TE OGH 1978/10/3 9Os82/78

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Veröffentlicht am 03.10.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schrammel als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf A und andere wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 und 2, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 (und 2) StGB und anderer Delikte über die von dem Angeklagten Rudolf A gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Jugendschöffengericht vom 14. Dezember 1977, GZ. 4 Vr 325/77-166, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Lenneis und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde unter anderen der am 13. Juli 1960 geborene Installateurlehrling Rudolf A der Verbrechen des schweren Diebstahls nach den § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 und 2, 128 Abs. 1 Z 4 und 129 Z 1 (und 2) StGB und der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach den § 15, 202 Abs. 1 StGB sowie der Vergehen der schweren Sachbeschädigung nach den § 125, 126 Abs. 1 Z 5 StGB, der dauernden Sachentziehung nach dem § 135 Abs. 1 StGB und des versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach den § 15, 136 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Rudolf A nur in dem ihn treffenden Schuldspruch wegen des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach den § 15, 202 Abs. 1 StGB (Punkt E/ des Urteilssatzes) mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a bzw. 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Zum Urteilsfaktum E/ liegt ihm zur Last, am 16. Jänner 1977 in Wien versucht zu haben, die (am 16. Oktober 1959 geborene) Mittelschülerin Hannelore B, somit eine Person weiblichen Geschlechts, dadurch mit Gewalt zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen, daß er ihr mit einem harten Gegenstand einen wuchtigen Hieb auf den Kopf versetzte, sie würgte und am Haupthaar riß und sie anherrschte, sie solle sich 'pudern' lassen.

Unter dem Gesichtspunkt einer Aktenwidrigkeit im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs. 1

StPO bekämpft der Beschwerdeführer, ersichtlich in dem Bestreben, die Intensität seiner gegen die Zeugin Hannelore B gerichteten Tätlichkeiten abzuschwächen, die Urteilsannahme, sie hätte eine Gehirnerschütterung erlitten und sei nur deshalb nicht bewußtlos geworden, weil sein gegen ihren Kopf geführter Schlag durch die von ihr zur Tatzeit getragene Wollhaube gemildert worden sei. Dem Beschwerdeführer ist zwar insoweit beizupflichten, als die lediglich in den Entscheidungsgründen, nicht aber auch im Urteilsspruch enthaltene Annahme einer Gehirnerschütterung durch das Erstgericht in dem polizeiamtsärztlichen Befund (Bd. I, S. 93 d. A), demzufolge Hannelore B (bloß) eine Schädelprellung erlitten hatte, keine Deckung findet. Damit ist aber für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Denn es betrifft diese Feststellung mit Rücksicht darauf, daß das Gericht im Urteilsspruch keine die Tat des Angeklagten qualifizierende schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) angenommen hat, keine entscheidende Tatsache im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5

StPO. Im übrigen aber hat das Jugendschöffengericht die entscheidungswesentliche Annahme, daß er gegen das Mädchen erhebliche physische Gewalt anwendete, die geeignet war, dessen entgegenstehenden Willen zu beugen, nicht von der Tatsache abgeleitet, daß das Opfer des Angeklagten eine Verletzung erlitt, sondern aus den für glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugin B. Nach diesen (siehe Bd. III, S. 295 f d. A) hat die genannte Zeugin trotz der Wollhaube einen starken Schlag (auf den Kopf) verspürt und der Beschwerdeführer dem bereits am Boden liegenden Mädchen mehrmals ins Gesicht geschlagen und es überdies gewürgt (Bd. III, S. 316 d. A).

Rechtliche Beurteilung

Dem Einwand des Beschwerdeführers, das Gericht habe seine Verantwortung und die Angaben der Mitangeklagten Richard C und Karl D über ein weitgehendes Entgegenkommen des Mädchens gegenüber dem Beschwerdeführer mit Stillschweigen übergangen, ist zu entgegnen, daß sich der Beschwerdeführer selbst niemals damit verantwortet hat, Hannelore B habe in irgendeinem Stadium des Vorfalls vom 16. Jänner 1977 ihre Bereitschaft erkennen lassen, sich mit ihm auf einen Geschlechtsverkehr einzulassen (Bd. I, S. 54 und ON 12, insbesondere S. 191 a unten und 191 b sowie Bd. III, S. 290, 295 d. A). Die bezügliche Behauptung des Angeklagten Richard C vor dem Untersuchungsrichter (Bd. I, S. 26 d. A) - auf die der Angeklagte A nur im Vorverfahren Bezug nahm (Bd. I, S. 191 a d. A) - er hätte das benommene auf seiner Rodel sitzende Mädchen am Oberschenkel und an der Brust abgegriffen, bis es zum Ausdruck brachte, daß es dies nicht dulde, hat C in der Hauptverhandlung nicht wiederholt, weshalb sie auch nicht Gegenstand der Verhandlung und sohin im Urteil nicht zu erörtern war (§ 258 Abs. 1 StPO). Im übrigen aber könnte aus diesen Angaben des Richard C - D hat bezüglich dieses Vorfalles keine den Angeklagten entlastende Angaben gemacht (Bd. I S. 244, 271) - das vom Beschwerdeführer behauptete Entgegenkommen des Mädchens ihm gegenüber keinesfalls abgeleitet werden, sodaß zu einer näheren Erörterung derselben von vorneherein keine Veranlassung bestand.

Als unzutreffend erweist sich schließlich aber auch das weitere Beschwerdevorbringen des Angeklagten A zur Mängelrüge, im angefochtenen Urteil sei seine Verantwortung unberücksichtigt geblieben, daß seine Tätlichkeiten gegen das Mädchen nicht auf die Erzwingung eines außerehelichen Geschlechtsverkehrs ausgerichtet gewesen seien.

