TE OGH 1979/11/8 13Os130/79

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Veröffentlicht am 08.11.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. November 1979 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Zehetmayr als Schriftführers in der Strafsache gegen Rudolf A und andere wegen Verbrechens des teils vollbrachten, teils versuchten schweren Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1, 15 StGB. über die von den Angeklagten Rudolf A und Silvia A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. März 1979, GZ. 10 Vr 7894/78-92, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen der Verteidiger der Angeklagten Dr. Kollmann und Dr. Janek, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Silvia A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch dieser Angeklagten laut den Punkten B./I./1.)b) und 4.) sowie demgemäß auch in dem sie betreffenden Strafausspruch aufgehoben und in diesem Umfang die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde dieser Angeklagten ebenso wie die des Angeklagten Rudolf A verworfen.

Mit ihrer Berufung wird Silvia A auf diese Entscheidung verwiesen. Der Berufung des Angeklagten Rudolf A wird Folge gegeben und die über ihn verhängte Strafe auf 18 Monate herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden u.a. 1.) der Hilfsarbeiter Rudolf A des Verbrechens des teils vollbrachten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129

Z. 1, 15 StGB., und 2.) die Hausbesorgerin Silvia A, die Ehegattin des Erstgenannten, des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt. Dem Erstangeklagten Rudolf A liegen insgesamt neun vollendete und drei versuchte Diebstähle zur Last, die er in der Zeit zwischen Ende August und dem 13. September 1978

in Gesellschaft anderer Beteiligter (in Ansehung welcher, mit Ausnahme der Zweitangeklagten, das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist), sowie eines noch nicht ausgeforschten Täters teils durch Einbruch begangen hat (Punkt B/I./1.) bis 4.), II./1.) und 2.) des Schuldspruches) wobei nach den Urteilsannahmen an drei der vollendeten, teils durch Einbruch verübten Diebstähle u.a. auch die Zweitangeklagte Silvia A beteiligt war (B/I./1.)a) und b) sowie 4.) des Schuldspruches). Der strafrechtlich relevante Mindestgesamtwert der gestohlenen Sachen beträgt bei Rudolf A ca.

23.100 S, bei Silvia A ca. 15.000 S.

Dieses Urteil wird von beiden Angeklagten mit ziffernmäßig auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1

StPO., von Silvia A zudem auf jenen der Z. 10, sachlich 9 lit. a leg. cit., gestützten Nichtigkeitsbeschwerden bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf A kommt zur Gänze Berechtigung nicht zu; jene der Angeklagten Silvia A ist hingegen teilweise begründet.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf A:

Den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. sieht dieser Angeklagte in einer unzureichenden, wesentliche Verfahrensergebnisse außer acht lassenden und zum Teil auch aktenwidrigen Begründung verwirklicht.

Die Mängelrüge versagt.

In tatsächlicher Hinsicht finden die Urteilsannahmen über die Tatbeteiligung des Angeklagten Rudolf A zunächst in der Verantwortung des Mitangeklagten Franz B Deckung, der seiner Darstellung nach in drei Fällen ebenfalls an der Tat beteiligt (B/I./1.)a) und b) sowie II/2.); vgl. Bd. I S. 76, 75, 196 f., II S. 125 f., 170) und darüber hinaus aus eigener Wahrnehmung in Kenntnis zahlreicher, für die (Mit-)Täterschaft des Beschwerdeführers sprechenden Umstände (vgl. Bd. I, S. 75 f., 185 ff., 197 f., 256; Bd. II S. 125 ff., 170) war.

