Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15. November 1978
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neutzler in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich, Dr. Bernardini, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brachtel als Schriftführer in der Strafsache gegen Alfons A wegen des Verbrechens des versuchten Betruges nach den § 15, 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 28. Oktober 1977, GZ. 10 Vr 370/76-90, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Lampelmayer, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die vom Erstgericht über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 2 1/2 (zweieinhalb) Jahre herabgesetzt; im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5.1.1948
geborene Kaufmann Alfons A des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den § 15, 146 Abs. 1, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. (2 und) 3 StGB schuldig erkannt.
Nach den wesentlichen Feststellungen des Erstgerichtes lernte der Angeklagte, welcher nach Zurücklegung einer bisher von Hermann B innegehabten Taxikonzession von der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt die Konzession für das Taxigewerbe mit dem Standort Reifnitz Nr. 28 erhalten hatte, Anfang Dezember 1975 durch Vermittlung des Hermann B die damals bereits 81-jährige Cäcilia C kennen, die ihm am 11.12.1975 die Verpachtung des schon von seinem Vorgänger benützten Taxistandplatzes an der oben angeführten Anschrift zusagte. Schon am 13.12.1975 erkrankte Cäcilia C an Gelbsucht und Leberkrebs und wurde in das Landeskrankenhaus Klagenfurt eingeliefert.
Während des Krankenhausaufenthaltes der Frau reifte im Angeklagten wegen des zu erwartenden Ablebens der Frau der Entschluß, Cäcilia C anstelle eines Pachtvertrages über den Taxistandplatz einen Kaufvertrag über die in ihrem Eigentum befindliche Liegenschaft EZ 85 der Katastralgemeinde Reifnitz im Wert von etwa S 3,8 Millionen zu unterschieben und von ihr unterfertigen zu lassen. Er ging hiebei so vor, daß er für die zwei Vertragsausfertigungen vier - demnach für jede Ausfertigung zwei - Doppelbögen verwendete und bei jeder Vertragsausfertigung auf die zweite Seite des ersten Doppelbogens den Text des vorgeblich abzuschließenden Pachtvertrages über den Taxistandplatz bis zu dessen Punkt 9 des Inhaltes 'Herr Alfons A beantragt daher, daß das Recht der Ausübung des Gewerbes für den nicht linienmäßigen Personenverkehr (Taxigewerbe) mit Standort Reifnitz Nr. 28 in das Konzessionsverzeichnis der Bezirkshauptmannschaft ....' setzte, dem dann auf S. 3 des zweiten Doppelbogens die weiteren Worte '... einverleibt werde für Alfons A, geboren am 5.1.1948', sowie die Vertragspunkte 10 bis 12, betreffend den Verzicht auf eine Vertragsanfechtung wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes, die Tragung der Kosten und Gebühren sowie die Vertragserrichtung in zwei Originalen folgen, sodaß sich der Text dieser Seite zwar als Fortsetzung der auf S. 2 begonnenen Pachtbestimmungen darstellte, in gleicher Weise aber auch als Schlußteil eines Kaufvertrages verwendbar war. Mit diesen 'Vertragsausfertigungen' begab sich der Angeklagte am 16.12. 1975 zu Cäcilia C in das Krankenhaus und ließ sie von ihr nach Durchlesen des keinen Verdacht erweckenden Textes unterfertigen. Noch am gleichen Tag beauftragte er den in der Notariatskanzlei Julius D tätigen Notariatskandidaten Dr. Artur E, mit einem von ihm verfertigten Rangordnungsanmerkungsgesuch in das Krankenhaus zu gehen, es ebenfalls von Cäcilia C unterschreiben zu lassen und deren Unterschrift zu beglaubigen.
