TE OGH 1980/6/19 13Os15/80

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Veröffentlicht am 19.06.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Juni 1980 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, Dr. Schneider, Dr. Hörburger und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführers in der Strafsache gegen Johanna A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1

und Abs. 3, 148, zweiter Fall, StGB. über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom 25.Oktober 1979, GZ. 12 Vr 2589/77-66, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Gatternig und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe

auf 20 (zwanzig) Monate herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Verkäuferin (und frühere Geschäftsfrau) Johanna A des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach den §§ 146, 147

Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3, 148 (zweiter Fall) StGB. schuldig erkannt. Ihr liegt zur Last, in den Jahren 1966 bis 1970, 1972 und 1974 bis 1978 in Graz mit Bereicherungsvorsatz und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von (auch im Einzelfall) schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in achtzehn Fällen durch Täuschung über ihre Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit - einmal auch durch die Vorlage einer falschen Urkunde über die Mithaftung einer Person als weitere Darlehensnehmerin (Faktum 13) - andere zu einer Geschäftsverpachtung (Faktum 1), zu Warenlieferungen (Fakten 1 bis 8, 10 bis 12 und 14) und zu Darlehensgewährungen (Fakten 9, 13 und 15 bis 18) verleitet zu haben, wobei die Schadenssumme über 800.000 S beträgt. Mit der auf den § 281 Abs. 1 Z. 5 und 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich die Angeklagte aus dem erstangeführten Grund zunächst gegen die ihrer Ansicht nach 'jedenfalls hinsichtlich der Fakten 1 bis 8, 10 bis 14 und 16 bis 18' nur unvollständig und offenbar unzureichend begründete Konstatierung ihres 'betrügerischen' Bereicherungsvorsatzes; dem stehe die aus den Verfahrensergebnissen ersichtliche und zum Teil auch im Urteil zwar festgestellte, aber nicht hinlänglich erörterte Tatsache entgegen, daß sie die Darlehensbeträge und die Erlöse aus den gelieferten Waren dazu verwendet habe, ältere Verbindlichkeiten abzudecken, um dem 'immer höher werdenden Schuldenberg zu entkommen'.

Rechtliche Beurteilung

Unrechtmäßig bereichert im Sinne des § 146 StGB.

ist indes, wessen faktisches Vermögen eine Vermehrung erfährt, auf die er keinen Anspruch hat; doch muß die durch den Betrug bewirkte Bereicherung des Täters keine dauernde (LSK. 1977/142) und nicht sein ausschließliches Ziel sein (LSK. 1978/315). Soweit die Beschwerdeführerin den ihr durch die inkriminierten Handlungen zugekommenen faktischen Vermögenszuwachs tatsächlich dazu erstrebt und verwendet hat, um daraus ältere Schulden zu zahlen, widerstreitet eine solche - vom Erstgericht ohnedies in Betracht gezogene - Handlungsweise mithin in keiner Weise der Annahme ihres Bereicherungsvorsatzes, mag auch eine derartige Umschichtung ihrer Schulden im Endergebnis letztlich zu keiner Verringerung, sondern sogar zu einer Vermehrung ihrer Passiven geführt haben. Mit den behaupteten Begründungsmängeln ist das Urteil demnach nicht behaftet.

Nicht zielführend ist auch die in der Richtung einer Urteilsnichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. ausgeführte Rechtsrüge, das Eingehen neuer bei gleichzeitiger Zahlung alter Schulden sei von der Beschwerdeführerin richtig nur als Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 2 (gemeint: Abs. 1 Z. 2) StGB. zu verantworten. Rein äußerlich kann das Verhalten des Täters beim Kreditbetrug, wie er der Angeklagten im Ersturteil angelastet wird, dem bei der Gläubigerschädigung durch das Eingehen neuer (und Zahlen alter) Schulden durchaus ähnlich sein. In subjektiver Hinsicht unterscheiden sich aber die in Rede stehenden Tatbestände dadurch, daß der Täter beim Betrug über den (auch bei fahrlässiger Krida denkbaren) Täuschungsvorsatz hinaus den weiteren (zumindest bedingten) Vorsatz hat, den Getäuschten (oder einen anderen) am Vermögen zu schädigen und sich dementsprechend unrechtmäßig zu bereichern, wogegen er bei der fahrlässigen Krida die Schädigung der (neuen) Gläubiger bloß fahrlässig herbeiführt (vgl. dazu u.a. LSK. 1976/271 = EvBl.