Wenn das Erstgericht hieraus im Zusammenhalt damit, daß ein Teil der Diebsbeute im PKW des Angeklagten Rudolf A, ein anderer sowie der dem Otto C (B/I/ 3.) a) entzogene Führerschein in der von ihm und seiner Gattin mitbenützten Wohnung BS sichergestellt werden konnte sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der unter B/I./3.)b) des Schuldspruches genannte Einbruchsdiebstahl, aus welchem die Diebsbeute nicht sichergestellt werden konnte, mit den Diebstählen B/I./3.)c) und d) nach Zeit, Ort und Art der Ausführung in einen unmittelbaren Zusammenhang gebracht werden kann, die Überzeugung von der Täterschaft (auch) des Beschwerdeführers Rudolf A gewann, so stellt dies entgegen der Beschwerdeauffassung eine den Denkgesetzen, der allgemeinen Lebenserfahrung und der Aktenlage entsprechende, schlüssige und durchaus zureichende schuldspruchtragende Begründung dar.

Im einzelnen ist den Beschwerdeausführungen folgendes zu erwidern:

Die Einwendung zum Schuldspruchfaktum B/I./3.)a) (die Feststellung, Silvia A habe den Führerschein Otto CS der Hedwig D überbracht, sei aktenwidrig, weil sie in 'unlösbarem und ungelöstem Widerspruch' zu den Angaben des Gerhard E und des Franz B in der Hauptverhandlung stehe), gibt den Akteninhalt nur unvollständig wieder. Der Beschwerdeführer läßt hiebei nämlich die vom Erstgericht seinen Konstatierungen ersichtlich zugrunde gelegten Angaben des Angeklagten B außer acht, Rudolf A habe den 'Ausweis' (offenbar gemeint den Führerschein) tags darauf von ihm übernommen und an Silvia A übergeben (Bd. I, S. 198 f., II S. 125 f., 127), welch' letztere ihn (sowie den Reisepaß) schließlich bei Hedwig D 'ließ' (Bd. I, S. 186, II S. 170).

Aus dieser Darstellung ergibt sich sehr wohl ein Naheverhältnis des Beschwerdeführers zu der fraglichen, bei einem Diebstahl mitentzogenen Urkunde, das im Zusammenhalt mit der Besprechung geplanter Diebstähle zwischen ihm, seinem Bruder Josef und Gerhard E sowie der tatsächlichen gemeinsamen Diebstahlsausführung in anderen Fällen den Schluß auf die Täterschaft des Beschwerdeführers auch im Faktum B/I./3.)a) als denkmöglich und der forensischen Erfahrung entsprechend erscheinen läßt.

Soweit die Mängelrüge des Angeklagten Rudolf A aber in diesem Zusammenhang wie auch in ihren übrigen Ausführungen von seiner Verantwortung sowie jener der Mitangeklagten Silvia und Josef A sowie des Gerhard E ausgeht und in weitwendigen Erörterungen die Unglaubwürdigkeit der gegenteiligen Angaben des Angeklagten B sowie ferner darzulegen versucht, aus den vorhandenen Beweismitteln hätten auch andere, für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse gezogen werden können, unternimmt sie den Versuch einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes, das in der ihm aufgetragenen gedrängten Darstellung (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.) hinlänglich begründet hat, warum es dem Angeklagten B und nicht dem Beschwerdeführer und seinen anderen Komplizen, insbesondere auch nicht dem Mitangeklagten E, Glaubwürdigkeit zuerkannt hat (vgl. insbesondere Bd. II, S. 195 bis 197).

Unbeachtlich ist dabei, ob sich ein gestohlener Schraubenschlüssel (B/I./3.)a), der im PKW des Rudolf A sichergestellt wurde (Bd. I S. 256, 289 bis 294, 309), vorher in der (von ihm mitbenützten) Wohnung der Angeklagten D und B befunden hatte, weil dies nichts an dem für den Schuldspruch u.a. maßgeblichen Naheverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Diebsgut ändert. In Bekämpfung der bereits erwähnten Schlußfolgerung auf die Tatbegehung in den Fakten B/I./3.)