Der Notariatskandidat kam dem Auftrag nach und erwirkte anschließend beim Bezirksgericht Klagenfurt die Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung mit Rechtswirksamkeit bis einschließlich Dezember 1976; die einzige Ausfertigung des Rangordnungsanmerkungsbescheides wurde dem Angeklagten zugestellt. In der Folge vernichtete dieser die ersten Doppelbögen der beiden Vertragsausfertigungen und ergänzte den Schlußtext auf den zweiten Doppelbögen ('Seite 3'), indem er auf den bisher leeren vorangehenden beiden Seiten dieses Bogens (nun Seite 1 und 2) den (restlichen) Text eines von ihm verfaßten Kaufvertrages voranstellte, nach dessen Inhalt ihm Cäcilia C ihre Liegenschaft EZ 85
der Katastralgemeinde Reifnitz gegen einen Kaufpreis von S 60.000,-- , eine Leibrente von S 5.000,-- monatlich, Einräumung des Fruchtgenußrechtes am Obergeschoß des zur Liegenschaft gehörigen Hauses sowie übernahme der Verpflichtung, die auf der Liegenschaft als Haupteinlage lastenden Hypotheken (laut Grundbuchsauszug damals S 260.000) löschen zu lassen, verkaufte. Die Ausfertigungen des solcherart verfälschten 'Kaufvertrages' behielt der Angeklagte zunächst bei sich, brachte sie aber am 29.12.1975 - als der am 31.1.1976 eingetretene Tod der Cäcilia C bereits zu erwarten war - zum Notar Julius D und erteilte diesem den Auftrag zur grundbücherlichen Durchführung sowie zur Einholung der hiefür erforderlichen Genehmigung der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt nach dem Wohnsiedlungs- und Grundverkehrsgesetz bzw. Anzeige des Vertrages beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern. Die Manipulationen kamen auf, als die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt die Gemeinde Maria Wörth um Erhebungen ersuchte und der vorgetäuschte Kaufvertrag hiedurch auch dem dortigen Gemeindesekretär Josef F zur Kenntnis gelangte, der mit Cäcilia C bekannt war, ihre Verkaufsabsicht bezweifelte und im Wege der Kontaktaufnahme mit einer Mehrzahl von Personen letztlich die Erhebungen gegen den Angeklagten in Gang brachte.
Ausgehend von diesem Sachverhalt erachtete das Erstgericht das Tatbild des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den § 15, 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 und 3 StGB für verwirklicht und erkannte den Angeklagten sohin dieser strafbaren Handlung schuldig. Die Anwendung der Gesetzesbestimmung des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB stützte es auf die durch den dargelegten Sachverhalt gedeckte Annahme des Versuches des Angeklagten, Beamte der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt und des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern Klagenfurt unter Benützung verfälschter Urkunden zur Genehmigung des 'Liegenschaftskaufvertrages' (bzw. Bemessung von Abgaben) zum Nachteil der Cäcilia C zu verleiten.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Mit der den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO relevierenden Verfahrensrüge wendet sich die Beschwerde zunächst gegen die Abweisung des vom Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 28.10.1977 gestellten Beweisantrages auf Beiziehung eines zweiten Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychiatrie, weil das vom Sachverständigen Dr. Richard G erstattete Gutachten (über das Vorliegen einer Haftpsychose beim Angeklagten am 17.2. und 1.3.1976) nicht schlüssig sei und medizinischen Grunderkenntnissen, insbesondere darüber, daß einem medizinischen Laien (Zeuge Eduard H) psychische Veränderungen, die als Haftpsychose zu beurteilen sind, nicht