TE OGH 1977/9/13 3Ob89/77

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Veröffentlicht am 13.09.1977
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Norm

AO §55c Abs3
Grundbuchgesetz §14

Kopf

SZ 50/118

Spruch

Eine zur Erfüllung eines Ausgleiches bestellte Hypothek wird nach Bestätigung und rechtskräftiger Aufhebung des Ausgleiches durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des seinerzeitigen Ausgleichsschuldners nicht berührt

OGH 13. September 1977, 3 Ob 89/77 (KG Wels R 284/77; BG Vöcklabruck E 7045/75)

Text

Auf der dem Josef L gehörenden Liegenschaft EZ 1261 ist zu COZ 33 (als Haupteinlage) und auf den Liegenschaften EZ 369 zu COZ 58 und EZ 688 zu COZ 81 (als Nebeneinlagen), sämtliche Liegenschaften in der KG A, auf Grund der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 4. Dezember 1974 das Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von 2 000 000 S zugunsten der Gläubiger im Ausgleichsverfahren des Josef L, Sa 10/74 des Kreisgerichtes Wels, nach § 55c Abs. 3 AO eingetragen, wobei als Sachwalter Rechtsanwalt Dr. Erich A fungiert (Grundbuchsbeschluß des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 20. Jänner 1975, TZ 235/75). mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 21. April 1975, Sa 10/74-37, wurde das genannte Ausgleichsverfahren gemäß § 55 Abs. 2 AO aufgehoben und u. a. die Löschung der Anmerkung der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens in den oben angeführten Grundbuchseinlagen angeordnet. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 5. September 1975, S 30/75-2, wurde über das Vermögen des Josef L das Konkursverfahren eröffnet.

Mit Beschluß vom 8. April 1977, verteilte das Erstgericht die für die Liegenschaften des Josef L EZ 369, 688, 1261 KG A erzielten Meistbote. Bei der Verteilungstagsatzung am 7. April 1977 meldete Dr. Erich A "im Range COZ 33 (EZ 1261) = COZ 58 (EZ 369) = COZ 81 (EZ 688) eine Forderung zur Sicherung der Gläubigerforderungen im Ausgleich Sa 10/77 im Sinne der Schuld und Pfandbestellungsurkunde vom 4. Dezember 1974 im Betrage von 2 000 000 S an". Anschließend an diese Anmeldung ist im Verhandlungsprotokoll folgendes protokolliert: "Die mit diesem Pfandrecht sichergestellte Forderung fällt der Konkursmasse zur Befriedigung aller Konkursgläubiger zu."

Gegen diese Anmeldung erhob die Finanzprokuratur als "Nachhypothekar", richtig als Vertreter des Nachhypothekars Republik Österreich, (Finanzamt Vöcklabruck) Widerspruch mit der Begründung, das gegenständliche Pfandrecht sei gegenstandslos geworden, weil es durch die nachfolgende Konkurseröffnung zu S 30/75 des Kreisgerichtes Wels keine Ausgleichsgläubiger mehr gebe. Darüber hinaus sei auch das Amt des Sachwalters durch die Konkurseröffnung erledigt, so daß dem als Sachwalter eingesetzten Dr. A die Legitimation zur Geltendmachung dieser Hypothekarforderung fehle. Überdies sei er im Konkursverfahren zum Masseverwalter bestellt und somit Vertreter der verpflichteten Partei im gegenständlichen Exekutionsverfahren; er könne somit nicht als Gläubigervertreter auftreten. Deshalb habe die Finanzprokuratur zu 1 Nc 1304/76 des Bezirksgerichtes Vöcklabruck am 3. Mai 1975 den Antrag gestellt, das Verfahren zur amtswegigen Löschung gemäß §§ 31 ff. Grundbuchsgesetz einzuleiten; es werde auf die dortigen Ausführungen hingewiesen. Es folgt dann im Verteilungsprotokoll eine Anmeldung der Finanzprokuratur zu Gunsten der Buchgläubigerin Republik Österreich.