b) bis d) übersieht die Beschwerde hingegen, daß das Erstgericht hiebei einen unmittelbaren Zusammenhang nach Zeit (12. bis 13. September 1978), Ort (Wien 9., Augasse bzw. Liechtensteinstraße) und Art der Ausführung (Einbrüche in PKWs.) nur zwischen diesen, nicht aber auch mit der dem Punkt B/I./3.) a) des Schuldspruches zugrundeliegenden, bereits am 2. September 1978 und in Wien 20., Klosterneuburgerstraße, somit zeitlich und örtlich entfernt, begangenen Tat (Bd. II S. 192) annahm. Der diesbezügliche Beschwerdevorwurf einer Aktenwidrigkeit geht daher ins Leere. Der Einwand, es sei im Falle B/I./3.)d) überdies nicht geprüft worden, ob die im PKW des Beschwerdeführers vorgefundenen Kassetten aus diesem Diebstahl herrührten, steht, abgesehen davon, daß dies nicht mit der Mängelrüge, sondern bei Zutreffen der formellen Voraussetzungen nur mit einer Verfahrensrüge nach der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. geltend zu machen wäre, selbst im Widerspruch zur Aktenlage. Denn der Bestohlene Josef F hat von den aus dem PKW des Beschwerdeführers sichergestellten Sachen 'mit Sicherheit' eine Plastikbox mit 9 Bändern als sein Eigentum bezeichnet und auch ausgefolgt erhalten (Bd. I, S. 256, 309).

Mängelfrei begründet ist das Urteil, der Beschwerde zuwider aber auch im Schuldspruch Punkt B/I//4.), weil die eine detaillierte Schilderung der Tat und der jeweiligen Beteiligung der Angeklagten Rudolf, Josef und Silvia A sowie Gerhard E enthaltenden, in der Hauptverhandlung aufrecht gebliebenen und verlesenen Angaben des Angeklagten B vor der Polizei und dem Untersuchungsrichter (Bd. I S. 189 f., 200, Bd. II S. 125 f., 170) eine zureichende Feststellungsgrundlage darstellten.

Ebenso zureichend ist die Urteilsbegründung, wenn sie wegen des örtlichen und zeitlichen Zusammenhanges des vollendeten Diebstahls Punkt B/I./2.)a) und der versuchten Diebstähle Punkt B/II./1.)a) und

b) (vgl. auch Bd. I, S. 315 f.) sowie im Hinblick auf die Angaben des Angeklagten E gegenüber dem Angeklagten B, wonach er in derselben Nacht (6. zum 7. September 1978) drei Diebstähle begangen habe, auch die letzteren beiden Diebstahlsversuche nicht nur dem Angeklagten E, sondern im Hinblick auf die zumindest erfolgte Bestimmung desselben zu diesen Taten durch ihn (Bd. I S. 75 f., 187, II S. 170) auch dem Angeklagten Rudolf A anlastete. Ob dieser, zumal er den Angaben des Angeklagten B zufolge in wenigen Fällen möglicherweise nicht selbst an der Tatausführung mitgewirkt hat (Bd. I, S. 187, II, S. 170; vgl. auch Ersturteil Bd. II S. 192 Mitte; anders jedoch Bd. I S. 186), in den vorerwähnten Fällen (B/I./2.)a), II/1.) a) und b)) jeweils auch in einer die Qualifizierung als Gesellschaftsdiebstahl nach dem § 127 Abs. 2 Z. 1 StGB. begründenden Weise beteiligt war, oder, isoliert betrachtet, lediglich als Bestimmer nach der zweiten Alternative des § 12 StGB. haften würde, kann im Hinblick auf die nach den Feststellungen jedenfalls in anderen Fällen eindeutig vorliegenden Voraussetzungen des Gesellschaftsdiebstahles (B/I./1.)a), b) und 4.)) und die einheitliche rechtliche Beurteilung zusammentreffender gleichartiger wert- oder schadensqualifizierter Delikte, wie des Diebstahls (§ 29 StGB.), dahingestellt bleiben.

