht auch noch auf andere Veräußerungsarten als den Kauf ausgedehnt wurde

Die Einverleibung des Eigentumsrechtes an einer Liegenschaft, bei der ein Vorkaufsrecht einverleibt ist, darf nur gegen den mittels einverleibungsfähiger Urkunde erbrachten Nachweis bewilligt werden, daß die Liegenschaft dem Vorkaufsberechtigten zum Ankauf angeboten wurde und dieser vom Vorkaufsrecht nicht Gebrauch machte

OGH 23. März 1976, 5 Ob 4/76 (LG Klagenfurt 1 R 20/76; BG Klagenfurt TZ 8941/75)

Text

Josefine L ist zu 5/8 Anteilen grundbücherliche Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 985 KG W Grundbuch des Bezirksgerichtes Klagenfurt, mit dem Haus Klagenfurt, M-Straße 2. Mit Vereinbarung vom 21. Mai 1970 räumte Josefine L der K-Bank hinsichtlich ihrer 5/8 Anteile an der EZ 985 KG W in Sinne der Bestimmungen der §§ 1072 ff. ABGB für alle Veräußerungsfälle das Vorkaufsrecht ein. Josefine L erteilte die ausdrückliche Bewilligung, daß bei ihren Liegenschaftsanteilen an der Liegenschaft EZ 985 KG W das Vorkaufsrecht im Sinne dieser Vereinbarung zugunsten der K-Bank einverleibt werde. Letztere beantragte mit Ansuchen vom 5. Juni 1970 unter Vorlage dieser Vereinbarung nachstehende grundbücherliche Eintragung: "Auf Grund der Vereinbarung vom 21. Mai 1970 wird das Vorkaufsrecht auf diese Anteile zu Gunsten der K-Bank einverleibt." Dieses Gesuch wurde vom Erstgericht mit Beschluß vom 9. Juni 1970, TZ 5760/70, antragsgemäß bewilligt. Der Beschluß wurde auch am gleichen Tage vollzogen.

Mit Notariatsakt vom 28. Juli 1975 schlossen Josefine L und ihre Enkel Dr. Hans L und Günter L vor dem Notar Dr. Dietrich K einen Übergabsvertrag, mit dem Josefine L die ihr gehörigen 5/8 Anteile an der Liegenschaft EZ 985 KG W Dr. Hans L und Günter L zu je 5/16 Anteilen ins Miteigentum übertrug. Nach Inhalt des Notariatsaktes, mit dem sich die Übernehmer auch gegenseitig ein Vorkaufsrecht einräumten, haftet die Übergeberin dafür, daß die Liegenschaft frei von Benutzungsrechten dritter Personen und ohne bücherliche sowie außerbücherliche Lasten übereignet werde, soweit sich aus dem Vertrag nichts anderes ergebe, abgesehen von Bestandsrechten. Die Übernehmer hätten ein auf der Liegenschaft einverleibtes Pfandrecht für eine Darlehensforderung der Kärntner Ärztekammer im Betrag von 1 000 000 S samt Anhang, das in Monatsraten von 15 000 S aus den Mieterträgnissen des Hauses beglichen werden sollte, in ihre persönliche Zahlungsverpflichtung zu übernehmen und die Übergeberin diesbezüglich vollkommen schad- und klaglos zu halten. Den Übernehmern blieb es überlassen, sich mit dem Miteigentümer Johann Josef L wegen Ersatzes für die rückständigen Verzinsungs- und Tilgungsraten, die aus den Mieteinnahmen von ihm bezogen worden waren, auseinanderzusetzen. Die Übernehmer verpflichteten sich, dafür zu sorgen, daß sie im Haus nordseitig im ersten Stock gelegene 70 m2 große Wohnung der Übergeberin auch weiterhin zur Verfügung stehe; sie hatten für die Betriebs- und Heizungskosten sowie die anteilsmäßigen Erhaltungskosten aufzukommen, so daß die Wohnung von der Übergeberin, von ihrem eigenen Strombezug abgesehen, kostenfrei verwendet werden kann. Als weitere Gegenleistung verpflichteten sich die Übernehmer, der 1895 geborenen Übergeberin eine nach dem Verbraucherpreisindex 1966 wertgesicherte monatliche Leibrente von 3 300 S zu bezahlen. Sie verpflichteten sich darüber hinaus, die Wohnung der Übergeberin nach deren Ableben der 1945 geborenen Schwester der Übernehmer Gertraud T kostenfrei, allenfalls zur Vermietung, zur Verfügung zu stellen. Auf das allfällige Recht, den Vertrag wegen Verletzung über die Hälfte des gemeinen Wertes anzufechten, wurde verzichtet. Im Notariatsakt wurde als Grund für den Abschluß des Übergabsvertrags angegeben, daß die Übergeberin hinsichtlich der Darlehensschuld der Kärntner Ärztekammer gegenüber von jeder Haftung und gerichtlichen oder außergerichtlichen Inanspruchnahme befreit werden wollte. (Ein Zwangsversteigerungsverfahren ist offenbar anhängig.) Vom Vorkaufsrecht der K-Bank AG ist im Übergabsvertrag nicht die Rede.