Denn auch diese Darstellung des Beschwerdeführers findet in den Urteilsgründen eine eingehende Erörterung (Bd. III, S. 317, 318 d. A). Es konnte aber auch das Erstgericht - den Beschwerdeausführungen zuwider - aus den im Urteil festgestellten, vom Angeklagten A im Zuge der Tätlichkeiten gegenüber der Zeugin B gemachten und im Verfahren (von ihm auch gar nicht in Abrede gestellten öußerungen (Bd. I, S. 54 und 191 b, sowie Bd. III, S. 295), in Verbindung mit seinem sonstigen Tatverhalten denkrichtig und schlüssig sein auf Erzwingung des außerehelichen Beischlafs gerichtetes inneres Vorhaben ableiten, sodaß den Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite kein Begründungsmangel anhaftet. Auch sprechen, wie der Beschwerdeführer selbst noch vor dem Untersuchungsrichter einräumte (Bd. I, S. 191 b), die sonstigen Tatumstände - es war bereits finster und außer den beiden Begleitern des Beschwerdeführers, Richard C und Karl D, keine anderen Personen in Tatortnähe - nicht gegen die geplante Ausführung dieses von ihm unmißverständlich geäußerten Vorhabens, sodaß auch insoweit der bezügliche Beschwerdeeinwand ins Leere geht.

Verfehlt ist auch das Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a (sachlich Z 10) des § 281 Abs. 1 StPO, mit dem der Beschwerdeführer das Vorliegen eines (strafbaren) Versuchs der Nötigung zum Beischlaf mit der Behauptung verneint, er habe kein ausführungsnahes Tatverhalten (Entkleiden des Opfers usw.) gesetzt. In diesem übersieht er nämlich, daß beim Tatbestand der Nötigung zum außerehelichen Beischlaf schon die auf Willensbeugung gerichtete Gewaltanwendung zur Annahme eines Versuches genügt und darüber hinausgehende Handlungen, die der Täter zwecks Ausübung des beabsichtigten Geschlechtsverkehrs unternimmt, hiefür nicht erforderlich sind (vgl. Leukauf-Steininger S 922). Dem Erstgericht ist sohin auch bei der rechtlichen Qualifikation des festgestellten Sachverhaltes als Verbrechen der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach den § 15, 202 Abs. 1 StGB kein Rechtsirrtum unterlaufen.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf A war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten Rudolf A nach § 202 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 11 JGG zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Es nahm bei der Strafbemessung als erschwerend das Gesellschaftsverhältnis, das Zusammentreffen mehrerer Straftaten, die Höhe des Schadens über S 5.000,-- beim Diebstahl und die (einschlägige) Vorstrafe an. Als mildernd hingegen wurden die ungünstigen Erziehungsverhältnisse, das Geständnis, die teilweise Zustandebringung der Beute und der Umstand gewertet, daß es teilweise beim Versuch geblieben war.

Die Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe schien dem Erstgericht geboten, weil der Angeklagte beim Großteil der in diesem Verfahren behandelten Straftaten der Rädelsführer war und gegenüber der Zeugin B eine besonders brutale Vorgangsweise an den Tag gelegt hatte.

Mit seiner Strafberufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der über ihn verhängten Strafe 'und/oder' deren 'vorläufigen Aufschub' an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Ausgehend von den im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen, von denen die als Erschwerungsgründe angenommene Begehung der Diebstähle in Gesellschaft von Beteiligten und der S 5.000,-- übersteigende Wert der gestohlenen Sachen zu entfallen hat, wogegen die Wiederholung der Diebstähle und Sachbeschädigungen und die Verletzung der Zeugin B aus Anlaß der versuchten Nötigung zum Beischlaf zusätzlich als erschwerend tritt, zeigt sich, daß das Erstgericht über den Angeklagten eine den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung (§ 32 StGB) entsprechende, schuld- und tatangemessene Strafe verhängt hat. Eine Milderung derselben kam sohin nicht in Betracht. Es kommt aber auch dem Begehren des Angeklagten um Gewährung der bedingten Strafnachsicht keine Berechtigung zu. Gegen eine solche spricht nicht nur der Umstand, daß sich der Angeklagte der ihm im Vorverfahren gewährten Rechtswohltat des § 13 JGG unwürdig erwiesen und schon sehr bald nach Fällung des Schuldspruches wegen § 127 Abs. 1, 129 Z 2 StGB durch den Jugendgerichtshof Wien am 30.6.1976 zahlreiche Straftaten, darunter auch Einbruchsdiebstähle begangen hat, sondern auch der hohe Grad der Schuld, die er dabei auf sich nahm. Diese zeigt sich in der besonderen Rücksichtslosigkeit, mit der er die Sicherheit von Menschen mißachtend, z.B. gegen dem öffentlichen Verkehr dienende Einrichtungen vorging, und auch in der Tatsache, daß er vielfach als Rädelsführer an von mehreren begangenen strafbaren Handlungen beteiligt war. Auch läßt die besondere Brutalität, mit der er gegenüber der Zeugin B aufgetreten ist, die Anwendung der Bestimmung des § 43 StGB nicht gerechtfertigt erscheinen.

Auch in Berücksichtigung des beim Angeklagten in letzter Zeit feststellbaren Reifungsprozesses bedarf es ersichtlich des Vollzuges der über ihn verhängten Freiheitsstrafe, um ihm zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepaßten Lebenseinstellung zu verhelfen und ihn abzuhalten, schädlichen Neigungen nachzugehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01488

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0090OS00082.78.1003.000

Dokumentnummer

JJT_19781003_OGH0002_0090OS00082_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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