Der unter Punkt B/II./2.) den Angeklagten Rudolf A und Gerhard E zur Last liegende weitere, durch Aufbrechen des Seitenfensters eines PKW. vermutlich der Marke Mini Ende August 1978 begangene Diebstahlsversuch wird, der Beschwerdeausführung zuwider, nicht von der vorerwähnten Urteilsbegründung in Ansehung der übrigen Versuchsfakten B/II./1.)a) und b) und des Faktums B/I./2.)a) erfaßt. Der entsprechende Schuldspruch findet jedoch in der, wenn auch allgemein gehaltenen, aber mit dem Hinweis darauf verbundenen Feststellung, daß die Angeklagten, außer der vom Schuldspruch B/I./1.)a) erfaßten Tat (mißverständlich: 'dann', da von den folgenden ausdrücklich angeführten Diebstählen mehrere / vgl. B I 2 a, 3 a, 4, II 1 / zeitlich vor dem Faktum B/I./1.)a) begangen wurden; gemeint daher wohl: 'ferner') 'die im Spruch weiter angeführten Diebstähle in verschiedener Zusammensetzung zu verschiedenen Zeiten verübten' (Bd. II S. 191) und der späteren Beziehung auf die auch diesen Schuldspruch stützenden (Bd. I S. 196, Bd. II S. 125 f.) Angaben des Angeklagten B ihre aktenkonforme und hinreichende Deckung.

In Gegensatz zu den Prinzipien freier Beweiswürdigung im Sinne des § 258 Abs. 2 StPO. setzt sich der Beschwerdeeinwand, aus den Angaben ES, daß 'nach der Anklage jeder alles auf ihn schiebe und ihm daher nichts erspart bliebe' (Bd. II S. 148), sei einzig richtig der Schluß auf die Wahrheitsgemäßheit der Verantwortung dieses Angeklagten zu ziehen. Zuzugeben ist zwar in diesem Zusammenhang der, insofern ebenfalls eine Aktenwidrigkeit rügenden, Beschwerde, daß der im Urteil bei der Wiedergabe der erwähnten Angaben des Angeklagten E angefügte Nebensatz '...... d.h., daß alle mitgetan haben .....', worin das Erstgericht eine zumindest zeitweise Bestätigung der 'Version' BS durch E erblickt (Bd. II S. 196), dem Protokoll über die Hauptverhandlung nicht entnommen werden kann (Bd. II S. 148). Dieser Umstand bewirkt jedoch keine Mangelhaftigkeit der erstgerichtlichen Begründung im Sinne des Nichtigkeitsgrundes einer Aktenwidrigkeit. Denn bei dem erwähnten Nachsatz, mag er auch irrigerweise noch unter den die Wiedergabe einer Äußerung des Angeklagten E in der Hauptverhandlung kennzeichnenden Anführungszeichen stehen, handelt es sich, eben weil er im Hauptverhandlungsprotokoll nicht enthalten ist, ersichtlich um die erstgerichtliche Interpretation der Angaben des Angeklagten E '.... denn es sind 5 : 1 ...' (Bd. II S. 148), die aber als Teil der Beweiswürdigung unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit nicht angefochten werden kann (Gebert-Pallin-Pfeiffer III 2 Nr. 87 zu § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.).

Kein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt in der weiteren, die Frage der Glaubwürdigkeit des Angeklagten E betreffenden Argumentation des Erstgerichtes, es sei 'mit der geringen geistigen Kapazität dieses Angeklagten zu erklären, daß er nur den belaste, der dies selbst bei Gericht zugibt, aber niemanden, der unbedingt einen Freispruch erreichen will' (Bd. II S. 196). Gerade diesen wesentlichen letzten Halbsatz der erstgerichtlichen Begründung übergeht die Beschwerde, wenn sie aus dem ihrer Auffassung nach bloß in Ansehung des Anklage (= Schuldspruch-) Punktes B/I./1.)a) (vgl. aber Bd. I S. 196, II S. 117, 125