Das Erstgericht wies auf die oben näher bezeichneten Höchstbetragspfandrechte der Gläubiger im Ausgleichsverfahren Sa 10/74 des Kreisgerichtes Wels nichts zu, begrundete dies im wesentlichen damit, daß durch die Eröffnung des Konkursverfahrens die Ausgleichserfüllung endgültig ausgeschlossen worden sei. Es sei daher der vom Gesetz erforderte Zweck (§ 55c Abs. 3 AO zur Sicherung der Ausgleichseröffnung) dieser Hypothek endgültig weggefallen. Eine Absonderung zu Gunsten der Ausgleichsgläubiger sei unzulässig, wenn während der Dauer der außergerichtlichen Überwachung der Ausgleichserfüllung der Konkurs (ohne Wirkungen des § 2 Abs. 2 KO) eröffnet werde. Auch die zur Sicherung des Ausgleichsgläubigers am Vermögen des Ausgleichsschuldners gemäß § 55c Abs. 3 AO begrundete Hypothek begrunde kein Absonderungsrecht mehr.

An Stelle der Höchstbetragshypotheken gelangte als im Range nachstehender Gläubiger die Republik Österreich (Finanzamt Vöcklabruck) zum Zuge, wobei die restliche Masse (samt anteiligen Zinsenerträgen) gänzlich verteilt wurde.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß es den auf die Höchstbetragshypotheken der Ausgleichgläubiger entfallenden Betrag nicht dem Finanzamt Vöcklabruck, sondern der Konkursmasse zuwies. Es vertrat im wesentlichen die Ansicht, daß die gegenständlichen, nach § 55c Abs. 3 AO begrundeten Simultanhypotheken im anhängigen Konkursverfahren kein Absonderungsrecht begrunden. Es sei vielmehr der auf diese Simultanhypotheken entfallende Betrag in die Konkursmasse einzubeziehen.

Über den Revisionsrekurs der Finanzprokuratur hob der Oberste Gerichtshof den Beschluß des Rekursgerichtes zur Gänze und den Verteilungsbeschluß des Erstgerichtes in den die Republik Österreich betreffenden Teilen auf und verwies die Sache in diesem Umfang an das Erstgericht zur Fortsetzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 55c Abs. 3 AO kann zur Erfüllung eines Ausgleiches eine Hypothek bestellt werden. Sie kann in der Weise eingetragen werden, daß die Gläubiger ohne nähere Angabe als Berechtigte bezeichnet werden. In diesem Fall ist der jeweilige Sachwalter berechtigt, mit Wirkung für und gegen die Gläubiger der Hypothek über diese zu verfügen. Der Sachwalter ist als Vertreter der Gläubiger in das Grundbuch einzutragen. Es handelt sich dabei um eine gläubigeranonyme Kollektivhypothek (Wegan Österr. Insolvenzrecht, 290), die auf einen bestimmten Höchstbetrag lauten kann und in diesem Fall als Kautionshypothek im Sinne des § 14 Abs. 2 GBG 1955 zu behandeln ist (Straßmann, Treuhandeigentum und Kollektivhypothek als Sicherung der Ausgleichserfüllung, JBl. 1935, 11; Schalek, Die Ausgleichsnovelle 1934, JBl. 1934, 389). Ein derartiges Pfandrecht wird gemäß § 11 KO durch die Eröffnung des Konkurses (nach Bestätigung und rechtskräftiger Aufhebung des Ausgleichs gemäß § 55 AO) nicht berührt. Die gegenteilige, vom Rekursgericht übernommene Ansicht Wegans (a. a. O., 292), die im Ausgleich nach § 55c Abs. 3 AO begrundete Hypothek begrunde im späteren Konkurs kein Absonderungsrecht, steht mit der Bestimmung des § 11 KO im Widerspruch (Straßmann, a. a. O., 12; Schalek, Die Ausgleichsnovelle 1934, JBl. 1934, 389). Nach § 11 KO kommt es bloß darauf an, ob das Absonderungsrecht vor Konkurseröffnung rechtswirksam begrundet wurde. Dies trifft im vorliegenden Fall zweifellos zu. Auch die weitere, von der zweiten Instanz in Übereinstimmung mit Wegan (a. a. O., 292) vertretene Ansicht, daß der im Falle der Versteigerung der Liegenschaft auf das Pfandrecht nach § 55c Abs. 3 AO entfallende Erlös in die Konkursmasse fließe, ist nicht im Gesetz begrundet. Der zweiten Instanz schwebt hier offenbar eine Vorgangsweise vor, wie sie § 12 Abs. 3 KO vorsieht. Diese Sonderbestimmung kann aber keinesfalls auf Absonderungsrechte angewendet werden, die nicht im Sinne des § 12 Abs. 1 KO begrundet worden sind, also nicht auf Vertragspfandrechte, daher auch nicht auf solche nach § 55c Abs. 3

AO.