Die Übernehmer beantragten mit beim Erstgericht am 15. Oktober 1975 eingelangten Grundbuchsgesuch (TZ 8941/75) den Grundbuchsbeschluß, bei der Liegenschaft EZ 985 KG W, und zwar beim 5/8 Teil der Josefine L werden auf Grund des Übergabsvertrages vom 28. Juli 1975, des Ranganmerkungsbeschlusses vom 18. August 1975, TZ 7160/75, und der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern Klagenfurt vom 9. Oktober 1975, BRP 18 398/70-II, nachstehende Grundbuchseintragungen bewilligt: 1. die Einverleibung des Eigentumsrechtes je zur Hälfte, hinsichtlich der ganzen Liegenschaft, daher zu je 5/16 für Dr. Hans L, geb. 29. Mai 1941, und Günter L, geb. 22. August 1944, im Range der Anmerkung TZ 7160/75, 2. beim 5/16 Miteigentumsanteil des Dr. Hans L, geb. 29. Mai 1941, die Einverleibung des Vorkaufsrechtes für Günter L, geb. 22. August 1944, und beim 5/16 Miteigentumsanteil des Günter L, geb. 22. August 1944, die Einverleibung des Vorkaufsrechtes für Dr. Hans L, geb. 29. Mai 1941, gemäß Punkt 6 des Übergabsvertrages. Eine Zustimmungserklärung der vorkaufsberechtigten K- Bank Aktiengesellschaft lag dem Ansuchen nicht bei.

Das Erstgericht bewilligte den Antrag. Von diesem Beschluß wurde auch die K-Bank AG als erste Pfandgläubigerin verständigt.