f.) vorliegenden Geständnis des Angeklagten B, der demnach aber im Gegensatz insbesondere zu dem zur Gänze leugnenden Beschwerdeführer eben keinen völligen Freispruch anstrebte, die fehlende Denkgesetzmäßigkeit der erstgerichtlichen Schlüsse ableiten will. Die Verantwortung 'des Ehepaares A' (also der Angeklagten Rudolf und Silvia A), sie hätten von den Diebstählen (auch) nichts 'gemerkt oder gewußt', bezeichnet das Erstgericht im Hinblick auf das enge Zusammenleben sämtlicher Angeklagter in einer Wohnung, in die überdies Diebsgut gebracht wurde, für sich allein als unglaubwürdig (Bd. II, S. 195 f.). Zutreffend ist der erhobene Einwand des Beschwerdeführers Rudolf A, daß hier in Ansehung seiner Person das Urteil von einer Verantwortung ausgehe, die er nicht vorgebracht habe; denn tatsächlich hat Rudolf A in der Hauptverhandlung wiederholt deponiert, daß er von den Diebstählen, zu denen E durch die Mitangeklagten B und D bestimmt worden sein soll, Kenntnis gehabt habe, seine Beteiligung daran jedoch bestritten (vgl. Bd. II S. 130 bis 132). Dieser Widerspruch begründet aber deshalb nicht den Nichtigkeitsgrund der Aktenwidrigkeit, weil nach den Urteilsgründen die positive Wertung der Darstellung des Angeklagten B (Bd. II S. 195 bis 197), auf welcher die Schuldsprüche ja im wesentlichen beruhen, völlig unabhängig von den obgenannten, lediglich illustrativen Erwägungen erfolgte, sodaß hiebei unterlaufene Widersprüche nicht entscheidungswesentlich (§ 270 Abs. 2 Z. 4 und 5 StPO.) sind.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf A erweist sich sohin in keiner Richtung als begründet.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Silvia A:

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. wendet diese Angeklagte ein, es seien die Feststellungen zu den sie betreffenden Schuldsprüchen B/I./1.)a) und b) sowie 4.) einerseits nicht durch die Aussagen des Mitangeklagten B gedeckt, andererseits 'völlig unzureichend'.

Diese Rüge ist teilweise, nämlich in den Fakten Punkt B/I./1.)b) und

4.) des Schuldspruches, berechtigt.

Zum Schuldspruch Punkt B/I./1.)b) enthalten die Urteilsgründe nicht nur keine nähere Feststellung der Tatbeteiligung der Beschwerdeführerin Silvia A, sondern beschränken sich nach der, bereits erwähnten, allgemein gehaltenen Annahme, daß die Angeklagten die weiteren im Punkt B/ des Spruches angeführten Diebstähle 'in verschiedener Zusammensetzung zu verschiedenen Zeiten' verübten, auf den Satz: 'Das unter 1.b) angeführte Faktum konnte durch die Angaben des B eindeutig geklärt werden' (Bd. II S. 191). Gerade aus den Aussagen dieses Angeklagten in den verschiedenen Verfahrensstadien läßt sich aber über die Tatbeteiligung der Beschwerdeführerin Silvia A in diesem Falle nichts gewinnen.

Aus den Angaben des Angeklagten B vor der Polizei geht vielmehr lediglich hervor, daß dieser Ende August 1978 in Begleitung der Beschwerdeführerin, ihres Mannes Rudolf A, dessen Bruders Josef A und des Gerhard E in Wien 9., Augasse, ging, wobei Rudolf A und Gerhard E zurückblieben und den Diebstahl verübten, während u.a. die Beschwerdeführerin in Richtung der Wohnung BS weiterging (Bd. I S. 75). Daß Silvia A auch in diesem Fall Vorpaß gehalten oder sonst, etwa auf Grund vorangegangener Besprechungen über geplante Tatverübungen, im Einverständnis mit den übrigen Tätern zum Zwecke der Unterstützung der Tatunternehmung sich am Tatort oder in dessen unmittelbaren Nähe aufgehalten hätte (vgl. auch die Anklageschrift Bd. I S. 471 oben), was Voraussetzung für die rechtliche Annahme des Gesellschaftsdiebstahles nach dem § 127 Abs. 2 Z. 1 StGB. wäre (Leukauf-Steininger2 860 f.), oder irgend einen anderen kausalen Tatbeitrag geleistet hätte, kann weder dem Protokoll über die Vernehmung BS vor der Polizei noch jenen vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung (Bd. I S. 196 ff., II S. 124 ff.) entnommen werden. Demgegenüber lassen bestimmte Angaben BS in der Hauptverhandlung, welche zwar nicht auf ein ziffernmäßig bestimmtes Schuldspruchfaktum bezogen sind, jedoch inhaltlich den Schuldspruch B/I.1.)b) betreffen könnten (vgl. Bd. II

S. 128: '...... Sie war nicht dabei ...

..', S. 129: '...... Ob sie dabei war, weiß ich nicht ....