auffallen müssen, widerspreche, ferner auch darüber, daß der beigezogene Sachverständige eine irrige Rechtsmeinung vertrete, wenn er ausführe, der Angeklagte habe sich durch seine (im Vorverfahren vorgebrachte und später widerrufene) Behauptung, die Unterschrift der Cäcilia C auf dem in Rede stehenden 'Kaufvertrag' sei durch einen Italiener gefälscht worden, günstiger gestellt als durch das spätere, angeblich richtige Geständnis; denn sowohl das erste (unrichtige) 'Geständnis', als auch der Befund des praktischen Arztes Dr. Hans I seien unter Heranziehung unbestrittener Erfahrungswerte als Indiz für eine Haftpsychose (am 17.2. und 1.3.1976) zu werten. In diesem Zusammenhang wird auch die Abweisung der weiters gestellten Anträge auf Vernehmung des zuletzt genannten Arztes als Zeugen sowie des 'Sachverständigen Prim. Dr. T***' gerügt, die zum Beweise dafür gestellt worden waren, daß die Hypothese des Sachverständigen Dr. G, wonach der Angeklagte gegenüber Dr. I ein reines Zweckmäßigkeitsverhalten an den Tag gelegt habe, unrichtig sei und der beantragte Zeuge auf Grund seines abgeschlossenen Medizinstudiums in der Lage sei, zwischen echten und vorgespielten Symptomen zu unterscheiden, bzw. daß die von Prim. Dr. J (beim Angeklagten) festgestellten Symptome Ausläufer einer im Abklingen befindlichen Haftpsychose waren, die bereits Ende Februar, Anfang März (1976) begonnen habe. Diese Beweisanträge standen im Zusammenhang damit, daß der Angeklagte im Vorverfahren zuerst anläßlich einer polizeilichen Vernehmung am 17.2.1976 angab, die Unterschriften der Cäcilia C auf den beiden Ausfertigungen des Kaufvertrages seien von einem ihm bekannten Mann aus Italien gefälscht worden - wobei er allerdings am gleichen Tag auch das Gegenteil behauptete (vgl. ON 29, S. 201 und 203) - und bei einer neuerlichen polizeilichen Einvernahme durch Kriminalrevierinspektor Eduard H am 1.3.1976
(ON 29, S. 197) sodann ein Geständnis dahingehend ablegte, am 15.12.1975 zwei Pachtverträge (Vertragsausfertigungen) verfaßt, aber nur die zweiten Seiten beschrieben und die dritten Seiten leergelassen zu haben, wogegen er auf den Kaufverträgen (zunächst) die zweiten Seiten leer gelassen und die dritten Seiten so eingeteilt habe, daß Cäcilia C bei der Unterschriftsleistung der Meinung habe sein müssen, daß es sich hiebei um Bestimmungen des Pachtvertrages handle; die Pachtverträge habe er später vernichtet. Der Angeklagte, der am 15.4.1976 wegen damals bestandener Haftpsychose enthaftet und wegen Selbstgefährlichkeit in die geschlossene Abteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt überstellt wurde, widerrief dieses Geständnis später und behauptete, bereits im Zeitpunkt beider Geständnisse unter dem Eindruck einer Haftpsychose gestanden zu sein, deren Symptome auch der praktische Arzt Dr. I anläßlich eines Besuches in seiner Haftzelle wahrgenommen habe.
Rechtliche Beurteilung
Diesem Beschwerdevorbringen ist jedoch entgegenzuhalten, daß einem Antrag auf Beiziehung eines zweiten Sachverständigen aus dem gleichen Fache, aus dem bereits ein Sachverständiger als Gutachter tätig geworden ist, grundsätzlich nur dann zu entsprechen ist, wenn dessen Gutachten einer der in den § 125, 126 StPO umschriebenen Mängel anhaftet, demnach das Gutachten dunkel, unbestimmt, im Widerspruch mit sich selbst oder mit erhobenen Tatumständen ist oder sich zeigt, daß es Schlüsse enthält, die aus den angegebenen Vordersätzen nicht folgerichtig gezogen sind, und sich die Bedenken nicht durch eine nochmalige Vernehmung des Sachverständigen beseitigen lassen.