Über Rekurs der K-Bank AG wies das Rekursgericht das Grundbuchsgesuch der Übernehmer ab. Mit der Vereinbarung vom 21. Mai 1970 sei das Vorkaufsrecht der K-Bank AG für alle Veräußerungs-Fälle eingeräumt worden. Das Grundbuchsgesetz schließe die Verbücherung eines durch besondere Verabredung nach § 1078 ABGB auf andere Veräußerungsakte ausgedehnten Vorkaufsrechtes nicht ausdrücklich aus, die Rechtsprechung bejahe die Eintragbarkeit eines solchen Vorkaufsrechtes. Unter einem Veräußerungsfall sei nicht nur der Verkauf zu verstehen, sondern auch die Schenkung, der Freundschaftskauf, der Tausch und die Übergabe. Der Übergabsvertrag vom 28. Juli 1975 stelle ebenfalls eine Veräußerung dar. Ob der Übergabsvertrag seinem Wesen nach ein Kaufvertrag sei oder nicht, könne unter diesen Umständen auf sich beruhen. Der Erwerber einer mit einem Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaft müsse, um die Einverleibung seines Eigentumsrechtes zu erwirken, dem Grundbuchsgericht in Form einer einverleibungsfähigen Urkunde nachweisen, daß die Liegenschaft dem Vorkaufsberechtigten angeboten wurde oder daß dieser mit der beantragten Einverleibung einverstanden sei. Sei er dazu nicht in der Lage, müsse er sich den Nachweis im Prozeßweg verschaffen. Mangels Nachweises der Zustimmung des Vorkaufsberechtigten hätte das Grundbuchsgericht die Bewilligung der beantragten Eigentumsübertragung verweigern müssen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurse der Antragsteller nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs behauptet zunächst, das im Grundbuch einverleibte Vorkaufsrecht der K-Bank AG sei ungültig, da ihr ohne Erbringung einer Gegenleistung ein Recht eingeräumt worden sei, das für sie einen offenbar beträchtlichen wirtschaftlichen Wert darstelle; die schenkungsweise Einräumung des Vorkaufsrechtes hätte des Formerfordernisses des Notariatsaktes (§ 1 Abs. 1 lit. d NotZwG) bedurft. Richtig ist dazu, daß Faistenberger, Das Vorkaufsrecht, 21, auf den sich der Revisionsrekurs beruft, die Auffassung vertritt, das Vorkaufsrecht stelle zweifellos einen Vermögenswert dar, den der Berechtigte erlange. Faistenberger führt aber auch aus, daß es letzten Endes um die Auslegung des Begriffes der unentgeltlichen Überlassung einer Sache gehe; verstehe man darunter nicht bloß die Übertragung bestehender Vermögensrechte, sondern auch ihre unentgeltliche Neubegründung, ließe sich der Schenkungscharakter einer unentgeltlichen Vorkaufsrechteinräumung nicht verneinen; verstehe man die Sachüberlassung dagegen bloß als Übertragung bereits bestehender Rechte, liege keine Schenkung vor. Die Beantwortung dieser Frage läßt Faistenberger nicht nur offen, sondern zitiert auch die gegenteiligen Auffassungen von Ehrenzweig[2] II/1, 363; Bettelheim in Klang[1] II/2, 1020 und Stanzl in Klang[2] IV/I, 596 u. a., aber auch die Entscheidung GIUNF 2574. Selbst wenn man aber annehmen wollte, das Vorkaufsrecht sei unentgeltlich eingeräumt worden, was angesichts der Tatsache, daß die K-Bank AG erste Pfandgläubigerin ist, keineswegs gewiß ist, und hätte zu seiner Begründung und bücherlichen Einverleibung eines Notariatsaktes bedurft, könnten sich die Antragsteller nunmehr dennoch nicht darauf berufen. Es wurde nämlich keine Eintragung vorgenommen, deren Inhalt schon nach dem Gesetz nicht Gegenstand einer grundbücherlichen Eintragung sein kann. Die Einverleibung des Vorkaufsrechts war vielmehr nach § 1073 und § 9 GBG zweifellos zulässig. Es ist auch ein Vorkaufsrecht verbücherungsfähig, das nicht im Anschluß an einen Kaufvertrag vereinbart wurde (SZ 24/247 u. a.). Eine amtswegige Löschung nach § 130 GBG, auf die zudem eine Partei keinen Anspruch hat, sondern die sie nur anregen kann (SZ 24/193 u. a.), kommt damit nicht in Betracht. Die Einverleibung könnte also nur von der zu Unrecht bücherlich Belasteten nach den §§ 61 bis 64 GBG bekämpft werden. Solange sie aber besteht, ist sie im Rahmen ihrer gesetzlichen Wirkung zu beachten.