1977/47). Den darnach auf der subjektiven Tatseite erforderlichen Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz der Angeklagten hat aber das Erstgericht im Einklang mit den Ergebnissen des Beweisverfahrens und, wie bereits dargetan, ohne die in dieser Hinsicht behaupteten Begründungsmängel festgestellt.

Soweit sich die Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.) mit dem Hinweis, die Beschwerdeführerin habe mit dem ihr belassenen Existenzminimum bescheiden leben können und die ihr durch die inkriminierten Taten zugeflossenen Mittel zur Schuldentilgung verwendet, gegen die vom Schöffengericht in Zusammenhang mit der Urteilsannahme gewerbsmäßiger Begehung des schweren Betrugs getroffene Konstatierung wendet, daß die Absicht der Angeklagten auf die Gewinnung fortlaufender Einnahmen zur (zumindest teilweisen) Bestreitung ihres Lebensunterhalts gerichtet war, betrifft dieser Einwand keine entscheidende Tatsache. Es ist für die Beurteilung der Gewerbsmäßigkeit des Täterverhaltens nämlich irrelevant, ob der Täter auf die fortlaufende Einnahme aus dem beabsichtigten deliktischen Verhalten angewiesen ist, um seinen Unterhalt bestreiten zu können (LSK. 1976/191; vgl. auch LSK. 1977/37). Daß aber Johanna A in der für eine gewerbsmäßige Tatbegehung erforderlichen Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung von (schweren) Betrügereien (wenn schon nicht dauernd, so doch jedenfalls für längere Zeit) fortlaufende Einnahmen zu verschaffen (§ 70 StGB.), konnte das Erstgericht - unabhängig von der Frage der Unterhaltsbestreitung - schon auf Grund der jahrelangen Fortsetzung der Betrugshandlungen, der äußerst tristen finanziellen Verhältnisse der Angeklagten und der laufenden Verwendung betrügerisch erlangter Gelder für die Bezahlung der (gerade) drückendsten Schulden schlüssig annehmen.

Die in jeder Richtung unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher - wie die Generalprokuratur zutreffend ausführte - zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB. eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden, zueinander im Verhältnis des § 31

StGB. stehenden Vorstrafen und die Tatbegehung durch längere Zeit, als mildernd hingegen das Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung und den Umstand, daß einzelne Tathandlungen schon längere Zeit zurückliegen.

Mit ihrer Berufung strebt die Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe, allenfalls unter Gewährung ihrer bedingten Nachsicht an.

Lediglich dem Begehren nach Minderung des Strafmaßes kommt Berechtigung zu.

Zugunsten der Berufungswerberin ist nämlich zu berücksichtigen, daß bei Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung die Fortsetzung der strafbaren Handlung durch längere Zeit (ebenso wie etwa die Deliktswiederholung) als Erschwerungsumstand nicht zum Tragen kommt, weil diese Umstände in der erwähnten Qualifikation aufgehen (SSt. 46/52). Auch die Vorkriminalität fällt bei Gewerbsmäßigkeit nicht besonders erschwerend ins Gewicht (vgl. u.a. 10 Os 124/77). Auf der Basis der mithin korrigierten Strafzumessungsgründe und in Beachtung der allgemeinen für die Strafbemessung normierten Grundsätze (§ 32 StGB.) hält der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten für angemessen. Diese Freiheitsstrafe kann allerdings mangels Vorliegens der von § 43 Abs. 2 StGB. verlangten qualifizierten Gewähr für künftiges Wohlverhalten nicht bedingt nachgesehen werden, wozu der Hinweis auf die schon angeführten Vorverurteilungen und die Gewerbsmäßigkeit der nunmehrigen Tatbegehung genügen mag.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02669

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00015.8.0619.000

Dokumentnummer

JJT_19800619_OGH0002_0130OS00015_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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