Vorliegend trifft keine dieser Voraussetzungen zu. Vielmehr wurde der vom Gericht bestimmte Sachverständige Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Richard G, der bereits am 14.4.1976 (ON 36) und am 28.4.1977 (ON 77) schriftliche Gutachten über den psychischen Status des Angeklagten zur Tatzeit sowie zum Zeitpunkt der Vernehmungen des Angeklagten vom 17.2. und 1.3.1976 erstattet und sich in der Hauptverhandlung vom 28.10.1977 ausdrücklich darauf bezogen hat (Bd. II/S. 151), in der zuletzt angeführten Hauptverhandlung eingehend ergänzend befragt; er hat das Ergebnis seines schriftlichen Gutachtens vom 28.4.1977, wonach zur Zeit der Geständnisse des Angeklagten am 17.2. und 1.3.1976 eine Haftpsychose noch nicht bestanden haben kann, mit fachgerechter Begründung wiederholt; hiebei hat er insbesondere auch den von Dr. I in einem Brief an den Verteidiger des Angeklagten vom 10.9.1977 (erliegend in der Beilagenmappe) schriftlich festgehaltenen Befund über den äußeren Eindruck vom Angeklagten anläßlich des Anfang März 1976 stattgehabten Besuches dieses Arztes sowie den ihm ebenfalls zur Kenntnis gebrachten Eindruck des Zeugen Kriminalrevierinspektor Eduard H über den Zustand des Angeklagten mitberücksichtigt. Wenn der Sachverständige hiebei der Auffassung war, daß die von Dr. I beobachteten Symptome einer Haftpsychose beim Angeklagten bloß als Ergebnis einer simulierenden Verhaltensweise zu verstehen seien und vermeinte, daß die Eindrücke des Zeugen H - dem keine Anzeichen einer solchen Psychose aufgefallen waren - mit den medizinischen Gegebenheiten übereinstimmten, dann handelt es sich dabei entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht um die Vornahme einer dem Sachverständigen freilich nicht zustehenden Beweiswürdigung, sondern nur um eine Einordnung der ihm bekanntgegebenen subjektiven Eindrücke der vorerwähnten beiden Personen in seine spezifischen medizinischen Fachkenntnisse über die Wesensart, die Merkmale und den Entwicklungsgang der pathologischen Erscheinung einer sogenannten 'Haftpsychose', deren Richtigkeit anzuzweifeln das Erstgericht keinen Anlaß fand. Was aber die Bemerkung des Sachverständigen in der Hauptverhandlung vom 28.10.1977 (Bd. II/S. 154 unten in Verbindung mit dem Protokollberichtigungsbeschluß vom 5.5.1978, ON 100) anlangt, der Angeklagte habe zunächst ein für ihn günstigeres unrichtiges Geständnis abgelegt und sich erst in der Folge zu dem 'für ihn ungünstigeren' Geständnis vom 1.3.1976 durchgerungen, so verkennt der Beschwerdeführer, daß dem Sachverständigen insoweit nicht an einer juristischen Wertung lag, sondern der öußerung erkennbar eine rein psychologische Sinngebung zugrundeliegt; dies wird durch die unmittelbar vorangehenden Ausführungen des Sachverständigen klargestellt, es sei eine medizinische und psychologische Erfahrungstatsache, daß bei leugnender Verantwortung, wenn man sich zu einem Geständnis durchringt, zu diesem erst allmählich und 'unter verschiedenen Vorbehalten' vorgeschritten werde. Damit wird erkennbar darauf Bezug genommen, daß sich der Angeklagte zuerst bloß zum Eingeständnis einer erfolgten Betrugshandlung schlechthin (wobei aber als aktiv Tätiger im entscheidenden Punkt der Unterschriftsetzung ein Unbekannter als Fälscher aufgetreten sein soll) und dann erst zum Eingeständnis seiner Alleintäterschaft in Form einer Unterschiebung bekannte.
Der Beschwerdeführer selbst ist es daher, der im Rahmen seiner weitwendigen Ausführungen zu diesem Teil seiner Beschwerde in Wahrheit den unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch unternimmt, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes in Ansehung des Sachverständigengutachtens des Dr. Richard G wie auch des vom Angeklagten am 1.3.1976 vor der Polizei abgelegten Geständnisses anzufechten. Der Antrag auf Beiziehung eines zweiten Sachverständigen verfiel demnach zu Recht der Abweisung, da sich gegen das Gutachten des beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen keine Bedenken der in den § 125, 126 StPO angeführten Art ergaben und das Erstgericht damit, daß es diesen Sachverständigen für befähigt erachtete, ein einwandfreies Gutachten abzugeben, hier einen im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unanfechtbaren Akt der ihm zustehenden Bewertung des Könnens des Sachverständigen setzte.