Sowohl das Erstgericht als auch das Rekursgericht sind somit bei ihren Entscheidungen betreffend die gegenständlichen Simultanhypotheken von einer unrichtigen Rechtsansicht bezüglich des Rechtsbestandes der Pfandrechte ausgegangen. Diese Hypotheken waren nach dem Buchstand als aufrechte Höchstbetragshypotheken im Sinne des § 224 EO im Verteilungsverfahren zu behandeln. Nach dieser Bestimmung sind die bis zur letzten Verteilungstagsatzung bereits entstandenen Forderungen des Gläubigers an Kapital und Nebengebühren in der sonst für pfandrechtlich sichergestellte Forderungen der gleichen Art geltenden Vorschriften durch Barzahlung (zinstragende Anlegung) oder Übernahme zu berichtigen. Der nicht aufgezehrte Teil des angegebenen Höchstbetrages wird durch Zuweisung eines entsprechenden Barbetrages aus der Verteilungsmasse berichtigt. Dieser Betrag ist zinstragend anzulegen.

Im vorliegenden Fall ist die Sache aber noch nicht entscheidungsreif, weil der Anmeldung des Dr. A nach dem Wortlaut des Verhandlungsprotokolles nicht klar zu entnehmen ist, ob er die Forderung als Sachwalter der Ausgleichsgläubiger oder als Masseverwalter angemeldet hat: Am Beginn des Verhandlungsprotokolles wird Dr. A bloß als Masseverwalter bezeichnet. Es wäre daher Sache des Erstgerichtes gewesen, Dr. A zu einem klaren Vorbringen anzuleiten (§ 78 EO, § 182 Abs. 1 ZPO). Im Sinne der obigen Ausführungen wäre die Anmeldung unbeachtlich, wenn sie ausschließlich als solche des Masseverwalters im Konkurs des Josef L zu verstehen wäre, weil nur der Sachwalter über die vom Konkurs unberührt gebliebenen Höchstbetragshypotheken (§ 55c Abs. 3 AO) verfügungsberechtigt ist. Sollte Rechtsanwalt Dr. A hingegen ausschließlich als Sachwalter der Ausgleichsgläubiger eingeschritten sein, dann hätte die Anmeldung im Sinne des § 224 Abs. 1 und 2 entsprechen präzisiert werden müssen. Eine Berücksichtigung der gegenständlichen Höchstbetragshypotheken und die Einbeziehung der darauf entfallenden Reste der Verteilungsmassen in die Konkursmasse ist hingegen, wie oben näher ausgeführt wurde, rechtlich ausgeschlossen. Soweit diese Höchstbetragshypotheken der Ausgleichsgläubiger den zu verteilenden Erlös nicht in Anspruch nehmen, kommt der nachfolgende Buchberechtigte bzw. der Verpflichtete nach Maßgabe der Verteilungsgrundsätze zum Zuge.

Die Sache ist aber auch noch aus einem weiteren Grund nicht entscheidungsreif. Das Erstgericht hätte nämlich über den Widerspruch der Republik Österreich gegen die Berücksichtigung der Höchstbetragshypotheken verhandeln müssen. Gemäß § 213 Abs. 2 EO hat der die Verhandlung leitende Richter im Falle der Erhebung eines Widerspruches die Erzielung eines Einverständnisses nach Möglichkeit zu fördern. Kommt ein solches Einverständnis nicht zustande, so sind alle für die Entscheidung des Gerichtes maßgebenden Umstände im Wege der Vernehmung der durch den fraglichen Widerspruch betroffenen anwesenden Personen ins klare zu setzen. Das über die Tagsatzung aufzunehmende Protokoll hat den wesentlichen Inhalt der von den Beteiligten abgegebenen, für die Verteilung erheblichen Erklärungen zu enthalten. Nach dem Inhalt des Protokolles des Erstgerichtes über die Verteilungstagsatzung hat aber eine solche Verhandlung über den von der Finanzprokuratur gegen die Berücksichtigung der von Dr. A (als Sachwalter oder Masseverwalter) angemeldeten Forderung erhobenen Widerspruch gar nicht stattgefunden.

Anmerkung

Z50118

Schlagworte

Hypothek gemäß § 55c Abs. 3 AO im Konkurs, Kautionshypothek im Konkurs

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1977:0030OB00089.77.0913.000

Dokumentnummer

JJT_19770913_OGH0002_0030OB00089_7700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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