TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/27 2002/14/0050

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Veröffentlicht am 27.04.2005
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

BAO §26 Abs2;
EStG 1988 §33;
EStG 1988 §34;
FamLAG 1967 §5 Abs4 idF 1996/201;
FamLAG 1967 §5 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des J K in W, vertreten durch Mag. Peter Prechtl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Wilhelm-Greil-Straße 5/3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 30. März 2001, GZ. RV 79/1-T2/00, betreffend Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, seit 1. Februar 1993 österreichischer Staatsbürger, beantragte am 4. Mai 2000 die Gewährung der Familienbeihilfe für seine Tochter Jelena, geboren am 27. Oktober 1976, rückwirkend ab 1. September 1996, sowie für seine Töchter Maria, geboren am 3. Jänner 1975, und Magdalena, geboren am 15. März 1982, jeweils rückwirkend ab 1. Jänner 1997. Als Wohnort der Kinder war jeweils eine in Kroatien gelegene Adresse, bei Jelena unter Hinzufügung des Vermerks, dass das Kind "teilweise" beim Antragsteller wohne, angegeben.

Das Finanzamt wies den Antrag mit der Begründung ab, gemäß § 5 Abs. 4 FLAG 1967 bestehe kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhielten, es sei denn, dass bestehende Staatsverträge anderes vorsehen würden. Da das Sozialhilfeabkommen mit Kroatien per 31. Dezember 1996 gekündigt worden sei, bestehe keine Rechtsgrundlage Familienbeihilfe für Kinder zu gewähren, welche sich wie die drei Töchter des Beschwerdeführers ständig in Kroatien aufhielten. Für Jelena, die seit 5. Jänner 2000 an der Wohnadresse des Beschwerdeführers gemeldet sei, könne Familienbeihilfe weiterhin nicht gewährt werden, weil der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen habe, dass die volljährige Tochter vor Vollendung des 21. Lebensjahres dauernd erwerbsunfähig geworden sei.

In seiner Berufung wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass Maria und Magdalena in Österreich geboren seien und teilweise zusammen mit Jelena in Österreich gelebt hätten. Dass es ihr Wunsch sei, ihre Schulausbildung in Kroatien zu absolvieren, könne nicht dazu führen, den Beschwerdeführer die Gewährung der Familienbeihilfe zu versagen. Die Kinder sähen ihre Zukunft in Österreich.

Anlässlich einer persönlichen Vorsprache beim Finanzamt am 16. November 2000 legte der Beschwerdeführer die Bescheinigung eines Amtsarztes vor, in der bestätigt wurde, dass Jelena zu 70 % behindert sei, die Behinderung "seit Jahren" bestehe und das Kind voraussichtlich dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Zum Aufenthalt seiner Töchter erklärte der Beschwerdeführer, Maria sei seit 4. August 2000 und Magdalena seit 21. August 2000 an einer österreichischen Adresse gemeldet, wobei Maria Mitte Oktober und Magdalena am 30. September 2000 wieder nach Kroatien zurückgekehrt seien. Wie jedes Jahr hätten sie auch im laufenden Jahr nur einen Teil ihrer Hochschulferien in Österreich verbracht.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit statt, als für die Tochter Jelena "Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 8 FLAG 1967 für den Zeitraum vom September bis Dezember 1996" sowie ab dem 1. Jänner 2000 Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag zuerkannt wurde. Im Übrigen blieb die Berufung erfolglos.

Begründend führte die belangte Behörde aus, nach der Aktenlage halte sich Maria seit mindestens 1993 ständig in Kroatien auf, wo sie an der Universität in Zagreb Politikwissenschaften studiere. Magdalena lebe seit dem Schuljahr 1996/97 ständig in Kroatien, wo sie ein Gymnasium besuche. Auf Grund des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über Soziale Sicherheit (BGBl. Nr. 594/1994) sei dem Beschwerdeführer bis 31. Dezember 1996 die "verminderte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 8 FLAG 1967" für seine beiden Töchter gewährt worden. Da dieses Abkommen mit 31. Dezember 1996 (BGBl. Nr. 351/1996) gekündigt worden sei, bestehe gemäß § 5 Abs. 4 FLAG 1967 ab 1. Jänner 1997 kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland (gegenständlich Kroatien) aufhielten. Dies treffe - wie sowohl dem Vorbringen des Beschwerdeführers als auch den Meldezetteln des Jahres 1999 zu entnehmen sei - auf beide Töchter zu. Da Kroatien nicht Mitgliedstaat der EU sei, könne ein Rechtsanspruch auf Familienbeihilfe auch nicht auf "Art. 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971" gestützt werden.