Ohne den Angeklagten in seinen Verteidigungsrechten zu verletzen, hat das Schöffengericht aber auch den Antrag auf Vernehmung des Dr. Hans I als Zeugen abgewiesen. Denn abgesehen davon, daß der Befund des Genannten dem Sachverständigen Dr. G - wie schon erwähnt - ohnedies in schriftlicher Form vorlag, war das angegebene Beweisthema - welches allein für die Entscheidung des Gerichtshofes maßgebend sein konnte, ob dem Antrag stattzugeben ist oder nicht - überhaupt nicht auf eine Vernehmung dieser Person über Wahrnehmungen ausgerichtet, sondern einerseits auf die Abgabe eines medizinischen Urteiles darüber, ob der Angeklagte ihm gegenüber seinerzeit simuliert hat - demnach wieder eine Sachverständigenfrage, die schon durch Dr. G beantwortet worden war - andererseits aber auf die Abgabe einer subjektiven Beurteilung, ob er sich auf Grund seiner allgemeinen medizinischen Vorbildung für fähig halte, zwischen echten und vorgespielten Symptomen einer psychischen Erkrankung zu unterscheiden; auch die Frage des objektiven Vorliegens einer solchen Fähigkeit kann durch eine derartige Zeugenvernehmung nicht gelöst werden. Ein Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung des Prim. Dr. J schließlich war entgegen den Beschwerdeausführungen in der Hauptverhandlung vom 28.10.1977 gar nicht gestellt worden; vielmehr wurde nur die Einvernahme 'des Sachverständigen Prim. Dr. J' zu der reinen Sachverständigenfrage begehrt, ob die von ihm festgestellten Symptome (der Angeklagte war bei ihm erst vom 15.4. bis 17.5.1976 unter der Diagnose 'Haftpsychose' in stationärer Behandlung) Ausläufer einer 'im Abklingen befindlichen' Haftpsychose waren, 'die aber schon Ende Februar, Anfang März 1976 begann'. Die Antragstellung war daher in Wahrheit ebenfalls bloß auf die Heranziehung eines zweiten Sachverständigen zur Widerlegung des zum gegenteiligen Ergebnis gelangenden Gutachtens des Sachverständigen Dr. G gerichtet.
Des weiteren erachtet sich der Angeklagte im Rahmen seiner Verfahrensrüge durch die Abweisung des Beweisantrages auf Beischaffung der Abgabeerklärung vom Finanzamt (vgl. auch Beilagenmappe 'Reiseumschlag') vom Wohnsitzfinanzamt der verstorbenen Cäcilia C und auf Einholung eines ergänzenden Gutachtens des Schriftsachverständigen Prof. Dr. Roland K beschwert, wodurch bewiesen werden sollte, daß die Verstorbene bei Unterschriftsleistung eine Lupe verwendete, sodaß sie den unmittelbar über die Unterschrift fettgedruckten Text der Abgabenerklärung - die letzte Zeile lautete: '... und daß insbesondere die Angaben über den Kaufpreis der Wahrheit entsprechen ...' - jedenfalls bei Unterschriftsleistung erkennen (und sich daher über den Abschluß eines Kaufvertrages im klaren sein) mußte. Dem genügt es jedoch zu erwidern, daß auch die Feststellung, Cäcilia C habe bei der Unterschriftsleistung eine Lupe verwendet, nichts darüber aussagen würde, welche Aufmerksamkeit die damals 81-jährige, todkranke und sehr sehbehinderte (Bd. II/S. 188 unten) Frau bei der Abgabe ihrer Unterschrift unter die fragliche Erklärung dem darüber befindlichen Text zuwendete; das angegebene Beweisthema betrifft daher keinen entscheidungswesentlichen Umstand.