An sich im Recht ist der Revisionsrekurs darin, daß das Rekursgericht dem § 5 GBG eine größere Bedeutung beimaß, als ihm zukommt. Nach dieser Gesetzesregelung sind die wesentlichen Bestimmungen der bücherlichen Rechte in das Hauptbuch einzutragen; nur wenn sie eine kurze Fassung nicht zulassen, so ist im Hauptbuch eine Berufung auf genau bezeichneten Stellen der Urkunden, die der Eintragung zugrunde liegen, mit der Wirkung zulässig, daß die bezogenen Stellen als im Hauptbuch eingetragen anzusehen sind. Gewiß wurde dazu auch die Auffassung vertreten, daß es Pflicht der interessierten Parteien sei, nicht nur das Hauptbuch, sondern auch die Urkundensammlung einzusehen und die Folgen der Unterlassung der Einsichtnahme zu tragen (SZ 12/284; GlUNF 1237 u. a.; Bartsch, Grundbuchsgesetz[7], 14 der jedoch selbst unter FN 24 eine gegenteilige Entscheidung des OGH zitiert, wonach bei einer allfälligen Divergenz zwischen einer Eintragung im Grundbuch und dem Inhalt der einschlägigen, in der Urkundensammlung liegenden Urkundenabschriften die grundbücherliche Eintragung maßgeblich sei). Mit Recht vertritt Demelius, Österreichisches Grundbuchsrecht, 94 den allein mit dem Wortlaut des § 5 GBG vereinbarten Standpunkt, daß der Urkundensammlung wegen ihrer dem Hauptbuch untergeordneten Bedeutung der Vertrauensschutz abzusprechen ist; nur wenn die Unrichtigkeit einer Eintragung im Hauptbuch aus einer Stelle der Urkunde erkennbar ist, die im Eintrag berufen wurde, hat ihr Inhalt kraft des Vertrauensgrundsatzes zur Geltung zu kommen. Dem entspricht auch die herrschende Rechtsprechung und Lehre, wonach der Zwang, an Hand der Urkunde die Richtigkeit der Eintragung im Hauptbuch zu prüfen, die Einrichtung des Hauptbuches zwecklos erscheinen ließe und den Verkehrsbedürfnissen widersprechen würde; anderes kann nur dann gelten, wenn entweder das Hauptbuch auf die Urkundensammlung Bezug nimmt, wenn bei dem in das Hauptbuch Einsicht Nehmenden der Verdacht erweckt werden muß, daß das Hauptbuch und die Urkundensammlung nicht übereinstimmen, oder wenn die Einsichtnahme in die Urkundensammlung als verkehrsüblich angesehen werden muß (Klang[2] II, 337; in diesem Sinne SZ 46/56; EvBl. 1971/64; SZ 28/68; SZ 16/93; SZ 11/41 u. a.; Gschnitzer, Sachenrecht, 27; Feil, Österreichisches Grundbuchsrecht, 14 f.; ähnlich Ehrenzweig[2] I/2, 109). Dem Revisionsrekurs ist beizupflichten, daß die Eintragung des Vorkaufsrechtes der K-Bank AG in das Grundbuch für die Antragsteller als Dritte (Feil, 15) keinen Anlaß gab, noch die Urkundensammlung zu Rate zu ziehen. Daß das Vorkaufsrecht auf andere Veräußerungsarten als den Kauf ausgedehnt werde, bedarf immerhin einer besonderen Verabredung (§ 1078 ABGB). Eine solche hätte in das Hauptbuch eingetragen werden müssen. Daß dies nur in der Urkunde stehen könnte, mußte schon wegen der leicht möglichen Kurzfassung der Eintragung nicht angenommen werden, jedenfalls aber nicht dann, wenn jeder Hinweis auf die Urkundensammlung fehlte. Die K-Bank AG, die selbst die Formulierung der Eintragung in das Grundbuch gewählt hatte, konnte sich zudem ohne weiteres auch mit der bücherlichen Einverleibung des Vorkaufsrechtes bei Abschluß eines Kaufvertrages der Verpflichteten begnügt haben, was schon deswegen nicht völlig ferne lag, da nichts darüber vereinbart worden war, was die K-Bank AG etwa zu leisten hätte, wenn eine anderweitige Veräußerung stattfinden sollte.