Zu Jelena wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass auch sie im streitgegenständlichen Zeitraum von 1996 bis 5. Jänner 2000 ständig in Zagreb gelebt habe. Laut Meldebestätigung habe sie sich nur vom 17. Juli 1999 bis 22. August 1999 (vorübergehend) in Österreich aufgehalten. Erst seit 5. Jänner 2000 lebe sie ständig im Haushalt ihrer Eltern in Österreich. Jelena habe den Schulbesuch an einem Gymnasium in Zagreb mit 31. August 1996 abgebrochen. Auf Grund der im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Bestätigung könne Jelena bis zur Kündigung des Abkommens mit Kroatien "die verminderte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 8 FLAG 1967" gewährt werden. Ab ihren Zuzug nach Österreich im Jänner 2000 bestehe für sie Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG sowie gemäß § 8 Abs. 4 leg.cit. auch auf den Erhöhungsbetrag.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 25. Februar 2002, B 820/01, ablehnte und sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erklärt sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid insofern in seinen Rechten verletzt, als damit die Anträge auf Zuerkennung von Familienbeihilfe für seine Töchter Maria und Magdalena "jeweils rückwirkend ab 1. Jänner 1997" und auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für die Tochter Jelena für den Zeitraum "1.1.1997 bis zum 5.1.2000" abgewiesen wurden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 4 (ab BGBl. I Nr. 142/2000 § 5 Abs. 3) FLAG in der durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996 gestalteten, ab dem 1. Mai 1996 geltenden Fassung besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten. Soweit bestehende Staatsverträge die Gewährung von Familienbeihilfe für Kinder vorsehen, die sich ständig in einem anderen Staat aufhalten, ist Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 297/1995 weiter anzuwenden, bis völkerrechtlich anderes bestimmt ist (§ 50g Abs. 2 leg.cit.). Nach der angesprochenen Bestimmung besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, es sei denn, dass die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge verbürgt ist.

Von der einschränkenden Bestimmung des § 5 Abs. 4 FLAG sind auch österreichische Staatsbürger erfasst. Auch ihnen erwächst kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland, außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, aufhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 2003, 2000/15/0204).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 4 FLAG unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Diese nicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abstellende Beurteilung ist nach objektiven Kriterien zu treffen. Ein Aufenthalt in dem genannten Sinne verlangt grundsätzlich körperliche Anwesenheit. Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist aber keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 2000, 98/15/0016, mit weiteren Nachweisen).

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass sich die beiden Töchter des Beschwerdeführers Maria und Magdalena ausschließlich zu Schul- und Studienzwecken in Kroatien aufhalten würden. Dies gelte "während der gesamten Zeit von 1996 bis zum heutigen Tag". Während der gesamten Zeit seien die Töchter vom Beschwerdeführer unterhalten worden. Die belangte Behörde habe die Bestimmung des § 5 Abs. 4 FLAG unrichtig angewandt, weil der Aufenthalt der Kinder in Kroatien nur vorübergehender Natur und die Absolvierung eines Studiums in Kroatien als Berufsausbildung zu werten sei. Die Frage, ob und wie lange die Töchter des Beschwerdeführers in Österreich gemeldet gewesen seien, sei bedeutungslos. Entscheidend sei der Mittelpunkt der Lebensinteressen, der am Wohnort der Eltern, somit in Österreich liege.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Dass sich die genannten Kinder des Beschwerdeführers - zumindest - ab dem Schuljahr 1996/1997 in Kroatien aufgehalten und dort das Gymnasium (bzw. die Universität) besucht haben, ist unbestritten. Unbestritten ist auch die sich auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers stützende Feststellung der belangten Behörde, dass die beiden Kinder selbst die Schulferien nur teilweise in Österreich verbracht und jedenfalls zu Schulbeginn wieder nach Kroatien zurückgekehrt sind. Das (teilweise) Verbringen der Ferien in Österreich ist damit jeweils als vorübergehende Abwesenheit zu beurteilen, wodurch der ständige Aufenthalt der Kinder in Kroatien nicht unterbrochen wurde (vgl. insbesondere das ebenfalls einen mehrjährigen Schulbesuch im Ausland betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 2000, 98/15/0016, sowie weiters die Erkenntnisse vom 8. Juni 1982, 82/14/0047, vom 28. November 2002, 2002/13/0079, und vom 2. Juni 2004, 2001/13/0160).

Der schon im Bescheid des Finanzamtes getroffenen Sachverhaltsfeststellung, auch Jelena habe sich (bis Jänner 2000) - obzwar seit 1. September 1996 nicht mehr in Schulausbildung befindlich - ständig in Kroatien aufgehalten, ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht entgegen getreten. Dass die dem Finanzamt vorgelegten Meldebestätigungen nicht den tatsächlichen Sachverhalt wiedergeben und sich Jelena über die beurkundeten Zeiträume hinaus in Österreich aufgehalten habe, wurde nicht behauptet. Auch mit dem Beschwerdevorbringen, Jelena habe sich "aufgrund ihrer Erkrankung zeitweise im Ausland" aufgehalten, wird nicht aufgezeigt, dass die belangte Behörde bereits vor Jänner 2000 von einem ständigen Aufenthalt der Tochter in Österreich hätte ausgehen müssen. Auf den in der Beschwerde angesprochenen Mittelpunkt der Lebensinteressen kam es - wie erwähnt - für die gegenständliche Beurteilung nicht an.

Dass der Beschwerdeführer die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe erfüllt (er insbesondere die Unterhaltskosten für seine Töchter durchgehend getragen hat) sind Umstände, die die belangte Behörde ohnedies nicht in Abrede gestellt hat, die aber nichts daran ändern, dass die Bestimmung des § 5 Abs. 4 FLAG dem Familienbeihilfenanspruch entgegensteht. Dabei ist es auch unerheblich, auf welchen der verschiedenen Tatbestände des § 2 leg.cit. der Anspruch auf Familienbeihilfe - ohne Verwirklichung des Ausschlussgrundes - gestützt werden könnte.

Darauf hingewiesen sei, dass bei unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, denen keine entsprechende Transferzahlung zukommt, die verfassungsrechtlich gebotene, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf Grund der Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen Kindern entsprechende einkommensteuerliche Entlastung im Besteuerungsverfahren herbeigeführt werden kann (vgl. das schon angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 2003, mit Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Dezember 2001, B 2366/00, Slg. Nr. 16380).

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. April 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002140050.X00

Im RIS seit

01.06.2005

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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