Zu Unrecht fühlt sich der Angeklagte aber letztlich auch durch die Abweisung seines Beweisantrages auf Vernehmung des Zeugen Bartl L zum Beweis dafür, daß ihm Cäcilia C die gegenständliche Liegenschaft zum Kauf allenfalls gegen Leibrente angeboten habe, in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt. Denn ausgehend von den unter Hinweis auf eine Mehrheit von Beweisergebnissen hinreichend und im Einklang mit den Denkgesetzen sowie der allgemeinen Lebenserfahrung begründeten Feststellungen des Schöffengerichtes, wonach die Verstorbene jedenfalls keine Absicht hatte, ihre Liegenschaft dem Angeklagten - und dies schon gar nicht unter den im gegenständlichen 'Kaufvertrag' enthaltenen Bedingungen - zu verkaufen, und der Angeklagte sie durch die Vorspiegelung des Abschlusses eines Pachtvertrages über den Taxistandplatz Reifnitz Nr. 28 zur Unterschriftsleistung durch Täuschung veranlaßte, ist es für die Entscheidung der vorliegenden Strafsache völlig belanglos, ob Cäcilia C die Liegenschaft - wie das Erstgericht darüber hinaus annimmt -
überhaupt nicht verkaufen wollte oder sie etwa doch irgendwann einer anderen Person unter besseren Bedingungen zum Kauf angeboten hat. Denn daß Bartl L sie etwa für den gleichen Gegenwert erhalten sollte, wie im 'Kaufvertrag' des Angeklagten vorgesehen, wurde gar nicht behauptet.
Die Verfahrensrüge des Angeklagten versagt daher zur Gänze. In Ausführung seiner den Nichtigkeitsgrund der Z 5
des § 281 Abs. 1 StPO anziehenden Mängelrüge vermeint der Beschwerdeführer, daß nach den Feststellungen des Erstgerichtes Cäcilia C einerseits eine 'äußerst überlegte Frau' gewesen sei, die eine Rechtshandlung erst nach 'reiflicher überlegung und Auskunftseinholung' gesetzt habe (Bd. II S. 190), andererseits aber vor dem Notariatskandidaten Dr. E im Krankenhaus das Rangordnungsanmerkungsgesuch für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft schon unterschrieben habe, nachdem Dr. E ihr bloß 'in volkstümlicher Art' erklärt hatte, daß mit diesem Antrag das Grundbuch für ein Jahr gesperrt werde, und auch die Abgabenerklärung für das Finanzamt ohne Kenntnis ihres Inhaltes einfach unterschrieben habe, einen inneren Widerspruch der Urteilsgründe erblicken zu können. Ein solcher liegt aber in Wahrheit nicht vor. Denn daß Cäcilia C im allgemeinen überlegt gehandelt hat, vermag nichts daran zu ändern, daß sie in rechtlichen Dingen völliger Laie und daher gerade auf die Erklärungen eines Fachmannes wie des Notariatskandidaten Dr. E angewiesen war, dem zu mißtrauen sie keinen Grund hatte, dessen Anwesenheit und Darlegungen sie vielmehr zur überzeugung bringen mußten, daß jedenfalls nichts Unrechtes im Gange sei. Daß sie weder angesichts der reichlich kursorischen Darlegungen Dr. E auf weiteren Erklärungen bis zum vollen Verständnis des in Aussicht genommenen Rechtsaktes bestand, noch im Falle der Unterfertigung der Abgabenerklärung Wert auf eine Kenntnis des Textes legte, ergibt sich ohne weiteres aus der damaligen alters- und krankheitsbedingten körperlichen und psychischen Situation der Cäcilia C und ist mit dem ihr eigenen allgemeinen Charakterzug der überlegtheit durchaus in Einklang zu bringen. Wenn der Beschwerdeführer ferner rügt, das Erstgericht habe mit Stillschweigen die Aussage des Zeugen Dr. Arthur E in der Hauptverhandlung vom 1.4.1977