Damit ist aber für den Standpunkt der Antragsteller nichts Entscheidendes gewonnen. Nach ständiger Rechtsprechung (Jud. 68 alt = GlUNF 3896; EvBl. 1967/275; SZ 37/78; SZ 35/91; EvBl. 1964/2; SZ 25/92; SZ 23/230 u.v.a.) wird das Vorkaufsrecht durch die Verbücherung in ein dingliches Recht verwandelt und kann gegen jeden dritten Besitzer der Sache geltend gemacht werden; es wächst über einen bloß persönlichen Anspruch gegen die Eigentümer hinaus und wird zu einer Beschränkung des Verfügungsrechtes; es macht den Eigentümer bei Nichtbeachtung dieses Rechtes nicht bloß ersatzpflichtig, sondern hindert ihn, die Sache beliebig zu veräußern; er kann über sie erst dann,wenn der Vorkaufsberechtigte von dem Angebot zur Einlösung keinen Gebrauch gemacht hat oder das Recht durch Ablauf der gesetzlichen Frist erloschen ist, frei verfügen (SZ 10/163). Grundsätzlich kann daher die Einverleibung des Eigentumsrechtes an einer Liegenschaft, bei der ein Vorkaufsrecht einverleibt ist, nur gegen den mittels einverleibungsfähiger Urkunde erbrachten Nachweis bewilligt werden, daß die Liegenschaft dem Vorkaufsberechtigten zum Ankauf angeboten wurde und daß er vom Vorkaufsrecht nicht Gebrauch gemacht hat (SZ 7/17; in diesem Sinne auch Feil, 186; Ehrenzweig[2]II/1, 421; Koziol - Welser[3] I, 241). Gegen diese Rechtsprechung und Lehre macht allerdings Faistenberger, 223 Bedenken geltend. Er vertritt die Auffassung, daß trotz eines einverleibten Vorkaufsrechtes das Eigentumsrecht eines Dritten einverleibt werden könne und es genüge, den bücherlichen Vorkaufsberechtigten auf das Abforderungsrecht gegen den Dritten nach § 1079 ABGB zu verweisen; es sollte dazu der Vorkaufsberechtigte von Amts wegen von der Übereignung an den Dritten verständigt werden, was sich allerdings, wie Faistenberger (233) selbst zugibt, aus § 119 GBG nicht eindeutig ergibt. Gewiß ist es ein beachtliches Argument, daß der Grund nicht ohne weiteres ersichtlich ist, warum dem Vorkaufsberechtigten im Gesetz das Recht zur Rückforderung der Sache beim neuen Erwerber eingeräumt wird, wenn eine gegen das verbücherte Vorkaufsrecht verstoßende Veräußerung überhaupt unzulässig ist (Bettelheim, 1023). Es darf aber nicht übersehen werden, daß der Vorkaufsberechtigten ausdrücklich ein Vorkaufsrecht zusteht, er also das Recht hat, die Liegenschaft oder Liegenschaftsanteile, bei der bzw. denen das Vorkaufsrecht einverleibt ist, vor jedem anderen Käufer zu dessen Bedingungen in sein Eigentum zu erwerben. Es ist daher nicht einzusehen, warum dennoch die Einverleibung eines Dritten gegen den Grundbuchsstand zulässig sein soll; der § 1079 ABGB kann ohne weiteres dahin verstanden werden, daß er dem in seinem bücherlichen Recht Verletzten nur zusätzlich ein Klagsrecht auf Herausgabe gegen den Dritten einräumt. Auch bei Verletzung anderer bücherlicher Rechte wird schließlich die Auffassung vertreten, daß dann, wenn eine Eintragung materiell und formell unrichtig ist, sowohl ein Rekurs als auch eine Löschungsklage zulässig ist (SZ 46/56 und die dort zitierte zahlreiche Literatur und weitere Judikatur; Feil, 34). Das Abforderungsrecht erlangt in der Regel nur dann Bedeutung, wenn dem Grundbuchsrichter ein Fehler unterlaufen ist (Koziol - Welser, 241), aber auch dann, wenn es sich nicht um einen Fall offenbarer Mißachtung des verbücherten Vorkaufsrechtes, sondern um eine Umgehung handelt (SZ 37/78).