Ich habe nur gedacht, daß sie mit war .....'), die Beteiligung Silvia A an diesem Diebstahl sogar zweifelhaft erscheinen. Es erweist sich daher der Schuldspruch Silvia AS im Faktum B/I./1.)b) als nur unzureichend begründet.

Gleiches gilt in Ansehung des Schuldspruches B/I./4.). Der Darstellung des Angeklagten B zufolge bestand die Tathandlung der Beschwerdeführerin darin, daß sie das von Josef und Rudolf A in Anwesenheit des Gerhard E am Dach(-boden) des Hauses, in dem der Tatort lag, oder des diesem benachbarten Hauses versteckte Diebsgut zwar noch am selben Tage, aber einige Stunden später zusammen mit den Genannten abholte und nach Wien 9 verbrachte (Bd. I S. 189, 200, II S. 125 f., 170). Durch die Bezugnahme auf diese Angaben des Mitangeklagten ist indes der Schuldspruch der Angeklagten Silvia A im besagten Punkte nicht mängelfrei begründet, weil hieraus die vom Erstgericht angenommene Tatbeteiligung der Beschwerdeführerin im Sinne eines Gesellschaftsdiebstahles nach den Tatbildern der §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB. nicht abgeleitet werden kann. Denn die Hilfeleistung bei der Wegschaffung oder Bergung der Diebstahlsbeute erfüllt nur dann das Tatbild des (Gesellschafts-) Diebstahls, wenn dies vor Deliktsvollendung geschieht (Leukauf-Steininger2

861 f. RN 77). Vollendet ist ein Diebstahl aber u.a., wenn der Täter die an sich gebrachte Sache zwecks späterer Bergung zunächst am Tatort oder in dessen Nähe versteckt, sofern dieses Versteck dem bisherigen Gewahrsaminhaber nicht bekannt ist, die Sache mithin einer unverzüglichen Wahrnehmung seinerseits entzogen ist (Leukauf-Steininger2 853 f. RN 41 und 43).

Da gerade dies jedoch aus den bezogenen Aussagen des Mitangeklagten B hervorgeht, demnach unter Zugrundelegung derselben das, überdies erst einige Stunden nach Diebstahlsvollendung einsetzende, Verhalten der Beschwerdeführerin nicht als (Gesellschafts-)Diebstahl, sondern als Hehlerei im Sinne des (Grund-)Tatbildes nach dem § 164 Abs. 1 Z. 1 StGB. zu beurteilen wäre, liegt für den Schuldspruch der Beschwerdeführerin auch im Punkt B/I./4.) eine zureichende Urteilsbegründung nicht vor.

Da das Ersturteil in den Schuldsprüchen der Angeklagten Silvia A Punkt B/I./1.)b) und 4.) sohin mit (den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. verwirklichenden) Begründungsmängeln behaftet ist, die eine neuerliche Verhandlung des Gerichtshofes erster Instanz erforderlich machen (§ 288 Abs. 2 Z. 1 StPO.), erübrigt sich ein Eingehen auf die Ausführungen der Rechtsrüge der Beschwerdeführerin zu denselben Schuldsprüchen.

Zureichend begründet ist hingegen die Feststellung der Tatbeteiligung der Beschwerdeführerin im Faktum B/I./1.)a). Denn hiezu ergibt sich im Gegensatz zur Beschwerdeausführung aus den in der Hauptverhandlung verlesenen Angaben des Angeklagten B vor der Polizei und vor dem Untersuchungsrichter, welch' letztere er in der Hauptverhandlung ausdrücklich aufrecht erhalten hat, daß die Beschwerdeführerin gleich ihm 'aufgepaßt hatte, daß niemand kommt' (Bd. I S. 76, 197, II S. 125 f., 170).