übergangen, in welcher er bekundete, Cäcilia C habe das in seiner Gegenwart von ihr unterfertigte Grundbuchsgesuch um Anmerkung der Rangordnung 'ohnedies unter Zuhilfenahme einer Lupe durchgelesen' (Bd. II S. 96), so ist ihm zu erwidern, daß diese Aussage ohne entscheidungswesentliche Bedeutung ist; sie gibt weder Aufschluß darüber, ob die inzwischen verstorbene Frau tatsächlich den ganzen Text unter Zuhilfenahme der Lupe gelesen hat, noch inwieweit sie im Hinblick auf ihren Alters- und Gesundheitszustand in der Lage war, den wahren Sinn des Antrages zu erkennen. Es kommt nämlich nur einmal das Wort 'Veräußerung' vor, während sonst nichts für einen Laien auf ein derartiges Rechtsgeschäft hinweist. Dies umso mehr, als Dr. E nach eigenen Angaben kein Wort über eine Veräußerung verlor, sondern C nur darüber informierte, daß auf Grund dieses Antrages 'das Grundbuch für eine Veräußerung auf ein Jahr gesperrt wird', was bei dieser wohl eher den Eindruck erwecken mußte, daß nun ein Jahr lang überhaupt keine Veräußerung möglich sein solle. Das Schöffengericht hatte daher keine Veranlassung, sich mit diesem Detail der Aussage des Zeugen Dr. E näher auseinanderzusetzen. Schließlich bemängelt der Angeklagte aus dem Grunde der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO aber auch, das Erstgericht habe seine Feststellung, der Wert der in Rede stehenden Liegenschaft betrage ca. S 3,8 Millionen, nicht hinreichend begründet. Er übersieht dabei, daß diese Feststellung ihre ausreichende Deckung in den polizeilichen Berichten (ON 6, S. 39 und ON 29, S. 157) findet, die in der Hauptverhandlung vom 28.10.1977 verlesen (Bd. II/S. 168) und damit zur Urteilsgrundlage gemacht und als solche ersichtlich auch herangezogen wurden; demzufolge wurde erhoben, daß die Liegenschaft EZ 85 der Katastralgemeinde Reifnitz ein Ausmaß von 5.552 m2 bei einem Zeitwert-Quadratmeterpreis von S 700 aufweist, was einen Gesamtwert von S 3,886.400 ergibt.
Wenn der Angeklagte diesbezüglich bemängelt, es sei nie ein Sachverständigengutachten über den Wert der Liegenschaft eingeholt worden, dann ist er darauf zu verweisen, daß dieser Umstand nicht mit dem angezogenen Nichtigkeitsgrund geltend gemacht werden kann. Es erweist sich daher auch die Mängelrüge als verfehlt. Mit seiner den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO anrufenden Rechtsrüge behauptet der Angeklagte - wie bereits in der Mängelrüge - Feststellungsmängel im Sinne des genannten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes, weil allein auf Grund der vom Erstgericht vorgenommenen Konstatierungen nicht beurteilt werden könne, ob durch den in Aussicht genommenen Liegenschaftskauf eine Bereicherung seiner Person überhaupt eingetreten wäre und bejahendenfalls, in welcher ziffernmäßigen Höhe sich diese Bereicherung und damit auch der Schaden der Cäcilia C bewegt hätte. Hiebei hätte nicht bloß 'der allgemeine Wert' der Liegenschaft auf Grund eines 'objektiven Beweismittels' geprüft, sondern auch berücksichtigt werden müssen, daß bei Berechnung eines allfälligen Schadens hievon die Gegenleistungen des Angeklagten abzuziehen seien, zu denen nicht nur die Verpflichtung zur Bezahlung eines Barbetrages von S 60.000 sowie einer monatlichen Leibrente von S 5.000 gehörten, sondern auch die in den Punkten V und VI des Vertrages vereinbarte Einräumung des Fruchtgenußrechtes an sämtlichen Räumen des Obergeschosses des Hauses Reifnitz 28 an die Verkäuferin sowie die übernahme der Verpflichtung durch den Angeklagten, innerhalb eines Jahres nach Verbücherung die auf der Liegenschaft als Haupteinlage lastenden Hypotheken von 'ca. S 200.000,--' (laut Grundbuchsauszug S 60.000,-- und S 200.000) löschen zu lassen und die Verkäuferin diesbezüglich schad- und klaglos zu halten.
Was die Feststellung des (Brutto-)Wertes der Liegenschaft anlangt, so ist der Angeklagte diesbezüglich auf die obige Stellungnahme zu seiner Mängelrüge zu verweisen. Einzuräumen ist ihm allerdings, daß entgegen der im Ersturteil zum Ausdruck kommenden Auffassung dieser Wert dem strafrechtlich (in Form des Versuches) zu verantwortenden Schaden nicht einfach gleichgesetzt werden kann.