Beachtet muß allerdings werden, daß nach der Formulierung der grundbücherlichen Einverleibung des Vorkaufsrechtes der K-Bank AG die Eintragung Dritter nur auf Grund eines Kaufvertrages verhindert werden sollte. Das Vorkaufsrecht konnte daher auf andere Veräußerungsarten nicht ausgedehnt werden und kam nicht zur Auswirkung, wenn die Liegenschaftsanteile auf andere Weise als durch Verkauf veräußert wurden (5 Ob 484/59 = RPflSlgG Nr. 186). Es wurde in diesem Zusammenhang auch der Begriff des Freundschaftskaufes entwickelt, worunter eine aus entgeltlichen und unentgeltlichen Elementen zusammengesetzte Veräußerung verstanden wird, bei der der Kaufpreis im Einverständnis der Parteien so festgesetzt wird, daß er nicht die vollkommene Gegenleistung für die Übertragung der Sache darstellt, sondern die Parteien sich einig sind, daß es sich teilweise um eine unentgeltliche Zuwendung handelt; durch einen solchen Freundschaftskauf wird ein vereinbartes Vorkaufsrecht ebenfalls nicht ausgelöst (SZ 38/227; SZ 36/11 und die dort zitierte Literatur und weitere Judikatur; Feil, 184). Dem Revisionsrekurs ist natürlich beizupflichten, daß grundsätzlich ein Kaufvertrag nur zustande kommt, wenn eine Sache um eine bestimmte Summe baren Geldes einem anderen überlassen wird (§§ 1053, 1054 ABGB). Die Bestimmung des § 1055 ABGB stellt jedoch klar, daß nicht nur dann ein Kaufvertrag anzunehmen ist, wenn überwiegend Bargeldleistungen vereinbart werden, sondern daß auch bei gleichem Werte von Bargeld- und anderen Leistungen noch ein Kaufvertrag vorliegt. Der OGH hat ausgesprochen, daß auch die Überlassung einer Liegenschaft gegen eine Leibrente ein Kaufvertrag ist, bei dem die Liegenschaft den Kaufsgegenstand und die Rente den Preis bildet; daß dieser Preis im vorhinein nicht feststeht, weil er von der Lebensdauer des Rentenbeziehers abhängt, macht den Preis nicht unbestimmt, weil Bestimmbarkeit des Preises genügt; für die Bestimmbarkeit ist es aber nicht erforderlich, daß er bereits im Zeitpunkt des Abschlusses bestimmbar war (SZ 25/328). Bei einem solchen Vertrag kommt also ein vereinbartes Vorkaufsrecht zum Tragen (EvBl. 1964/2). Diese Auffassung wird zwar von Gschnitzer (JBl. 1966, 37) bezweifelt und von Faistenberger, 117 unter Hinweis auf § 1284 ABGB, wonach der Leibrentenvertrag ein eigener Vertrag (Glücksvertrag) ist, aber auch von der Bestimmbarkeit des Preises nicht gesprochen werden könne, abgelehnt. Es darf aber nicht übersehen werden, daß gerade beim Leibrentenvertrag Barleistungen wie beim Kaufvertrag zu erbringen sind, aber auch der Preis versicherungsmathematisch errechenbar ist und bei Verträgen über den Erwerb von Liegenschaften gegen Leibrente auch errechnet wird, wenn dann auch die tatsächlich zu bezahlenden Beträge niedriger oder höher sein können. Wie bei einem Kaufvertrag gegen Bezahlung eines bestimmten Geldbetrages sind die Gegenleistungen nach der erwähnten Berechnung in der Regel durchaus angemessen und von jedem Dritten zu erbringen, so daß kein Grund besteht, den Leibrentenvertrag trotz seiner Eigenschaft als Glücksvertrag und der sich daraus ergebenden Besonderheiten auch als Kaufvertrag zu behandeln. Dieser Auffassung tritt auch Mayer - Maly in Klang[2] IV/2, 232 bei und ergänzt, daß auch eine Wertsicherung der Rente nicht als Hindernis der Bestimmbarkeit angesehen werden darf, wenn der Bezugspunkt der Wertsicherung determiniert ist. Ein Vorkaufsfall liegt nur dann nicht vor, wenn eine Liegenschaft gegen Pflegeleistungen und Geld veräußert wird und die Pflege sich als Hauptleistung des Erwerbers darstellt (JBl. 1966, 35; 3 Ob 539/55; Mayer - Maly, 238). Am Wesen eines Kaufvertrages und der Bestimmtheit des Preises ändert es auch nichts, wenn die Kontrahenten vereinbaren, daß Teile des Kaufpreises mit irgendwelchen Beträgen verrechnet werden; es wird nur die Auffassung der Entscheidung SZ 12/99 bezweifelt, der Kaufpreis sei auch dann genügend bestimmt, wenn sich ein Käufer verpflichtet, die Gläubiger des Käufers zu befriedigen (Mayer - Maly, 223). Es ändert aber gewiß nichts am Charakter eines Kaufvertrages, wenn der Erwerber die Verpflichtung übernimmt, die Rückbezahlung eines bücherlich sichergestellten Darlehens vertragsgemäß zu übernehmen und den Verkäufer schad- und klaglos zu halten. Er hat dann die mit dem Darlehensgeber vereinbarten bestimmten Rückzahlungsbeträge an Stelle des Verkäufers an den Darlehensgeber kraft Schuldübernahme in bar zu leisten.