Zum sohin mängelfrei begründeten Schuldspruch Punkt B/I./1.)a) macht die Beschwerdeführerin unter dem Nichtigkeitsgrund der Z. 10, sachlich der Z. 9 lit. a, des § 281 Abs. 1 StPO. überdies Feststellungsmängel geltend, weil ihrer Ansicht nach aus den erstgerichtlichen Konstatierungen nicht hervorgehe, daß mit der Tätigkeit des 'Aufpassens' ein aktiver Beitrag zur Tatausführung verbunden gewesen sei.

Auch mit diesem Einwand dringt die Beschwerde nicht durch. Wie schon angedeutet, genügt für die rechtliche Qualifikation einer Tat als Gesellschaftsdiebstahl nach dem § 127 Abs. 2 Z. 1 StGB., daß der Diebsgenosse (Gesellschaftsdieb) mit der Verübung der Tat durch den anderen einverstanden ist und am Tatort oder zumindest in dessen Nähe die Tatunternehmung in irgendeiner Weise unterstützt. Als solche Mitwirkung kommt insbesondere die Funktion eines Aufpassers in Betracht. Hiebei erfordert die Aufpasserfunktion nicht ein tatsächliches aktives Eingreifen, sondern es genügt ein bloßes räumliches Naheverhältnis zwischen dem einen (unmittelbaren) Täter und dem anderen, sofern dieser die Tatbegehung nur in irgendeiner Weise, sei es durch Warnen oder sonstiges Hintanhalten irgendwelcher dazwischenkommender Hindernisse, aktiv zu fördern oder zu erleichtern gewillt ist (Leukauf-Steininger2 860 ff.).

Diesen rechtlichen Kriterien entspricht jedoch vorliegend die Feststellung, daß insbesondere auch Silvia A, während Rudolf A und Gerhard E die zu B/I./1.)a) des Schuldspruches genannten Gegenstände 'stahlen', auf allfällige Passanten 'aufpaßte' (Bd. II S. 190). Dem aufrecht bleibenden Schuldspruch Silvia AS Punkt B/I./1.)a) haftet daher auch die behauptete materielle Nichtigkeit nicht an. Aus den genannten Gründen war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf A zur Gänze, jene der Angeklagten Silvia A teilweise zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten Rudolf A nach § 129 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren. Dabei wertete es als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen, während es als mildernd den Umstand in Betracht zog, daß es bei einigen Fakten beim Versuch geblieben sei.

Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes anstrebt, ist begründet.

Zieht man nämlich zusätzlich zu den vom Erstgericht richtig festgestellten Strafzumessungsgründen die teilweise Zustandebringung des Diebsgutes (Band II, S. 192 und 194) als mildernd ins Kalkül, dann erweist sich angesichts des eher unterdurchschnittlichen Unrechtsgehaltes der Taten die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe als etwas überhöht, weshalb sie in Stattgebung der Berufung auf das aus dem Spruch ersichtliche, dem Obersten Gerichtshof tatschuldangemessen erscheinende Ausmaß reduziert wurde. (Hiebei kam eine Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB. auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18. Dezember 1978, AZ. 8 d Vr 5370/75, nicht in Betracht, weil in diesem Verfahren seinerseits eine Zusatzstrafe / zu der er im Verfahren 8 d E Vr 4271/78 mit Urteil vom 26. Juni 1978 verhängten / ausgesprochen worden war und demgemäß angesichts des nunmehrigen Tatzeitraums / August und September 1978 / eine gemeinsame Aburteilung sämtlicher Straftaten nicht möglich gewesen wäre).

Die Angeklagte Silvia A war mit ihrer Berufung auf die Aufhebung des sie betreffenden Strafausspruchs zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02339

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00130.79.1108.000

Dokumentnummer

JJT_19791108_OGH0002_0130OS00130_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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