Davon sind tatsächlich die vom Angeklagten als Gegenleistung der übereignung der Liegenschaft übernommenen Verpflichtungen zur Zahlung von S 60.000, einer (zu kapitalisierenden) Leibrente von monatlich S 5.000 und zur Rückzahlung der damals auf der Liegenschaft lastenden Hypotheken sowie der Wert des der Verkäuferin eingeräumten Fruchtgenußrechtes abzuziehen, zumal das Erstgericht zwar auf Schulden des Angeklagten verwies (Bd. II/S. 183), aber nicht ausdrücklich davon ausgegangen ist, daß der Angeklagte etwa diesen Verpflichtungen nicht nachkommen wollte oder konnte. In diesem Zusammenhang bedurfte es aber deshalb keiner weiteren Erörterungen im Urteil, weil unter Bedachtnahme auf die Konstatierung, daß der Angeklagte den zweiten Teil seines stufenweise verwirklichten Betrugsaktes - nämlich die Einleitung aller zur Realisierung des unterschriebenen Kaufvertrages erforderlichen Schritte bei den Behörden - zu einem Zeitpunkt (29.12.1975) setzte, als das Ableben der schwer kranken 'Verkäuferin' (31.1.1976) bereits unmittelbar bevorstand, von vornherein klar zutage liegt, daß auch unter Aufrechnung aller dieser Gegenleistungen (wovon die Kapitalisierung der zugesagten Leibrente und das ebenfalls mit dem Tod der Berechtigten erlöschende Fruchtgenußrecht im Hinblick auf ihre Lebenserwartung zur Tatzeit nur geringfügig zu Buche schlagen konnten) die Differenz zwischen dem Wert der Liegenschaft und jenem der vom Angeklagten zu erbringenden Gegenleistungen und damit auch der beabsichtigte Schaden der Cäcilia C jedenfalls ein Vielfaches von S 100.000 (§ 146 Abs. 3 StGB) beträgt. Eine genauere Bestimmung der Schadenshöhe ist weder für die Lösung der Schuldfrage noch für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Bedeutung und entbehrt daher jeder rechtlichen Relevanz. Die Unterlassung der vom Beschwerdeführer vermißten Feststellungen zur Schadenshöhe verwirklicht daher nicht den angezogenen Nichtigkeitsgrund. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 147 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es den hohen Wert der Liegenschaft als erschwerend, den Umstand, daß es beim Versuch geblieben war, hingegen als mildernd.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an; sie erweist sich nur als berechtigt, soweit sie sich gegen die Höhe der Strafe wendet.
Insoferne der Verteidiger des Angeklagten im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof sein in der schriftlichen Berufungsausführung enthaltenes Vorbringen, die Vorgangsweise des Angeklagten liege an der Grenze zum untauglichen Versuch, weil sie kaum zu einem vermögensrechtlichen Erfolg für den Angeklagten hätte führen können, dahin präzisiert hat, daß er mit diesem Vorbringen keineswegs das Vorliegen eines absolut untauglichen Versuches behaupten habe wollen, sondern damit lediglich auf den geringen Unrechtsgehalt der Tat als weiterem Milderungsgrund hinzuweisen beabsichtige, ist ihm zu erwidern, daß angesichts der wohldurchdachten Handlungsweise des Angeklagten von einem weiteren Milderungsgrund hier nicht gesprochen werden kann. Es darf aber doch nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Angeklagte (nach einer vom Obersten Gerichtshof eingeholten Strafregisterauskunft) als gerichtlich unbescholten gilt und ihm auch keine ungünstige Zukunftsprognose gestellt werden kann, zumal seit seiner Verfehlung nahezu drei Jahre verstrichen sind. Es erweist sich somit das Ausmaß der über den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe als etwas überhöht, weshalb die Strafe in teilweiser Stattgebung der Berufung auf zweieinhalb Jahre herabgesetzt werden konnte.
Die vom Angeklagten angestrebte Gewährung der bedingten Strafnachsicht kam angesichts eines weiterhin zwei Jahre übersteigenden Strafausmaßes nicht in Betracht; in diesem Umfang war seiner Berufung der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E01587European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00092.78.1115.000Dokumentnummer
JJT_19781115_OGH0002_0100OS00092_7800000_000