Im vorliegenden Fall bestehen nach dem Inhalt des Notariatsaktes, der Grundlage der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Antragsteller sein soll, deren Verpflichtungen vor allem darin, die Verbindlichkeit zur Rückzahlung der Darlehensforderung der Kärntner Ärztekammer im Betrag von 1 000 000 S in Monatsraten von 15 000 S aus den Mieterträgnissen des Hauses in ihre persönliche Zahlungsverpflichtung zu übernehmen und die Übergeberin schad- und klaglos zu halten, und der Übergeberin auch eine monatliche, nach dem Verbraucherpreisindex 1966 wertgesicherte Leibrente von 3 300 S zu bezahlen. Persönliche Handreichungsverpflichtungen übernahmen die Übernehmer nicht. Die Verpflichtung der Übergeberin eine Wohnung zu belassen, für deren Kosten aufzukommen und die Verfügung später ihrer Schwester zu überlassen, kann dagegen nicht besonders ins Gewicht fallen. Nach dem Inhalt des Vertrages scheinen demnach die Kaufvertragselemente eindeutig zu überwiegen. Daran ändert auch nichts, daß die Antragsteller nahe Angehörige der Übergeberin sind. Auch ein Verkauf an nahe Angehörige löst das Vorkaufsrecht aus, wenn der Vertrag nicht Elemente der Schenkung enthält (RPflSlgG Nr. 186). Für eine solche Annahme sind jedoch keine Anhaltspunkte gegeben. Die Behauptungen im Revisionsrekurs in dieser Richtung sind nicht aktenkundig, auch nicht eine vorweggenommene Erbfolge. Aus dem Notariatsakt ist nicht einmal zu ersehen, welchen Wert die übergebenen Liegenschaftsanteile im Verhältnis zu den von den Antragstellern übernommenen Verpflichtungen haben sollen. Mit Recht hat daher das Rekursgericht den Antrag der Antragsteller abgewiesen. Dies muß umso mehr in einem Fall wie dem vorliegenden gelten, in dem des Vorkaufsrechtes der K-Bank AG im Übergabsvertrag nicht einmal gedacht worden war, wird doch sogar die Auffassung vertreten, daß entgegen einem verbücherten Vorkaufsrecht nicht einmal dann eine Eigentumsübertragung bewilligt werden darf, wenn ihr ein Schenkungsvertrag zugrunde liegt, es sei denn, daß das Vorkaufsrecht mit übertragen wird (EvBl. 1967/275; ZBl. 1930/85); ein solcher Antrag wurde nicht gestellt. Wenn die Antragsteller der Meinung sind, daß wegen des weder aus dem Vertrag noch aus anderen Umständen ersichtlichen hohen Wertes der gegenständlichen Liegenschaftsanteile die Elemente eines Kaufvertrages nicht überwiegen und die Vorkaufsberechtigte sich dieser Auffassung nicht anschließt, wird es ihre Sache sein, sich eventuell ein Urteil zu verschaffen, das die bücherliche Durchführung des Übergabsvertrages trotz des einverleibten Vorkaufsrechtes ermöglicht. Im Grundbuchsverfahren kann diese Frage auf keinen Fall geklärt werden.

Anmerkung

Z49046

Schlagworte

Vorkaufsrecht, keine Einverleibung des Eigentumsrechtes auf Grund eines, Übergabsvertrages, der Elemente eines Kaufvertrages enthält

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1976:0050OB00004.76.0323.000

Dokumentnummer

JJT_19760323_OGH0002_0050OB00004_7600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten